Ich hätte gerne einen OB-X mit aktueller Technik. Also genau so wie es Dave auch beim neuen Prophet 5/10 gemacht hat.
Auch beim OB-X könnte man ja einen "Vintage-Regler" anbieten, um sich dem "Original-Sound" immer weiter nähern zu können.
Wichtig, konsequent solide Qualität!
Dann wirst du trotzdem eine Kiste haben, die nicht wie ein OB-X klingt. Entfernt vielleicht, aber nicht originalidentisch.
Hab grad gelesen, das wird auch der Prophet-5 Rev. 4 nicht. Vor allem wird er den Prophet-5 Rev. 2 nicht akkurat imitieren können.
Warum nicht? Weil der Prophet-5 Rev. 4 nur einen Satz VCOs hat, basierend auf Curtis-CEM3340-Chips. Für die Rev. 3.x wär das akkurat, aber Rev. 1 und 2 hatten SSM2030-VCO-Chips. Mehrfach vorhanden sind nur die Filter, einmal mit SSM2040, mit denen Rev. 1 und 2 gleichzeitig erschlagen werden sollen, einmal mit Curtis CEM3320, das die Rev. 3.x abdecken soll.
Am Ende läuft dann auch noch alles durch dieselben VCAs, die kurioserweise nirgendwo spezifiziert werden. Derweil verwenden Prophet-5 Rev. 1 und 2 SSM2020, während die Rev. 3.x die exotischen, nur in diesem Synthesizermodell verbauten, bis heute meines Wissens nicht geklonten CA3280 hat.
Auch die Hüllkurven sind unterschiedlich. Hier macht man sich nicht mal die Mühe des Klonens. Rev. 1 und 2: SSM2050. Rev. 3: CEM3310. Rev. 4: digital. Kann nur akzeptiert werden, wenn die digitalen Hüllkurven extrem hoch auflösen
und sowohl den SSM2050 als auch den CEM3310 auf einem Detailgrad weit jenseits dessen imitieren können, was Synapse Audio kann (und deren Legend schlug jeden jemals davor erschienenen Software-Minimoog um Längen).
Der Vintage-Regler ist auch ein Witz. Das ist ein Knopf für eine Uralt-Funktion, nämlich Oszillator-Drift. Mit sowas kann man nicht glaubwürdig die Alterung
aller Komponenten in der Kiste emulieren, schon gar nicht, wenn die Komponenten als echtanaloge Hardware und sogar zu einem erheblichen Teil als Nachbauten der Originalkomponenten vorliegen.
Dann kommt noch dazu, daß es keine Wahlmöglichkeit zwischen Rev. 1 und 2 gibt. Das impliziert, daß Rev. 1 und 2 im Prinzip identisch waren und identisch klangen und der einzige Unterschied die Fertigung war. Ich wage zu behaupten, dem war nicht so. Die Signalwege waren nicht baugleich, und auch die interne Ansteuerung war unterschiedlich.
Außerdem, wenn man schon so konsequent ist und die VCFs in zwei Ausführungen anbietet, dann muß man jeweils den gesamten Signalweg anbieten, also einmal komplett mit SSM-Chips inklusive der Hüllkurven und einmal mit CEM-Chips inklusive der Hüllkurven plus einer Neuauflage des CA3280. Aber dann hätte man im Prophet-5 zehn Stimmen, die ständig unter Strom gehalten und beheizt werden wollen, und im Prophet-10 derer zwanzig. Die so entstehende Hitze dürfte den Klang beeinflussen – wenn sie nicht sogar den ganzen Synth unbrauchbar machen würde. Wie gesagt: Der Ur-Prophet-10-Prototyp ist ständig überhitzt. Mit nur zehn Stimmen.
Zwischenfazit: Den Rev. 1 und 2 wird sich der Prophet-5 Rev. 4 allenfalls grob annähern, denn er halt die falschen Oszillatoren, die falschen Hüllkurven und die falschen Verstärker. Er wird auch nicht wie die Rev. 3 klingen, denn dafür sind immer noch die Hüllkurven und die Verstärker die falschen.
Und dann kommen zur Verfälschung des Klanges noch die Abzweigungen im Signalweg dazu, um zwei Filtertypen pro Stimme zu haben. Und die Mischer/Umschalter hinter den Filtern, um die Ausgangssignale der Filter in gemeinsame Verstärker schicken zu können.
Doch, solche Kleinigkeiten können bei Analogsynthesizern eine gigantische Wirkung haben. Seht euch mal Roland JX-8P, JX-10 und MKS-70 an. Der JX-10 ist auf dem Papier zwei JX-8P in einem Gehäuse mit 76 Tasten, und zumindest der frühe MKS-70 ist auf dem Papier die Rackversion des JX-10, also zwei JX-8P im Rack. Die Signalketten der Klangerzeugung bestehen 1:1 aus absolut identischen Bauteilen.
Die müßten also absolut identisch klingen, oder?
Tun sie aber nicht.
Der JX-10 klingt anders als der JX-8P, und der MKS-70 klingt anders als beide. Normal müßte der JX-10 der Publikumsliebling sein wegen 12 Stimmen, Duotimbralität und der schon lange verfügbaren Alternativfirmware. Statt dessen ist es der JX-8P, der von den dreien am fettesten klingt.
Und warum ist das so?
Weil man die Bauteile anders angeordnet hat. Andere Platinen, damit andere Leiterbahnen, minimale Laufzeitunterschiede, andere Verkabelungen zwischen den Platinen, nochmals Einflüsse dadurch, außerdem andere thermische Verhältnisse und elektromagnetische Einstreuungen.
Noch krasser sind die Unterschiede zwischen den beiden JX-10-"Generationen", bei denen ein paar Komponenten ausgetauscht wurden. Dies zum Thema "ist scheißegal, woraus das Ding sonst besteht, solange das Filter stimmt".
Ist eben nicht scheißegal.
Vor ein paar Jahren hat Moog den Minimoog Model D neu aufgelegt. Fast 1:1. Alle Welt hat sich gefreut und gehofft, nagelneue Synths zu kriegen, die mit 1972–1974er muSonics Moog/Moog Music Minimoog Model D absolut identisch klingen. Aber mit geilen neuen Features wie USB-Einbindung, Velocity und einem "richtigen" LFO, weil die Leute inzwischen zu blöd waren, einen VCO zu verstehen, den man auch als LFO benutzen konnte – und unbedingt mindestens zwei LFOs haben mußten.
Dafür mußte aber der Signalweg geändert werden. Und schon klang die Kiste nicht mehr wie ein 1972–1974er Minimoog.
Oder Korg. Ist ja löblich, daß sie ihrem ARP-Odyssey-Reissue einen Umschalter zwischen drei Filtertypen verpaßt haben. Doof nur, daß wohl auch deswegen der Korgyssey wie keine der klassischen ARP-Odyssey-Generationen klingt. Behringer hat dasselbe gemacht. Folge: Der Ulissey klingt auch nicht wie ein echter Odyssey.
Wenn man also schon klont mit dem Anspruch, wirklich einen Klon zu erschaffen, der in allen Situationen und erdenklichen Einstellungen ein klanglicher 1:1-Drop-In-Ersatz fürs Original ist und die Ansprüche auch sämtlicher Tributebands erfüllt, dann darf man am Originaldesign absolut nichts verändern.
Für den Prophet-5 Rev. 4 wär's noch am besten gewesen, man hätte den CA3280 VCA neu aufgelegt und statt eines Rev. 4 einen Rev. 3.4 gebaut, der von den Innereien her mit dem Rev. 3.3 praktisch identisch ist. Den hätten dann aber nur die Ahnungslosen gekauft, denn der wirklich begehrte Prophet-5 ist der Rev. 2. Wenn man den wirklich auch klanglich originalgetreu klonen wollte, dürfte man ihm nicht mal MIDI verpassen. Damit würde man nämlich die Ansteuerung der ganzen Kiste verändern müssen, was sich auch auf den Klang auswirkt. Der Prophet-5 Rev. 2 ist außerdem notorisch extrem abrauchgefährdet, und daß sich das ohne klangliche Auswirkungen komplett abstellen läßt, wage ich zu bezweifeln.
Endfazit zum Prophet-5 Reissue: Wer bei einem Prophet-5-Rev.-2-Klon die Authentizität so bis ins maximal Mögliche treiben will, wie er es bei Hammond B3 + Leslie 122, Rhodes MkI Stage (oder bevorzugt ihr den wenig roadtauglichen '65er Vorgänger) und Wurlitzer 200A tut (komischerweise schreit bei E-Pianos niemand nach so akkuraten Amp-Emulationen wie beim Leslie 122), ist beim Rev. 4 falsch. Wenn ihr sowas wollt, wartet auf einen Software-Klon auf dem Level eines Synapse Audio The Legend oder Softube Model 72. Wenn ihr Glück habt, baut Behringer einen reinen Rev.-2-Klon nur mit SSM-Chips inklusive echtanaloger SSM-Hüllkurven, der dann ein Stück näher am begehrten Ende-70er-Anfang-80er-Prophet-5-Sound ist.
Martman