Romantik auf dem Akkordeon

  • Ersteller morino47
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Natürlich ;) Ich wollte nicht drängeln. Du hast uns nur den Mund wässrig gemacht ;)
 
Diesen Begriff kannte ich bisher nicht, ich merke mir "nicht polyphon = homophon" in der Musik. Richtig?
ich bitte um Nachsicht. Die Anhäufung meines Musikvokabulars hat vor weit über einem halben Jahrhundert stattgefunden. Und wird nicht mehr täglich hinterfragt :giggle: . Neben polyphon und monophon bezeichnet die Homophonie z.B. genau dies ->
wenn in dem Stück linke und rechte Klavierhand deutlich getrennte Aufgaben haben
z.B. Chopin Nocturne Es-Dur 9,2(glaub ich). Eine durch eine Begleitung gestützte Linie/Melodie. Ein Großteil der Musik also. Mit den üblichen Unschärfen, Terz- oder Sextführung ist immer noch das Gleiche. Die "Träumerei" ist schon ein Zwischenwesen, da sich da doch schon ganz schön geführte Mittelstimmen tummeln.

Den "Romantik"-Begriff wollte ich deshalb geklärt wissen, weil davon die Beantwortung des Fadens abhängt.
dann meine ich Ersteres, also die Musik der Romantiker Brahms, Schumann, Chopin und Konsorten. An süßlich klingende Ritzenmusik a la Clayderman denke ich dabei nicht
"Ritzenmusik" kenne jetzt ich nicht.

Also, wenn man den emotionalen/sentimentalen/gefühligen/empfindsamen ....... Gestus nicht als Kernkompetenz des "Romantischen" betrachtet, dann bleibt von der Einteilung in Musikstile nicht viel übrig. In Bezug auf die Eignung als Akkordeonliteratur wohlgemerkt (Thema!).
Ich sehe dann keinen Unterschied zwischen dem mittlerweile allbekannten Fantaisie-Impromptu und sagen wir mal dem Schlusssatz der "Mondschein:giggle:"-Sonate. Wie definiert man - immer unter diesem Gesichtspunkt! - die Eigenheit der Romantik? Worin begründet sich die Eignung oder eine spezielle Herangehensweise gegenüber anderen Stilen/Epochen? Die Stilmittel sind ja auch innerhalb einer Epoche, ja sogar in den Werke jedes einzelnen Komponisten, derart vielfältig, dass die Epoche als Eignungskriterium eher nachgeordnet ist. Mann, was ein Schwulst!

Mein Fazit: Ob ein Stück, gleich welcher Zuordnung, sich zum Vortrag auf dem Akkordeon eignet, ist in allererster Linie vom Rüstzeug des Interpreten abhängig. Und des Bearbeiters, oft in Personalunion. Ich kann die Eignung nicht von meinem eigenen Können ableiten. Liszt konnte die Beethovensinfonien für Klavier bearbeiten und spielen. Ich kann beides nicht. Haben sie deswegen keine Berechtigungen?
Ich suche schon dauernd nach einem Beispiel aus der Akkordeonliteratur. Romantik und am Text bleiben. Würthners "Aufforderung zum Tanz" vielleicht. Weber Erzromantiker, das Stück aber halt eben hauptsächlich virtuos.

Bleibt vielleicht doch noch der Seitenblick 😇 aufs "Romantische". Was aber könnte "romantischer" sein als "Bist du bei mir"? Und die "Träumerei" möge man sich mal von einem Fan/einer Fanin vorsingen lassen. Ab Takt 9 🤭...
Ich sitze hier und schreibe und denke "Wen langweile ich wohl grade?" All das ist aufgeschnappt und angelesen, und das ist sicher nicht mein Privileg ...

Ich hör jetzt einfach mal auf. Danke.

Gibst Du uns den Link?
h-dur plus klangtaucher ist zielführend :giggle:

ich musste auch suchen. Hier ist die MII-Version - edit: nur angespielt - , angefangen hat es mit einer homophonen(!:giggle:) Klavier-Akkordeon-Version (#1)
Evtl. hat der post noch eine relative Berechtigung durch die Gedanken zur MII-Bassseite.
Hab noch mal drübergelesen. Vieles vom aktuellen thead kam dort auch zur Sprache ...

guten Abend, gut Nacht :sleep:, um es mit einem Hochromantiker zu sagen
 
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ich bitte um Nachsicht. Die Anhäufung meines Musikvokabulars hat vor weit über einem halben Jahrhundert stattgefunden.
Sooo altmodisch ist das auch wieder nicht - ich habe gerade kürzlich von einer jungen Musikerin (frisch abgeschlossenes Musik-Lehramtsstudium) den Begriff "homophon" gehört.
Der einzig moderne Aspekt war ein lustiger Versprecher: sie hat zuerst versehentlich "homophober Satz" gesagt. :rofl:

Viele Grüße
 
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Na das ist ja noch interessant geworden hier, und alles wegen einer Mozartfantasie. :) Toll, dass das Thema als Diskussion aufgegriffen wurde und dass ihr so viele schöne Beispiele zusammengetragen habt.

Soweit ich mich an den Musik-LK aus der Schule zurückerinnern kann, ist der Unterschied zwischen „romantisch“ im Sinne von Liebesfilmen etc. vs. die Epoche der Romantik, dass es bei der Epoche eher um Extreme des Ausdrucks ging. In der wiener Klassik (2. Hälfte 18. jh) bestand eher noch ein formales Ideal, Musik sollte schlank, strukturiert, nachvollziehbar und trotzdem reizvoll sein. Da war es dann vielleicht eher die Herausforderung, nicht zu langweilig zu werden. In „Ein musikalischer Spaß“ von Mozart kann man den ersten Satz so verstehen, dass er sich dort über einfallslose Komponisten lustig macht. Der Sonatenhauptsatz hat sich mit Exposition, Durchführung und Reprise zu einer relativ vereinheitlichten Form entwickelt, trotzdem musste immer wieder was neues daraus gemacht werden. Sonaten und Symphonien sind sozusagen Aufführungsprogramme bestehend aus Schnell, Langsam, Schnell, und einem eingeschobenen Auflockerungstänzchen. Ich finde, das Ganze hat einen Schwerpunkt auf akademische Unterhaltung. Mir liegt die Wiener Klassik vielleicht sogar am ehesten, weil die Überraschungen im Detail liegen.

In der Epoche der Romantik (19. jh) hat sich dieses Ideal geändert zum Extrem des Ausdrucks. Es geht nicht mehr darum, an der Form zu kleben und gefällig zu unterhalten, sondern möglichst extreme Empfindungen auszudrücken. Wahnsinn und Genie, entsetzliche Abgründe, unendliche Zartheit, Transzendentale Erfahrungen. Dabei werden die Instrumente ausgereizt und das ist etwas ganz anderes als die sentimentale warmduschige Romantik, die nicht erschreckt und wo man ja im Grunde weiß, dass es ein Happy-End gibt und dass man selbst nicht betroffen ist. Die Romantik hat unterschiedliche Strömungen hervorgebracht wie z.B. auch den Impressionismus, die Stilmittel sind deswegen nicht immer die selben. Dass die Hände am Klavier weniger getrennte Aufgaben übernehmen und eine Entwicklung zur komplexen Polyphonie wie z.B. bei Reger ist schon ziemlich auffällig. Die Virtuosenbewegung gehört auch dazu, also dass immer noch einer kommt, der noch mehr rausholt und wo das Publikum hinterher völlig geplättet sein soll (laut oder leise, alles möglich).

Ein Komponist ist nicht immer das Eine oder das Andere. Schubert ist schon Frühromantik, aber noch direkt klassisch entwickelt. An Beethoven kann man eigentlich ganz gut sehen, dass er sich aktiv von der Klassik in die Romantik mitentwickelt hat. In seinen Klaviersonaten löst er sich nach und nach von der Form und schreibt irgendwann auch keine italienischen Tempobezeichnungen mehr über die Sätze, sondern Anweisungen wie „Gesangvoll, mit innigster Empfindung“. Das Auflockerungstänzchen fällt schließlich auch weg. Wenn man sehr viel Zeit hat, kann man sich die interessanteVorlesungsreihe von Andras Schiff zu Beethovens Klaviersonaten auch mal anhören, selbst wenn er als Interpret nicht jedermanns Geschmack ist. Ich finde seinen Akzent so angenehm. ;-)

Nach wie vor würde ich das auch so sehen wie einige andere hier, dass vieles aus der Romantik am Akkordeon sehr schön weiterentwickelt werden kann, aber es drückt dann für mich etwas anderes aus als das Original fürs Klavier. Der Akkordeonklang hat für mich etwas bodenständigeres naturverbundeneres.
 
@opa_albin: Gerade nicht, weil es weniger erschreckt oder aus den Angeln hebt.
 
"Ritzenmusik" kenne jetzt ich nicht.

Entschuldigung, ist meine bildhafte Sprache: Gemeint ist das Geräusch, das manche Leute auch Musik nennen, das aus irgendwelchen unsichtbaren Ritzen leise aber penetrant abgesondert wird, wenn man z.B. in nicht wenigen Hotels sich an einem gewissen Örtchen befindet oder, um ein weiteres Beispiel zu nennen, wenn man in nicht wenigen Kleiderläden in der Umkleide eben mal eine neue Hose anprobiert - ich weiß, in nicht wenigen anderen Kleiderläden dröhnt es ganz massiv nach irgendwelchem heavy .... Ich fühle mich gestört, wenn ich bei einer alle Konzentration fordernden Übung wie Hose-Kaufen durch eine andauernde Beschallung abgelenkt werde(-n soll).

Nach wie vor würde ich das auch so sehen wie einige andere hier, dass vieles aus der Romantik am Akkordeon sehr schön weiterentwickelt werden kann, aber es drückt dann für mich etwas anderes aus als das Original fürs Klavier. Der Akkordeonklang hat für mich etwas bodenständigeres naturverbundeneres.

Vollkommen einverstanden. Die Frage ist eben, ob das, was durch die Weiterentwicklung für Akkordeon Entstandene noch Romantik ist in dem Sinne, wie es @tamaracha oben beschrieben hat, von tölpelhaften Versuchen mal ganz abgesehen.
 
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Entschuldigung, ist meine bildhafte Sprache: Gemeint ist das Geräusch, das manche Leute auch Musik nennen, das aus irgendwelchen unsichtbaren Ritzen leise aber penetrant abgesondert wird, wenn man z.B. in nicht wenigen Hotels sich an einem gewissen Örtchen befindet oder, um ein weiteres Beispiel zu nennen, wenn man in nicht wenigen Kleiderläden in der Umkleide eben mal eine neue Hose anprobiert - ich weiß, in nicht wenigen anderen Kleiderläden dröhnt es ganz massiv nach irgendwelchem heavy .... Ich fühle mich gestört, wenn ich bei einer alle Konzentration fordernden Übung wie Hose-Kaufen durch eine andauernde Beschallung abgelenkt werde(-n soll).
na, wenigsten dieser Punkt meines posts war ne ausführliche Replik wert :D
Der einzig moderne Aspekt war ein lustiger Versprecher: sie hat zuerst versehentlich "homophober Satz" gesagt
wenigstens isses ja noch lustig :D
 
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Der einzig moderne Aspekt war ein lustiger Versprecher: sie hat zuerst versehentlich "homophober Satz" gesagt.
ah ja! Unter diesem Aspekt wäre das Gegenstück zu homophon ja nicht polyphon, sondern eher herterophon! :D


Soweit ich mich an den Musik-LK aus der Schule zurückerinnern kann, ist der Unterschied zwischen „romantisch“ im Sinne von Liebesfilmen etc. vs. die Epoche der Romantik, dass es bei der Epoche eher um Extreme des Ausdrucks ging. In der wiener Klassik (2. Hälfte 18. jh)
... vielleicht ist der Begriff Romantik hier der falsche Begriff, für das, über was wier hier eigentlich sprechen wollen!

Wenn ich die Diskussionen oben verfolge , neige ich mittlerweile eher dazu Romantik grundsätzlich mit Herz Schmerz und Happy End zu verbinden und auf s Akkordeon bezogen das eher in die Richtung zu differenzieren: "Musik, die beim Klavier die sehr instrumentenspezifischen Elemente Nachklang und Pedal und diferenzierte Anschlagstärke bewusst zur Ausdrucksgestaltung einsetzt.

Denn klar, die Schuhmannsche Träumerei ist schon anspruchsvoll, wenn man mit dem Akkordeon den luftigen Eindruck nachbilden will und nicht einen erdenschweren Alptraum nach einem fettigen Mittagessen darstellen will. Wohingegen der Knecht Ruprecht aus dem gleichen Album da schon viel eher auf Akkodeon umsetzbar sein dürfte.
 
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Entschuldigung, ist meine bildhafte Sprache: Gemeint ist das Geräusch, das manche Leute auch Musik nennen, das aus irgendwelchen unsichtbaren Ritzen leise aber penetrant abgesondert wird, wenn man z.B. in nicht wenigen Hotels sich an einem gewissen Örtchen befindet oder, um ein weiteres Beispiel zu nennen, wenn man in nicht wenigen Kleiderläden in der Umkleide eben mal eine neue Hose anprobiert - ich weiß, in nicht wenigen anderen Kleiderläden dröhnt es ganz massiv nach irgendwelchem heavy .... Ich fühle mich gestört, wenn ich bei einer alle Konzentration fordernden Übung wie Hose-Kaufen durch eine andauernde Beschallung abgelenkt werde(-n soll).



Vollkommen einverstanden. Die Frage ist eben, ob das, was durch die Weiterentwicklung für Akkordeon Entstandene noch Romantik ist in dem Sinne, wie es @tamaracha oben beschrieben hat, von tölpelhaften Versuchen mal ganz abgesehen.
Oder so richtig geile Weihnachtsschlägerei mit Musikbegleitung, oder dieses Pop-Radio bei Rewe. Ich hab schon mal bei Rewe unter so einem Lautsprecher gestanden, der genau in dem Moment geschrien hat: „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ Wobei, so ein bisschen Impressionismus wie Morgenstimmung oder Clair de Lune finde ich manchmal ganz angenehm so als Hintergrund, da soll man eh nicht zuhören, sondern nur wirken lassen. Im Radio hatte ich schon mal eine Vertonung einer Tapete gehört, leider nie wiedergefunden. Da wäre dann aber auch die Frage nach dem Übergang zwischen Fahrstuhlmusik und Impressionismus.

Was deine letzte Frage betrifft, würde ich sagen, viele der Klavierstücke werden durch das Akkordeon definitiv andere Musik, eigene Kreationen und vermitteln oft ein anderes Lebensgefühl, kulturelle Aneignung sozusagen. Gerade bei der Romantik gehe ich eher davon aus, dass sich die Komponisten schon was dabei gedacht haben, wie sie ihre Stücke eingerichtet haben. Die Konservatoriumsdozenten betrachten diese Klaviermusik vermutlich in der akademischen Diskussion deshalb als ungeeignet für die Reproduktion auf dem Akko. Die Weiterentwicklungen der Klavierstücke könnten theoretisch immer noch im Zeitgeist der Romantik stehen. Oft sind es aber Adaptionen, die z.B. mehr ins Tanzbare oder gesangvolle gehen. Komponisten der Romantik hätten aber mit Sicherheit für das Akkordeon und seine Stärken komponiert. Reger könnte auf dem Akko vielleicht wieder besser gehen. Ich bin jetzt nicht so die Reger-Auskennerin, aber der hat doch viel für Orgel geschrieben, da sind die Voraussetzungen ähnlicher.

@maxito: Das passiert halt, wenn sich Begriffe verselbständigen. Es lebe die Begriffsdefinition. :) Herzschmerz kann man mit dem Akko natürlich prima verursachen. Jetzt lege ich @morino47 wahrscheinlich Worte in den Mund, aber ich hatte @morino47 schon so verstanden, dass es eher um die Epoche geht und die akademische Diskussion, vor allem, weil direkt auf Klaviermusik eingeschränkt wurde und dann später noch Konservatoriumsdozenten ins Spiel kamen. Falls das nicht stimmt, entschuldige ich mich für die allgemeine Verwirrung.
 
Herzschmerz kann man mit dem Akko natürlich prima verursachen.
Frei nach Stefan Hiss ist das Akko sogar das dafür prädestinierte Instrument, gemäß seinem Zitat: "das Akkordeon ist das ideale Instrument um Schmerz auszudrücken... die Nachbarn aus meiner Jugendzeit werden dies bestätigen können!" :D

dass es eher um die Epoche geht und die akademische Diskussion, vor allem, weil direkt auf Klaviermusik eingeschränkt wurde und dann später noch Konservatoriumsdozenten ins Spiel kamen.
Das macht vermutlich auch Sinn, dass man sich auf einen bestimmten Instrumentenbereich beschränkt. Denn an andere Stelle hatten wir shcon mal die Diskussion, was für ein Akkordeon braucht man um Klassik spielen zu können. Am Verlauf der Diskussion musste ich feststellen, dass einerseits die Auffassung der Umsetzung ,als auch der Interpretation was denn für Umsetzung von Klassik gilt ein sehr weit gespannter Bogen werden kann. Denn wenn man alles zulässt geht die Diskussion sehr schnell auch auf ganz andere Instrumentypen wie Geige, Gitarre, Fagott, Trompete etc... und dann wird das ein so großer Bereich der sich eigentlich nicht mehr fassen lässt. - Wäre dann schade um die Diskussion , denn die wird sich da dann zwangsläufig verlaufen.

Die Sache mit dem Dozenten kam glaub ich durch @morino47 ins Spiel. Kann sein, dass er sich auf das gleiche Stück bezog das in einem Konzert in Trossingen gespielt wurde, das wir damals gemeinsam besucht hatten. Und dort hatte eben ein wirklich sehr guter Dozent die Schumannsche Träumerei vorgetragen. Ich denke technisch war der Vortrag perfekt und das kann man vielleicht technisch auch nicht besser spielen. Aber die klangliche Wirkung die das Stück bei mir und bei Morino47 erzeugte war eben so völlig fremd zu dem Eindruck den eine (gut gespielte ) Klavierversion bei uns erzeugte. Und unser Resultat von dem Abend war dann einfach: es gibt Klaviermusik - in dem Fall halt der Romantik zugeschrieben - die sich auf Akkordeon nicht wirklich spielen lässt ohne die gewünschte Wirkung zu verlieren... Wobei @Klangbutter an genau diesem Beispiel das ja mit seinem Gegenbeispiel schon widerlegt hat.

Ich glaube so sind wir bei der "Romantik" hängengeblieben. Und drum glaube ich auch, wäre es besser wenn man sich nicht zu sehr an der "Romantik" festklammert sondern eher auf die Stilelemente eingeht, um die es eigentlich geht, die auf dem Akkordeon so schlecht nachbildbar sind, die aber wesentliches Stilmittel für Klavier in der Epoche sind (und auch davor und danach) .
 
Und drum glaube ich auch, wäre es besser wenn man sich nicht zu sehr an der "Romantik" festklammert sondern eher auf die Stilelemente eingeht, um die es eigentlich geht, die auf dem Akkordeon so schlecht nachbildbar sind, die aber wesentliches Stilmittel für Klavier in der Epoche sind (und auch davor und danach) .
Volle Zustimmung. Das mit der Dynamik (kam weiter oben glaube ich auch schon) finde ich z.B. auch schwierig. Einerseits kann beim Klavier ganz selbstverständlich jeder Ton mit seiner eigenen Lautstärke angeschlagen werden, beim Akkordeon ist das nicht selbstverständlich. Andererseits kann man mit dem Balg eine ganz individuelle dynamische Entwicklung für den gesamten Ton bzw. Akkord mit Beginn, Verlauf und Ende gestalten, das kann das Klavier nicht.
 
Die Romantik ist natürlich sehr eng mit dem Klavier verbunden, da die ihr eigenen Ausdrucksmöglichkeiten erst zeitgleich mit den technischen Weiterentwicklungen dieses Instruments möglich wurden.
Schumanns "Träumerei" ist bestimmt eines der Musikstücke , das in musikaffinen Haushalten am häufigsten in Notenform vorhanden sein dürften, noch deutlich vor "Für Elise". Obwohl scheinbar für Schüler komponiert , da dem Zyklus "Kinderszenen" entnommen , ist es trotz eines überschaubaren Notenbilds ein durchaus anspruchsvolles Werk.
Liegt da also schon ein Frevel in dem Versuch , sich dieses Stück für ein anderes Instrument anzueigenen , oder ist man nur in diesem konkreten Fall mit den Ausdrucksmöglichkeiten eines Akkordeons schlicht überfordert ?

Unterscheidet sich grundsätzlich die Adaption eines Stücks der Romantik von z.B. dem Jazz Standart "My funny Valentine" oder eine
Pop-Schmonzette in der Umsetzung am Akkordeon ? Letztlich sind doch die Probleme die gleichen , die Kopplung der Stimmführung durch den einen Balg , die Schichtung und Anzahl der zur Verfügung stehenden Akkorde , die Balance zwischen Diskant und Bass , etc.

Schiebt man jetzt mal das Klavier und die Schumann Noten beiseite und imaginiert vor seinem inneren Auge ( ok, das andere innere Organ...) die "Träumerei" , ist man ja in der Lage sich die Musik vielschichtiger und mehrstimmiger vorzustellen, als man sie jetzt unter der Dusche anstimmen könnte. Wenn man also nun Klangbutters Einspielung nimmt, ist man doch angenehm überrascht , daß diese mit der inneren Erwartung deckungsgleich ist, sie in Nuancen sogar noch übertrifft ?

Ok , auch die 3468ste CD Einspielung der "Träumerei" eines hoffungsvollen jungen Klaviertalents mag eine Offenbarung sein ,
ist deswegen eine raffinierte Adaption für eine Flötenensemble , ein Mandolinenorchester oder ein Akkordeon weniger erfrischend oder gar berührend ?
Warum akteptiert man die freie Interpretation der Pop-Schmonzette und erwartet diese geradezu bei "My funny Valentine" ,
schluckt aber wie eine Lochkarte die Notenvorgabe der Romantik ?

Man muß natürlich leider feststellen , daß die meisten Adaptionen der "Träumerei" am Akkordeon tragisch scheitern, ich habe gleich drei Versionen für MII in meinem Notenarchiv ausgebuddelt , die von Rudolf Würthner ist noch die beste....
"Man müsste Klavierspielen können..." , mag ja sein , doch nichts spricht grundsätzlich dagegen , sich auch an anderen Instrumenten zu versuchen,
schließlich spielen wir ja nicht zufällig Akkordeon. Somit ist Klangbutters Version doch genial , daß die CD Einspielung eines Jungtalents da objektiv das Rennen macht , who cares...?
Schumann ist tot , es lebe die kulturelle Aneignung !
 
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Danke @polifonico .
Du schreibst genau das, was ich in #9 meinte und schon öfter hier im Faden anklang. (@morino47 , @klangtaucher usw.)
Diese Adaptionsprobleme sind nicht nur auf Romantik und Klavier beschränkt, sondern haben vor allem mit dem einzelnen Abklingen bei sich überlagernden Tönen zu tun.
 
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Danke, wunderschöne Musik zu einem traurigen Anlass. Die Akkordeonversion gefällt mir sehr.
 
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...die traurigen Anlässe häufen sich gerade gefühlt .

Man muß diese beiden Einspielungen nicht zwangsläufig gegenüberstellen,
der Unterschied der Interpretationen ist schon enorm.

Skliarov fängt sehr einfühlsam an , er setzt die verschiedenen Melodiestränge sehr filigran und leise an.
Yuja Wang spielt noch etwas langsamer , hält am Anfang zwischen den Tönen oft noch kurz inne , sehr dramatisch.
Das Akkordeon verliert meiner Meinung nach in der Mitte , im steigenden Spannungsbogen sieht man förmlich die Anstrengung der Balgarbeit - erst gegen Ende wird Skliarov wieder zaghafter und romantischer.
Das Klavier spielt Wang natürlich voll aus , auch bei ansteigender Dynamik , bleibt der Anschlag genauso fein und perlend , wie am Anfang . Sie sitzt da ohne jede Anspannung. Die feine Improvisation der rechten Hand gegen Ende ist sagenhaft.

Beide Interpreten beeindrucken gleichermaßen , sie beherrschen ihre Instrumente perfekt.
Bei Skliarov merkt man jedoch die Herausforderung des anspruchsvollen Stücks , Wang steht da komplett drüber .
Das Akkordeon trifft da mit Skliarov etwas Ernsthaftes , nahezu Akademisches der russischen Seele (oder was man dafür hält) , so stellt man sich Rachmaninoff vor !
Wang erobert sich den Rachmaninoff für sich , entwurzelt ihn geradezu , fast zu sensibel doch ohne kischig zu werden .
 
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Horowitz hätte ich gern noch mit dem Stück gehört. Leider gibt es soweit ich gesehen habe keine Aufnahme davon mit ihm.
 
Bei Skliarov merkt man jedoch die Herausforderung des anspruchsvollen Stücks , Wang steht da komplett drüber .
Ja, das ist dann wie schon mehrfach gesagt das Problem, dass das Stück nun halt mal primär für die stilistischen Effekte und Mittel eines anderen Instruments konzipiert wurde. Das lässt sich auf dem originär zugedachten Instrument dann doch noch leichter umsetzen als wenn man dies mit einem anderen Instrument ausdrücken möchte. Da bleibts dann mitunter nicht aus, dass es schwer wird ... und manchmal eben auch gar nicht mehr so richtig klappt. Wobei die obige Akkordeonversion ausgesprochen schön und sehr einfühlsam gespielt ist und die Intention schon sehr, sehr schön rüberbringt... Aber eben zu dem Preis dass man sich dann mit Akkordeon wohl doch noch mal ne Ecke mehr anstrengen muss.


Horowitz hätte ich gern noch mit dem Stück gehört.
Persönlich habe ich, wenn verfügbar, immer Arthur Rubinstein lieber gehört als Horowitz - vielleicht gibts ja von Rubinstein ne Aufnahme - die wäre dann ausdrucksmäßig sicher auch als Referenz verwendbar...
 
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Aber eben zu dem Preis dass man sich dann mit Akkordeon wohl doch noch mal ne Ecke mehr anstrengen muss.
Das ist wahrscheinlich genau der falsche Ansatz . Skliarov hat das wirklich hervorragend gemeistert , dennoch ist seinem Vortrag , wie ich oben erwähnte , eine gewisse Anstrengung anzumerken.
Rachmaninoff ist natürlich eine Herrausforderung , aber gleichzeitig auch eine Gradwanderung , was auf einem Akkordeon umzusetzen geht.

Es gibt aber natürlich auch Kompositionen , die man als durchaus als romatisch bezeichnen könnte , bei dem das Akkordeon seine Möglichkeiten komplett entfalten kann.
Hier zum Beispiel :


View: https://www.youtube.com/watch?v=-mwS4S7NpRk
 
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