"Was hältst vom Akkordeon". Antwort fast aller Obertonhörer: Nichts
Das glaube ich dir. Ich glaube aber, dass das andere Gründe hat:
Die Mehrheit der Deutschen würde, wenn man sie fragt, welche Art Musik mit dem Akkordeon gemacht wird, nur Musikrichtungen für die Grundtonhörer nennen, d.h. Bierzeltmusik, Schmachtfetzen und wenn es hoch kommt Tango. Die Meinung zu dieser Musik projezieren sie dann aufs Instrument. Welches Instrument du konkret hast, ändert daran gar nichts.
Alle höherlagigen Blasinstrumente haben das selbe Imageproblem.
Gerade an den Blechblasinstrumenten wird das zweite Problem erkennbar:
Es ist doch eigentlich bekannt, dass man eine Trompete auch sanft spielen kann, wenn man in Übung ist. Was die breite Masse aber von einer Trompete erwartet, ist dass sie immer so klingt, als würde ein Anfänger sie spielen (grundsätzlich zu laute Ansätze und zu kurze Töne, die abrupt aufhören). (Das auch als erprobter Tip, wenn du mit dem Akkordeon eine Trompete imitieren willst, und sehr schnelles Crescendo mit etwas langsamerem Decrescendo zum Balgstopp, wenn du (mit dem Akkordeon) von Halbblinden hören willst: Da kann aber jemand gut Trompete spielen, so präzise!)
Beim Akkordeon wirken Hauchansatz, Spannungsbogen und Balgstopp Wunder, egal auf welchen Instrument konkret.
Besonders spitz empfinde ich Pigini
Zum einen scheinen mir bei Pigini, allerdings ohne dass meine Erfahrungen damit repräsentativ sind, die Spitzeninstrumente als spitze Instrumente und die günstigeren Cassottoinstrumente weniger.
Zum anderen ist dieser Klang, ähnlich wie der Steinway-Klang im Vergleich zu den (ehemaligen) deutschen Klavierbauern, zwar kälter und steriler, aber auch reiner und mit weniger Ablenkung von der Harmonik und teilweise beim Akkordeon auch weniger schmalzig.
Da sind wir also wieder bei der Frage, welche Vorstellung von Musik ich habe und danach richtet sich, welches Instrument ich kaufen muss.
Eine zweischneidige Sache ist da die historische Aufführungspraxis, die die wissenschaftliche Arbeit uneingeschränkt dem Obertonhörer zuordnet, woraus ich Zweifel an der Ahnung der Autoren ableite.
Cembalo statt dem Klavier, diese historischen Streichinstrumente, dazu die Quarte als konsonantes Intervall und geringere Dynamik lassen mich vermuten, dass die Autoren eher an die streng regulierte, also überraschungsfreie und gottesfürchtige Musik der früheren Epochen dachten als an die histrorische Aufführungspraxis.
Auch die Orgel mit ihren hohen Chören und Quintmixturen kann einen zarten, einen mächtigen und einen schrillen Klang haben, ganz abhängig von Register und natürlich der Musik, meiner Meinung nach keineswegs eindeutig nur für Obertonhörer.
Und das Akkordeon mit seinen zusätzlichen dynamischen Möglichkeiten durch die Balgdynamik hat grundsätzlich eine noch größere Spannweite.