Umsetzung von Chorälen auf dem MIII

Dort wird die These aufgestellt, dass der Generalbass nach Meinung von JS Bach nicht nur ein Hinweis für Begleiter ist, sondern die Komposition enthalte.
Natürlich werden durch den GB die Akkorde vorgegeben.

Aber es wird doch eine Menge weggelassen, und diese Informationen fehlen dann
- Melodie fehlt völlig
- wie die Akkorde ausgesetzt werden, fehlt
- die Stimmführung kann man sich bis zu einem gewissen Grad nach den Regeln "rekonstruieren", aber da gibt es immer mehrere bis viele Möglichkeiten.

Vom Rhythmus der Begleitung oder eventuellen Begleitfiguren wie Umspielungen usw., die im GB nicht notiert werden, reden wir hier noch gar nicht.

Der GB kann immer nur das Gerüst der Begleitung widergeben, nicht die ganze Komposition.
Ist doch ähnlich, wenn Du von einem Jazz-Stück nur den Bass und die Harmonien hättest. Klar kann man da drüber improvisieren. Das eigentliche Stück kommt dabei nicht wieder raus.

Demzufolge hätten seine Schüler erst ein bisschen Generalbass gelernt, diesen dann auf die Choräle angewandt und später mit dem daraus gewonnenen Wissen und Können Fugen improvisiert.

Man könnte genauso sagen: Heutige Klavierschüler lernen ein bisschen Noten, dann wenden sie das beim lernen einfacher Stücke an, und später improvisieren sie fortgeschrittene Jazz-Standards.

Von Schritt 1 zu Schritt 2 ist der Weg klein, von Schritt 2 zu Schritt 3 gewaltig.
Ich kann dieser Argumentation nicht folgen. Und: Zum Fugen-Improvisieren brauchst Du keinen Generalbass, sondern viel mehr Kontrapunkt. GB ist doch nur eine Kurzschrift, kein Regelwerk.

Außerdem gäbe es Generalbass-Fugen, die Bach in seinem Unterricht verwendet hätte.
Was sind Generalbass-Fugen?
Wenn Du meinst Fugen, wo die Bass-Stimme mit GB beziffert ist, verstehe ich das nicht ganz. Sowas habe ich noch nie gesehen. Natürlich kann man Akkorde bzw GB-Zahlen drunterschreiben.

Es gibt Teile in Fugen, da pausiert die Bass-Stimme, da müsste man ganz schön "tricksen". Was machst Du beim Thema? Da gibt es weder Bass noch Harmonien ... Und woran siehst Du, ob es gerade ein/zwei/drei/vier/fünfstimmig ist?
Fugen sind imho nicht akkordisch konzipiert, sondern melodisch/kontrapunktisch.

Oder hast Du bzw der Autor dieser Veröffentlichung eine andere Vorstellung von GB, vielleicht Melodie + Bass + Bezifferung, so dass man "nur" die Mittelstimmen rekonstruieren muss?
 
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Hallo @opa_albin, schön dass Du Dich meldest und sagst, dass Du der Argumentation von Remes nicht folgen kannst. @Monteverdi scheint es ähnlich zu gehen. Und in gewisser Weise mir auch. Mir ist der Gedanke auch neu, dass Generalbass mehr ist als ein harmonisches Fülsel.

Wenn man meine letzte Wendung ("harmonisches Fülsel") anguckt, sieht man vielleicht schon, wo unser Verständnis-Problem liegen könnte. Die Frage ist, ob es zurzeit von Bach Harmonik in unserem heutigen Sinne gab. Also sind solche Sachen wie "dm7" oder "A7" oder "Tonika" oder "Dominante" zurzeit von Bach im Denken und in den musikalischen Fingern der Leute Allgemeingut oder nicht? Mir hat jemand gesagt, dass ich Barock nicht als harmonisches Zeitalter betrachten solle, sondern als polyphones. Verstehst Du, was Remes vielleicht sagen möchte? Er sagt, wir kommen mit unserem "harmonischen Verständnis" an die Barocksachen und betrachten sie im falschen (harmonischen) Licht. Besser wäre eine polyphone Betrachtungsweise. Ich möchte das jetzt nicht ausführen oder kommentieren. Aber es könnte doch sein, dass Remes recht hat und wir Heutigen einem falschen Vorverständnis aufsitzen und damit harmonisch vorbelastet an die Musik der Barock herangehen. Könnte doch so sein, oder?

Wie dem auch sei. Bisher ist alles hier v.a. Theorie. Ich möchte das Lehrmaterial zeigen, dass man bei Johann Christian Kittel (1732-1809) gefunden hat. Kittel kam im Alter von 16 nach Leipzig und wurde dort ein Schüler von Bach. Selbstverständlich musste er sich anfangs durch die Choräle durchwühlen. Bach machte ihm Basslinien und Kittel durfte schauen, wie er die Mittelstimmen hinkriegt. In heutiger Notation sieht das so aus:

Kittel - Seite1.png


Man sieht oben die Choralmelodie und 8 verschiedene Basslinien samt Generalbass zum Üben. Ob man daraus polyphone Stimmen machen kann, wie das geht und so was auf dem Akkordeon funktioniert, weiß ich aber noch nicht. Lebe ja im harmonischen Akkordeon-Zeitalter. Trotzdem sieht die Sache interesant aus, ich hänge mal Kittels 24 Choräle als pdf hier an. Vielleicht fängt ja jemand Feuer.

Oder hast Du bzw der Autor dieser Veröffentlichung eine andere Vorstellung von GB, vielleicht Melodie + Bass + Bezifferung, so dass man "nur" die Mittelstimmen rekonstruieren muss?
Such mal nach Rinck. Das Manuskript heißt LM4665 und enthält 28 Preludien-Fugen Paare in Generalbass der Bach-Schule (Rinck war ein Schüler des Bachschülers Kittel). Wenn Du das Dokument in einer lesbarer und verwendbarer Form gefunden hast, kannst Du es hier posten. Ich war nicht so erfolgreich.

Ich kenne vergleichbare Dokumente nur aus der italienischen Partimento-Tradition. Zum Beispiel gibt es bei Zingarelli ein Partimento, das Fugeneinsätze fordert. Es sieht so aus:

Zingarelli1.png


Eine mögliche Umsetzung wäre:

Zingarelli2.png

Schau mal im Partimento nach, was passiert, wo sogetto oder riposta steht. ;) Für mich sind solche Übungen zurzeit weit über meinem Horizont. Ich kümmere mich erst mal um die 2000er, bevor ich die 3000- und 4000er besteige. Erst mal Choräle...
 

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  • Johann Christian Kittel - Exzerpt Manuskript - 24 Choräle in Generalbass.pdf
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Ja, das ist eine Interpretation. Eine andere findet sich in der Dissertation von Derek Remes. Sie heißt:
"Thoroughbass, Chorale and Fugue: Teaching the Craft of Composition in J.S. Bach's Circle." Dort wird die These aufgestellt, dass der Generalbass nach Meinung von JS Bach nicht nur ein Hinweis für Begleiter sei, sondern die Komposition enthalte. Remes bezieht sich dabei auf ein Empfehlungsschreiben an den Schüler Friedrich Gottlieb Wild. Bach erwähnte dort den "Generalbass und denen daraus fließende Fundamental-Regeln der Composition". Demzufolge hätten seine Schüler erst Generalbass gelernt, diesen dann auf die Choräle angewandt und später mit dem daraus gewonnenen Wissen und Können Fugen improvisiert. So gibt es Schülermanuskripte, die dieses Vorgehen zeigen. Außerdem gäbe es Generalbass-Fugen, die Bach in seinem Unterricht verwendet hätte.
Ich halte das für ziemlichen Quatsch. Bach hat z.B. mit seinen Inventionen zeigen wollen, wie man sowas komponiert (siehe sein Vorwort). Da ist von Generalbass keinerlei Rede, ich wüsste auch nicht, wie man da eine Verbindung herstellen könnte. Kannst Du mir das erklären?

Wenn Fugen instrumental oder vokal gespielt werden (ich meine jetzt nicht auf dem Tasteninstrument alleine), dann geht natürlich fast immer der Generalbass mit. Das ist doch sonnenklar. Er orientiert sich an der tiefsten Stimme und bringt die passenden Harmonien zu den übrigen Stimmen, beteiligt sich aber nur mit dem Bass am polyphonen Fugengeschehen.
 
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Kannst Du mir das erklären?
Du warst etwas zu schnell. Mein bescheidener Versuch wurde gleichzeitig mit dir gepostet. Sonst kann ich Dir nur die Links von und über Remes geben: seine Dissertation und ein Youtube-Video, wo er seine Thesen erklärt.

Bach hat z.B. mit seinen Inventionen zeigen wollen, wie man sowas komponiert (siehe sein Vorwort)
Ja, ich kenne das Vorwort. Nur sieht es so aus, dass die etwas jüngeren Musikwissenschaftler diese Quelle anders interpretieren. Ich habe das gelernt wie du: Die Inventionen seien auch dazu da, Komposition zu studieren. Manche heutige sagen, man müsse dieses Vorwort als eine politische Masche Bachs im Rahmen des Leipziger Berufungsverfahrens auffassen, an der Thomasschule in Leipzig Fuß zu fassen. Bach hätte die Inventionen komponiert und das Vorwort später hinzugefügt, um zu zeigen, dass er auch didaktische Kompetenz besitze, was ja für die Herren Stadträte ein Einstellungskriterium für einen Lehrer gewesen sei.

Sie sagen weiter: Wie Bach gelehrt habe, müsse aus dem Material seiner Schüler erschlossen werden. Und da hat sich wissenschaftlich jede Menge getan. Es gibt einiges, was man gefunden hat und was nun für weitere Auswertungen zugänglich wird.

Ich halte das für ziemlichen Quatsch.
Das kann und mag das nicht beurteilen. Für mich ist nur wichtig, ob die Bach zugeschriebene Didaktik von Remes mich weiter bringt.

J.S. Bach, 371 vierstimmige Choräle für ein Tasteninstrument, Breitkopf & Härtel.... Darum würde mich interessieren, ob jemand ein Teil des Materials schon einmal nach Schwierigkeitsgrad geordnet hat. Also in welcher Reihenfolge macht das didaktisch Sinn?
Meine Frage ist beantwortet. Selbstverständlich kümmert sich Bayern nämlich auch rührend um die Preußen.:rofl::prost: Darum liegt in der Bayrischen Staatsbibliothek in München ein Büchlein aus einem Gymnasium in Danzig, das zu Preußen gehörte. Den Namen des Autors kennt man nicht. Dazu müsste man die Blätter vom Einband lösen, was streng verboten ist, weil das Buch von 1861 stammt. Wie dem auch sei: Der Autor fand, man müsse die Sangeskunst der Schulkinder der niederen und höheren Schulen systematisch fördern. Dazu könne man Choräle verwenden, freilich nicht in beliebiger Reihenfolge, sondern nach dem Schwierigkeitsgrad sortiert. Volltreffer. Das kann ich als Grundlage nehmen. Super.

Ich habe mal die Bach-Choräle aus dem Büchlein der Schwierigkeit nach aufgeschrieben, die man heute noch singt. Das Dokument ist anbei. Leider fehlt z.B. Bachs Lieblingschoral "Nun ruhen alle Wälder", dessen Melodie er 8x verwendet hat, wenn ich richtig zähle. Wahrscheinlich fühlte sich der Lehrer aus dem 19. Jahrhundert dem Preußenkönig Friedrich II verpflichtet:

"Ein jeder kann bei Mir glauben, was er will, wenn er nur ehrlich ist. Was die Gesangbücher angeht, so stehet einem jedem frey zu singen: Nun ruhen alle Wälder, oder dergleichen dummes und thörichtes Zeug mehr. Aber die Priester müssen die Toleranz nicht vergessen, denn ihnen wird keine Verfolgung gestattet werden.“

Darüber hinaus fehlen einige wichtige Bach-Choräle, die der Lehrer wohl nicht ganzjährig einsetzen konnte wie "Nun komm der Heiden Heiland" oder "Vom Himmel hoch". Für erste Versuche trotzdem nicht schlecht.
 

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Er sagt, wir kommen mit unserem "harmonischen Verständnis" an die Barocksachen und betrachten sie im falschen (harmonischen) Licht. Besser wäre eine polyphone Betrachtungsweise.
Das habe ich ja oben auch schon geschrieben.
Es ist aber kein entweder oder, sondern ein Mix.
Ich bin nur Laie, was Musikgeschichte angeht, von daher hoffe ich, dass ich nichts Falsches schreibe. Aber im Grunde gab es doch die Entwicklung vom einstimmigen Lied/Choral zur Mehrstimmigkeit, wo es lediglich um (umgangssprachlich) konsonante und dissonante Klänge ging. Irgendwann kam dann das akkordische Empfinden dazu. Bei Bach kommt imo beides zusammen - absolute Meisterschaft in der Polyphonie, aber auch akkordisches Komponieren - davon zeugt ja unter anderem der Generalbass mit der Bezifferung, die vertikal funktioniert. Auch Choräle sind akkordisch angelegt, aber wenn man sich die Stimmführungen ansieht, eben auch wunderbar polyphon. (Wobei es auch Abschnitte gibt, wo Alt oder Tenor nur "Füllstimme" sind und keine besonders schöne Stimmführung haben)

Ein schönes Beispiel (von vielen) für die Dualität finde ich WK I C-Dur Präludium - "Akkordmusik" - und Fuge - Polyphonie.

Dass man da in der Fuge sinnvoll Generalbass schreiben könnte, kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Man will da doch gar keine Begleitung, sondern jede Stimme wirkt einzeln.

Also bei Bach braucht man meiner Meinung nach beides - harmonisches und polyphones Verständnis - je nach Stück in verschiedenen Gewichtungen. Da findet man sicher noch x Beispiele.

Nach Bach geht die Verwendung der Polyphonie zurück, die Leute wollten nicht mehr so dieses strenge Regelwerk (hat C.Ph.E. Bach irgendwo mal so ähnlich geschrieben) und es geht immer mehr "ins Reich der Klänge". So hab ich mir das ungefähr gemerkt ;)

Für mich sind solche Übungen zurzeit weit über meinem Horizont. Ich kümmere mich erst mal um die 2000er
Eine komplette Fuge zu improvisieren kriege ich auch nicht hin. Ich hatte als Jugendlicher mal zwei Jahre bei einem älteren Organisten Liedspiel und Improvisation, der konnte das. Aber mit entsprechender Übung würde ich Dir das auf jeden Fall zutrauen. Ich denke, die Kirchenmusiker haben das auch jetzt noch im Studium, vielleicht kann man da auch mal jemanden fragen.

Als Einstieg könnte man sich denke ich damit beschäftigen, ein überschaubares Thema zweistimmig darzubieten, mit Einsätzen auf Tonika und Dominante. Erstmal nur das, später auch dreistimmig, in Paralleltonarten usw. (die Kleinen Präludien und Fughetten von Bach könnten da als Lehrwerk herhalten). Es gibt auch einiges an Unterrichtswerken für Orgel, ich glaube Keller Schule der Choralimprovisation ist sowas. Kann ich mal suchen, ob das vielleicht dem entspricht, und könnte es Dir gern zur Verfügung stellen.

Hier noch ein Link zum Thema Fugen-Impro bei clavio - und "Wie improvisiere ich eine Fuge" von Prof. Stoiber - vielleicht nützt es was, es geht allerdings um Orgel.

Auf jeden Fall ein tolles Thema. Ich wäre auf dem Akkordeon heillos überfordert damit, meine Bewunderung für Dein Projekt ist Dir auf jeden Fall sicher ;)
 
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"Wie improvisiere ich eine Fuge" von Prof. Stoiber - vielleicht nützt es was, es geht allerdings um Orgel.
Der Tipp ist richtig heiß. Ich habe mir das Buch von Stoiber vor einiger Zeit gekauft. Seine Vorgehensweise ist pragmatisch, die Ergebnisse erstaunlich. Ich habe mich durch einen Teil seiner Videos schon durchgearbeitet und habe neben mir Mitschriebe liegen. Das ist bestimmt Material dabei, das wir so oder angepasst auch für unser Instrument verwenden können. Aber jetzt erst einmal Choräle.

Vielen Dank, @Monteverdi und @opa_albin für eure Hinweise, Anfragen und Anregungen. Es ist schön, wenn man mit dem Thema nicht allein ist. @Tobias R. , spielst Du nicht auch Choräle auf dem Roland? Wie gehst Du eigentlich vor? Ich erinnere mich noch, dass das auf der Hohenschramberg vor x Jahren ziemlich orgelmäßig geklungen hat, kann aber auch falsch liegen.
 
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Du weißt schon, dass @Monteverdi und ich MIII-Akkordeon spielen oder?
Ja - wenn jeder zwei Stimmen spielt, dann kommt ein Choral mit vier gut unterscheidbaren Stimmen heraus.

Das Problem hat man am Klavier aber auch
Nein, am Klavier kann man gleichzeitig gespielte Töne verschieden stark anschlagen.
Die Situation beim Akkordeon sehe ich auch nicht unbedingt als Problem. Ich meine nur: Wenn man höchstens zwei getrennte Stimmen hört und weitere Töne "nur" Harmonien bilden, aber vom Hörer kaum als eigene Stimmen verfolgbar sind, dann könnte es ratsam sein, die weiteren Töne mit alleinigem Fokus auf Harmonien und nicht auf eine ohnehin vom Hörer kaum verfolgbare Stimmführung zu wählen - also schlichtweg anders als in Orgelchorälen oder sonstigen Werken für andere Instrumente mit anderen Voraussetzungen.
Kommt natürlich auch darauf an, für wen man spielt. Der Spieler selbst kann alle Stimmen verfolgen.
 
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Nein, am Klavier kann man gleichzeitig gespielte Töne verschieden stark anschlagen.

... äh, was ich ja im selben Absatz auch so geschrieben habe, wenn auch nicht in dem Wortlaut:
Daraus schließe ich dass es eben die Gesamtheit aller Effekte ist die man zur Verfügung hat die dann den Unterschied ausmachen ( Anschlagdynamik, Jeu inegal...etc.)

Wenn man gut genug ist , kann man auch am Akkordeon den einen oder anderen Effekt verwenden, so dass man die Stimmen differenzierter hört...Mein Meister hat mir gelegentlich Ausschnitte mehrstimmiger Kompositionen vorgespielt... was er wie genau gemacht hat weiß ich nicht, aber man konnte die Stimmen gut unterscheiden und mitverfolgen... geht bestimmt auch nicht immer und lässt sich bestimmt auch nicht generell so machen, aber mitunter gings wohl schon.

Wobei ich deshalb nicht generell ein ein uneingeschränkter Beführworter davon bin, solche vielstimmigen Werke auf dem Akkordeon zum Besten zu geben. Denn es ist ja schon so, um die Stimmen hervorzuheben, muss man die auch einzeln ansprechen können. Und je mehr Stimmen dazu kommen, desto schwerer bis unmöglich wird das . Und dann hat man irgendwann zwar ein Stück gehört, das unglaublich schwierig zu spielen ist, aber sich einfach nur noch nach brutal massivem Klang anhört und nicht mehr nach Musikgenuss.
 
kann man auch am Akkordeon den einen oder anderen Effekt verwenden, so dass man die Stimmen differenzierter hört
Mit der Artikulation kann man sicher einiges machen (z.B. Hauptstimme Legato, Nebenstimme portato). Da könnte uns @Klangbutter bestimmt schöne Beispiele bringen.
Auf einem einmanualigen Cembalo oder Orgel ist es ja das Gleiche.
Auf der anderen Seite kann man auf dem Akkordeon lange Töne liegen lassen, die auf dem Klavier verklingen. Ist halt anders, jedes Instrument hat seine Vor und Nachteile.

Konkretes Beispiel .... Nun komm der Heiden Heiland
Akkordeon - Hussong, schön legato, (Bach ab 1:00) aber man hört den c.f. nur schwerlich raus, die Nebenstimmen vergleichsweise (zu?) laut.
Orgel - sehr differenziert durch die verschiedenen Register
Klavier - als "Extrembeispiel" die Busoni-Bearbeitung gespielt von Horowitz 1947 und Horowitz 1986 (?). Die späte Version ist schon sehr romantisch, aber Krasse Klangfarben ab z.B. 3:25.
Und damit die langen Töne bis zu ihrer wichtigen Auflösung (sind viele Vorhalte) noch zu hören sind, muss er sie teilweise "überakzentuieren" (z.B. Bass bei 4:01). Ich find's gut, aber das ist sicher Geschmackssache. Kann man auch affektiert finden. - ,

Auf dem Akkordeon scheint es mir am schwersten. Noch dazu, wenn man das Original (Orgel) im Ohr hat - diese exakt gleichbleibende Lautstärke wird man auf dem Akkordeon nicht hinbekommen.
Dafür kann man aber auch viel differenzierter mit dem Balg arbeiten. Auch schön ...

Dreistimmig funktioniert aber auf dem Akkordeon gut, finde ich. Bass hat ein extra Register, und zwei Stimmen rechts kann man gut auflösen.
 
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Plastizität, Sinnlichkeit und natürliche, logische Strukturen sind die großen Ziele, die möglichst vereint werden sollen.

Da könnte uns @Klangbutter bestimmt schöne Beispiele bringen.

Eigentlich könnte hier alles stehen

Scarlatti

Pop

Bach Fuge

Beim Pop Beispiel sieht man auch die Möglichkeiten des Digitalakkordeons zur Umsetzung.
Sogar im Direktvergleich zum Akustischen.

Leider hab ich gerade keinen Choral aufgenommen. Wollte ich schon immer mal machen.
1x Cäsar Franck und 2x Bach.

Obwohl die digitalen Optionen am effektivsten sind, bleibt für viele das Sinnliche auf der Strecke.

Geht mir aber zb. mit dem oben vorgeführten Orgelbeispiel auch so.
Plastizität ok, aber diese statische etwas plärrige Melodie, künstlich ausgestellt ... nicht so meins.
Wenigstens wäre ein Schweller angebracht um geschmeidig rein und raus zu kommen.
 
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