Ja diesen Test könnte man tatsächlich als „mutig“ bezeichnen, ob man ihn auch als „Informativ“ bezeichnen könnte, wage ich zu bezweifeln.
Vorweg: Ich vermute mal, als alter Kurzweil-User werden Gehäuse, Haptik und Tastatur auch meine Hauptkritikpunkte am PC4 sein. Das PC3x begleitet mich jetzt schon sehr lange und ich weiß seine Vorzüge zu schätzen und es ist für mich ein unverzichtbarer Baustein meines Livespiels. Ich bezahle das aber auch mit gut 25KG Gewicht, die ich bewegen muss. Dazu kommen Kronos 61 (12 KG) K&M-Ständersystem, Submixer, Kabelkiste. Da wäre eine Gewichtsersparnis von 13-14 KG schon echter ein Fortschritt.
Der Tester vergibt dem PC4 ein ungenügend, das ist ja nun eine 6, mit anderen Worten, dass Gerät ist unbrauchbar.
Für mich liest sich dieser Test aber eher so, dass hier jemand das PC4 einen Tag bekommen hat, es ausgepackt, damit etwas gespielt und die Tastatur schlicht „scheisse“ fand und es wieder eingepackt hat.
Der Tester geht auf die inneren Qualitäten des PC4 eher oberflächlich ein. Kein Wort von den 2 Gb-User-Speicher für Samples, die 2Gb interner Speicher werden ja erwähnt genauso wie die 256 Stimmen. Die Layermöglichkeiten (16 Layer) werden gar nicht erwähnt. Das der PC4 seine Arps und Riffgeneratoren pro Layer bereitstellt, scheint dem Autor nicht so ganz bewusst geworden zu sein. Er erzählt zwar was von „ähnlich wie Ableton Live“ aber was das genau bedeutet bleibt eher diffus.
32 KDFX-Units? Kein Hinweis darauf, was das bedeutet. Statt dessen erzählt er was davon, dass der PC4 ja „nur 3“ echte Basis-Sets für Pianos hat und damit sind die 42 Pianoprogramms alle gleich und das wäre ihm zu wenig. Das erschliesst sich mir nicht ganz, weil ja auch beim Kronos basieren die Pianos der SG2-Engine auf drei oder vier Basis-Samplesets. Ich vermute auch mal, wenn der PC4 Samples der Kore64 integriert hat, dass sich irgendwo im Speicher auch das K2000-Piano-Sample befindet, genauso wie beim Kronos ja in der HD-1-Engine weitere einfachere Pianosamples integriert sind. Der Autor vergleicht das jetzt mit dem CP88, was ich nebenbei völlig unpassend finde - Roland FA8 wäre da eher ein Vergleichswert. Auf welcher Sample-Basis die CP-Pianos basieren, verschweigt er aber dabei.
Auch sein Kommentar, dass der PC4 ja eine FM-Klangerzeugung hat und Sounds klassischer FM-Synthesizer geladen werden können und man ja selbst rausfinden müsste, welche Sounds das sind, finde ich als...naja sagen wir mal „komisch im Sinne von belustigend“. Das Kurzweil in seine Anleitung nicht reinschreiben kann, kompatibel zum Yamaha DX x y z sollte jedem klar sein. Macht Korg ja auch nicht beim Kronos. Ich denke hier gehts um Lizenzgebühren. Ausserdem gehört ja wohl die Kenntnis, was „klassische FM-Synthesizer sind zum Allgemeinwissen
Dann sind wir wieder bei der Tastatur und er kommt jetzt mit spannenden Lautstärkemessungen. Da kommt der Ingenieur in mir dann wieder durch, weil solche Messungen in erster Linie dazu dienen sollen Leute zu beeindrucken und in diesem Test die Argumentation, „Tastatur scheisse = PC4 scheisse“ zu unterfüttern.
Mir fehlen bei diesem Test Referenzwerte und Angaben wie der Test durchgeführt wurde. Er gibt als Referenz einen Staubsauge (Flüstermodell) an, was ich quatsch finde. Warum hat er das nicht mir einem anderen Instrument verglichen? Seine Fatar-Tastatur hatte er ja vor dem Test des PC4 gerade weggeräumt.
Ich habe den Test mal mit meinem PC3x nachgebaut. Man muss natürlich dazu sagen, dass mein PC3x nun schon gut 10 Jahre alt ist und entsprechend im Einsatz war. Als Messgerät wurde mein Honor 8 Smartphone, mit einer Schallmessungsapp benutzt. Abstand des Smartphones von der Tastatur ca 75cm, was dem Abstand meiner Ohren in sitzender Position entspricht. Messdauer 20 Sekunden. Gemessen wird ein bewerteter Schalldruckpegel mit A-Bewertung (Lpa). Messwerte sind einmal der Mittelwert und einmal der Spitzenwert (Max).
Umgebungs-Schalldruckpegel: Mittel: 38,7 dB(A) - Max: 39,9 dB(A)
PC3x angespielt (Lautsprecher sind aus): Mittel: 64,0 dB(A) - Max: 70,3 dB(A)
Seine Werte zum Vergleich beim PC4: 67dB(A) ob das ein Mittelwert oder ein Spitzenwert ist, gibt er nicht an. Nebenbei ist die Tastatur des PC3x eine Fatar TP40L.
Hammermechanik-Tastaturen sind aufgrund der Konstruktion in der Regel „lauter“ als Synth-Tastaturen. Das ein Kunststoff-Gehäuse hier noch weniger dämpfend wirken wird, als ein Metall-Gehäuse sollte auch klar sein. Trotzdem sind die Vergleichswerte zum PC3x eher interessant, als zum Staubsauger. Ich habe auch „normal“ auf meiner Tastatur gespielt.
Seine Spaltmaße habe ich dann auch einem Vergleich unterzogen: Die schwarzen Tasten beim PC3x haben im Mittel ein Spiel von ca. 2mm und die Weissen von 1-2mm. Gemessen habe ich das mit einem Lineal, also keine Präzisionsmessung
Ich würde wahrscheinlich auch bei einem Test die Tastatur, das Gehäuse und das externe Netzteil bemängeln. Meine Vergleichsgeräte wären aber z.B. ein FA8 oder MODX8. Beide haben ebenfalls Kunststoffgehäuse und externe Netzteile.
Ein Test zwischen diesen drei Geräten wäre eigentlich sehr spannend, weil diese ja nun mal die momentane Mittelklasse bei den Synth-Workstations mit 88 Tasten-Hammermechanik darstellen, bei einem Preis von unter 2000 Euro.
Hier müsste man Hardware, Klangerzeugung, Gadgets und Haptik (subjektives Spielgefühl) vergleichen.
Der Amazona-Test ist für mich eher ein Beispiel für schnell mal rausgehauen.
Gruß Dennis