Voraussetzungen für die Konstruktion und den Bau eines Akkordeons

Vielen Dank für alle Hinweise. Ich habe einiges gelernt. Jetzt noch einen Schritt weiter: Ich versuche herauszufinden, wie man dieses merkwürdige Manufaktur-/Halbindustrie-Produkt namens Konzertakkordeon in der Barockzeit empfunden haben mag und welche musikalischen Ideen das Instrument wohl hervorrufen würde. Zurück in die Vergangenheit. Ich steige mit Marty McFly in sein wunderbares Auto. Wir stellen die Zeitmaschine auf 1741 ein, Jahr der Veröffentlichung der Goldberg-Variationen, Zielort: Leipzig, Thomasschule. Nee doch anders. Sonst stiehlt das Auto dem Akkordeon die Show. Das wollen wir nicht. Wir parken das Auto im Nirgendwo, durchqueren ein Stadttor, laufen zur Thomasschule und treffen Johann Sebastian. Wir spielen ihm ein barockes Stück auf dem Akkordeon vor. Nur keinen Beethoven. Das könnte ja die Zukunft, aus der wir kommen, komplett ändern...

Was fällt ihm an dem Instrument auf? Welche Ideen bekommt er, was man mit dem Instrument anstellen könnte? Ich stelle mir vor, dass er den Klang mit den Instrumenten vergleicht, die er kennt. Johann Sebastian liebte die Orgel. Nach Forkel spielte er am liebsten Clavichord. In seinem Nachlass von 1750 steht, dass er Cembali (=Clavichorde in diesem Falle?), ein Spinett und Lautenwercke (=Lautenklaviere) besaß. Außerdem fanden sich einige Streichinstrumente.
 
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"Mit wenn und wenn, steckt man Paris in eine Flasche", sagt man hier.

- Da dieser Faden jetzt etwas ins Abseits gerutscht ist, könnte er wirklich interessant werden, in Bezug zu Handwerk und Industrie. Anekdoten zur Illustration dieser Fragen, habe ich viele.

- Im Alleinbau wird es wohl nicht gehen. Einem Kollegen nach, der in Castelfidardo eine Kleinfabrik aufkaufte, sind schliesslich 22 Berufe in einem Converter-Akkordeon. Hier handelt es sich um die Marke FISART. Inzwischen hat er die Herstellung zu Fismen verlegt. Eine Anekdote : In Castelfidardo gibt es einige sehr gesuchte freelance Fachleute, nur in Fachkreisen bekannt, die ohne Rechnung arbeiten, und auch dann nicht für jeden. Einer dieser Leute, schätzungsweise 65 Jahre, teilte mir stolz mit, dass er in seinem Leben nie Einkommensteuer bezahlt hat !

Andere kurze Geschichte :

- In Mirécourt war ich, zur Gelegenheit eines Tages der offenen Tür, in einem Geigenbauer-Atelier. Der Meister erklärte den Besucher wie hier eine Violine von den 5 Gesellen fertiggestellt wird. Ein junger Mann im Publikum regte sich dazu auf, und sagte zielich grob, dass die Violinen aus dieser Werkstatt ja dann nicht als handwerklich hergestellt, gelten können ! Das wäre ja Industrie, zumindest Manufaktur... Lug und Betrug. Dem Meister blieb die Spucke weg.

Alles aus einer Hand ist nicht die Regel aber kann man auch
:)
Hier im Périgord gibt es das Atelier CADENCE, leider bauen die 4 bis 5 Leute nur fisarmoniche francese.

View: https://www.youtube.com/watch?v=9VHn4qYJ9Wc

smal
 
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Was fällt ihm an dem Instrument auf? Welche Ideen bekommt er, was man mit dem Instrument anstellen könnte? Ich stelle mir vor, dass er den Klang mit den Instrumenten vergleicht, die er kennt.
Wenn ich drüber nachdenke, fällt JS Bach wahrscheinlich Folgendes auf: Wenn er das Instrument selber in der Hand hält und Knöpfe und Tasten drückt, sieht er nicht, was er tut. Ob das für ihn eine Einschränkung, weiß ich nicht. Manche Leute, die überlegen, wie man Fugen frei improvisiert, sagen, dass es gut ist, dass man die Tasten im Blick hat. Wenn er so drauf ist, wird er darauf hinweisen.

Dadurch dass man ziehen muss, ist das Handling links und rechts etwas anders. Rechts drückt man nur Knöpfe oder Tasten. Links muss man zusätzlich ziehen. Ungewohnt für Herrn Bach. Das kennt er nicht.

Er wird bestimmt auch die Töne links und rechts miteinander vergleichen. Beim Konzertakkordeon wird ihm auffallen, dass dieselben Töne links und rechts etwas anders klingen. Das ist anders als beim Clavichord, Cembalo oder den Manualen der Orgel. Dort ist es egal. Linke und rechte Hand machen dieselben Töne, wenn man diesselbe Klaviatur benutzt.

Das Konzertakkordeon ist für ein nicht ortsgebundenes Instrument vergleichsweise laut. Ein Clavichord oder auch ein Cembalo stellt es locker in den Schatten. Wenn etwas laut war, gefiehl es Herrn Bach. Wir wissen aus der Geschichte, dass er beim ersten Test einer Orgel alle Register zog, um zu schauen, wie es um die Lunge des Instruments bestellt ist. Eine gute Orgel ist definitiv lauter als ein Konzertakkordeon. Aber man kann den Ton bei einem Akkordeon von ganz leise bis ganz laut anschwellen lassen. Das hätte ihm bestimmt gefallen. Wahrscheinlich hätte er überlegt, was man damit anfangen kann. Passt das irgendwie in die Barockmusik, wie ich sie kenne? Lässt sich damit etwas anstellen? Bei merkwürdigen Spieltechniken wie dem Bellowshake, hätte er sich an seinen geliebten Vivaldi erinnert. Schön, hätte er gedacht.

Bestimmt habe ich etwas vergessen...
 
Mag sein, hat er aber nicht. Insofern kann ich nicht nachvollziehen, wohin diese Diskussion führen soll?
Naja, man kann über diese Diskussion oder dieses Forum denken, wie man will - unterhaltsam ist es allemal :)
 
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Insofern kann ich nicht nachvollziehen, wohin diese Diskussion führen soll?
Naja, man kann über diese Diskussion oder dieses Forum denken, wie man will - unterhaltsam ist es allemal :)
Naja. Wenn ich ein Akkordeon in die Hand nehme, ist das eine Grenzüberschreitung - in jeglicher Hinsicht. Ich überschreite Jahrhunderte. Ich komme in eine Zeit, die nicht so sehr von Hektik geprägt war. Man spazierte und ging langsamer. Ich komme in eine Zeit, in der Handarbeit an der Tagesordnung war. Ich versuche barocke Musik auf einem Instrument zu spielen, was es vor mehr als 250 Jahren so nicht gab, mit Materialien, die man nicht in dieser Qualität hatte oder die noch nicht erfunden waren (z.B. Kunststoff). Manche sagen, die Jahreszeiten in Mitteleuropa seien damals kälter gewesen. Ich stelle mir vor, dass dem ein oder anderen Musiker die Finger oft kalt waren. Vor allem auf dem Turm, wenn man Stücke zu blasen hatte. Die Kirchen waren winters durchweg kalt, ohne Heizung. Manche Orgeln standen vor Fenstern, an denen es zog. Und den Kurfürsten auf dem Marktplatz musikalisch willkommen zu heißen, war eine Zumutung. Im Fackellicht sah man nicht viel, außerdem hatte man mit dem Fackelruß zu kämpfen. Kann man da tatsächlich so schnell fiedeln oder orgeln, wie wir das heute in unserem angespannten schnellen heißeren Zeitalter tun? Das wird durch die o.g. Zeitreise mit Marty McFly spürbar. Wenn ich mir das bewusst mache, komme ich ins Fragen. Ich frage mich, wie in der Zeit des Barock Barockmusik eigentlich geklungen hat. Ich frage mich, ob ich sie auf meinem Instrument adäquat wiedergeben kann. Ich frage mich, was musikalisch auf dem Akkordeon geht, was nicht geht, was einfach anders ist und welche musikalischen Möglichkeiten ich nutzen kann, die es damals noch nicht gab, aber sinnvoll erscheinen.

Bestimmt habe ich etwas vergessen...
J.S. Bach wird sich vielleicht über die Stimmung des Konzertakkordeons wundern. Erst mit seiner Zeit fangen die Leute so richtig an, ihre Instrumente wohltemperiert zu stimmen. Freilich unterteilten die die Oktave anfangs nicht in 12 gleiche Tonschritte. Werckmeister etwa bemühte sich, die Qualität der verschiedenen Tonarten zu erhalten. Ich frage mich auch, ob sich Bach gewundert hätte, wenn er auf meinem Akkordeon ein a gespielt hätte. Hätte er das nicht als vergleichsweise hoch empfunden? Die Festlegung auf 440 Hz kam doch später, oder?
 
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eine Grenzüberschreitung - in jeglicher Hinsicht. Ich überschreite Jahrhunderte
das ist, was ich meine. Du stellst fiktionale Fragen, hier ob man zu Bachs Zeiten ein Konzertakkordeon hätte bauen können. Das bleibt dann erstmal im technischen Bereich, realistisch oder nicht, ab #41 wird's dann richtig fiktiv. Du greifst deine eigenen Fragen auf und beantwortest sie. Im Grunde lässt du mich an deinen Selbstgesprächen teilhaben.
Ich versuche barocke Musik auf einem Instrument zu spielen, was es vor mehr als 250 Jahren so nicht gab, mit Materialien, die man nicht in dieser Qualität hatte oder die noch nicht erfunden waren (z.B. Kunststoff)
hmmm, du versuchst, in der Barockzeit ("Ich komme in eine Zeit") ein Instrument zu spielen, das es in jener Zeit nicht gab. Oder aber du versuchst, in der Jetztzeit ein Instrument zu spielen, das es damals nicht gab. Und heute auch nicht, heute gibt's "jetztzeitige" Instrumente.
Manche sagen, die Jahreszeiten in Mitteleuropa seien damals kälter gewesen. Ich stelle mir vor, dass dem ein oder anderen Musiker die Finger oft kalt waren. Vor allem auf dem Turm, wenn man Stücke zu blasen hatte. Die Kirchen waren winters durchweg kalt, ohne Heizung. Manche Orgeln standen vor Fenstern, an denen es zog. Und den Kurfürsten auf dem Marktplatz musikalisch willkommen zu heißen, war eine Zumutung. Im Fackellicht sah man nicht viel, außerdem hatte man mit dem Fackelruß zu kämpfen. Kann man da tatsächlich so schnell fiedeln oder orgeln, wie wir das heute in unserem angespannten schnellen heißeren Zeitalter tun? Das wird durch die o.g. Zeitreise mit Marty McFly spürbar.
Das alles meine ich mit "unterhaltsam". Die Beiträge der Mitdiskutierenden inklusive natürlich. Und das meine ich weder negativ noch abfällig. ("Sprachempfinden":D).
 
Grund: gelöschte Bemerkung
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Bach Morino.jpg
 
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Die Abbildung passt sehr gut in dieses Thema.
Ich hoffe man hat Herrn Bach hier mit einem vernünftigen Tastenakkordeon ausgestattet, und er muss nicht mit einem Knopfakkordeon vorlieb nehmen..
Möchte der Vollständigkeit halber darauf hinweisen dass die Farbe seines Ober-Ärmels im Zusammenhang mit dem Hintergrunde die Farben seines Heimatlandes repräsentieren.
 
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Die Abbildung passt sehr gut in dieses Thema.
ich kann mir bei dem Blick gut vorstellen, was der werte Herr Bach in dem Moment vielleicht gedacht haben mag:

"...Für ein tragbares Musikinstrumente ist es deroselbst wahrlich nicht klein und leicht gerathen werther Herr Baumeister. Kann er es vielleicht mit 4 schlanken Stehfüssen ausstatten, ähnlich einem Spinette? So dass mir die Schmerzen in den Schultern ersparet bleiben, deroweil ich auf das eintreffen Ihro Durchlauchteste Majestät warten um dero Hoheit musikalisch das Gemüt zu ergötzen?"

:m_akk::engel:
 
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Ich hoffe man hat Herrn Bach hier mit einem vernünftigen Tastenakkordeon ausgestattet, und er muss nicht mit einem Knopfakkordeon vorlieb nehmen..
Da stellt sich natürlich die Frage welche Bauart ihm zur Verfügung gestanden hätte, das diatonische Knopfakkordeon, das chromatische Knopfakkordeon oder dessen degenerierte Form, das chromatische Tastenakkordeon. In der Reihenfolge erblickten sie ja das Licht der Welt erblickt.
 
Es war eine Morino Artiste XN mit MIII ;)
 
welche Bauart ihm zur Verfügung gestanden hätte
Es geht um ein Konzertakkordeon. Sonst macht das Ganze hier überhaupt keinen Sinn. Man kann keine chromatische Polyphonie auf einem diatonischen Instrument spielen.
Nur als Hinweis: Es stellt sich nach den technischen Erörterungen mit den letzten Beiträgen die Frage, in welchem Umfang historisch informierte Aufführungspraxis mit einem Akkordeon möglich ist. Und wenn ja: Wie es zu spielen ist. Oder muss man sagen: Zu einem barocken Konzert gehören definitiv barocke Instrumente!?
 
Es geht um ein Konzertakkordeon
Wenn zu Bachs Zeiten ein Konzertakkordeon der heutigen Bauweise zur Verfügung gestanden hätte wäre das Akkordeon ein etabliertes Instrument gewesen denn die Entwicklung hätte ja Generationen gedauert und Bach wäre mit dem Instrument aufgewachsen. Das Akkordeon wäre DAS Instrument gewesen aufgrund seiner akkustischen Durchsetzungsfähigkeit, der Transportabilität, der Tonstabilität und der für damalige Zeriten unübertroffenen perfekten Funktion. Die Orgel hätte als stationäres Kircheninstrument eine, wenn auch wichtige, Nische gehabt aber viele Orgeln für kleinere Kirchen wären garnicht erst gebaut worde, was wir heute nur bedauern könnten(Ich liebe kleine alte Kirchenorgeln) Warum hätte Bach noch für andere Instrumente komponieren sollen wenn man mit dem Akkordeon als Soloinstrument jeden Saal bespielen konnte?
 
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Oder muss man sagen: Zu einem barocken Konzert gehören definitiv barocke Instrumente!?
Wenn es da Akkordeon zu Bachs Zeiten gegeben hätte wäre es doch ein barockes Instrument und die Frage wäre obsolet.
 
Oder muss man sagen: Zu einem barocken Konzert gehören definitiv barocke Instrumente!?
nuja da gibts die unterschiedlichsten Schattierungen und Ansichten .. von den Notentext möglichst im originalen Notensatz gespielt.. bis...nur auf enem echten Instrument aus der damaligen zeit gespielt ist es echt... wobei dei Fraktion am liebsten noch gehabt hätte: von den originalen Spielern gespielt...

Such dir eine Version für dich aus und sei dir sicher du findest garantiert Kritiker die genau die Art in der Fassung und Zusammensetzung für unzulässig erklären weil 1.), 2.), 3.)...

Deshalb wird es reine Fiktion bleiben was die damals mit einem Konzertakkordeon angestellt hätten - auch hier bleibt letztlich nur: denk dir eine Fassung aus, forme die in deiner Fantasie zu einem Gesamten und nimm das als dein Ergebnis. Mehr kann man jetzt heute und hier nicht für die Vergangenheit klären.. aber auch nicht weniger!
 
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Wenn ... hätte wäre d... gewesen denn die Entwicklung hätte ja... wäre DAS I.... Die Orgel hätte... wären garnicht erst ... Warum hätte Bach
Das ist eine lange Kette aus vielen Schlussfolgerungen, eine gewagter als die andere ... ;)

Warum hätte Bach noch für andere Instrumente komponieren sollen wenn man mit dem Akkordeon als Soloinstrument jeden Saal bespielen konnte?
Konsequenterweise sollte man dann alle Orgeln heutzutage aus den Kirchen entfernen, da ja das Akkordeon alles abdecken kann.

Die Posaunenchöre kann man auch gleich durch Akkordeonorchester ersetzen. Am besten diatonische. ;)
 
Ich hoffe man hat Herrn Bach hier mit einem vernünftigen Tastenakkordeon ausgestattet, und er muss nicht mit einem Knopfakkordeon vorlieb nehmen..



Präludien auf Tasten, Fugen auf Knöpfen

image.jpg


Stimmung breites Tremolo, alles in Ordnung.
 
nicht gewagter als #1 ;)
#1 verstehe ich lediglich als eine - wenn auch ungewöhnliche - Frage.

Die Behauptung, das Akkordeon hätte die Kirchenorgel ersetzen können, halte ich dagegen bei aller Liebe für unser schönes Instrument schon für relativ gewagt. ;)
Aber vielleicht war das auch nicht ernst gemeint. Ist hier immer schwer zu beurteilen, so ohne Tonfall und Gesichtsausdruck...
 

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