Dieser Allerwelts-Pop-Beat aus dem Radio - Herkunft? Lateinamerika?

Komischerweise sind viele der "Blues-elemente" sogar in mittelalterlicher Minne, oder (nordischer) Skalden enthalten.
Was findest Du daran überraschend, die Entstehung des Blues samt seiner verschiedenen Wurzeln ist musikwissenschaftlich doch längst aufgearbeitet.
https://en.wikipedia.org/wiki/Blues


W.C. Handy schrieb 1914 den ersten "Riesen-Hit" eines Blues Songs, den bis heute populären St. Louis Blues.
https://en.wikipedia.org/wiki/Saint_Louis_Blues_(song)
Man hört das europäische Erbe sehr gut im Arrangement und natürlich im Habanera-Intro (sic!).
Dieser "Groove" ist der Vorläufer unseres Themen-Rhythmus, der hier seinen Weg aus Cuba nach New Orleans gefunden hatte. Der Dembow-Clip erwähnt die Geschichte.



Gruß Claus
 
Super interessantes Thema. So wirklich darauf aufmerksam bin ich selber auf den Trend geworden, als ich im April 2018 in Zentralasien war und in einem Taxi englischsprachige Musik lief (ich vermute, amerikanische Produktionen), die allerdings sehr "orientalisiert" klang. Elektronisch, modern, aber rhythmisch und harmonisch orientalischer als das, was hier überwiegend im Radio läuft. Ich weiß nicht, ob das auf einen bestimmten, außerwestlichen Nischenmarkt zugeschnitten ist, aber als ich zurückkam, fiel mir auf, dass dieser Rhythmus ja tatsächlich auch in der hier erfolgreichen Popmusik stark vertreten ist. (Ich verpenne Trends gerne mal, weil ich kein Radio höre.)

Ich kann nichts zu dem Thema beitragen, inwieweit lateinamerikanische Rhythmen vom Ayoub beeinflusst wurden, aber interessant finde ich die Diskussion allemal :great:
 
Soweit ICH weiß (und das soll bei Gott keinen Wahrheitanspruch beinhalten) ist der Ursprung aller rhythmischen Kernelemente (Timelines, div. Bell-Patterns) die Subsaharazone Afrikas. Von dort aus traten diese Pattern ihre Reise um die Welt an, und wurden z. B. in Lateinamerika bzw. der Karibik zum Clave oder Habanera, in Südspanien z. B. zur Buleria, und im arabischen Raum zu den dortigen Rhythmen, wie z. B. Ayoub.

Aber man sollte diese Rhythmen, insbesondere die, die im obigen Tresillo-Video als Beispiele aus der Popmusik vorgestellt werden, nicht in einen Topf werfen mit z. b. dem Clave-Pattern (bzw. dessen 3-er-Seite).
Bei der Clave ist die Struktur punktierte V. - punktierte V. - Viertel quasi die rhythmische Urzelle, um die herum die ganze andere Musik rhyhtmisch herumgebaut wird.
Bei den Pop-Beispielen aus dem Tresillo-Video (und auch beim Ayoub) hingegen wird ein stampfender, überpräsenter 4-er-Bassdrum-Beat darunter gelegt, wodurch Schlag zwei des Patterns eher zu einem Vorschlag degradiert wird.
Das ist rhythmisch gesehen ein völlig anderes Erlebnis !

LG

Thomas
 
Jakari
  • Gelöscht von Claus
  • Grund: Total Off Topic
Was findest Du daran überraschend, die Entstehung des Blues samt seiner verschiedenen Wurzeln ist musikwissenschaftlich doch längst aufgearbeitet.
https://en.wikipedia.org/wiki/Blues

Das ist nicht das, was ich meine.
Ich schrieb nichts von den "Wurzeln" bzw Einflüssen, sondern von wesentlichen Musikalischen Elementen, die bereits existierten (und auch verwendet wurden), welche wie der heute bekannte "Blues" klangen.
Siehe zB Sachen eines Oswald von Wolkenstein, oder die wenigen noch bekannten Fragmente gälischer oder auch bretonischer Bardensänge.
Viele weisen die "typischen" Bluesmuster auf, ist aber kaum bekannt bzw interessierts kaum wen.

Naja, wie auch immer.

Zur Löschung des Posts darüber:

Wenn wir über die Herkunft von Rhythmen, bzw Takten usw schreiben wollen und diskutieren, ist es zielführend und themenbezogen, auch auf die Herkunft des Menschen einzugehen; ansonsten macht es keinen Sinn. Mensch und Klänge sind seit Ur-Zeiten miteinander "verwoben", sowohl "kulturell", als auch "religiös".
 
das geht auch im Metal :D (ab 5:45)
 
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die Entstehung des Blues samt seiner verschiedenen Wurzeln ist musikwissenschaftlich doch längst aufgearbeitet

Das kann man so nicht sagen. Vor gar nicht langer Zeit (2017) kam die Dokumentation "Rumble: The Indians Who Rocked The World" heraus, die auf den naheligenden Einfluss der Musik der amerikanischen Ureinwohner auf Blues und Rockmusik hinwies und hier im Forum teilweise abgelehnt wurde, weil sie altbekannten Ansichten (Vorurteilen?) nicht entsprach.
Allgemein anerkannt ist wohl, dass Blues von den Nachfahren westafrikanischer Sklaven entwickelt wurde. Westafrika stand aber schon seit Jahrhunderten unter islamischem, sprich arabischem Einfluss. 10 bis 20 Prozent der Sklaven in den USA waren ursprünglich Muslime, die oft zwangsweise christianisiert wurden. Die Welt ist klein, wir können also annehmen, dass sie Anteil an der Entstehung des Blues hatten, auch wenn das heute vergessen ist.
Es gibt einen eigenen Artikel in der Wikipedia zu den "Origins of the blues", daraus der Abschnitt zum islamischen Einfluss auf den Blues:

The historian Sylviane Diouf and ethnomusicologist Gerhard Kubik identify Islamic music as an influence on blues music.[10][11] Diouf notes a striking resemblance between the Islamic call to prayer (originating from Bilal ibn Rabah, a famous Abyssinian African Muslim in the early 7th century) and 19th-century field holler music, noting that both have similar lyrics praising God, melody, note changes, "words that seem to quiver and shake" in the vocal chords, dramatic changes in musical scales, and nasal intonation. She attributes the origins of field holler music to African Muslim slaves who accounted for an estimated 30% of African slaves in America. According to Kubik, "the vocal style of many blues singers using melisma, wavy intonation, and so forth is a heritage of that large region of West Africa that had been in contact with the Arabic-Islamic world of the Maghreb since the seventh and eighth centuries."[10][11] There was particularly a significant trans-Saharan cross-fertilization between the musical traditions of the Mabhreb and the Sahel.[11]
There was a difference in the music performed by the predominantly Muslim Sahelian slaves and the predominantly non-Muslim slaves from coastal West Africa and Central Africa. The Sahelian Muslim slaves generally favoured wind and string instruments and solo singing, whereas the non-Muslim slaves generally favored drums and group chants. Plantation owners who feared revolt outlawed drums and group chants, but allowed the Sahelian slaves to continue singing and playing their wind and string instruments, which the plantation owners found less threatening.[11] Among the instruments introduced by Muslim African slaves were ancestors of the banjo.[10] While many were pressured to convert to Christianity, the Sahelian slaves were allowed to maintain their musical traditions, adapting their skills to instruments such as the fiddle and guitar. Some were also allowed to perform at balls for slave-holders, allowing the migration of their music across the Deep South.[11]

Gerhard Kubik in der deutschen Wikipedia.

Der schwedische Jazzmusiker Gunnar Lindgren, der auch an der Musikhochschule Göteborg unterrichtete, hat in einem Aufsatz "die arabischen Wurzeln von Jazz und Blues" beschrieben. Er weist darauf hin, dass bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts schwarze Muslime mit den Spaniern in die Karibik kamen.
Es ist also gut möglich, dass dort seit einem halben Jahrtausend arabische Rhythmen bekannt sind.
 
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...die auf den naheligenden Einfluss der Musik der amerikanischen Ureinwohner auf Blues und Rockmusik hinwies...
Ich kenne die Dokumentation nicht und der Wikipedia-Artikel referiert leider kaum Inhalt.
Der Film wurde vor gut 2 Jahren auf Arte ausgestrahlt und zuletzt im Januar auf Uswnet. Über onlinetvrecorder ist er daher noch zugänglich.
Vielleicht kann ich etwas sagen, wenn ich ihn gesehen habe.

Allerdings war der Blues ein Nebenthema, das Jakai eingeführt hat. Eigentlich geht es in diesem Thread um den inzwischen allgegenwärtigen Rhythmus, der einst aus Westafrika in die Karibik kam und sowohl dort in der Popularmusik verankert wurde wie auf die nordamerikansiche und europäische Musik Einfluss nahm.

Gruß Claus
 
Nur mal so am Rande: die Mauren stammten auch aus Afrika, wenn auch aus Nord-Afrika; die arabische Sprache, der Islam und somit viele entsprechende kulturelle Einflüsse machen also grundsätzlich einen recht großen Teil der afrikanischen Kultur aus - iss ja nicht gerade ein kleiner Kontinent. ;)

...... wenn man bedenkt, dass Kolumbus sich mehr oder weniger unmittelbar nach der Vertreibung der Mauren aus Andalusien von dort aus nach Amerika verirrte, ist der exportierte arabisch/maurische Einfluss neben dem spanischen nicht wirklich von der Hand zu weisen - er findet sich schließlich auch deutlich im Flamenco wieder.

Und Sklavenhandel gab's nicht "nur" mit Menschen aus "Schwarz-Afrika" - dieses unsägliche Phänomen war weiter verbreitet, als sich manch einer denkt - es wurden auch Europäer und Asiaten auf dem Sklavenmarkt gehandelt, übrigens ebenfalls in der arabischen Welt ..... dies nur mal als Beispiel dafür, wie komplex die musikalischen und rhythmischen Einflüsse zu betrachten sind. ..... die Finnen haben schließlich auch den Tango erfunden. :D

Ich habe beim ersten Soundbeispiel auch erst mal an Reggae-Einflüsse gedacht (kommerzieller Reggae) - im Verlauf dann mehr Latin und schließlich sogar noch kommerziell türkische Beats ..... mich erinnerte das ein wenig an meine ersten Fehlversuche, auf Wunsch eines Kumpels am Computer einen türkischen Beat spontan zu basteln, da kamen zum Teil auch so seltsame Kreationen raus. .... aber das sind auch keine Rhythmen, die bei mir die Wurst vom Teller reißen und mich eher in die Flucht treiben.

Grüße - hotlick
 
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Um noch erwas Input zu geben (auch im Bezug auf mein jüngst erstelltes Thema)

Wichtig bei diesen Rhythmen ist weniger die Herkunft eines Rhythmus, als mehr die Art des Tanzes, zu dem der Rhythmus gespielt wird.
Natürlich spielt da auch Herkunft des Tanzes eine indirekte Rolle, aber hier ist weniger das Land und die Kultur ausschlaggebend, als vielmehr, wie sich die Tänzer bewegen.

Jeder, der mal eine Tanzschule gemacht hat, sollte das nachvollziehen können.
Wie in der Tanzschule. Rechter Fuß, linker Fuß, vor und zurück, hin und her, Drehung...

Die Frage ist: wenn ich mich nach rechts bewege, WANN ich mich wieder nach links bewege, und mit welchem Fuß.
Ein ungerader Takt wie 3/4 oder 6/8 macht es leicht, da der linke Fuß immer auf eine betonte Zählzeit fällt.

Bei geraden Takten ist es nicht so leicht.
Man braucht da die Betonung auf die Synkope, dem Offbeat, um die Links- bzw. Rückwärtsbewegung mit dem linken Fuß einzuleiten. Der nächste Schlag auf den Onbeat bringt dich dann wieder in den geraden Rhythmus im 1/8- oder 1/16-Feeling.

Wenn dass nicht klappt, gibt es beim Paartanz garantiert ein Tritt auf die Füße. Aber auch in einer Gruppe würde man sich ständig anrempeln, wenn dass nicht klar ist.

Die zig Formen der ebenfalls erwähnten Clave bei den lateinamerikanischen Tänzen machen nur dann Sinn, wenn man es versucht, in Tanzbewegungen umzusetzen. Die unterschiedlichsten Kombinationen der sich überlagerten Rhythmen ermöglichen unterschiedliche Moves. Die Clave syncronisiert diese und verhindert (zumeist), dass man sich dabei auf die Füße tritt.

Der oben beschriebene einfachere 332 Rhythmus in Double-Time ist eher für kleine btw. kurze Moves am Platz geeignet. (Also ideal für eine vollgestopfte Disco ;) )

Dieses sind Universalien, die überall unabhängig von der Kultur zutreffen, wenn viele Menschen miteinander (wie auch immer) Tanzen.
Es gibt garantiert Kulturübergreifende Beeinflussungen, aber man sollte sich nicht wundern, wenn man arabische, afrikanische, polinesische, indische, chinesische, europäische oder hawaiianische Rhythmen findet, die sich ähneln, oder gar gleichen.

Bestimmte Rhythmen ergeben sich zwangsläufig daraus, wie man sich natürlicherweise bewegt.

Aber da ein praktisches System für Musiker zu entwickeln (bezogen auf das Lernen) bleibt eine spannende Aufgabe.
 
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Ein ungerader Takt wie 3/4 oder 6/8 macht es leicht, da der linke Fuß immer auf eine betonte Zählzeit fällt.
das halte ich für ein Gerücht. Gerade bei ungeraden Taktarten wechseln die Füße auf den betonten Zählzeiten (du hast schließlich eine gerade Anzahl von Füßen (im Normalfall) und eine ungerade Anzahl an Schlägen). Hast du schon mal Walzer getanzt?
1 2 3 1 2 3 ...
L R L R L R ...
 
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Ja, ich habe Walzer und Wiener Walzer getanzt.

Hier macht das schließen der Füße auf der 3 das Beispiel zunichte.

Bei anderen Tanzfiguren (Wechsel von der Rechts- zur Linksdrehung) kommt es mehr zum Tragen. Dein Vorzählen zeigt eigentlich genau, was ich meine.

1 2 3
R L R
für die Bewegung nach rechts (ohne Drehung)
1 2 3
L R L
bzw.
6 7 8
L R L
für die Bewegung nach links.

Aber ich hab auch Rock'n'Roll mit dem 6er und 9er-Schritt getanzt mit unzähligen Figuren aus dem Show-Boogie zu Stücken im Straight- oder Shuffle-Feeling. Bestimmte Tanzfiguren muss man je nach Takt minimal anders tanzen.

Oder zu Country wo wir uns als Rock'n'Roller viel rudimentärer überlegt haben, was man beispielsweise zum Country-Walz tanzen kann. Sowohl als Tänzer, als auch als Randfiguren.

Hast du mal geschwommen (gekrault) oder viel mit dem Fahrad Steigungen gefahren?

R L R (Luft holen)
L R L (Luft holen)

R L R (fest treten)
L R L (fest treten)

Mein Hauptaugenmerk lag jedoch bei den Lateinamerikanischen Takten. Insbesondere die Clave 32 oder 23 und zig. Videos, die ich mir zu den Moves angeschaut habe.

Leider gibt es zu viele klassische Tänze im 4/4-Takt.
Aber wenn du mal bei einer Mittelalter-Band oder Irish-Folk-Band die Leute Tanzen gesehen hast dann sieht man es besser. (Oder tanzt es selbst ;) )
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber wenn du mal bei einer Mittelalter-Band oder Irish-Folk-Band die Leute Tanzen gesehen hast dann sieht man es besser. (Oder tanzt es selbst ;) )

Da gibts aber meistens keine wirklichen Tanz"formen", ausser vllt bei Bankett bzw. Hofmusik.

Davon ab.... Is das jetzt der Tanzkurs-thread???
 
Tanzschritte sind nur ein ineressantes Randthema, das eng mit dem Rhythmus zusammenhängt.

Aber um weider zum reinen Rhythmus zurück zu kommen, ein kleiner Input:

4kgk9u03.png

Dieser Rhythmus wird im Spanischen Tresillo genannt. Typisch für lateinamerikanische Musik ist die Pause nach dem zweiten Schag. Ich denke aber, diese Pause ist wahlweise.
Der gesuchte Rhythmus ist also ein Tresillo in Double-Time.

Eng verwandt ist dieser Rhythmus mit dem Quintillo.
300px-Cinquillo.gif


Frei übersetzt heißen die Rhythmen 3er- und 5er-Schlag.

Quelle: spanische und englische Wikipedia.
 
Auf den Tresillo kamen wir schon in Beitrag 14, mit Schlag statt Pause wird der Rhythmus zur Habanera.

Gruß Claus
 
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Den Kommentar in der Video-Überschrift habe ich (obwohl angeschaut) glatt übersehen.
"Spätzünder"
Egal, Wiederholung schadet nichts.
 
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