Tragik oder Ungerechtigkeit.
Besonderen Fähigkeiten im Kirschkernweitspucken sind auch nicht adäquat monetarisierbar.
Ohne jetzt zu hart zu klingen, oder dir zu nahe treten zu wollen, denn es ist nicht böse gemeint und auch nicht meine Absicht; ich vermute aber, dass du diese brennende Sehnsucht nicht kennst. Denn wer verurteilt, der versteht nicht. Ist ja okay, ob vorhandener Diversität
Ich bin schon einige Berufswege gegangen, reicht von Instrumentenbau, Wirtschaftsinformatiker, Physiotherapie bis hin zum Kunststudium und das nur, weil es in der kapitalistischen Leistungsgesellschaft erwartet wurde. Am Ende blieb für mich immer nur eins, in dem ich funktionierte: Musik und Literatur. Nach deutscher Statistik bin ich wohl „gescheitert“. Nur hatte ich bei all den beruflichen Dingen nicht viel Zeit dafür, andere Fähigkeiten auszubauen. Jeder andere Berufsweg trieb mich in die klinische Depression, die mir quasi keine Wahl ließ. Und wer das kennt weiß auch, dass man nicht immer die Wahl hat.
Komme ich aber mit Musik oder guten Texten in Berührung, dann ist das als würde ein Garten aufblühen. Und ja, für Menschen, die das ähnlich wie ich wahrnehmen ist das durchaus eine Tragödie, wenn man das Leben nach gesellschaftlichen Erwartungen bemisst.
Da ich seit einiger Zeit krankheitsbedingt sowieso umdenken musste, gab mir die neue vorhandene Zeit die Gewissheit für den richtigen Weg. Ich kann etwas Cello spielen, Klavier ist meine Heimat und Gitarre wird bald zur Heimat werden, darüberhinaus habe ich derart viele Gedichte geschrieben, dass gerade, am Umfang bemessen, der siebte Band in Arbeit ist und einige Werke professionell von Stavenhagen vertont wurden und Platz in seiner Sammlung fanden. Meine Ölgemälde und analogen Großformatfotografien (Sinar F2) lasse ich unerwähnt. Und wenn die Gitarre gut sitzt, werde ich mich ernsthafter der Musik zuwenden, ohne dabei Erwartungen zu pflegen. Lässt sich das alles monetarisieren? Ja, sicherlich - wenn man sich gut verkaufen kann und eine hohe Sozialkompetenz und Belastbarkeit besitzt, klaro. Habe ich aber nicht. In dem Bereich burn ich wie trocken Brot. Allerdings trage ich kulturellen Wert bei, auch wenn er keine Millionen und das rosa Schleifchen für Steuerzahler bringt.
Vielleicht reicht es für Gitarrenlehrer. So wie mein Lehrer lebt, das finde ich eigentlich ziemlich okay. Vielleicht lässt sich das in 5-10 Jahren umsetzen. (Meine Ansprüche sind sehr hoch)
Meine Ansicht oder Einstellung ist nicht dumm, oder selbstmitleidig, es ist immer so einfach, Sachen oder andere Menschen zu verurteilen. Man selbst arbeitet so hart für das Geld, für das eigene Leben, die Frau, die Kinder, und dann kommt so ein Lauch mit Wampe, der es abweichend sieht und fühlt. Natürlich gibt es viele Menschen, die das verteufeln, aber solche Leben meist gut angepasst in einem Hamsterrad. So ein Leben will ich einfach nicht führen und kann ich auch nicht führen, weil ich nicht in der Lage bin mich anpassen zu können. Früher wollte ich es unbedingt, mittlerweile pfeif ich drauf.
Und glaube mir, die Versuche dem gerecht werden zu können, würden ein Buch mit 1000 Saiten füllen. Für dich ist Monetarisierung und gesellschaftlicher Beitrag wichtig, weil dir diese Werte entsprechend tradiert worden. Für mich sind es eben andere Dinge. Ist das falsch? Nö. An erster Stelle steht Gesundheit, dann Musik, dann Kunst. Und meine Beiträge fließen dahin, wo ich sie für signifikant, persönlich und nah erachte und besitzen keinen steuerlich abtretbaren Gestus. Und ich verstehe auch die Menschen nicht, die nicht nutzen, was sie lieben und gut können. Ich will keine programmierbare Drohne, sondern frei im Geiste sein. All diese Dinge kann man mit Geld nicht kaufen und das Leben ist, um es zu vermuten, ein einmaliges Geschenk. Wieso also nicht jede Sekunde reflektieren und hinterfragen?
Zack, man ist alt und was hat man getan? 40-60h in der Woche gearbeitet, dann 6-8 Stunden Schlaf jeden Tag - 16h von 24 Stunden für was?
Materieller Reichtum? Privatier? Zeit ist Geld und Zeit lässt sich nicht kaufen.
Da arbeite ich lieber 2-4h ehrenamtlich in einem Tierheim und lerne mit weniger mehr zufriedener zu sein. Und Musik hilft dabei enorm.
Macht mich das asozial? Eventuell. Wenn ich aber den Zeitgeist so sehe, dann bin ich froh für mich zu sein und meinen Interessen nachgehen zu können. Das liegt einerseits an kleinkarierten Kommentaren im Internet und andererseits auch daran, dass eben alles ist wie es ist. Erich Kästner kannte das Dilemma auch. „Misanthropologie“