Was ist eigentlich "zu digitaler Klang"? Warum beschwert sich niemand über "zu analogen Klang?"

glombi
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Ich gebe zu, das ist keine wirkliche Frage, aber vielleicht doch diskussionswürdig.

Gerade bei Gitarren-Modeleren liest man ja hier oft, dass sich Leute einen solchen kaufen, um sich dann gleich über den "zu digitalen Klang" zu beschweren. Ich frage mich dann immer, was damit eigentlich gemeint ist. Seltenst ist gemeint, dass die Lautstärke des Tons zwischen 0 und 100% wechselt (0 und 1 = Binärsystem = digital), oder wie z.B. ein echter Bit-Crusher-Effekt, oder 8-Bit-Sound. Bei Spielern von Digitalpianos oder E-Drums beobachte ich dies Verhalten übrigens viel weniger. Bei E-Drums beschweren sich eher noch die Hörer über den Scheixx Sound...

Manchmal ist "kalt" oder "steril" gemeint. Man meint halt vielleicht, ein Computer kann keine Gefühle haben, und muss daher kalt und gefühllos klingen. Okay, das Obertonspektrum kann da sicher einen wichtigen Einfluss haben. Aber auch da sind aktuelle Modeler sicher schon ziemlich gut in der Reproduktion. Da steckt m.M.n. meistens heute doch nur noch ein Vorurteil dahinter. Mal sehen was passiert, wenn KI Einzug in die Klangerzeugung hält...

Oft ist "fizzeliger" Sound gemeint. Interessanterweise sind die beliebtesten Fuzz-Effekte sehr einfach und analog aufgebaut?! Hier glaube ich, dass diese Beschreibung bestenfalls auf digitales Klippen zutreffen kann, was aber schlicht und ergreifend eine Fehlbedienung des Gerätes wäre. Analoges Klipping tritt sicher nicht ganz so drastisch auf, ist aber auch oft nicht erwünscht.

Manchmal stört man sich an vermeintlichen Artefakten. Bei genauerem Hinsehen sind diese aber oft garnicht digitaler Natur, sondern nur das Ergebnis einer extrem akkuraten Nachbildung des Verhaltens des analogen Originals, z.B. Ghostnotes. Eigentlich ist dies ja ein Zeichen für die extrem hohe Güte digitaler Nachbildungen. Andererseits sieht man, dass die Leute bei digitalen Geräten viel intensiver auf die Fehlersuche gehen. Bei den ach so geliebten analogen Originalen scheint sie dieses Verhalten bisher ja auch nicht gestört zu haben, sonst hätten sie sich ja über "zu analogen Klang" beschweren müssen.

Gleiches gilt für Rauschen, Brummen, etc. Das ist nie "zu analog", sondern "muss so sein", "hört spätestens beim Spielen eh keiner mehr", etc. Ich mache mich von diesem Verhalten selbst nicht frei, finde es aber schon bemerkenswert.

Vielleicht kann man es auch so zusammenfassen: "Die Geschichte der Digitalisierung ist eine Geschichte voller Missverständnisse...", wie sonst kann man es schaffen, CD's zu digitalisieren...

Gruß,
glombi
 
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Auch Analoges kann man komprimieren, dadurch geht ebenfalls die Dynamik kaputt.
 
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natürlich
 
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Der letzte Nebensatz war eigentlich nur eine Referenz auf einen anderen aktuellen Thread, die ich mir nich verkneifen konnte, weil doch irgendwie passte. Ich hoffe der lenkt das Thema jetzt nicht Komplett von der eigentlichen Frage weg...
 
...... ein schönes thema , wird aber wieder komplett daneben gehen *gggg

digitaler als son kemper , oder zig bodentreter gehts ja kaum noch und ich glaube nicht , das das alles so schlecht ist .

alles geschmackssache , die dann krampfhaft versucht wird , als einzig wahres dar zu stellen .
 
Eigentlich ist die Frage schon falsch gestellt, denn es gibt weder analogen noch digitalen Klang, sondern lediglich analoge oder digitale Klangerzeugung, bzw. Klangverarbeitung.
wenn man also meint, dass etwas ‚digital klingt‘, dann meint man damit - wie oben schon erwähnt - steril, zu glatt, während analoge Signalwege Ecken und Kanten haben.
Beispiel eine Hammond-Orgel, wo man diverse Nebengeräusche hat, wie z.B. den Motor. Es klingt auch nicht jeder Ton gleich, oder besser gesagt nicht über den gesamten Tonumfang ausgewogen. Den typische ‚Leakage noise‘ bekommt man nun mal nicht wirklich simuliert, weswegen auch Hammond Clones mit digitaler Klangerzeugung halt ohne Ecken und Kanten sind. Es ist der praktische Nutzen, auch ne Geldsache, warum man sich für die digitale Variante entscheidet. Ob das Publikum den Unterschied wirklich hört, muss ich immer wieder in Frage stellen. Es ist häufig das Auge, was den Eindruck täuscht. Da braucht auch nur ein Clone im B3 Gehäuse stecken, schon klingt das Teil wie eine echte Hammond.
Ich hab mal mein Rhodes Piano über Effekte gespielt, Chorus, Phaser, Röhrenbooster, Tremolo,... mit jedem Effekt wurden die Nebengeräusche mehr, was mir relativ schnell den Spaß genommen hat. Das Rhodes über ein virtuelles Effektboard in Mainstage war dagegen problemlos. Nur dann kann ich auch gleich das ganze Instrument aus dem Rechner holen, das Publikum hört den Unterschied eher nicht.
Es gibt nachwievor Enthusiasten, die eine Original B3 plus Leslie auf die Bühne schleppen, das Fender Rhodes oder ein Wurlitzer Piano aufbauen, auch wenn es nur diesen einen Sound hat.
Genauso gibt es auch die Musikliebhaber, die auf Vinyl schwören, tausende für Plattenspieler und System hinlegen, auch wenn es knistert, knarzt und rumpelt und völlig unpraktisch ist.
Für mich dagegen war die CD, als sie auf den Markt kam, eine Erleuchtung, weil sie gegenüber der Schallplatte und Musikcassette keinerlei Nebengeräusche hatte und deutlich mehr Dynamik brachte. Heute höre ich nicht Mal mehr oder nur selten MP3, sondern streame Musik - weiß praktisch ist.
 
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Ist ja bei Synthesizern nicht anders. Auch wenn die alle elektronisch sind, gibt's da gewaltige Unterschiede.

Wer synthesizermäßig mit handelsüblichen, volldigitalen japanischen Romplern einsteigt, kann damit sicherlich seinen Spaß haben und sagen, auch die Synthsounds klingen geil. Dabei versucht die Kiste nicht mal, analog zu klingen, weil sie das gar nicht kann.

Wenn man sich dann mal einen guten virtuell-analogen Synthesizer gibt, das ist klanglich schon eine andere Preisklasse. Auch wenn der digital ist, imitiert er zumindest gewisse Besonderheiten des Analogen und hat mehr Charakter.

Ein echter Analogsynth ist dann nochmal ein ganz anderes Kaliber, ganz besonders, wenn er dann auch noch diskret aufgebaut ist. Da driften und jittern die Oszillatoren in schönster Unregelmäßigkeit vor sich hin, da zerren die Filter nichtlinear, daß es die reinste Freude ist, da lassen sogar die Hüllkurven – so sie denn auch analog sind – jegliche mathematische Nachvollziehbarkeit vermissen und tragen ihren Teil zum Charakter der Maschine bei.

"Zu analog" ist in der elektronischen Musik nicht mal, wenn die Oszillatoren so stimminstabil sind, daß man alle Naselang nachstimmen muß. Unpraktisch, nervig, aber nicht "zu analog".


Martman
 
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Manchmal ist "kalt" oder "steril" gemeint. Man meint halt vielleicht, ein Computer kann keine Gefühle haben, und muss daher kalt und gefühllos klingen. Okay, das Obertonspektrum kann da sicher einen wichtigen Einfluss haben. Aber auch da sind aktuelle Modeler sicher schon ziemlich gut in der Reproduktion.
Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, analoge Klänge zu digitalisieren, zu verarbeiten und wieder in ein analoges Ausgangssignal zu wandeln.
“Vielzahl“ bezieht sich dabei auf jeden der Schritte, insofern gibt es den digitalen Klang nicht.

Das Obertonspektrum (in der angesprochenen kalt/steril Variante hat tatsächlich grossen Einfluss. Im Bereich von 3-8 khz befinden sich viele Obertöne, die (vereinfacht) durch „Rechenfehler“ im Grundtonbereich entstanden sind und auch unharmonische Komponenten enthalten.
Der zweite Faktor ist die Stabilität des Taktsignals. Schwankungen führen zu stark ansteigenden Verzerrungen, die nicht nur den Eindruck des Signals verwaschen, sondern ebenfalls den Hochmittenbereich anreichern.

Digitale Signalverarbeitung ist ein mathematisch sehr (!) weites Feld. Folglich können sich auch die Lösungsansätze verschiedener Entwickler deutlich unterscheiden.
In kritischen Bereichen wie zB Reverb oder gut klingenden Filtern sind die Anforderungen extrem hoch, wenn man Spitzenergebnisse erzielen möchte.
 
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Na ja, wir sind es auch in anderen Bereichen gewohnt, mit knatternden und knarzenden Geräuschen umzugehen und lieben es. Im Alltag ist so ein Elektromotor mit gummiartiger Kraftentfaltung schon was praktisches dennoch würde es mir besser gefallen, in meinem alten Lancia Fulvia von 1968 davonzufahren.
 
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Danke schon mal für die Rückmeldungen (y).

Bisher sehe ich meine Aussagen voll bestätigt: Wir sind die unzähligen Unzulänglichkeiten der analogen Technik so gewohnt, dass wir sie lieben oder charmant finden.

Von der Digitaltechnik erwarten wir allerdings eine so hohe Perfektion, dass wir sie erst akzeptieren würden, wenn sie die originalen Unzulänglichkeiten noch authentischer nachbilden würde, als sie aus der analogen Welt kommen... :ugly:

Demnach wäre der Mangel des zu digitalen Klangs einfach zu perfekter Klang?! Also eigentlich das Fehlen von Fehlern?! Das kann doch nicht alles sein!

Also, was ist „zu digital“ im Sinne schlechter intrinsischer Eigenschaften digitaler Klangerzeugung und-wandlung? Versucht es bitte mal ohne extrinsiche Eigenschaften, also das Fehlen analoger Fehler.

Und vielleicht zum Schluss: Würdet ihr eine nachweislich 100% Nachbildung eines analogen Originals, oder vielleicht sogar 500% (weil von 5 verschiedenen Unikaten - das Original als Sammelbegriff gibt es ja auf Grund der analogen Schwankungen eh nicht), akzeptieren? Oder würde euch dann immer noch etwas fehlen?

Gruß,
glombi
 
Demnach wäre der Mangel des zu digitalen Klangs einfach zu perfekter Klang?! Also eigentlich das Fehlen von Fehlern?! Das kann doch nicht alles sein!
So könnte man es zumindest technisch umschreiben.
Ich kann mich an eine Labor-Anekdote erinnern, wo jemand den Einfluss von Taktschwankungen (Jitter) auf DA Wandler untersuchte. Das Messgerät erlaubte es, stufenlos zwischen beliebigem und Null Jitter zu regeln. Als (bezogen audpf das Gehör) bestes Ergebnis stellte sich überraschenderweise nicht das jitterfreie Signal heraus, sondern eins mit ganz minimaler Taktschwankung.
Der erfahrene Prüfer kann als objektiv eingestuft werden, da er tatsächlich glaubte die jitterfreie Einstellung zu verwenden. Den Fehler hat er erst später (mit grossem Erstaunen) bemerkt.
So wie @HD600 schreibt: es hat wohl auch mit liebgewonnenen Gewohnheiten zu tun und ist eine ausgesprochen individuelle Angelegenheit - will sagen: auch Geschmacksache ;)
 
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Ich vermute es hat auch etwas mit Faktor Zeit zu tun.
Analog pfeift das Signal annähernd Lichtgeschwindigkeit durch die Schaltung.

Digital ist oft Simulation eben dieser analogen.
Darüber hinaus um ein Vielfaches komplexer und dadurch vom Anwender weiter "entfremdet".
Musik lebt aber von der Unmittelbarkeit.
Hier sehe ich ein Widerspruch!

my 2cents
 
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Dei beiden Punkte kann ich für mich definitiv auch unterschreiben... :great:

1. Ich reagiere extrem empfindlich auf Latenz. Ich bin wahrscheinlich nicht gut genug, um damit souverän umzugehen. Ich habe kein Problem mit einem Digitalpiano oder dezidierten Modeler, aber ich versuche die Anzahl der Wandlungen in meiner Signalkette zu minimieren. Wegen der Latenzen, und der Wandlungsverluste.

2. Auch bei der Bedienung achte ich auf ein "analoges" HMI. Ich habe z.B. bewusst ein Yamaha CP88 gewählt. Es hat zwar keine tausend Eingriffsmöglichkeiten in den Sound, aber eine 1:1 analoge Bedienung über dezidierte Regler.

Für mich überwiegen aber die Vorteile Digitaler Emulationen sowohl beim Klavier als auch bei der E-Gitarre: Es ist viel billiger, kompakter und kann problemlos leise gespielt werden. Der Sound mag nicht 1:1 authentisch sein, aber das würde ich nicht als digital bewerten, sondern einfach als unzulängliche Implementierung der Simulationen. Und die machen immer noch Schritte vorwärts. Obwohl jetzt schon viele sagen, dass ende der sinnvollen Fahnenstange sei eigentlich erreicht...

Gruß,
glombi
 
Bisher sehe ich meine Aussagen voll bestätigt: Wir sind die unzähligen Unzulänglichkeiten der analogen Technik so gewohnt, dass wir sie lieben oder charmant finden.
Ja. Schließlich funktionieren wir Menschen auch nicht wie eine Maschine. Nichtmal unser Herz schlägt maschinell immer im gleichen Tempo. Ist also der natürliche Weg.
Von der Digitaltechnik erwarten wir allerdings eine so hohe Perfektion, dass wir sie erst akzeptieren würden, wenn sie die originalen Unzulänglichkeiten noch authentischer nachbilden würde, als sie aus der analogen Welt kommen...
Sehe ich anders. Es ist keine Perfektion die wir hier erwarten, es reicht wenn die digitale Lösung ihre eigene Vorteile gegenüber der Analogen bietet. Solange jedoch keine Vorteile da sind und sie einfach nur schlechter klingt, ist das natürlich keine Alternative. Das ist dennoch alles weit weg von Perfektion.

Es gibt japanische Schreinermeister die perfekte Werkstücke herstellen die absolut fehlerlos sind. Nach Fertigstellung machen die irgendwo absichtlich eine Macke rein, damit das Werkstück perfekt wird. Das ist perfekte Ganzheit, alles andere wäre nur Ying ohne Yang.
Oder würde euch dann immer noch etwas fehlen?
Ich denke du übersiehst da etwas. das letzte Glied einer Signalkette ist immer analog. Auch eine IR-Lösung muss über irgendein analoges Lautsprechersystem ausgegeben werden. 100%-ig Digital oder 500%-ig übereinstimmend gibt es nicht. Warum auch? Spielt doch ein Mensch die Gitarre und nicht eine Maschine.
 
Ich denke du übersiehst da etwas. das letzte Glied einer Signalkette ist immer analog.

Mit Sicherheit übersehe ich in der Thematik viele Dinge, wenn auch nicht die von dir genannten. Deshalb stelle ich das ja hier zur Diskussion. Nicht weil ich meine Meinung dazu für absolut halte, sondern weil mich interessiert, was anderen "zu digital" ist. Und dazu habe ich bis jetzt noch keine für mich neuen Argumente gelesen...

Das mit den Imperfektionen versteh ich. Wir mögen ja auch lieber unsymmetrische Gesichter, weil wir es so gewohnt sind. Aber aktuelle Modeler können heute schon fast jeden dieser Parameter berücksichtigen und perfekt umperfekt nachbilden. Wenn man sieht, was man bei Fractal von Sag, über Jitter und Rauschen bis hin zur Drift einzelner Bauelemente einstellen kann. Trotzdem ist es vielen noch "zu digital!". Ist das dann noch haltbar? Ich meine, es ist schon absurd, wenn dann andererseits, wie oben genannt, eine perfekte Nachbildung analogen Verhaltens der Digitallösung als Fehler angekreidet wird?!

Ich gebe doch zu, dass ich selber auch noch ein Analogfaible habe, auch wenn ich aus praktischen Erwägungen oft gerne Digitallösungen nutze.

Wenn aber jetzt jemand auch einer CASIO Tischhupe geile Musik macht, ist mir das am Ende immer noch lieber, als wenn jemand auf Vintage Analog-Gear authentischen Scheixx produziert. Zu digital wäre im musikalischen Zusammenhang für mich perfekte Quantisierung und Pitch-Correction mit automatisch errechneten Chores und Lines und mit KI auf den aktuellen Zeitgeschmack gemastert. Aber so etwas höre ich mir einfach nicht an...

Gruß,
glombi
 
Hi :hat:

Ich hab vor einiger Zeit mal ein gutes Video gesehen, was ich leider nicht mehr finde.
Da wurde untersucht, wo denn genau die Unterschiede zwischen einer analogen Produktion zu einer digitalen Produktion liegen. Und was genau wir als "analog" empfinden.

Der selbe Mix wurde zwei mal identisch aufgesetzt. Einmal auf einer analogen Konsole, und einmal digital in der DAW.

Sein Fazit war:
-Plugins die über Oversampling verfügen, stehen Analogtechnik nicht nach. Sie können die Obertöne genau so gut abbilden. Plugins ohne Oversampling können das nicht, da sind je nach Anwendung sehr grosse Unterschiede zu erwarten. Natürlich gibt es auch schlicht schlechte digitale Nachbildungen, was nicht bedeutet, dass es nicht besser möglich wäre. Zudem ist eine digitale Nachbildung, immer eine Nachbildung. Sie kann gar nicht "besser" sein, wenn das Ziel ist, möglichst nach ans Original ran zu kommen. Würde der Clone besser klingen, wäre übers Ziel hinaus geschossen. Dann ist es keine Nachbildung des Originals.
-Oft wird genannt, dass analog weniger Höhen aufweist. Nun, das kann man mit einem Lowpassfilter auch digital nachbauen. Zudem stimmt es nicht. Es gibt genügend analoge Technik, die über sehr reichlich Höhen verfügen, weit über das hörbare Spektrum hinaus. Dass analog weniger Höhen hat, hält er für ein hartnäckigen Mythos. Gedämpgte Höhen, gepaart mit einem dezenten boost der unteren Mitten wird das von vielen als "Wärme" beschrieben. Er zeigte dann auch gleich auf, dass man sowohl "Wärme" aber auch "Kälte" digital als auch analog, nachbilden kann. Das hängt davon ab, wie man mischt.
-Wo tatsächlich Unterschiede sind, sagt er, sei bei der Konsole/Mischpult. Analogkonsolen seien nicht ganz "dicht". Einzelne Kanalzüge streuen leicht in andere Kanalzüge ein und beeinflussen diese. Je nach Hersteller unterschiedlich, daher auch die verschieden Klangcharakteristiken der Hersteller, das liegt nicht nur daran dass andere EQs und Kompressoren verbaut sind. Durch diese "Undichtheit" werden minimal alle Kanäle gemischt, welche in der DAW absolut isoliert sind. Dies führt dazu, dass der Mix am Ende etwas homogener klingt, und die Instrumente besser ineinander verschmelzen können... (da musste ich allerdings schon seehr genau hinhören, um die Unterschiede zu erkennen. Ich konnts nicht wirklich beschreiben, aber der Gesamteindruck war definitiv etwas homogener.
 
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Danke dir, interessante Aspekte. Ich bin auch bei dir, dass man heute alle analogen Eigenheiten digital nachbilden könnte, wenn der Aufwand es rechtfertigt. Aber auch beim Übersprechen der Mischpultkanäle kann man zusammengefasst wieder zu dem Schluss kommen: analog = nicht perfekt = (trotzdem) "besser"...
 
Und vielleicht zum Schluss: Würdet ihr eine nachweislich 100% Nachbildung eines analogen Originals, oder vielleicht sogar 500% (weil von 5 verschiedenen Unikaten - das Original als Sammelbegriff gibt es ja auf Grund der analogen Schwankungen eh nicht), akzeptieren? Oder würde euch dann immer noch etwas fehlen?
Wenn man eine wirklich 100% authentische Nachbildung elektronischer Klangerzeuger haben will, darf man keine Modelle nachbilden, sondern dann muß man wirklich versuchen, konkrete Exemplare nachzubilden. Aber ich glaube, beispielsweise für den ganz normalen Cover-Keyboarder wär das Overkill. Beispielsweise beim Minimoog wär's auch mit fünf Varianten nicht getan. Da gäbe es dann Einstellungen wie "Rick Wright, 1974" für Wish You Were Here (speziell "Shine On You Crazy Diamond (Part 1)"), um auch noch die Alterung zu berücksichtigen. Bei den klassischen diskreten Geräten müßte theoretisch sogar die Temperatur berücksichtigt werden, die beim Einspielen bestimmter Songs oder gar Parts herrschte.

Selbst bei vergleichsweise exotischen Geräten, die heutzutage kein Cover-Keyboarder auch nur ansatzweise versuchen dürfte, mit handelsüblichen Mitteln nachzubauen, käme es zum Exzeß, etwa beim EMS VCS3: z. B. BBC Radiophonic Workshop 1969, Brian Eno 1972, Rick Wright 1974, bei Jean-Michel Jarre müßte man mehrere Exemplare aus mehreren Bauserien (er hat ja auch immer noch einen der ersten von 1969) über etliche Jahrgänge durchdeklinieren – da kommt ja erschwerend noch dazu, daß er die meiste Zeit mehrere Exemplare gleichzeitig und auch im Einsatz hatte – und so weiter.

Einfacher zu handhaben wär das Ganze, wenn gezielt songspezifische Sounds inklusive dem konkreten Gerät auf dem Stand einer konkreten Aufnahmesession nachgebildet würden. Z. B. Prophet-5 "In The Air Tonight", Prophet-5 "Bette Davis Eyes" (mehrere Sounds?), Prophet-5 "Rosanna", Jupiter-8 "Rosanna", Jupiter-8 "Rio" (mehrere Sounds, wobei das Arpeggio auf diesem Authentizitätsniveau eigentlich als Sequenz in Songlänge fest eingebaut sein müßte – übrigens hat vor allem der Roland Jupiter-8 eine ziemliche Serienstreuung), OB-X "Jump", CS-80 "Blade Runner Main Titles" (mehrere Sounds), CS-80 "Rosanna" (wahrscheinlich zwei Sounds), CS-80 "1980-f" (wahrscheinlich auch mehrere Sounds), JX-8P "The Final Countdown", JX-8P "Forever Young" usw. Allerdings bräuchte es da jeweils die komplette Signalkette und nicht nur den Klangerzeuger.

Interessant wird's natürlich, wenn jemand auf die Idee kommt, so einen gerätespezifischen Klon mit einem Original zu vergleichen, das derjenige rumstehen hat. Fazit wird sein: Die hören sich nicht gleich an, das ist ja überhaupt nicht authentisch. Wie auch, sein Exemplar auf heutigem Stand ist ja nicht geklont worden. Das heißt, die tatsächliche Authentizität ließe sich nur anhand originaler Studioaufnahmen bemessen.

Aber wie gesagt, für die allermeisten Musiker wär das Overkill. Für ganz "normale" Cover-Keyboarder wär daran nur gut, daß sie für die Songs, die sie covern, schon fix und fertige authentische Sounds hätten, aber dieses Niveau der Authentizität brauchen sie nicht. Keyboarder/Synthesizerspieler in superauthentischen Illusion-Replica-Tributebands würden das schon eher zu schätzen wissen. Aber zum einen müßten sie einen gigantischen Aufwand bei ihrer eigenen restlichen Signalkette bis hin zur PA betreiben, damit diese winzigen Details auch nur den Hauch einer Chance haben, zur Geltung zu kommen. Und zum anderen wären sie jeweils auf die Studioversionen festgenagelt – es sei denn, der Hersteller des Klons würde auch Versionen des gleichen Sounds von verschiedenen konkreten Konzerten nachbilden. Und das würde endgültig zu weit führen.


Martman
 
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(...) Wir sind die unzähligen Unzulänglichkeiten der analogen Technik so gewohnt, dass wir sie lieben oder charmant finden.

Von der Digitaltechnik erwarten wir allerdings eine so hohe Perfektion, dass wir sie erst akzeptieren würden, wenn sie die originalen Unzulänglichkeiten noch authentischer nachbilden würde, als sie aus der analogen Welt kommen...

Warum Musik digitalisiert wurde (CD-Anfangszeiten) hatte ich nicht so richtig verstanden - die CDs sollten qualitativ bessere (saubere) Wiedergabe bringen und gegen Kratzer und mechanische Schäden unempfindlich sein.
Viele von den CDs, die ich in den 90ern gekauft habe und wie alle Tonträger pfleglich behandelt/gelagert habe, funktionieren nicht mehr (das Abspielgerät kann sie nicht lesen), wogegen meine alten, gut gepflegten Schallplatten aus den 60-70er Jahren(!) immer noch nahezu knister- bzw. kratzfreien Klang liefern.
Ähnlich ist es mit TV u/o Radio.

Sicherlich kann man sich mit der Digitalisierung tiefgründig beschäftigen und seinen Spaß daran haben, aber warum deswegen die analoge Welt quasi über Bord geworfen werden mußte, sehe ich nicht ein.
Zum Glück funktioniert wenigstens noch mein analoger Weltempfänger (gekauft in den 80ern).

Gruß, Bert
 

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