Hier kurz unsere Eindrücke:
Verpackung ist super, auspacken kinderleicht.
Sehr leicht ist er und von der Größe her auch recht handlich. Big Daddy und ich sind bei 20W eher die Größe des Fame Tube 15 gewöhnt (ca. halb so groß), aber da der Origin so leicht ist, fällt die Tatsache, dass er größer ist nicht ins Gewicht (hahaha tolles Wortspiel). Auf den Unboxing Bildern sieht man auch, dass er nicht furchtbar viel kleiner ist, als das 100W Top.
Frontplatte wirkt etwas schwach. Das Tolex ist nicht das Übliche Marshall-Tolex, sondern etwas weniger tief in der Struktur. Ich find's ok. Insgesamt sieht er gut aus, kann man nicht meckern.
Angeschaltet, der Ton war sofort da. Sehr laut, also auf 830h eingestellt, was völlig ok ist, da wir das bei unseren 100W Plexis ja auch so machen. Gecheckt wurde übrigens mit 2 Explorern und einer Paula. In allen Pickups mit 14, 15kohm an einer uralten Marshall 1960 4x12 mit 4 Eminence Private Jack Speakern.
Alles auf 12, der Ton war fast clean, allerhöchstens ein kleines bisschen angezerrt, aber minimal. Sehr höhenlastig, also Höhen und Presence runter, Tilt auf 11.00h, Gain voll auf: Klassischer Marshall JMP JTM Clean Ton, hauchfein leicht angezerrt, wie bei den ganz alten ACDC Scheiben. Sehr dynamisch, tolle Reaktion auf den Anschlag. Aber leider noch kein richtiges Flair oder Feeling.
Der Tilt Regler funktioniert ganz gut. Wer die Überbrückung des Plexis kennt, wird die Tonveränderungen sofort wiedererkennen, wenn auch nicht so deutlich ausgeprägt. Ist aber auf jeden Fall ein sehr gutes Feature, dass den Grundcharakter sehr gut von mild bis bissig regeln lässt. Allerdings klang der Amp in allen Einstellungen etwas kantig, leicht harsch. Aber das kann daran gelegen haben, dass die Speaker in der Box neu waren und der Amp natürlich auch nicht eingespielt war.
Da wir beide eher einen satten Crunch mögen, als nächstes den Gain Regler gepulled und damit den Boost activated (konjugierte deutsche Verben werden übrigens überschätzt). Ich nenn es mal einen leichten mittleren Crunch, sehr im Vintage Bereich von der Menge der Zerre her. Aber normalerweise spielen Big Daddy und ich gerne mit sattem Crunch, vielleicht nennen das einige auch schon Overdrive.
Daher haben wir als nächstes die Leistung auf die niedrigste Stufe reduziert und Master aufgedreht in der Hoffnung, dass wir über die Endstufe mehr Zerre dazu bekommen. Leider wurde der Ton dadurch für unsere Ohren topfig und mulmig. Die niedrigste Leistungsstufe haben wir später noch 2x probiert und die gefiel uns überhaupt nicht. Man kann zwar den Master Regler sehr weit aufdrehen, aber es klingt halt nicht für uns. Und ob der Masterregler jetzt auf 12 oder 8 Uhr steht für die selbe Schlafzimmer Lautstärke ist mir wurscht. Daher kamen wir zu dem Schluss, dass die Leistungsreduzierung keinen positiven Mehrwert für uns bietet, da der Master so sehr gut funktioniert, dass sich auch ohne Leistungsreduzierung alles sehr leise spielen lässt. Wirklich schlafzimmer-leise.
Wir haben dann noch viel ausprobiert, aber unser Wunsch nach mehr Zerre ließ sich nur mit Boostern realisieren. In unserem Fall TC Spark Mini und Tube Factor von Hughes & Kettner. DANN allerdings geht die Sonne auf: Der Amp wird viel, viel größer, erwachsener, viel mehr Bottom End. Da ist er, der klassische Marshall Rockton, der total losgeht.
Fazit: Ordentlicher spartanischer Amp. Eher One Trick Pony als variabel. Er kann von flüsterleise bis extrem laut, wirklich extrem. Der Ton ist etwas, kantig, hart. Jetzt nicht extrem, aber so ein richtiges Vintage Mojo wie bei einem alten von Acy gewarteten Plexi, den wir unfairerweise immer als Referenz dagegen gespielt haben, kommt nicht auf. Einen Vergleich mit dem Friedman Pink Taco braucht man gar nicht erst probieren, da liegen Welten dazwischen, aber der PT klingt halt anders und kostet fast das 3fache.
Aber aktuelle Rocktöne sind mit einem Booster davor gut zu produzieren. Ohne Booster war er uns deutlich zu schwachbrüstig, sowohl was Zerrgrad als auch was Tonentfaltung angeht. Aber da wir beide fast immer mit Booster spielen, wäre das für uns kein Problem. Für den Neupreis ist der Amp völlig in Ordnung, aber jetzt auch nicht der totale Geheimtipp. Als B-Ware lag er bei 509.-, das ist schon recht günstig. Es ist ein fairer Deal im mittleren Segment was den Ton angeht.
Wer die Fettheit eines 100W Tops oder die Tonentfaltung eines Friedmans, Bogners etc. sucht, wird hier nicht fündig. Wer einen gut zu variierenden Marshall Ton mit leichtem Crunch, der zwar immer etwas kantig ist aber sowohl sehr leise als auch sehr laut kann und der mit Booster davor richtig gut abrockt zu einem fairen Kurs sucht, wird hier gut bedient. Der Amp wäre für unsere Rockband von der Lautstärke mehr als ausreichend.
Alternative: Der Fame Tube 15 ist kleiner, rotziger, variabler (viel cleaner und viel mehr Zerre möglich), vom Ton her ähnlich und kostet gebraucht so um die 150.-.
Am Wochenende werde ich noch mal zu Hause an meiner 1x12 TTC Box mit einem eingspielten WGS ET90 Speaker vergleichen. Möglicherweise passt das ja vielleicht besser zum Amp und er blüht er an dieser dann doch völlig anderen Box mehr auf. Werde ich noch nachreichen.
So Long, das war's erst mal aus Grossostheim Rock City....
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Okay, hier ist der Nachtrag. Habe ihn also heute Morgen, gesagt getan, an der kleinen Box getestet. Um es kurz zu halten, die Eindrücke sind im Grunde genommen die Gleichen. Allerdings scheint er mir tatsächlich an einer kleinen Box besser zu harmonieren, das kantige ist nicht ganz so ausgeprägt. Auch hier wieder ließ er sich mit einer Telecaster ohne Booster nicht zum Zerren bringen. Kurz auf Lautstärke getestet und es zeigte sich auch hier wieder, wie brachial laut er sein kann. Aber auch leise geht sehr gut: An der kleinen Box war er bei Master auf 930h quasi auf Schlafzimmer Lautstärke.
Insofern bestätigt sich auch an der kleinen Box, dass es ein ganz guter Amp zu einem fairen Kurs ist. Aber sicher kein Schnäppchen oder gar Geheimtipp oder Preis-Leistungs-Sieger. Der geht in Ordnung, mehr aber auch nicht.