Wenn wir die Passage "europäisch" denken, wird sie in der rhythmischen Notation zu kompliziert und zu sehr um die Ecke gedacht. Mein Vorschlag ist eine"afrikanische" Timeline-Hörweise, zumal die Motivik das auch stilistisch hergibt:
Grundlage ist eine 8er-Timeline mit betonter 4. und 8. Zählzeit (Cowbell), d.h. der erste Metronomschlag der Originaldatei ist als markierter Auftakt zu hören, wobei in der Notation jeweils 2 Takte eine 8er-TL ergeben. Dadurch kommen alle Einsätze in der Notation leicht lesbar auf die Takteins. Das Saxophon ist polymetrisch gedacht (3 gegen 4, d.h. nicht triolisch 3:2+3:2, sondern als "große" Takttriole mit der Phrasierung 2+2+2 gegen 4), was ebenfalls stiltypisch ist:
Den Cowbell-Akzent als Auftakt zu hören, ist hier allerdings schon wieder eine europäisch gedachte Vereinfachung: Ein afrikanischer Timekeeper hört hier "seine Eins", während die restlichen Stimmen ihre Einsätze als "ihre Eins" auffassen, allerdings um einen Schlag versetzt, d.h. phasenverschoben. Dazu kommt dann noch als weitere Schicht die 3:4-Polymetrik, die hier zwar nur in den letzten Takten hörbar wird, aber vom Spieler meist durchgehend wahrgenommen wird. Das Saxophon sollte daher versuchen, sich schon vor dem Einsatz, d.h. möglichst von Anfang an in die Dreierbewegung einzuschwingen, dann wird der Ablauf wesentlich spannungsvoller und organischer.
... hat jemand evtl. Tipps und Tricks wie man dazu am besten zählen könnte, um sich den Rhythmus raufzuschaffen?
Nicht zählen, sondern die Zeitspanne intuitiv "füllen"! Den ersten Schlag des Originals als Auftakt auf der 4 zu hören, ist hier bereits sehr hilfreich.
Der/die Saxophonist/in auf der Aufnahme wirkt auf mich noch zu verkopft - das ist zwar korrekt, aber es klingt sehr "gewollt", es fehlt also noch der charakteristische polyrhythmische Grove einer zwar zum Rest synchronisierten, aber trotzdem auch körperlich immer noch eigenständig empfundenen Linie.
Eine gute Übung wäre z.B., sich zu einem konstanten Viererbeat in einem Walzerschritt zu bewegen, wobei dann nur die jeweilige Takteins synchron ist. Oder unter Beibehaltung gleicher zeitlicher Abstände zwischen den Takt-Einsen abwechselnd Vierer und Dreier klatschen, bis sich ein sicheres Gefühl für die konstante, aber unterschiedlich gefüllte Zeitspanne einstellt.
Eine Notlösung ist der Weg über den afrokubanischen Cinquillo-Rhythmus (4/4 = 8/8 mit 2+1 - 2+1 - 2 - Aufteilung = Viertel+Achtel - Viertel + Achtel - Viertel = 5 Töne). Wenn das sitzt, kann man versuchen, diesen Rhythmus etwas schleppender zu spielen, so dass sich Viertel und Achtel immer mehr angleichen.
(Anbei noch eine auf afrikanisch getrimmte MIDI-Datei der Passage und ein Klangbeispiel mit Wechsel vom 4/4-Cinquillo zum polymetrischen Triplefeeling)