Moll oder Dur? Nehmt ihr Stimmung oder Töne wahr?

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Ich bin an anderer Stelle über zwei YouTube Links gestolpert bei dem aus einem uns bekannten Musikstück in Dur eine Moll Version gebaut wurde. Jetzt habe ich mich im Nachgang gefragt, warum ich die beiden Varianten tatsächlich als Dur - Moll wahrnehme (und bin mir auch noch nicht ganz sicher, welche mir jetzt eigentlich besser gefällt).

Ist es Bauchgefühl basierend auf dem Höreindruck? Höre ich das Intervall gr./kl. Terz tatsächlich? Oder konnte ich die Moll Version erhören, weil sie anders klingt als meine Erwartung beim Lesen des Songtitels?

Wie ergeht es euch, wenn ihr da rein hört? Und kennt ihr vielleicht andere Beispiele ...

Hier die beiden Varianten






Gruß
Martin
 
Eigenschaft
 
Ich finde daß man es ganz deutlich hört. Mir gefällt die Dur-Version besser.
 
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht ganz, worauf Du hinaus willst.

Ok, Version 1 ist in E-Dur, Version 2 ist in C#-Moll, also der parallelen Molltonart, und nicht in der gleichnamigen Molltonart.

Daß man Dur von Moll bewußt unterscheiden kann, setze ich eigentlich bei allen hier versammelten Forumsteilnehmern als Basisfähigkeit voraus.
Aber was daraus folgt oder nicht folgt, oder welche Fragen sich daraus (für Dich) ergeben, das will sich mir (noch) nicht wirklich erschließen.

LG
Thomas
 
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Ich würde sagen, bei der Dur-Version startet das Lied mit den Akkorden
E B E A E B G#m A
während die Moll Version mit
C#m G#m C#m F#m C#m G#m C#m F#m
startet.

Da hört man schon einen Unterschied, aber ich finde, es gibt bessere Beispiele von Moll-Versionen von Liedern, die eigentlich in Dur sind. Es gibt ja mehrere Arten, ein Lied zu vermollen. Der Unterschied wird deutlicher, wenn man auch die Melodie entsprechend ändert und nicht nur die Akkorde dahinter.

Ich kenne das Lied aber auch nicht und habe dementsprechend auch keine besondere Erwartungshaltung.

Ich nehme oft das Theme von Pipi Langstrumpf, um Menschen ohne musikalischen Hintergrund den Unterschied zwischen Dur und Moll greifbarerer zu machen. Bei solchen einfachen Kinderliedern hört man den Unterschied sehr deutlich.
 

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Ich höre auch einen deutlichen Unterschied zwischen Dur und Moll.

Eine viel spannendere Frage wäre nun ob wir Stimmungen zwischen Dur und Moll wahrnehmen weil es ein Naturgesetz ist, oder weil es unsere Prägung so verlangt oder unseren Erfahrungen entspricht? Würde es ein Mensch den man anders erzieht es vielleicht anders wahrnehmen? Also Beispiel ein Kind wird von Geburt an der Kontext Moll = Fröhlich und Dur = Traurig beigebracht, auf feierlichen Anlässen wird ausschließlich tiefstes Moll gespielt und bei traurigen Ereignissen wie einer Trauerfeier fröhlichstes A-Dur. Würde dies für die Person unnatürlich sein wenn sie es nicht anders lernt, oder wird sie das fröhliche dann als traurig emotional verbinden?
 
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Würde dies für die Person unnatürlich sein wenn sie es nicht anders lernt, oder wird sie das fröhliche dann als traurig emotional verbinden?
Das finde ich auch eine sehr interessante Frage.

Ich hab letzten Sommer auf der Straße den Feierabend-Blues von Maria Linnemann gespielt, da kam ein Mann an und meinte als Kommentar, dass er so etwas tief-trauriges schon lange nicht mehr gehört hätte. Das hat mich dann doch etwas irritiert, da dieses Lied für mich absolut Null traurig klingt. Generell klingt Blues für mich nicht wirklich traurig, was aber ja viele andere Menschen schon so empfinden.

Auf jüdischen Hochzeiten wird ja gerne Hava Nagila gespielt, was zwar ein sehr rythmisches und tanzbares Lied ist, aber von der Harmonie doch eigentlich etwas düster klingt. Das wird aber jüdischen Menschen wahrscheinlich anders empfunden. Der Text bedeutet ja auf Deutsch etwa so viel wie "Last uns jubeln, last uns singen und glücklich sein".
 
Daß man Dur von Moll bewußt unterscheiden kann, setze ich eigentlich bei allen hier versammelten Forumsteilnehmern als Basisfähigkeit voraus.

Das war bei Clavio nicht ganz so …

Aber was daraus folgt oder nicht folgt, oder welche Fragen sich daraus (für Dich) ergeben, das will sich mir (noch) nicht wirklich erschließen.

Hörst du/man primär „Stimmung“ … oder die kleine Terz wo dann dein Hirn (und nicht der Bauch) Moll sagt.

Bei mir überwiegt Stimmung des Stückes - also die Betrachtung des „Ganzen“ - wobei hier der erste Akkord gereicht hat, um die Wahrnehmung zu bestimmen. Die kleine Terz als solches, würde ich nicht hören, die müsste ich durch Spielen erarbeiten

Gruß
Martin

P.S. der klassisch ausgebildete Sänger hat es z.B. auch nicht unmittelbar wahrgenommen.
 
Ich bin mir sicher, dass Du die kleine Terz und natürlich Dur-/ Moll-Charakter erkennen würdest (aber natürlich nicht unbedingt bestimmen), wenn Du das unter vernünftigen Bedingungen hören könntest.

Das Beispiel von Journey finde ich für dafür ungeeignet. Ein richtiger "Mollsong" bzw. ein korrekter Tonart- mit Tongeschlechtswechsel bildet das natürlich auch in der melodischen Linie ab und die ist in beiden Videos Ton für Ton gleich.

Mehr als die erste Strophe muss ich von diesem Titel aber nicht haben, obwohl mir klar ist, dass sich bei Journey tolle Musiker die Klinke in die Hand gaben und geben.

Gruß Claus
 
Hier gibt es ein paar schöne Beispiele:


Von Jouerney gefällt mir die Dur Version besser, auch wenn das ein typischer 4-Chord Song ist. Aber Dur und Moll fällt sofort auf.
 
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Tatsächlich ist es ja so, daß der Sänger bei den beiden Versionen von Don't stop believing das Gleiche singt, nur die Musiker spielen andere Akkorde. Vielleicht wollten sie ja bloß'mal den Sänger austesten, ob er das überhaupt merkt ... :rofl:
Es handelt sich also strenggenommen nicht um eine Vermollung des ganzen Songs, sondern um eine Reharmonisierung der gleichbleibenden Melodie mit den Mollparallelen der ursprünglichen Akkorde.

Der berühmteste Fall einer Dur- und einer Moll-Version der (fast) gleichen Melodie ist wohl dieser:



Viele Grüße,
McCoy
 
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Die klischeehafte Eselsbrücke "Dur = fröhlich" und "Moll = traurig" mag oft zutreffen, und wenn man jemanden jeweils einen C-Dur-Akkord und einen C-Moll-Akkord isoliert nacheinander vorspielt, wird es auch sicherlich praktisch jeder so nachempfinden.

Aber ist dieses Thema in G-Moll wirklich "traurig":


Oder ist dieses Lied, das in Dur steht, wirklich "fröhlich":


Die auf den Ursprung zurück gehenden Begriffe "durum = hart" und "molle = weich" treffen es für mich im Allgemeinen doch besser.
 
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Die auf den Ursprung zurück gehenden Begriffe "durum = hart" und "molle = weich" treffen es für mich im Allgemeinen doch besser.
Denke ich auch. Allgemein habe ich persönlich auch eher die Empfindung dass es nicht so wichtig ist ob es Dur oder Moll ist, ich empfinde eher Tonabstände als bedrückend, fröhlich oder spannend. Und wenn ich nur einen Akkord ohne Kontext spiele, dann wirkt er auch nur wie ein einzelnes Wort für sich genommen. Im Kontext zu anderen Akkorden oder Wörter ergibt sich ein Gesamtbild was eine ganz andere Wirkung haben kann, so wie deine beiden Videos zeigen.

Musik ist eben doch mehr als eine belanglose Tonfolge. Musiker sind da vermutlich auch sensibler was Deutungen betrifft als ein normaler Zuhörer. Aber auch dieser verbindet einen Ton mit irgendetwas.
 
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Daß man Dur von Moll bewußt unterscheiden kann, setze ich eigentlich bei allen hier versammelten Forumsteilnehmern als Basisfähigkeit voraus.
Das war bei Clavio nicht ganz so …

Es hat schon seinen Grund, dass wir alle hier sind und nicht bei dem Verein da drüben :rofl:

Aber Butter bei die Fische, einer muss ja mal ausspielen:

Don't stop believin'001.png

Don't stop believin'002.png

Ich sehe da zwei große Faktoren, warum die Dur- und die Mollversion sich inhaltlich unterscheiden:

(1) In der Dur-Version werden im Intro (Takt 1-8) vollständige Dreiklänge im Keyboard gespielt. In der Mollversion fehlen an wichtigen Stellen die Terzen, d.h. so eindeutig Moll ist das eigentlich gar nicht. Da wir Musikhörer aber intuitiv ergänzen, ist Moll die naheliegendste und damit wahrgenommene Variante

(2) viel entscheidender als Punkt 1: sobald die Gesangsstimme in der Mollversion dazu kommt, werden, wie bereits geschrieben, die gleichen Tonhöhen wie in der Durversion gesungen. Da darunter jetzt aber Mollakkorde liegen, nehmen die Gesangs-Tonhöhen andere Rollen in Bezug auf die unterliegenden Akkorde ein. Ich habe das unter dem Text in der Ebene "Stufe im Akkord" notiert. Man muss nur die Zahlen (=Stufen) an den Parallelstellen mal vergleichen, um die Unterschiede zwischen Moll- und Durversion zu sehen. Ein paar Beispiele:
  • in Takt 10 (und genauso in Takt 14) ist das fis in der Durversion eine kraftvolle konsonante Quinte im Akkord, in der Mollversion eine eher dissonante Septime
  • Takt 12: der Spitzenton h ist in der Durversion eine None im Akkord. Zwar dissonant, aber nur mäßig. In der Mollversion ist es eine deutlich dissonantere Quarte
  • in Takt 15 ist das sehr ähnlich: das fis ist in der Durversion eine Septime, in der Mollversion eine Quarte
  • in Takt 16: das e am Schluss ist in der Durversion eine konsonante Quinte, in der Mollversion eine dissonante Septime

Das heißt zusammengefasst: das Intro ist in der Mollversion vervollständigungsbedürftiger, die Strophe ist deutlich dissonanter als in der Durversion. Die Mollversion ist musikalisch ambitionierter, aber nicht so naheliegend und nicht ganz so leicht verständlich. Meine These: wäre der Song in der Mollversion zuerst publiziert worden, wäre er wahrscheinlich kein Hit geworden.
 
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Der Vollständigkeit halber noch eine Antwort von mir auf die Frage:
Hörst du/man primär „Stimmung“ … oder die kleine Terz wo dann dein Hirn (und nicht der Bauch) Moll sagt.
Ich - und ich kann jetzt natürlich nur von mir selbst berichten - höre eigentlich alles mit dem Bauch. Mindestens in den ersten Hördurchgängen.
Erst, wenn irgendwo Identifizierungsprobleme auftauchen, die ein ganz genaues und spezifisches Hinhören erfordern, muß auch das Hirn aushelfen.
Aber mit fortschreitender Übung und Befähigung auf diesem Gebiet, über die Jahre hinweg, wurde auch mein Bauch immer fähiger, bestimmte Klänge und harmonische Zusammenhänge sofort und "aus dem Bauch heraus" zu erkennen.

Ich bin nur ein leidlich guter Heraushörer von Einzeltönen (aus einem Gesamtklang), bin aber ziemlich gut darin, Klänge, Akkorde und harmonische Strukturen in ihrer Gesamtheit zu erkennen. Zum Beispiel: Ich weiß ganz genau und aus dem Bauch heraus, wenn mir ein X7#11 oder ein X7b9 begegnet, kann aber wahrscheinlich nur schwer mit Bestimmtheit sagen, ob in diesem Akkord denn auch die Quinte vorkommt oder nicht.

Zurück zum Thema/zu der Frage: Ob es ein Stück oder ein Akkord in Moll oder Dur ist, höre ich sofort und ohne Umwege aus dem Bauch heraus. Und ich würde annehmen, das können wohl die allermeisten hier. Die von Dir gemachte Unterscheidung zwischen "Stimmung" oder "kleiner Terz" kann ich nicht ganz nachvollziehen, denn das eine bedingt ja das andere. Ich sehe da kein "entweder oder".

Es hat schon seinen Grund, dass wir alle hier sind und nicht bei dem Verein da drüben
Gerade wollte ich ähnliches schreiben, aber Harald ist mir zuvor gekommen.

LG
Thomas
 
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Ich bin mir sicher, dass Du die kleine Terz und natürlich Dur-/ Moll-Charakter erkennen würdest (aber natürlich nicht unbedingt bestimmen), wenn Du das unter vernünftigen Bedingungen hören könntest.

Das isolierte Intervall - wahrscheinlich. Die Tonfolge Grundton kl/gr Terz Quinte definitiv.

Davon ab bin ich wahrscheinlich zu sehr Hörer als Musiker … und tue mir oft schwer, die isolierten Teile der „Stimmen“ zu hören/filtern.

Daher wohl auch die wahrgenommene Stimmung des Stücks, statt der technischen Analyse.

Gruß
Martin
 
Die Mollversion ist musikalisch ambitionierter ...
Das ist der Grund dafür, warum ich persönlich Musik in Moll in der Regel lieber habe als Musik in Dur, weil Moll viel mehr harmonische Möglichkeiten, und auch Klangfarben bietet.
 
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... die wahrgenommene Stimmung des Stücks, statt der technischen Analyse.
Mit "technischer Analyse" hat das bei weitem nichts zu tun.
Das ist ein automatisierter Ablauf, den das Hirn bei jedem Musikhören im Hintergrund laufen läßt. Ähnlich wie der Virenschutz eines Computer-Betriebssystems.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

kl Terz - Kopf/Anslyse
Warum kann man nicht die kleine Terz auch mit dem Bauch hören ?
 
Warum kann man nicht die kleine Terz auch mit dem Bauch hören ?

Tut man wahrscheinlich auch … aber um sie isoliert mit dem Bauch zu hören, muss sie ja vorher von den anderen Stimmen durch Analyse getrennt werden. Das passiert bei mir nicht automatisch. Da muss ich aufhören Musik zu hören und anfangen Töne zu hören.

Gruß
Martin
 
Stimmung - Bauch
kl Terz - Kopf/Analyse

für mich persönlich ist es eher etwas dazwischen. Ich würde es "Klang"nennen, das ist letztlich Hörerfahrung, die man aber nicht unbedingt konkret benennen können muß. Gehört aber schon eher zum Kopf (wobei ich kein Freund dieser Zweiteilung bin).

Das Youtube-Beispiel von Journey in Moll finde ich insoweit etwas problematisch, da der Klangeindruck durch den Mix aus Original und neu eingespielten Tönen nicht mehr realistisch ist.

Ich habe zum Spaß gerade einen Reggae draus gemacht. Wie ist denn der Eindruck jetzt ? Mollig oder durig oder viertürig ?
(Ich habe meine Drums vom Weihnachtsliederspiel wiederverwendet ;))

 

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