Hi,
als lebenslanger Gitarrenmodder muss ich jetzt doch auch mal meinen Senf dazugeben. Die Ausgangsfrage
klingt erstmal etwas naiv, und dementsprechend wurde da auch schon feste eingedroschen. Für mich wurde aber eigentlich schon klar, dass das nicht wörtlich gemeint ist bzw. der TS durchaus etwas realistischere Ziele hat - es geht doch schlicht darum:
Wenn ich nur an 70% des Sounds rankommen würde mit ung 1200 euro Budget wäre ich mehr als zufrieden.
Und genau das kann man mN sehr wohl erreichen, wenn die Basisgitarre eine ordentliche Grundlage hat.
Auch da wurde der Knackpunkt schon genannt: Nicht jede Epi LP Standard wird das Zeug dazu haben, ABER: für eine 2.000 € Gibson gilt nichts anderes! Die Chancen sind etwas besser, eine Gitarre mit gutem Primärton (Ansprache, Sustain, Zusammensetzung der Frequenzen) in den höheren Preisklassen zu finden, aber die Streuung ist in allen Preisklassen groß. Ich hab auch schon CS-LPs angespielt, die schlechter als meine Studio waren, und die bisher beste LP von allen war für mich eine schlichte Classic aus den 90ern.
Hauptsächlich geht es mir um den Sound, wobei ich immernoch denke, dass ein Großteil die Humbucker ausmachen.
Nein, ganz klar NEIN. Gerade die richtig teuren Boutique-HB verlangen nach einer guten Basis, in einer nicht so tollen Gitarre klingen sie einfach nur dünn, drucklos und flach.
Dennoch hatte diese Murphy Lab einen Gitarrensound gehabt, den ich nicht wirklich beschreiben kann.
Das ist der Punkt, hier gehts nämlich nicht nur ums Hören, vielmehr um die Kombination aus Fühlen und Hören, sprich die Reaktion auf das Greifen und Anschlagen und das, was davon beim Spielen unmittelbar in Deinem Ohr ankommt. Manche Gitarren geben einem dabei das Gefühl, das alles sehr genau steuern zu können, dass die Gitarre unmittelbar die Vorstellung umsetzt, die Du beim Spielen im Kopf hast. Viele bieten das nicht, die bauen einen gewisse Distanz auf zwischen dem Spieler und dem, was da aus dem Lautsprecher kommt.
An dem Punkt bleibt deshalb nur eins: Testen, testen, testen. Geht nicht jedem so, aber mir hilft es dabei sehr, die Gitarre ausgiebig "trocken" anzuspielen, also ohne Amp. Dabei geht es weniger um den - naturgemäß dünnen - Sound als solchen, sondern um die Reaktion aufs Spiel und das Verhältnis der Töne untereinander - gibt es da tote Punkte (bei LPs achte ich immer besonders auf den Bereich 9.-12. Bund auf der G-Saite), kann der beste PU das nicht mehr retten. Klingt die Gitarre dagegen in allen Lagen ausgewogen, insgesamt weder stumpf noch pisselig dünn, und ist der Ton nach dem Anschlag sofort da, ist das eine solide Grundlage.
Dann kommt die Hardware. Auf günstigen Gitarren (und selbst bei vielen Gibsons) ein echter Schwachpunkt. Billiges Gussmaterial, oft auch zu große Toleranzen lassen den Ton gern versacken und indirekt wirken. Gute PUs können den Sound
anders machen, die richtige Hardware macht ihn wirklich
besser.
Für den klassischen Les Paul-Ton würde ich immer Mechaniken nach Kluson-Muster wählen, also leichte Teile mit Stahlblech-Gehäuse. Schon das beeinflusst den Ton. Nächster Punkt ist das Tailpiece, da ist Aluminium ein Muss. Ist die Gitarre in Sachen Druck etwas schwach auf der Brust, würde ich es mit dem Faber Tone Lock-System befestigen, das bringt meist ein wenig mehr Substanz in den Ton, ohne ihn stumpf zu machen wie das übliche Guss-Tailpiece.
Als Bridge sollte eine ABR-1 drauf, und sie sollte Messingreiter haben. Ein wesentlicher Punkt sind hier die Einschlaghülsen der meisten Bridges, die müssen raus. Die Bridge gehört auf Gewindestangen, die direkt im Holz sitzen. Dazu gibt es von Faber die "Inserts". Auch bei der Bridge kann man etwas nachhelfen, wenn die Gitarre von Haus etwas zu schlank klingt, in dem Fall rate ich zur ABM Bridge, die aus dem vollem Messing gefräst ist. Ja, das ist nicht ganz original, aber sie kann dem Ton eben auch etwas mehr Stabilität verleihen.
Das nächste ist die Elektrik. Die Potis sollten echte 500 KOhm haben, also nachmessen. Ansonsten müssen sie mMn nicht unbedingt raus, wenn man sparen will; für den Ton bringt eine neue Verdrahtung mit Vintage Braided Wire mMn mehr. Die Potis sind mehr eine Sache des Regelwegs, den man mag oder eben nicht.
Unabdingbar ist dabei ein Umlöten auf das 50s Wiring, weil man damit einfach viel besser diese typisch "alten" Sounds hinbekommt, indem man die Potis auch mal leicht zurückdreht. Ein paar Euro für Paper In Oil-Kondensatoren oder wenigstens Orange Drops würde ich bei so einem Projekt immer drauflegen - ich finde, sie klingen eben doch etwas anders als die Keramikscheibchen, während dem Aufpreis für angeblich 100%ige Vintage-Replikate mMn kein entsprechend großer Zugewinn an Sound entspricht.
Erst ganz zuletzt sollte man dann an die PUs gehen, wenn man weiß, was die Gitarre bis zu diesem Punkt insgesamt hergibt. Lässt man solange die alten PUs drin, kann man auch viel besser beurteilen, welche Maßnahme jeweils welche Auswirkung hat. Das kann dann durchaus bedeuten, dass die Gitarre jetzt auch etwas zu "moppelig" klingt - nicht selten, weil (zu) fett klingende PUs auf günstigen Gitarren gerne verwendet werden, um andere Defizite zu kaschieren. An dem Punkt ist ein zu dicker Ton also gar kein schlechtes Zeichen.
Denn jetzt kann man sich fragen, was noch fehlt bzw. zuviel da ist. Klingt alles druckvoll und hat einen stabilen, sustainreichen Grundton ist, aber etwas undifferenziert, können PUs wie die Gibson Custombucker oder Duncan Antiquities ihre Stärken ausspielen. Ich finde, schon die normalen Burstbucker 1 und 2 (die man für einen guten Preis gebraucht finden kann) bringen einen dann schon ziemlich nah an den Vintage Les Paul-Sound. Will mans schon ein bisschen rockiger, aber es klingt untenrum zu wummerig, wären aber auch Pearly Gates eine gute Wahl. Oder man ersetzt die AlNiCo 2 durch AlNiCo 3-Magneten und ist schon ziemlich nah an einem Custombucker.
Und dann kommen natürlich die zahllosen PAF-Nachbauten ins Spiel, die in einem extrem breiten Preisbereich alle Varianten der Originale abdecken, von Under- bis Overwound. Die Gibson Custombucker haben Dir gefallen, wenn Du welche gebraucht fiunden kannst, sind die natürlich eine gute Wahl. Hast Du noch etwas spezifischere Vorstellungen, kannst Du dann aber auch nochmal einen Thread in der PU-Beratung starten.
Ich persönlich bin in meiner "Billig-Vintage-Paula" (nun, nicht ganz soo billig) am Steg bei einem ganz gewöhnlichen Gibson Classic '57 (kein Plus!) gelandet, den ich mit einem Unoriented AlNiCo 5 modifiziert hab, und am Hals werkelt ein stinknormaler Duncan SH-1n, der mit einem rauhen AlNiCo IV-Magnet viel schlanker und singender klingt, auf beide nackte Raw Nickel-Cover und fertig. Beide PUs mochte ich mit den Originalmagneten nicht mal besonders, der Classic war mir zu mittig, der '59 zu "scooped" und wummerig im Bass. Aber viele Wege führen nach Rom, hier die Magnete.
Grundlage war bei mir allerdings keine Epiphone. Da war mir der Hals und der Lack zu dick... Ich habe zu einer 2001er
Tokai LS-70F gegriffen, die ich gebraucht für - wenn ich mich richtig erinnere - etwa 750 € gekauft habe. In Spielgefühl, Bauweise und Materialien sind selbst diese günstigeren Japan-Serien von Tokai mMn doch ein ganzes Stück näher dran an den alten Gibsons als die Epiphones. Die finde ich keineswegs schlecht, aber trotz der Jahrgangsbezeichnungen in den Namen sind sie für mich gefühlt eher Epi-Versionen der aktuellen Gibson LP Standards.
Ich für meinen Teil bin immerhin so zufrieden mit dem Resultat, dass mein Bedarf in Sachen Vintage-LP-Sound gedeckt ist und die begehrlichen Blicke auf CS-Paulas deutlich seltener geworden sind. Die haben zwar auch für mein Gefühl noch immer das gewisse Extra-"Mojo" in der Optik und teils auch im Spielgefühl (Lack!), aber rein soundmäßig sind sie für mich ehrlich gesagt entzaubert, seit ich die Tokai entsprechend hingebogen habe. Mission erfüllt
.
Gruß, bagotrix