Saiten- und Griffbrettpflege ist ja hier im Forum (warum auch immer…?) ein ganz toxisch, gefährliches Thema, das schnell eskaliert und “persönlich“ wird. Ich denke, bei diesem Thema kommen individuelle Randbedingungen, Erfahrungen und Vorlieben zusammen, wo ein hilfreiches Vorgehen für den einen, für jemand anders unangenehm, ja schädlich wahrgenommen wird.
Daher kann man nur seine persönlichen Erfahrungen schildern, ohne Garantie, dass das für andere auch so gut funktioniert.
Erstmal muss IMO beim Thema Saiten Pflege zwischen beschichteten und unbeschichteten Saiten differenziert werden. (Um es vorwegzunehmen, für mich sind beschichtete Saiten keine gute Alternative, weil bei mir auch unbeschichtete, eine so lange Lebensdauer (vergleichsweise wenig und harmloser Handschweiß…, der Aufpreis lohnt sich nicht) haben, dass sich der Aufpreis gar nicht lohnt, ich beschichtete Saiten nicht so pflegen kann, wie es für mich gut funktioniert (ich würde die Beschichtung dabei wahrscheinlich beschädigen dazu später mehr…) und ich habe keine beschichteten Saiten gefunden, die mir klanglich so gut wie unbeschichtete gefallen)
Wie schon angemerkt, ist die Zusammensetzung/das Verhalten des eigenen Handschweiß ein entscheidender Parameter, aber er sorgt immer für „Dreck“/Ablagerungen und beschleunigt Korrosion.
Die Wirkung von Saitenpflegemitteln muss man vielleicht auch mal genauer betrachten: Grob stimmt die Aussage IMO schon, dass es (besser) “flutschen„ soll. Ich glaube aber, dass es ein Missverständnis ist, dass hier (vornehmlich) eine Ölung/Schmierung zu besserem Gleitverhalten führen kann/sollte. Nach meiner Erfahrung ist es eher so, dass matte/angelaufene/beschmutzte Saiten, gereinigt und wieder „blank“ werden müssen, wodurch dann eine Bewegung über die Saiten angenehmer wird (ob da eine “Monoschicht“ eines konservierenden Ölfilms, für etwas zusätzliche Geschmeidigkeit sorgt, lässt sich wohl auch nicht verneinen, aber eine Schmierung, wie im Automotor funktioniert da IMO anders.
Komme ich zu meiner persönlichen Vorgehensweise, die ich mir auch aufgrund meiner zurückliegenden Tätigkeit als Guitartech für eine Liveband zurechtgelegt habe:
Mein Gitarren Pflegemitte der Wahl ist Ballistol/möglichst reines Weißöl. Balistol hat eine
Flüchtigkeit, die dafür sorgt, dass bei gitarrentypischer Anwendung, das Zeug nach spätestens ein/zwei Tagen vollständig und rückstandslos verdunstet ist (ein mit Ballistol getränker Lappen trocknet vollständig, wie er auch trocknen würde, wenn er mit Wasser naß gemacht worden wäre. Ich weiß, dass der ua. aus Gitarre&Bass bekannt Gitarrendoktor Andre Waldenmaier, ein schon militanter Balistol Gegner ist, aber ich habe in 35 Jahren Gitarren Spielen und Basteln, nie die von ihm angeführten Probleme (Eindringen in Leimfugen, Unterkriechen von Lack,…) gehabt oder gesehen
…
Daher meine Schnellbehandlung von leicht stumpfen Saiten: Etwas Ballistol auf ein Baumwolltuch und damit reinige ich die blanken Diskantsaiten (das Tuch mehrfach falten, denn dass wird richtig heiß, wenn man das schnell macht…). Die umwickelten Saiten “abzuwischen“, halte ich eigentlich weder für wirklich nötig (die sind halt eh nicht blank, sonder „rau“) und statt Dreck zu entfernen, wird der Schmodder auch leicht in die Wicklungszeischenräume einmassiert. Nichtsdestotrotz spricht die Farbe des Tuches nachdem man auch mal über die Basssaiten ist, meist eine deutliche Sprache: Schwarz! Daher reinige/poliere ich die Diskantsaiten recht intensiv, die Umwickelten wirklich nur oberflächlich.
Wenn Saiten eigentlich schon ziemlich „fertig“ sind oder was machmal vorkommt, bereits schon (teil)korrodiert/angelaufen auch der Packung kommen, bekommt man die auch mit einem Tuch und ein paar Tropfen Stahl/Spülen/Topfreiniger wieder blank (was sich bei beschichteten Saiten dann wohl komplett verbietet!)
Die Diskantsaiten wirklich blank zu polieren, führt IMO nicht nur zu einem angenehmen Spielgefühl, sondern verlangsamt IMO auch den Korrosions/Anlaufprozess erheblich, weil weniger Dreck und Schmodder auf der Oberfläche bleibt. Zumindest bleiben so gereinigte Saiten bei mir dann auch länger fluffig…
Was die ganze Prozedur nicht großartig beeinflusst, ist die klangliche Entwicklung der Saiten. Wenn die beginnen, dumpf und “falsch“ zu klingen, sind sie halt fertig und müssen getauscht werden.
Wie gesagt,
ich komme so sehr gut klar und reinige meine Saiten so nur ab und an mal (vielleicht 2-3 Mal in einem Saitensatzleben, das bei mir schon mal 6-12 Monate dauern kann... wohl dem, der keinen so aggressiven Handschweiß hat…)