24 taktiges Bluesschema?

ok, dann steh ich mit meiner Meinung, dass Bluesette sehr wohl eine Bluesform ist, ja nicht allein da^^
Ganz genau. Die I7, die IV7 und die V7 gehören an bestimmte Schwerpunkte im Blues^^...
Allerdings fehlen diese Schwerpunkte in "Bluesette", wie Du ja selbst sagst.

Wenn man aber, wie Du vorschlägst, die 24 Takte von "Bluesette" in 2 x 12 Takte umrechnet oder umgekehrt den 12 Takt- Blues in die 24 Takte von "Bluesette" umrechnet, dann kommt da nix bei rum, denn dann hätte man ja im Ergebnis 12 Takte A und 12 Talkte B, also eine AB- Form^^...
nein, ich hab das nicht so vorgeschlagen :) ich rechne nicht in 2x12, das passt doch auch überhaupt nicht zum Akkordverlauf bei Bluesette. Lies noch mal nach, ich hab nichts davon geschrieben.

Für mich ist es wie gesagt eine Weiterentwicklung vom Parkerblues, das rechne ich folgendermassen:
aus einem 4/4 Takt Parkerblues mach ich je 2 Takte 3/4 für Bluesette. Wenn wir beim Parker halbtaktige Akkordwechsel hatten, kriegen die jetzt je einen Takt. Insgesamt hab ich dann statt Parker 3x4 Takte jetzt bei Bluesette 3x8 Takte.

Das erklärt auch deinen ersten Punkt im Zitat:
Schwerpunkte sind beim alten 12Taktschema wie oben gesagt Takt 1, 5 und 9. Also jeweils der erste Takt eines 4er Blocks, der erste Takt einer Zeile würd ich sagen.
Das hat sich nicht geändert bei Bluesette, jetzt ist es jeweils der erste Takt eines 8er Blocks. Also Takt 1, 9 und 17. Die Schwerpunkte sind nach wie vor im Verhältnis an derselben Stellen, und hier finden wir die Tonika/Subdominantfunktionen wie es sein soll.
Nur eben alle als maj7 und nicht mehr bluesig alle als dom7: der Akkordtypus hört sich für mich nicht mehr bluesig an, das hat aber mit der Form nichts zu tun.

Ist ja ok wenn du das anders hörst^^ wollte nur meine Sichtweise noch korrigiert darstellen. Du hast zwei Behauptungen in mich reininterpretiert, die ich gar nicht gesagt habe und tatsächlich anders sehe.

Ich hätt vielleicht auch kürzer formulieren können: ich stimm Turko mit #19 vollkommen zu. Sowie Cudo in #20.
Die Idee, die 24 Takte "große Form" zu nennen, find ich sehr treffend.
 
Ich habe auch schon Nummern gehört, die die Songform AABA hatten, wobei A jeweils ein Blueschorus ist, und B halt irgendeine Art von Bridge. Das alles ändert an der eigentlichen Bluesform aber nichts ...

Haben wir hier z.B. so gemacht …



Nach 2 Strophen ….

Gruß
Martin
 
Ich komm mit meiner Analyse besser klar. Aber jeder muss für sich selbst rausfinden, wie er so ein "Bluesette" nimmt. Wir tauschen ja nur diverse Sicht- oder Hörweisen aus:hat:
 
Mein Gefühl sträubt sich so dagegen, daß es mir echt schwer fällt, da überhaupt durchzukommen.....

Meine Frage: Stelle ich mich echt zu doof an? Ist das vielleicht zu "fortgeschritten" für mich Bass-Anfänger?

Ob du dich doof anstellst weiß ich nicht, glaub ich aber gar nicht. Aber ich denke du machst dir zu viel Gedanken, du sperrst dich. Meiner bescheidenen Meinung nach ist ein sehr schöner Aspekt von Musik machen, sich einfach auf was einzulassen. Die Augen zu schließen und das Feeling los lassen, den Grooves aufsaugen, sich fallen lassen. Insofern ... Groove it out ... es wird dich so oder so weiter bringen.


Viiiiiiieeeeeel SPAß! That's what it's all about!


LG Bob
 
Aber ich denke du machst dir zu viel Gedanken, du sperrst dich

Ja, sieht so aus. :mad:
Mittlerweile geht das schon besser, aber ich muß noch mitzählen und aufpassen. Noch´n paar Tage, dann habe ich die Verdopplung auch im Gefühl.

Jedenfalls vielen Dank für die Unterstützung.
Eure vielen Denkanstöße bzgl. Blues habe ich auch gern gelesen und eure angeregte Diskussion läßt vermuten, daß ich euch nicht allzu sehr gelangweilt habe. ;)

geka
 
Hi nochmal,

eben kam mir folgende simple und eigentlich naheliegende Idee:

Wir könnten ja einfach mal die Akkorde von Bluesette einspielen, zwei, drei "Chorusse" darüber improvisieren und dann hochladen... dann könnten wir uns das Ergebnis in Ruhe anhören. Einfach maln bischen über "Bluesette- Musette" im Dreivierteltakt rocken, die Gitarren sprechen lassen... wie denkt ihr darüber? Ich fänds launig^^
 
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Seht ihr, dass haben wir jetzt davon... schon haben wir die Jazz- Polizei am Hals:D


Scherz beiseite: Aebersold ist natürlich eine wahre Autorität. Guter Einwurf, McCoy, besten Dank. Ich hab den auch hier. Allerdings ist bei Aebersold nur die 12er Standard- Form ( mit diversen Akkord- Variationen) drin. Aber für den Blues ganz sicher eine Fundgrube:great:

---
Aber mal was anderes:

Die These, dass "Bluesette" eine Weiterentwicklung von Charlie Parker's "Blues for Alice" oder überhaupt irgendwie eine Weiterentwicklung des großen, einzigen Charlie Parker sein soll, das hat mir heute Nacht wirklich den Schlaf geraubt, das lässt mich nicht mehr ruhen. Am Besten, ich stell die beiden mal hier rein, lassen wir die Ohren sprechen:

Charlie Parker's "Blues for Alice":






Toots Thieleman's "Bluesette":




Wo hört ihr da Unterschiede und wo Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Musikern, den beiden Tunes? Wo hört ihr den wahren Spirit des Blues und wo evt nicht?:cool:

Also ich höre da jede Menge Flattened Fifth bei Charlie. Und ich höre ohne Ende weitere Blue Notes bei Charlie ( nämlich b3 und b7). Die Flattened Fifth be und bopped bei Charlie wie wahnsinnig. Das ist Blues, das ist Be Bop, das ist BeBluesBop.

Charlie Parker hat seine musikalischen Wurzeln so tief im Blues, wie kaum ein Zweiter. Der Blues für sich genommen ist ja schon brandgefährlich und pechschwarz. Aber dem Charlie war das nicht genug Zündstoff, er nahm die 5- her und goss jede Menge Öl in's Feuer, dass es nur so kracht und zischt und donnert. Um es kurz zu machen:

Charlie Parker's Musik ist eine Kriegserklärung, eine Klage, eine Anklage, eine verzweifelte und verlorene Ein- Mann- Revolution, eine fiebrige Vision und eine düstere Prophezeiung.

... und dann kam Herr Thielemans und entwickelte das weiter?! Da gibt's nichts mehr weiterzuentwickeln. Nach Charlie Parker ist Ende im Gelände. Jedenfalls, was Blues und Jazz betrifft.

Es gab noch die sog. "Fusion" mit Miles Davies und CO. Und es gab den sog. "Free- Jazz" bei Coltrane und Co. Aber das sind keine Weiterentwicklungen des Blues und des Jazz mehr, sondern "Fusion" ist eben, wie der Name schon andeutet, eine Vermischung von Blues, Jazz, Rock, Funk etc. Und "Free Jazz" ist in letzter Konsequenz bereits die Auflösung des Jazz, das Sichverflüchtigen in den abstrakten Klang- und Geräusch- Raum, der Nachklang und Abgesang des ursprünglichen, schwarzen Blues.

Blues und Jazz sind mit Charlie Parker vollkommen melodisch/harmonisch ausgeschöpft ( allerdings noch lange nicht erschöpft).

.... und dann kam Herr Thielemans und entwickelte da noch etwas weiter? Com on...:cool:

Hört ihr bei Thielemans dasselbe bepoppende Bluesfieber, wie bei CHARLIE PARKER?! Auch nur einen Funken davon? Ich nicht.

Fragt mal einen schwarzen Blueser aus dem Delta, ob "Bluesette" Blues ist.... die müssen es wissen.
 
Blues und Jazz sind mit Charlie Parker vollkommen melodisch/harmonisch ausgeschöpft

Das ist die Weiterentwicklung des beliebten Statements: "Nach Bach hat die Musik aufgehört!" ;)

Leider wird in der Literatur und in etlichen Dokus über Jazz immer die BeBop-Ära als das Ende der Fahnenstange dargestellt. Alles was danach kommt wird in ein paar Sätzen abgehandelt. "Das gabs auch noch ...."

Fakt ist, dass Bebob das Zeitalter des Modern-Jazz eingeläutet hat. Alles vorher nennt man traditional Jazz. Die Entwicklung fächert sich nach dem (und in Reaktion auf den) Bebop in verschiedene Richtungen auf. Zum Teil weg von den hektischen Tempi, hin zum Cool-Jazz mit seiner unterkühlten Phrasierung und dem höheren Augenmerk auf's Arrangement. Zum Westcoast-Jazz mit seiner "positiveren" Attitüde und den vielen lateinamereikanischen Einflüssen. Und auch zum Freejazz, der in der Tat versucht viele Grenzen zu sprengen. Aber es gab genauso den Hardbop und das Bebop Revival.

Einfach sagen, dass nach den Bebop-Helden die Jazzgeschichte aufhört wird der Realität nicht gerecht.

Bluesette hat natürlich bei weitem nicht den klagenden Charakter von Parkers Blues for Alice Interpretation, aber die Changes basieren auf dem selben Schema. Moderner Jazz klingt nunmal nichtmehr so vordergründig nach Bebop und Blues. Trotzdem sind die Wurzeln die selben.
 
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Blues und Jazz sind mit Charlie Parker vollkommen melodisch/harmonisch ausgeschöpft ( allerdings noch lange nicht erschöpft).

Damit negierst Du nicht nur Thielemanns, sondern auch Leute wie Coltrane ...
War das wirklich der beabsichtigte Sinn des Statements ... ?

Im Kern geht es scheinbar um die Frage "Was macht den Blues aus ?"

Dabei geht es bei der Beantwortung dieser Frage viel um(Musik-)Philosophie, aber auch viel um den halt üblichen Sprachgebrauch.

Wenn ich persönlich (Achtung! Rein subjektiv !) sage "Das ist ein Blues", dann meine ich ausschließlich die Form und die Akkordfolge, wie modifiziert und verzerrt auch immer sie sein möge. Aber ich meine NICHT die Melodik, nicht die Tonbildung und nicht die Phrasierung. Will ich DIESE Dinge bewerten und besprechen, dann sage ich "das KLINGT bluesig", oder "die Melodie ist bluesig" oder "der Spieler hat ein bluesiges Feeling", oder etwas anderes in dieser Art.

Und ich habe mir diesen Sprachgebrauch nicht selbst zurechtgelegt, sondern ihn von anderen übernommen. Das heißt, er IST da draußen allgegenwärtig.

Unser Diskussionsthema trifft auf einen anderen Song auch, und noch viel mehr, zu. Bei diesem erkennt man den Blues (also die Blues-FORM und Harmonik) im Gegensatz zu "Bluesette" so gut wie gar nicht mehr, obwohl sie bei genauerer Analyse da ist. Dennoch werdet Ihr von der "Bluesette ist kein Blues"-Fraktion diesen Song viel eher als Blues akzeptieren, als "Bluesette", weil er halt ganz und gar wie der bluesigste Blues klingt, den man sich vorstellen mag, weil es vor Bluenotes und bluesigen Akkorden nur so wimmelt. Ich meine "Good bye Porkpiehat".

Was will ich damit sagen? ... Daß die Herangehensweise scheinbar eine unterschiedliche ist, wonach man Blues identifiziert und bewertet. Ob man primär (!) von der Harmonik ausgeht, oder vom , Sammelbegriff, SOUND (also Melodik, Phrasierung, Tonbildung).

LG - Thomas

Thomas
 
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Auch "Israel" von John Carisi, trotz seiner außergewöhnlichen Changes, ist ein Blues. Entscheidend ist die Form und die Akkordprogression und nicht die Melodik. Es gibt nämlich auch Blues-Themen ohne Bluenotes wie z.B. "Freddie the Freeloader", "C Jam Blues" oder "Jumpin' At The Woodside".

Und Sigiguitar, wenn Du mal in den von mir oben reingestellten Take rein hörst, merkst Du wieviel Blues-Feel man in "Bluesette" verwirklichen kann. Es kommt halt immer daraf an WIE Du etwas spielst. Du kannst natürlich auch "Satin Doll" bluesig spielen, aber das wird dann trotzdem nie ein Blues sein.

Dass Du so ein großer Be-Bopper bist ehrt Dich natürlich - hohe Kunst! Aber dass danach nichts mehr kam ... ???


Und Sigiguitar, by the way, hier ein Direktvergleich der Changes von "Bluesette" und "Blues For Alice". "Bluesette wurde nach F transponiert und steht in der oberen Reihe. "Blues For Alice" wurde metrisch angeglichen.



bluesforalicebluesette.jpg

Bis auf die Takte 13-14 und 17-18 sind die Changes kongruent!



Michum lag da sehr wohl richtig, als er sagte, dass "Bluesette" auf "Blues for Alice" aufbaut. Da geht kein Weg dran vorbei.
Da solltest Du Deine Meinung nochmals überdenken.
 
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Hallo Leute,


zunächst mal finde ich die hier aufgeworfenen Fragen extrem interessant und ich danke Euch, dass ihr mich noch nicht aufgegeben habt, sondern ernsthaft und mit fundierten Argumenten Eure Sicht der Dinge hier darlegt:great:

CUDO II schrieb:
Dass Du so ein großer Be-Bopper bist ehrt Dich natürlich- hohe Kunst

Dankeschön für die Blumen! Aber dass ich ein "großer Be- Bopper" bin, hab ich ja nicht behauptet...:redface:

Sorry CUDO II, ich hatte Deine Einspielung gestern zunächst übersehen! Nun hab ich reingehört. Ich kann in den Backing- Changes immer noch keinen Blues hören. Die Changes klingen in meinen Ohren an einigen signifikanten Stellen ( die ich noch näher erläutern will) total schräg, sorry. Ich will Dich mit dieser Aussage nicht korrigieren! Ich teile nur mit, dass meine armen Ohren einfach keinen Blues in den Backing- Changes hören können.

Ich hab tausend Fragen und Anmerkungen im Kopf, die ich leider nicht alle auf einmal in diesem meinem Post ansprechen kann. Ich will daher versuchen, nochmal Schritt für Schritt gewisse Fragen abzuarbeiten:

Zunächst Dank an Dich, CUDO II, dass Du die Mühe gemacht hast, einen Direktvergleich von "Bluesette" und "Blues for Alice" zu notieren, dass erspart mir die Arbeit:) Ich werde mich nach diesem Post von mir sehr gern noch eingängig damit befassen ( wie gesagt, für mich ist das Thema äusserst interessant und die Diskussion mit Euch sehr lehrreich!)

Ich habe derweil mal die "Bluesette" Changes über 12 Takte notiert und vereinfacht, indem ich aus den II-V-I- Verbindungen die Vorhalte (II) jeweils weggelassen habe. Ausserdem habe ich die Tritonus- Substitute Ab, Db, Gb und Cb aufgelöst, um so die reinen Kern- Changes aus "Bluesette" zu extrahieren. Dabei habe ich Folgendes erhalten ( ob an einigen Stellen im Original Major- oder Dominantsept- Akkorde stehen, betrachte ich nicht unbedingt als entscheidend. Entscheidend sind, wie Ihr ja selbst auch sagt, die Schwerpunkte):

|Bb7..... |D7..... |C7..... |Bb7..... |

|Eb7..... |D7..... |G7..... |C7....... |

|F7....... |F7...... |G7..... |F7....... ||




---
@ michum: Ich denke, ich hatte vom Prinzip her schon verstanden, wie Du das mit der Übertragung von "Bluesette" in den Standard- Blues meintest! Vielleicht haben wir aneinander vorbei geredet oder ich hab mich missverständlich ausgedrückt:redface:

Aber ich kann es drehen und wenden wie ich will, ich höre da nach der Übertragung noch immer keinen Standard- Blues. Allerdings sagst Du, Du gehst explizit von Parker's "Blues for Alice aus". Ok, ich werde mir also CUDOS II Direktvergleich noch in Ruhe anhören und analysieren!

Aber ich möchte Euch schon vorab mitteilen:

Wenn ich mir die von mir oben aufgeschlüsselten Kern- Changes von "Bluesette" anhöre, dann haben meine Ohren ganz besondere Probleme mit der zweiten und mit der dritten Zeile.

Ok, erstmal bis hier hin. Meld mich später wieder, ich werd mir jetzt erstmal den dankenswerterweise von CUDO II erstellten Direktvergleich noch zur Brust nehmen...

Ganz herzlichen Dank nochmal für Eure Bemühungen:hat:

***

OK, die Changes von "Bluesette und "Blues for Alice" sind tatsächlich deckungsgleich!... bis auf einen einzigen Takt, nämlich Takt 11. Ich habe bei "Blues for Alice" dasselbe Verfahren angewandt, wie bei "Bluesette":

Zuerst habe ich die Vorhalte entfernt und dann noch die Tritonus- Substitute auf die Tonart Bb bezogen aufgelöst/umgedeutet. Dabei hab ich dann Folgendes erhalten:


Bluesette:

|Bb7..... |D7..... |C7..... |Bb7..... |

|Eb7..... |D7..... |G7..... |C7....... |

|F7....... |F7...... |G7..... |F7....... ||

Blues for Alice:

|Bb7..... |D7..... |C7..... |Bb7..... |

|Eb7..... |D7..... |G7..... |C7....... |

|F7....... |F7...... |Bb7..... |F7....... ||



---

Das ist schonmal eine Waaaahnsinns- Erfahrung- jedenfalls für mich:D

Mit dem Takt 11 in "Bluesette" kann ich gut leben, da ich ja den G7 in "Bluesette" als VI7 und somit als Substitut für die I ansehen kann... richtig? Dann wären beide Tunes genau deckungsgleich:rofl:

Und es klingt jetzt auch tatsächlich nach BLUES in meinen Ohren. Allerdings ein ganz schön abgefahrner Blues. Aber eindeutig ein Blues, jetzt kann ich es hören!

Nur an Takt 3 müssen sich meine Ohren erst noch ein wenig gewöhnen, der C7 an dieser Stelle ist ziemlich gewagt:D
---

Allerdings, wenn die beiden Stücke tatsächlich praktisch deckungsgleich sind, was hat Toots Thielemans dann weiterentwickelt, ausser dass er die Taktzahl verdoppelt und aus dem 4/4 Takt einen Walzer gemacht hat?! Oder gilt das schon als Weiterentwicklung? Ich kann doch jedes beliebige Stück nehmen und dehnen oder stauchen ( oder sogar noch ein bischen an den Harmonien feilen)... aber ist das gleich eine Weiterentwicklung?

Eine echte Weiterentwicklung in der Musik bleibt doch auch nicht bei einem einzigen Stück stehen, da müsste es dann doch auch noch viel mehr Beispiele eines 24taktigen Blues dieser Art geben?! Wenn jemand etwas Neues entwickelt, dann müsste die Geschichte seiner Erfindung doch noch weitergegangen sein. Warum gibt es nur dieses eine Beispiel in dieser Art? Warum hat die Blues- Jazz- Gemeinde die von Toots Thielemans erfundene 24taktige Blaupause nicht angenommen und weitere Stücke in der Art geschaffen?


LG,
sigiguitar
 
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In dem Stück gibt es keine Tritonus-Subs und auch keine Vorhalte.

Wenn Du das Ganze in Bb-Dur und im 4/4 Takt haben möchtest - bitteschön --->

bluesforalicebluesette2.jpg

Und beachte! Im nun 12-taktigen Schema sind die Unterschiede zwischen den beiden Songs in Takt 7 und 9.

Im Takt 7 handelt es sich bei Bluesette um einen MI Akkord auf der bIII Stufe der allgemein als Tonikastellvertreter gilt.
Im Takt 9 hat Bluesette die bIIMA7 Stufe - ebenfalls als MI Akkord allerdings mit SDM Funtion. Der Rest ist mehr oder weniger kongruent mit Blues for Alice.
 
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Dankeschön, aber die Tonart ist für mich nicht wirklich entscheidend:)


Also ab Takt 2 in deiner obigen Notation:

... |Am D7 |Gm C7 |Fm Bb7 |... dann weiter ab Takt 6: |Em Ab7 |Dm G7 |Dbm Gb7 | usw... All diese Changes ordne ich für mich als II, V- Bewegungen ein. Da sind wir uns einig, oder? Und ich bezeichne die II als "Vorhalt", denn so habe ich es gelernt. Ok, sorry, "II, V, I" war in in meinem letzten Post sehr missverständich formuliert, weil die Auflösungen der jeweiligen Dominanten in ihre jeweils entsprechende I ja nicht statffinden und es gleich von einer II, V- Bewegung zur nächsten weitergeht. Aber ich betrachte solche Changes eben immer auch in Bezug auf ihre jeweilige I )

Jedenfalls, dass es sich hier um II, V- Bewegungen handelt, da sind wir uns einig, oder? Die entsprechenden Bereiche für die beiden ersten obengenannten Takte wären dann:

|Am D7 | = G- Dur- Bereich, da Am die II und D7 die V von G- Dur darstellt. Und:

|Gm C7 | = F- Dur- Bereich, da Gm die II und C7 die V von F- Dur darstellt.

Dasselbe gilt für die weiteren II, V- Bewegungen in den Bird- Changes, auch sie können auf ihre jeweilen Toniken (I) bezogen werden.

Ich könnte also zB. mit der G- Dur- Tonleiter über Am D7 und mit der F- Dur- Tonleiter über Gm C7 improvisieren ( und evt mit Blue- Notes anreichern) usw.
Es geht mir nur darum, erstmal meinen theoretischen Background mitzuteilen.

Besser würde es klingen, wenn man zB. beide Takte zusammenfasst und zB über die beiden Dominanten ( und deren Vorhalte (II) Am und Gm) einfach D7- und C7- Dominantsept- Arpeggios ( evt. angereichert mit Blue- Notes) spielt.

Man könnte aber auch zB die jeweiligen Subdominant- Arpeggien Cmaj und Bbmaj verwenden:cool:...

Mit solchen Arpeggios (z.T. noch angereichert mit Blue- Notes) hat Charlie Parker sehr viel gespielt und improvisiert.

---

Ich sehe auch deutlich die Quintfall- Kette:

... A -> D -> G -> C -> F -> Bb... in den obigen Changes.

Daher: Was die Tritonus- Substitute ( flattened Fifth!) betrifft, so betrachte ich gerade im Blues jeden Tonleiterfremden Grundton eines Akkordes grundsätzlich als "Blue", hinter dem sich ein Tritonus- Substitut verbirgt.
Zum Beispiel in Takt 6:

|Ebm Ab7 |

Das sind zwei Akkorde, die ( bezogen auf die Ausgangstonart Bb) tonleiterfremde Grundtöne haben. Hinter dieser Akkordverbindung verbirgt sich aus meiner Sicht also ein Tritonus- Substitut, nämlich:

Ab7/5- = D7/5-

Ich könnte also an dieser Stelle auch statt Ebm Ab7 auch Am D7 einsetzen, nicht wahr? Jedenfalls, wenn ich das mache, dann klingts gut, nicht falsch. Auf diese Weise kann ich sämtliche tonleiterfremden Akkorde in "Blues for Alice" auf die Tonart Bb- Dur zurückführen, indem ich einfach ihre Tritonus-Umdeutungen herausarbeite.

Indem ich nun die Tritonus- Umdeutungen alle auf Bb- Dur bezogen habe und die Vorhalte (II) der II, V- Bewegungen weggelassen habe ( es spielt keine Rolle, ob man zB Dm G7 oder nur G7 spielt, richtig?), erhielt ich obige vereinfachte 12taktige Akkordfolge aus "Blues for Alice" ( Post #32). Und mit "Bluesette" bin ich genauso vorgegangen. Und so kann ich die Bird- Changes ( und somit auch "Bluesette") sehr gut nachvollziehen. Und dann hab ich festgestellt, dass die beiden tatsächlich bis auf Takt 11 identisch sind. Ich kann also sagen:

Ich bin mit Dir vollkommen einer Meinung, die beiden Stücke sind identisch. Ùnd ich kann jederzeit über diese Changes improvisieren, weil ich weiss, wie sie aufgebaut sind. Ich könnte sie auch jederzeit "beliebig" im Harmonieverlauf umarrangieren oder weiterführn^^

Also siehst Du da jetzt noch irgendein Problem? Ich nicht...
 
Zuletzt bearbeitet:
Seht ihr, dass haben wir jetzt davon... schon haben wir die Jazz- Polizei am Hals:D
In dem von mir verlinkten Aebersold-Artikel kann man relativ genau die Entwicklung vom 3-Stufen-Blues zum Parker-Blues verfolgen. Deswegen habe ich das gepostet.

Noch was zur Begrifflichkeit:

Frage eine (deutsche?) Sängerin, die in der Nachkriegszeit aufgewachsen ist, was ein Blues ist. Sie versteht unter einem Blues das, was wir heute eine Jazzballade nennen: ein langsam gesungener amerikanischer Song.

Frage in ener Tanzschule, was ein Blues ist. Die Antwort steht bei Wikipedia:

Wikipedia schrieb:
Stehblues wird entsprechend zu langsamer Popmusik, vor allem zu Balladen (z. B. Hey Jude, Hello oder Richard Sandersons Reality), getanzt. Die Schrittfolge ist ein einfaches Links-Rechts, kann aber ganz zum Erliegen kommen. In diesem Fall ist der Stehblues nichts anderes mehr als Schmusen oder Küssen im Stehen.
Beim Stehblues wird die Beleuchtung der Tanzfläche stark abgedunkelt, um den Paaren die notwendige Intimität zu ermöglichen.
:cool: :D :rofl:

Frage einen schwarzen Gitarristen in den Everglades. Er wird Dir viel von Bluenotes, Bottleneck, Open Tuning, trauriger Stimmung und sehr wenig von 12 Takten erzählen. Und daß ein Mann, egal wo er hingeht, nie zu Hause ankommt.
http://youtu.be/OK1dvE6uIbM?t=57s
Yeah. :cool:

Frage einen Gitarristen in Chicago. Er wird Dir viel von toten Männern, Revolvern, Frauen, Whisky, Cocaine und Cadillacs erzählen.

Frage einen Gitarristen in England. Er wird Dir sagen, daß ein Blues ein Rocksong mit einer ganz bestimmten 12-Takte-Akkordfolge ist.

Frage einen Jazzmusiker. Naja, den hast Du gerade gefragt. Der antwortet Dir das, was in diesem Thread steht. :D


Und wenn das noch nicht reicht, lies diesen Text (wenn Du ihn noch nicht kenst):
http://www.analogman.com/singblues.htm

Viele Grüße,
Die Jazzpolizei ;)
(alias Linking Papaya Bush :ugly:)
 
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Hi Sigiguitar,

bei einer IIm7 V7 Verbindung würde ich eher von einer vorgeschalteten IIm7 Stufe (im englischen relative IIm7) und nicht von einem Vorhalt sprechen.

Bei der Analyse eines Stückes, die dann unweigerlich zur Chordscale-Bestimmung führt, legt man im allgemeinen zunächst Wert auf die Bestimmung der diatonischen Akkorde. In unserem Fall wäre z.B. Am7(b5) im 2. Takt (Anmerkung: ich schrieb Am7 wegen des Themas das an dieser Stelle die reine Quinte beinhaltet) oder auch Gm7 im 3. Takt diatonische Akkorde die wenn möglich ihre angestammte Chordscale behalten sollten um die Tonart zu sichern. Man sagt diese Akkorde haben Dual-Funktion. Auf den IIm7 V7 Bezug haben sie subdominantischen Charakter - auf die Tonart bezogen haben sie eventuell einen anderen Charakter.
Aus diesem Grund ist es nicht immer richtig alle IIm7 V7 Bezüge über einen Kamm zu scheren.

Im 5. und 6. Takt findet z.B. eine Subdominantmoll-Kadenz statt. Aus diesem Grunde haben Ebm7 und Ab13 SDM Funktion. Ab13 tritt hier also nicht als Dominante an sondern als bVII7. Im darauffolgenden 7. Takt hat das Dm7 auf die Tonart bezogen Tonika-Funktion. Dm7 hat somit auch Dual-Funktion.
Die Kadenz vom 5. bis 7. Takt lautet also: | SD | SDM | T |

Es gibt in diesem Stück keine Tritonus-Stellvertreter.

Einfach die vorgeschaltete IIm7 bei einer IIm7 V7 Verbindung wegzulassen ist nich immer möglich. Parker hat z.B. die vorgeschalteten IIm7 explizit melodisch in diesem Thema verarbeitet. Wenn Du sie wegnimmst veränderst Du den Inhalt des Themas.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi CUDO II,


meine umfassende Analyse des Blues kann ich auf einen einzigen Satz reduziern:


The Blues is the medicine.

- - - Aktualisiert - - -

@ McCoy,


herzlichen Dank für Deinen Reply, fand ich extrem cool:D

Also im Endeffekt:

Charlie Parker hat den Blues gelebt, nicht 'analysiert'. Zwischen Analysieren und Leben liegen bekanntlich Welten:cool:


Keep rockin:hat:
 
Charlie Parker hat den Blues gelebt, nicht 'analysiert'. Zwischen Analysieren und Leben liegen bekanntlich Welten:cool:

Ich bin zwar nicht Mitglied in der berüchtigten Jazz-Polizei, möchte aber trotzdem anmerken, daß, soweit ich mich in Parkers Biographie auskenne, er durchaus stunden- und tagelang mit Kollegen zusammengesessen ist (allen voran Gillespie) um bestimmte harmonische Kniffe auszutüfteln und auszuarbeiten. Ganz zu schweigen von den Studien, die er für sich ganz alleine betrieben haben mag ... immerhin soll er ja wie ein besessener alleine geübt haben.

Ich bin nicht überzeugt davon, daß man den Blues leben muß, um ihn spielen zu können. Aber überzeugt bin ich davon, daß das "leben" alleine auch nicht genügen kann ... man muß sich schon auch (!) intellektuell auseinandersetzen mit dem, was man da treibt, um so spielen zu können.

Ist aber nur eine Bemerkung am Rande, völlig off topic und unnötig eigentlich ...

LG - Thomas
 
meine umfassende Analyse des Blues kann ich auf einen einzigen Satz reduziern:

Vielleicht hilft Dir das -->

RULES FOR THE BLUES
Komplettzitat aus urheberrechtlichen Gründen gelöscht, außerdem hatte McCoy den Artikel bereits verlinkt (s.o.). /klaus111
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@ turko:

Die meisten Blueser konnten keine Noten lesen und kannten keine Musiktheorie, weil sie den Blues mit der Muttermilch aufgesogen und nicht in der Schule oder in irgendeinem "Jazz- Studium" an der Unität gelernt haben...

turko schrieb:
Ich bin nicht überzeugt davon, daß man den Blues leben muß, um ihn spielen zu können.

Da sind die echten Blueser aber sehr anderer Meinung, was sagt zB John Lee Hooker dazu...:




... allerdings hab ich mir die Theorie seinerzeit mehr so zum Spass draufgeschafft... falls ich mal in eine Diskussion wie diese hier gerate:redface:...

CUDO II schrieb:
... Es gibt in diesem Stück keine Tritonus-Stellvertreter.


Dann sollte wiki also diesen Eintrag hier zu den Bird- Changes korrigieren...?!:

This can be viewed as a cycle of ii-V progressions leading to the IV chord (E♭7 in the key of Bbmajor), and the tritone substitution of the dominant chords leading by half-step to the V chord.

Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Bird_changes

----
... wiki ist natürlich nicht die Top- Quelle... möchtest Du weitere Belege von Profis? Dann sag Bescheid^^
 

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