Es gibt grundsätzlich mehr Sustain als gute Gitarristen!
Das bringt es letztlich auf den Punkt. Die gängigen und bekannten Gitarrenkonstuktionsweisen sind auf den ersten Blick vielleicht unterschiedlich „potent“, liefern aber alle genug Sustain wenn man mit ihnen umgehen kann, weshalb sich teurere Konstruktion wie Neck through nicht, Schraubhalskonstruktionen aber sehr wohl durchgesetzt haben.
Ich weiss zu dem Thama nur eins - und das recht genau: Dass ich nix weiss.
Eine Gitarre als elektromechanischen Energiewandler zu betrachten, ist IMO doch ein Abstraktion, die schon ganz hilfreich ist, um vieles zu verstehen.
Die Theorie „bei einer Gitarre, die merklich Eigenresonanz zeigt, geht wertvolle Schwingungsenergie verloren und deshalb muss das von Nachteil sein!“ ist dabei aber nur zu kurz gesprungen!
Also bei einer Gitarre wird Bewegungsenergie, und das ist nicht (noch) die Saitenschwingung(!), sondern der Anschlag mit dem Plektrum, in elektrische Energie umgewandelt, die im Verstärker verstärkt wird.
Wie das bei der Energiewandlung immer ist, ist das mit Verlusten behaftet. Ich habe zwar keine Daten welchen Wirklungsgrad man da bei einer Gitarre erreicht, aber er dürfte grottenschlecht sein.
Beleg dafür ist z.B. das es sehr leicht möglich ist, den Wirkungsgrad spürbar zu verbessern: Einfach mal die gut klingenden PUs durch welche mit 5-facher Wicklungszahl und kräftigen Magneten ersetzen... Und wenn man das macht, verringert sich dabei noch nicht einmal spürbar das Sustain (...Stratitis ist da noch mal ein anderes Thema; sind die PU zu nah an den Magneten, führt das nicht zu wesentlich mehr Output...).
Wirkungsgrad-gesehen ist es auch die völlige Verschwendung, zwar mehrere PU in einer Gitarre zu haben und dann die ungenutzten kurzzuschließen. Aber macht ja eben alles nix, weil Input Energie ist mehr als genug da.
Also 1. Axiom der Wirkungsgrad der Energiewandlung ist eher gering. Nur ein sehr kleiner Teil der zugeführten Energie kommt am Verstärker an, aber gerade auf die kommt es an!
Was passiert aber eigentlich mit dem Rest?
Da ist IMO interessant, sich die Energiewandlung selbst und deren Bilanz zu genauer anzuschauen.
Ein spannender Punkt ist hier, dass die Bewegungsenergie (die aus dem Plek) nicht direkt in Strom umgewandelt, sondern erstmal nur auch als kinetische Energie übertragen wird —> Vom Plek auf das Instrument (als System!) und dieses System speichert zunächst mal die Energie und gibt die langsam ab. Wenn man nun wieder auf den Wirkungsgrad schaut, muss man also das Integral der Energieabgabe betrachten. Da kann langes Sustain mit wenig Pegel viel „schlechter“ sein, als wenig Nachklang, dafür aber hoher Pegel. Deshalb muss die ganz oben zitierte Theorie nicht stimmen! Wenig Energieverluste bewirken nicht zwangsläufig mehr Sustain!
Aber zurück zu den eigentlichen Verlusten. Das was nicht in elektrische Energie umgewandelt wird, wird letztlich Wärme durch Reibung und Materialverformung.
Bei der Materialverformung wird es nochmal spannend, wenn Körper in Eigenresonanz gebracht werden. Da ist der Energieverbrauch wesentlich geringer, bzw. wird auch wieder als kinetische Energie abgegeben. Eine wild schwingende Gitarre überträgt auch wieder Energie zurück auf Steg und Saiten, wodurch auch mehr und längerer elektrischer Output zustande kommt.
Daher glaube ich schon das gut resonierende Gitarre auch ein ordentliches Sustain haben können, oder sogar ein Besseres als eine komplett gedämpfte Bohle. Nur eine Garantie für eine tolle Gitarre ist das eben auch nicht.
Es sind also IMO viel mehr Einflussfaktoren denkbar als gemeinhin so betrachtet werden. Schwierig ist zu sagen, wie viel hier die unterschiedlichen Faktoren wiegen und gegenläufige Effekte können sich auf aufheben oder überlagern.