Ich hab gerade eine Theodore hier. Und nach ausgiebigem Testen kann ich folgenden, für viele sicherlich enttäuschenden Schluss ziehen:
Die Gitarre ist der Wahnsinn!
Erstmal die Bespielbarkeit: Ich habe selten eine Gitarre in der Hand gehabt, die sich so gut angefühlt hat. Das kräftige 50s-Halsprofil und die abgerundeten Bünde hat Gibson 100% genagelt, spielt sich meiner Meinung nach sogar noch besser als die meisten Vintage-Hälse. Mit gut eingestelltem Hals und Saitenlage fliegt man nur so über die Theodore. Mein Exemplar hier wiegt gerade mal 2,9kg, was am Gurt natürlich echt eine Freude ist. Einziger Nachteil in Sachen Bespielbarkeit: Weil sich das untere Cutaway nach außen wölbt, kommt man nicht ideal an die höchsten Bünde.
Dann der Sound: Trocken fühlt sich die Theodore fast wie eine leisere Akustikgitarre an. Bei jedem Akkord schwingt der ganze Body, man hat einen super-crispen Attack und gleichzeitg Hammer-Sustain. (Weil ich oft unverstärkt Songs übe, ist der Spaßfaktor ohne Amp bei mir gar nicht so unwichtig!) Am Amp dann die P90s: Uff!! Was für Pickups! Jeder weiß, wie P90s klingen, aber diese sind einfach perfekt ausgewogen. Kein Mulm im Bass, schön brachiale Mitten und genau die richtige Portion Höhen. Ich hab sie A/B getestet mit meiner originalen 1956er Les Paul Special und die Theodore kann ihr absolut das Wasser reichen, gefällt mir in der Mittelstellung sogar noch besser. Die ist sowieso das Highlight der Gitarre: Hier hat man einen super-funky, leicht hohlen Sound, den ich in der Qualität noch von keiner anderen P90s-Gitarre gehört hab. Das macht sie für mich zu einer richtigen Allround-Gitarre, die ich bei jedem Gig spielen kann.
Und zum Style: die Form ist natürlich subjektiv, mich hat diese retrofuturistische 50er-Tulpe aber von Anfang an angemacht. Irgendwie der Nierentisch unter den E-Gitarren. Was mir aber keiner erzählen kann, ist dass das Finish nicht geil wäre. Tolles, dunkles Cherry mit dünnem Nitrolack. Schön finde ich, dass die Gitarre mit leichten Brushes in der Lackoberfläche und der angematteten Hardware nur minimalst geaged ist. Ich freue mich auf die Spielspuren, die ich selber reinmache. Überhaupt kommt bei mir bei der Theodore der Ego-Faktor dazu: Bislang ist noch kein Spieler mit der Gitarre assoziiert und ich mag den Gedanken, theoretisch der erste sein zu können. Die Theodore ist wie ein Pinsel für eine weiße Leinwand.
Aber ist sie die Kohle wert? Für mich leider ein klares Ja. Ich finde, es geht bei einer High-End-Gitarre nämlich nicht um Flametops oder fancy Extra-Features. Erstere gibt's heute auch auf 500-Euro-Gitarren und zweitere benutzt man ja meistens eh nicht. Hier zahlt man für drei Weltklasse-Sounds und makellose Bespielbarkeit. Und das ist alles was ich brauche, um mich von einem Instrument dauerhaft inspirieren zu lassen. Der viel zu große und viel zu schöne Sammlerkoffer kommt samt Case Candy in den Keller und die Theodore wandert in einen dicken Gigbag, um mich in Zukunft wohl überall mit hin zu begleiten. Sorry liebe Sammler, Nr. 7 2189 wird ordentlich runtergespielt