Lieber Bernd,
Es nützt nix.
Solch persönliche Meinungen vieler völlig verschiedener Spieler mit so unterschiedlichem Hintergrund, aktuellen Fähigkeiten und künftigen Zielen können kaum eine adäquate Beratung sein.
Selbst wenn sich statistische Tendenzen ausmachen lassen, die sogar in Zusammenhang mit Deinen Zielen stehen, sollte das keinen Ausschlag für Deine Entscheidung geben. Denn Du bist Du und kein Fall hier wird Deinen genau, wahrscheinlich nicht einmal ähnlich treffen.
Glaub mir.
Trotzdem hier ein Beispiel über das ich selbst schon mal berichtete und das mich selbst nicht gerade glücklich macht.
Ein etwa 60 jähriger Schüler fand mich übers Netz und kaufte sich VOR unserem ersten Kontakt ein Knopf-Roland und schraubte sich B Griff zurecht.
Sein Ziel: wenn dann gleich richtig.
Das fand ich sehr beeindruckend und natürlich angenehm für mich, denn so konnte ich optimal helfen.
4 Monate machte er rasante Fortschritte, meckerte 2 bis 3 mal darüber, wie schwer es ihm fällt. Daraufhin eröffnete ich (glaube ich zumindest) einen Faden und sammelte Erfahrungen mit dem Umstieg, die ich ihm präsentierte.
Daraufhin kam wirklich selten noch ein Widerwort, er sah ein dass 40 Jahre Erfahrung nicht in 4 Monaten aufgeholt werden können. Schon garnicht mit 60.
Ich lobte ihn sehr und zwar zurecht, denn es grenzte an Wahnsinn was seine Fortschritte betraf.
Ganz plötzlich hielt er dann doch ein akustisches Tastenakkordeon in den Händen und gab mir zu verstehen, dass ihm Blattspiel und schnelles Erlernen oder spontanes Spielen wohl wichtiger wäre als virtuoses Spiel.
Schock für mich.
Er behauptete, dass er die gleichen Stücke in null Komma nichts auch auf Tasten können würde, er müsste da überhaupt nicht nachdenken.
Ich wusste dass das nicht so sein wird und tatsächlich. Er spielte sie zwar eine Woche später aber es klang nach Pfusch.
Nun gut, nach seinen überzeugenden selbst getroffenen Entscheidungen ohne Beratung einzuholen, konnte ich nicht viel machen.
Mit seiner jeweiligen Begründung hat er ja auch recht gehabt. Geht es ihm um die eine Sache, stimmt seine Entscheidung. Geht es um die andere stimmt seine Entscheidung auch.
Leider sind die Ziele aber auch nicht zu jedem Zeitpunkt immer ganz klar.
Inzwischen wird er für Kirchenkonzerte gebucht und bereut aktuell doch wieder, dass er nicht mehr Knopf spielt.
Fakt ist, dass ich bei Stücken wie Säbeltanz, Indifference und anderen einigermaßen virtuosen Sachen auch phrasierungs- und artikulationstechnisch bei weitem nicht so viele Tipps geben kann und dass ich mit für meine Begriffe schlampiger kompromissbehafteter Spielweise Leben muss.
Bitte - nicht dass mich die Tastenspieler jetzt köpfen... so allgemein ist das nicht gemeint. Ich hoffe ihr kennt mich inzwischen gut genug um zu wissen, dass ich Knopf oder Taste nur als Mittel zum Zweck sehe und dass auf beiden Systemen wunderbare Musik gemacht werden kann. Es gibt Vorzüge hier wie da.
Aber im vorliegenden Fall spürte ich sofort, dass mit dem Systemwechsel auch eine gewisse Ordnung einherging, die mit der Frische des Neuen zu tun hatte.
Auf Tasten ist ihm scheinbar alles klar, es gibt nichts zu überlegen, verschiedene Möglichkeiten sowieso kaum. Man ist schnell fertig, das hat was
- macht ja auch Spaß.
Vor einigen Wochen schwor er noch auf den akustischen Klang, wie warm und weich sein Italiener ist.
Jetzt freut er sich gerade wieder an der exakten Ansprache seines Rolands - welches er übrigens von Knopf auf Taste umtauschte...
Naja.
Wie gesagt. Es führt zu nix.
Du allein musst entscheiden. Und zu viele Fragen sind manchmal nur im Weg.