Hier mein Senf zum Thema Studioaufnahmen:
Die Zeitdauer zur Aufnahme von 10-12 Songs, wo Timing, Intonation und Mix passt ist nicht konkret von vorne herein festzunageln. 2 Tage sind allerdings ein Witz - mit Verlaub ..
Wovon hängt es ab bzw. wovon kann man in etwa ausgehen ...
1. Studioerfahrungen der einzelnen Musiker
Es kommen oft Themen bei den Aufnahmen hoch, die man vorher nie gehört bzw. in der Band nicht offen diskutiert wurden Z.B. teilt einem der Toningenieur eventuell mit, dass die Gitarre in den tiefen Lagen falsch intoniert (weil zum Beispiel der Sattel etwas zu hoch eingesetzt ist).
Derartiges kann ziemlich irritieren bzw. aufhalten und bis zum Abbruch von Aufnahmen führen ...
Bereits erprobte Studiomusiker mit studiotauglichem Equipment kann sehr helfen!
Bei den Gitarristen kommt immer die Empfehlung: vorab neue Saiten drauf machen und sie einen Tag einspielen.
Bei den Gitarristen empfehle ich vorab zu prüfen, ob die Gitte(n) sauber in den Lagen intonieren. Keine neuen Gitarren mitnehmen, sondern nur Giten, die man genau kennt ...
Was sehr lange aufhalten kann, ist der Gesang. Wenn der Sänger nicht sauber intoniert (wird leider oft erst bei den Aufnahmen "entdeckt"), dann kann erhebliche Nachbearbeitung der Vokalsspuren mit einem Programm wie Melodyne notwendig sein. Da kann für ca. 10 Songs schon allein ein Tag draufgehen.
Die Qulität der Sänger ist heute deutlich schlechter als vor 20 Jahren. Da konnte sich keiner erlauben mit schlechter Intonation ins Studio zu gehen und auf Korrektursioftware hoffen. Darüber hinaus waren die Preis in den Studios auch noch erheblich teuerer.
Timingsicherheit ist entscheidend (leider auch etwas, was oft erst bei Studioaufnahmen negativ zu Tage tritt). Ihr müsst Euch im Vorfeld entscheiden, ob Ihr mit Click spielt oder nicht. Beides geht. Mit Click sind aber die etwaige nachträgliche Korrekturen einfacher. Hier ist speziell der Drummer gefragt: Kann er nach Click spielen???
2. Gute Vorbereitung
Man sollte die Songs bis zum "Erbrechen" vorab im DETAIL mehrere Proben gespielt haben. Jeder sollte seinen Part morgens um 3 Uhr ad hoc abspulen können.
Diese Routine braucht man, um die ohnehin wahrscheinlichen und unliebsamen Probleme während der Aufnahmen lösen zu können, und sich dabei auf eine gewisse Routine verlassen können.
Darüber hinaus ist es auch sinnvoll vorab zu überlegen, welche Parts ich wie einspiele: als zusätzliche Take oder in einem Durchgang. Normalerweise wird versucht das Grundgerüst komplett aufzunehmen, um danach ein paar Korrekturen beim bass, Keys, etc. zu machen.
Das Timing (bpm-Rate) jedes Songs sollte im Vorfeld genau festgelegt werden. Bin einmal ins Studio mit der Band gegangen, wo der Drumwer nicht nach Click spielen konnte. Obwohl wir die BPM-Rate vorher festlegten, hatten wir danach durch die Bank weg zu schnelle Aufnahmen ... Das ist keinem während der Aufnahmen aufgefallen ...
3. Zeitlicher Ablauf
Es bietet sich an, einen halben Tag das Equipment aufzubauen und quasi in den Zustand "aufnahmebereit" im Studio zu versetzen. An diesem Tag nimmt man dann auch nicht unbedingt mehr auf. Für Vollzeitberufler bietet sich ein Start Freitag nachmittags für den Aufbau an ...
Was i.d.R. zur Vorbereitung länger aufhalten kann, sind die Drums wegen Mikrofonierung und Pegeleinmessungen. Manchmal scheppert es auch irgendwo bei den Kesselns, bzw. man muss noch etwas nachstimmen, so dass hier auch Rüstzeit anfallen kann.
Meines Erachtens kann man an den Folgetagen (ich gehe einmal von einiger maßen gut vorbereiteten Hobbymuckern aus) ca. 2-3 Songs im Grundgerüst sauber einspielen.
Grundgerüst heißt: Rhythmustruppe (Drums, Bass, R-Gitarren, R-Keys) ist aufgenommen. Bei 10 Songs kämen dann ca. 3-5 Tage für das Grundgerüst zusammen.
Danach werden die Solistenparts (i.d.R. nochmal neu) aufgenommen, d.h. sie sind zwar oft beim Grundgerüst mitgespielt, um den Songcharakter zu haben. Gitarrensolos, spezielle Overdubs, Key-Solos und VOR ALLEm der Gesang wird separat auf Basis des Grundgerüstes aufgenommen.
Je nach Qualität des Sängers kann das für 10 Songs ca. 1 - 2 Tage aus meiner Sicht zusätzlicher Zeitaufwand bedeuten. Sollte der Sänger Intonationsprobleme haben, kommt nicht unerheblich Nachberabeitungszeit durch den Tontechniker dazu. Das kann - wie gesagt - auch bei 10 Songs ca. 1 Tag ausmachen.
Nachdem die Erststimmen aufgenommen wurden, folgen die BackVocals. Hier ist weniger Zeitaufwand notwendig, weil kürzer und i.d.R. nicht so anspruchsvoll, als bei den Erststimmen. Aber auch dafür - je nach Songarrangement - kann man ca. 1/2-bis Stunde pro Songs einreichnen. Man wiederholt i.d.R. häufig diese takes ...
Nachdem alles im Kasten aufgenommen wurde, muss natürlich noch das Mixing erfolgen. Pro Song würde ich da bei einem geübten Tontechniker auch noch einmal 2-3 Stunden rechnen (wir reden ja von Hobbymusikern). Bei 10 Songs sollten das dann auch noch einmal 2-3 Tage ausmachen.
Dann kriegt die Band vom Aufnahmestudio den ersten Mix. Den hören sich alle an. Daraus folgen i.d.R. ein paar Korrekturen. Auch dafür wird noch ein halber Tag drauf gehen, der berechnet wird. Eventuell stellt sich heraus, dass einer der Solisten oder Sänger noch einmal ins Studio muss, weil bei einem Song ein bestimmter Part einfach nicht gut aufgenommen wurde.
In Summe gehe ich bei 10 Songs (Annahme: gut vorbereitete Hobbyband) dann von insgesamt ca. 8-11 Tagen berechneter Zeitaufwand durch das Studio aus.
Diese Zeitdauer kann sich jetzt natürlich (bei Vollzeitberuflern) und je nach Belegung des Studios über 2-4 Wochen verteilen.
Vielleicht ist das eine oder andere Ergänzende dabei, was Euch helfen könnte ...
Grüße aus Franken - wolbai