Grumpes
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In-ear... Für viele Alltag... Selbstverständlich, nützlich, man kann nicht mehr ohne. Desto teurer, desto besser...
Ich lebe von Musik, spiele viel, habe aber auch viel Freizeit und deswegen viel Zeit zum Nachdenken und Beobachten und so ist jetzt mal das Thema In-ear dran.
Für mich persönlich war In-ear nie ein ernstzunehmendes Thema, aber ich fürchte, die Einschläge kommen immer näher. Ich habe bisher mit Gitarre, Bass und Schlagzeug mein Geld verdient, 3 Jahre davon am E-Schlagzeug mit In-Ear (notgedrungen und kabelgebunden). Ich weiß also ein wenig, wovon ich rede.
Vorauf ich hinaus will: ich hab mir so Gedanken gemacht, wieso In-ear so beliebt ist und immer beliebter wird und ich bin, jenseits vom praktischen Nutzen als Monitor und Intonier-Hilfe, zum dem Schluß gekommen, daß In-ear soziologisch gesehen genau in unsere Zeit paßt!
Für mich hat In-ear auch etwas mit Abkaspeln, Ich-Bezogenheit, Vereinsamen, auf Distanz gehen, soziologisch verarmen zu tun. Ich habe mich noch nie auf einer Bühne so einsam gefühlt wie in den 3 Jahren am Schlagzeug mit In-ear!
Ich bin ein geselliger Typ, ich rede gerne mal beim Musizieren mit meinen Kollegen auch über was anderes als dem Stück, welches gespielt wird. Es gibt so viel Interessantes von einer Bühne runter zu sehen und zu kommentieren, es gibt manchmal auch etwas musikalisch Wichtiges, das man seinen Kollegen mitteilen will oder muß. Es gibt vielleicht auch mal ein Feueralarm (wegen Nebelmaschine, ist uns passiert...) und keiner auf der Bühne merkt es. Es gibt etwas, ein Lärm oder Geräusch, das gerade die Musik heftig stört (Schüße, Explosionen, alles schon da gewesen...) und man hört es nicht oder nicht genau. Der Snareteppich ist zu laut, ein Schraube an der Bass-Drum scheppert, mein Handy klingelt und die Lotto-Zentrale ist gerade dran usw. Mit In-ear hört man das gar nicht oder nur eingeschränkt.
Warum sind dann aber trotzdem so viele scharf wie Lumpi auf In-ear? Ich kenne Musiker, die haben sich direkt nach Beginn des Instrument-Unterrichts oder noch vor Gründung einer Band das möglichst hochpreisigste In-Ear besorgt. Ich habe das Gefühl, daß viele auf diesen coolen In-Ear Look scharf sind, wenn etwas im Ohr steckt (möglichst individuell angepaßt) oder wenn ein In-ear Hörer auf der Schulter baumelt, den man sich möglichst kamera-tauglich aus dem Ohr reißt, um dem Publikum näher zu sein! Man ist professionell, wie die Großen, auch wenn's nur die Dorfkneipe ist...
Für viele, vor allem jüngere Musiker, ist es zur Selbstverständlichkeit geworden, die musikalische Karriere direkt mit In-ear anzufangen. Man stopft sich die Ohren zu, legt sich das Monitoring so drauf, wie man es will, also sich selber möglichst laut und dann - je nach Sympathie und Notwendigkeit - die Kollegen und vertraut sich voll und ganz dem Techniker und der Technik an. Man schafft sich so sein Kokon, in dem man sicher und (gehör-)geschützt einen Gig übersteht. Auf den ersten Blick genial! Aber merkt ihr was? Mir kommt das aus anderen Zusammenhängen sehr bekannt vor. Komfort-Zone, Generation Snowflake, Konfliktscheu, Ich-Bezogenheit, das alles kennt man aus Berichten im SPIEGEL und anderswo über das Klima an Unis, Schulen, Arbeitsplätzen und manchmal auch Familien. Jetzt auch auf den Bühnen dieser Welt... So kommt es mir vor!
Noch eine Nebeneffekt des In-ear (und des Gehörschutzes, aber das ist ein Thema für sich...): man kann hemmungslos laut sein! Sein Schlagzeug wie den ärgsten Feind behandeln, seinen trotz In-ear vorhanden Verstärker möglichst laut aufdrehen usw. Wenn jetzt ein paar Kollegen ohne In-ear (und Gehörschutz...) auf der Bühne rumstehen und vielleicht ein paar Zuschauer vor der Bühne, ist nicht wichtig, Hauptsache man ist selber glücklich und man verwirklicht sich! Man muß auf niemanden Rücksicht nehmen, sich mit niemandem auseinandersetzen, man kann Ich sein!
Ich schreibe jetzt nur meine Beobachtungen auf! Es darf jeder machen, wie er will, da will ich keinem reinreden...
Ich persönlich werden In-ear vermeiden, so lange es geht. Es kann gut sein, daß ich aus Gesundheistgründen irgendwann auf In-ear umsteigen muß, weil das Gehör nicht mehr mitmacht. Gut, man könnte jetzt anführen, daß ein Umstieg auf In-ear mein Gehör schon jetzt schützen würde, aber ich habe bisher fast 40 Jahre lang konventionell Musik gemacht und ich höre immer noch ziemlich gut, wie mir meine HNO-Ärztin unlängst bestätigt hat. Ich bau mich halt, wenn es geht, weit vom Schlagzeuger und anderen lauten Quellen auf und fahre ein sparsames und möglichst leises Monitoring. Ich hör lieber auf die anderen Instrumente und Monitore meiner vor mir stehenden Kollegen, das spart mir das laute Monitoring. Beim - meistens Background - Singen vertraue ich auf die durch langjähriges Musizieren gefestigte (und vielleicht auch angeborene) gute Intonation.
Wenn es mal sehr profesioneller werden sollte - mit Anfang 50 schwinden zugegebenermaßen die Chancen dazu - und die Bühnen größer, die Zuschauerzahl größer und die Anzahl der Helferlein drumherum auch, dann Ok, dann In-ear.
Viele meinen, das Leben wird durch In-ear erleichtert, man hat nur noch ein Rack, in dem die ganzen Empfänger stecken, dazu sein Tablet oder Handy und ein Digital-Pult usw. Klingt auch alles sehr schön und praktisch, aber meins ist es nicht... Das ist irgendwie Apple-Google-Spotify-Amazon-Youtube-Tesla-Musik, aber nicht das, was ich als Musik-Machen ansehe. Es liegt wahrscheinlich an meinem Alter... Ich bin es gewohnt, erstmal die Musik zu sehen und dann die Technik. Dafür hab ich zuerst mein unverstelltes Gehör, dann ein möglichst gutes Instrument (ich hab nichts von teuer geschrieben...), dann gute und vernünftige Mitmusiker, eine gute Setliste, eine gut überlegter Aufbau auf der Bühne, eine gute PA (Tontechniker muß nicht sein, ich kann auch von der Bühne runter mischen, wenn's nicht zu groß ist) und ein gutes Publikum. Mehr brauche ich nicht. Ich will dann während des Gigs Witze mit meinen Kollegen reißen (wenn sie dementsprechend drauf sind), dem Sänger mal schnell einen guten Tipp für die nächste Ansage geben, dem Keyboarder vielleicht sagen, daß sein Hosenstall offen ist, dem Drummer mal böse anfahren, weil er wieder zu laut ist, dem Gitarristen in einem unbeobachteten Moment den Bassregler am Amp von 4 auf10 umstecken, all die schönen Frauen im Saal zusammen mit dem Gitarristen würdigen oder auf die häßlichen aufmerksam machen und vieles andere mehr. Und das ohne an mir baumelnde Kabel und der Angst, daß der Akku nicht hält... Freiheit in jeder Hinischt...
Bin gespannt auf den Verriß meiner Betrachtungen und Beobachtungen...
Ich lebe von Musik, spiele viel, habe aber auch viel Freizeit und deswegen viel Zeit zum Nachdenken und Beobachten und so ist jetzt mal das Thema In-ear dran.
Für mich persönlich war In-ear nie ein ernstzunehmendes Thema, aber ich fürchte, die Einschläge kommen immer näher. Ich habe bisher mit Gitarre, Bass und Schlagzeug mein Geld verdient, 3 Jahre davon am E-Schlagzeug mit In-Ear (notgedrungen und kabelgebunden). Ich weiß also ein wenig, wovon ich rede.
Vorauf ich hinaus will: ich hab mir so Gedanken gemacht, wieso In-ear so beliebt ist und immer beliebter wird und ich bin, jenseits vom praktischen Nutzen als Monitor und Intonier-Hilfe, zum dem Schluß gekommen, daß In-ear soziologisch gesehen genau in unsere Zeit paßt!
Für mich hat In-ear auch etwas mit Abkaspeln, Ich-Bezogenheit, Vereinsamen, auf Distanz gehen, soziologisch verarmen zu tun. Ich habe mich noch nie auf einer Bühne so einsam gefühlt wie in den 3 Jahren am Schlagzeug mit In-ear!
Ich bin ein geselliger Typ, ich rede gerne mal beim Musizieren mit meinen Kollegen auch über was anderes als dem Stück, welches gespielt wird. Es gibt so viel Interessantes von einer Bühne runter zu sehen und zu kommentieren, es gibt manchmal auch etwas musikalisch Wichtiges, das man seinen Kollegen mitteilen will oder muß. Es gibt vielleicht auch mal ein Feueralarm (wegen Nebelmaschine, ist uns passiert...) und keiner auf der Bühne merkt es. Es gibt etwas, ein Lärm oder Geräusch, das gerade die Musik heftig stört (Schüße, Explosionen, alles schon da gewesen...) und man hört es nicht oder nicht genau. Der Snareteppich ist zu laut, ein Schraube an der Bass-Drum scheppert, mein Handy klingelt und die Lotto-Zentrale ist gerade dran usw. Mit In-ear hört man das gar nicht oder nur eingeschränkt.
Warum sind dann aber trotzdem so viele scharf wie Lumpi auf In-ear? Ich kenne Musiker, die haben sich direkt nach Beginn des Instrument-Unterrichts oder noch vor Gründung einer Band das möglichst hochpreisigste In-Ear besorgt. Ich habe das Gefühl, daß viele auf diesen coolen In-Ear Look scharf sind, wenn etwas im Ohr steckt (möglichst individuell angepaßt) oder wenn ein In-ear Hörer auf der Schulter baumelt, den man sich möglichst kamera-tauglich aus dem Ohr reißt, um dem Publikum näher zu sein! Man ist professionell, wie die Großen, auch wenn's nur die Dorfkneipe ist...
Für viele, vor allem jüngere Musiker, ist es zur Selbstverständlichkeit geworden, die musikalische Karriere direkt mit In-ear anzufangen. Man stopft sich die Ohren zu, legt sich das Monitoring so drauf, wie man es will, also sich selber möglichst laut und dann - je nach Sympathie und Notwendigkeit - die Kollegen und vertraut sich voll und ganz dem Techniker und der Technik an. Man schafft sich so sein Kokon, in dem man sicher und (gehör-)geschützt einen Gig übersteht. Auf den ersten Blick genial! Aber merkt ihr was? Mir kommt das aus anderen Zusammenhängen sehr bekannt vor. Komfort-Zone, Generation Snowflake, Konfliktscheu, Ich-Bezogenheit, das alles kennt man aus Berichten im SPIEGEL und anderswo über das Klima an Unis, Schulen, Arbeitsplätzen und manchmal auch Familien. Jetzt auch auf den Bühnen dieser Welt... So kommt es mir vor!
Noch eine Nebeneffekt des In-ear (und des Gehörschutzes, aber das ist ein Thema für sich...): man kann hemmungslos laut sein! Sein Schlagzeug wie den ärgsten Feind behandeln, seinen trotz In-ear vorhanden Verstärker möglichst laut aufdrehen usw. Wenn jetzt ein paar Kollegen ohne In-ear (und Gehörschutz...) auf der Bühne rumstehen und vielleicht ein paar Zuschauer vor der Bühne, ist nicht wichtig, Hauptsache man ist selber glücklich und man verwirklicht sich! Man muß auf niemanden Rücksicht nehmen, sich mit niemandem auseinandersetzen, man kann Ich sein!
Ich schreibe jetzt nur meine Beobachtungen auf! Es darf jeder machen, wie er will, da will ich keinem reinreden...
Ich persönlich werden In-ear vermeiden, so lange es geht. Es kann gut sein, daß ich aus Gesundheistgründen irgendwann auf In-ear umsteigen muß, weil das Gehör nicht mehr mitmacht. Gut, man könnte jetzt anführen, daß ein Umstieg auf In-ear mein Gehör schon jetzt schützen würde, aber ich habe bisher fast 40 Jahre lang konventionell Musik gemacht und ich höre immer noch ziemlich gut, wie mir meine HNO-Ärztin unlängst bestätigt hat. Ich bau mich halt, wenn es geht, weit vom Schlagzeuger und anderen lauten Quellen auf und fahre ein sparsames und möglichst leises Monitoring. Ich hör lieber auf die anderen Instrumente und Monitore meiner vor mir stehenden Kollegen, das spart mir das laute Monitoring. Beim - meistens Background - Singen vertraue ich auf die durch langjähriges Musizieren gefestigte (und vielleicht auch angeborene) gute Intonation.
Wenn es mal sehr profesioneller werden sollte - mit Anfang 50 schwinden zugegebenermaßen die Chancen dazu - und die Bühnen größer, die Zuschauerzahl größer und die Anzahl der Helferlein drumherum auch, dann Ok, dann In-ear.
Viele meinen, das Leben wird durch In-ear erleichtert, man hat nur noch ein Rack, in dem die ganzen Empfänger stecken, dazu sein Tablet oder Handy und ein Digital-Pult usw. Klingt auch alles sehr schön und praktisch, aber meins ist es nicht... Das ist irgendwie Apple-Google-Spotify-Amazon-Youtube-Tesla-Musik, aber nicht das, was ich als Musik-Machen ansehe. Es liegt wahrscheinlich an meinem Alter... Ich bin es gewohnt, erstmal die Musik zu sehen und dann die Technik. Dafür hab ich zuerst mein unverstelltes Gehör, dann ein möglichst gutes Instrument (ich hab nichts von teuer geschrieben...), dann gute und vernünftige Mitmusiker, eine gute Setliste, eine gut überlegter Aufbau auf der Bühne, eine gute PA (Tontechniker muß nicht sein, ich kann auch von der Bühne runter mischen, wenn's nicht zu groß ist) und ein gutes Publikum. Mehr brauche ich nicht. Ich will dann während des Gigs Witze mit meinen Kollegen reißen (wenn sie dementsprechend drauf sind), dem Sänger mal schnell einen guten Tipp für die nächste Ansage geben, dem Keyboarder vielleicht sagen, daß sein Hosenstall offen ist, dem Drummer mal böse anfahren, weil er wieder zu laut ist, dem Gitarristen in einem unbeobachteten Moment den Bassregler am Amp von 4 auf10 umstecken, all die schönen Frauen im Saal zusammen mit dem Gitarristen würdigen oder auf die häßlichen aufmerksam machen und vieles andere mehr. Und das ohne an mir baumelnde Kabel und der Angst, daß der Akku nicht hält... Freiheit in jeder Hinischt...
Bin gespannt auf den Verriß meiner Betrachtungen und Beobachtungen...
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