Können Computer komponieren?

  • Ersteller blechgitarre
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In dem von mir oben verlinkten Vortrag auf ard alpha (hat sich vermutlich niemand reingezogen), weist Mutschler auf einen mir völlig einleuchtenden Umstand hin, nämlich, dass Rechner immer nur vergangenheitsorientiert sein können. Es wird aus bereits existierenden Material eine Analyse erstellt und darauf beruhend "neue" Kombinationen ausprobiert. Innovativ können Rechner (noch) nicht sein. Sie arbeiten auf der Grundlage von deduktiver Logik - und darin sind sie wohl auch sehr gut.
Aber auch wenn Maschinen mittlerweile eine gewisse Autonomie (Autonomie im Sinne von: auf dem Weg zu einem vorgegeben Ziel, selbständig Hindernisse überwinden), fehlt ihnen doch eine ganz entscheidende Fähigkeit, nämlich Empathie.

Hab ich mir reingezogen, ich will ja was dazulernen hier:D
Ein Computer, der Bach studiert hat kann natürlich immer nur Bach, wenn er nach 10 Jahren Rechnen plötzlich einen neuen Stil findet und wie Mozart klingt wäre das nocheine ganz andere Sensation.
 
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Die Threadüberschrift war ja nicht, ob Computer "genial" komponieren können, sondern, ob sie komponieren können. Und wenn man sich mal die Menge der heute komponierten Stücke ansieht/anhört, dann dürfte dies gut möglich sein: Filmuntermalungen, Werbejingles, ... Das geht gerade auch durch die Vergangenheitsorientierung, weil derartige Musik ja in der Regel bewusst an Hörerfahrungen anknüpfen soll.

Die "Mittelmäßigkeit" vieler Tätigkeiten, die von Menschen ausgeführt werden, auch von vermeintlich "kreativen" Tätigkeiten, ist schon immer ein Trigger für deren Automatisierung gewesen.

Und so lange die Leute damit zufrieden sind (der Hinweis darauf, dass auch Hören gelernt werden muss, kam ja auch), passt das auch :-/
 
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Ich bin entsetzt! Das wäre ein Welt, in der endgültig das Prinzip des "likens" à la Facebook und co die Oberhand gewonnen hätte und nur diese allen sagen würde, wo es lang geht. Paradoxe Welt, in der die Bevormundung aller gerade dadurch funktioniert, dass der Mehrheit nach dem Mund geredet wird. Denn gut verkäuflich ist ja nur, was der Mehrheit gefällt. Der Totalitarismus der Facebook-Welt ist ihre total kommerziell durchgestyltes Ausrichtung.
Ja, so wäre das. Was ist daran falsch? Ist vermutlich genau das was Mainstream-Marktanalytiker machen. Wenn man ein ausgefallendes Genre dem Computer beibringen möchte, muss man ihm halt ein entsprechendes Zielpublikum (Randgruppe) hin stellen, dann lernt er auch das, was dieser eher exotischen Zielgruppe gefällt.
 
Ja, so wäre das. Was ist daran falsch? (...)
Aber Zelo, wo bleibt Deine Bildung? Man kann doch nicht allen Ernstes fragen, was am Untergang der Vielfalt so schlimm wäre? @LoboMix hat doch in seiner Bescheidenheit auch nur die ersten Vorboten benannt. Die Konsequenz wäre nämlich schlicht der Untergang der Zivilisation. Keine Bildung, one-size-fits-all, Uniformität und tatsächlich Totalitarismus. Demokratie Auslaufmodell und adé. Wenn Du Dir mal vor Augen halten willst, wie so etwas aussehe, dann besorge Dir mal den Film "Brazil" und schau auch gleich nochmal nach "Soylent Green". Die Akzeptanz der Mittelmäßigkeit führt zur Dominanz der Mittelmäßigkeit. Da wir ohnehin schon der Mittelmäßigkeit freie Bahn verschaffen, sei es, indem wir (die Menschen) eine Politik zulassen, die auf Kurzsichtigkeit setzt - ich will jetzt nicht weiter ausholen, weil das das Thema sprengen würde - oder auch Mainstream-Musik hofieren, der die Kreativität beinahe vollständig abhanden gekommen ist, wäre zwar der Einsatz von Computern zur Komposition möglich, aber es führt im weitesten Sinne des Wortes kulturell und zivilisatorisch in eine Sackgasse, nein, sogar zum Exodus des menschlichen Geistes.
 
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Aber Zelo, wo bleibt Deine Bildung?
Äähmm du magst in einigen punkten recht haben, trotzdem läuft die ganze Wirtschaft in genau diese Richtung. Das muss man weder gut noch richtig finden. Man will die grosse Masse mit den Produkten ansprechen. Wer nur Nieschenprodukte herstellt, wird nie Marktführer.

"Der mensch" schärt sich sehr wenig darum was morgen ist, er will heute viel verdienen.

Ein Computer hingegen, könnte hochrechnen was morgen passiert. Das emotionslos. Der wird sich nicht sagen: "egal was meine handlungen morgen auslösen, ich werds nicht mehr erleben, nach mir die sintflut"
 
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Ob es so enden wird .. ?



:D
 
(...) Man will die grosse Masse mit den Produkten ansprechen. Wer nur Nieschenprodukte herstellt, wird nie Marktführer.
"Der mensch" schärt sich sehr wenig darum was morgen ist, er will heute viel verdienen.

Das sind zwei Aspekte, die Du hier ansprichst.
1. Will ich "Marktführer" werden? (Warum sollte ich? Marktführer ist man nur in kommerzieller Hinsicht. Ich habe zwar auch nicht viel Geld, aber den Mammon erhebe ich nicht zum Ziel meines Schaffens und Sehnens.)
2. Nein, "der Mensch" mit Weitsicht ist fantasiebegabt und begreift, dass es Wichtigeres als ihn selbst gibt. Kollege @mjmueller hat weiter vorne einmal gesagt, dass der Mensch im Gegensatz zum Computer Empathie besitzt oder besitzen kann. Die Fähigkeit zu Emotion und Empathie hat aber die Menschheit seit ihrer Entstehung gesichert, Sozialverhalten gefördert und (Hoch-)Kultur hervorgebracht. Derlei geht Computern völlig ab. Es sind nur Werkzeuge, die ggf. den Massenmarkt befriedigen und steuern können. Eine Fortentwicklung kultureller Errungenschaften ist daher m.Mng. ausgeschlossen. Das betrifft auch die Musik und Komposition, was ja Thema hier ist.
 
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Ich war heute mitem Handy unterwegs, daher nur kurz ausgeholt, jetzt hab ich etwas mehr Zeit.

Du legst mir paar Dinge in den Mund die ich so nie gesagt habe.
-Ich hab zB nie gesagt, dass ein Computer eine Hochkultur hervorbringen kann.

Im Eröffnungspost gehts darum ob ein Computer komponieren kann oder nicht. --> Das kann er, das beweisen die zwei verlinkten Beispiele. (Wie gut er das kann, ist ein anderes Thema)

Diese Beispiele klingen sehr bescheiden. Warum?! Weil Null Dynamik. Velocity 127 immer schön einheitlich, und Dosenmusik die schrecklicher nicht klingen könnte. Heute gibts bessere Softwareinstrumente, und JEDE DAW hat ein besseren Humanizer. So gesehen sind diese zwei Beispiele wohl von jemandem veröffentlicht worden, der den Computer mit absicht scheitern lassen wollte. Vor 30 Jahren war der Klang eines Gameboys fast so gut wie diese zwei Beispiele. Das geht wesentlich besser heute.

-Mich würde mal interessieren wie Bach oder Vivaldi klingt, wenn man ein popliges Softwareinstrument nimmt, die Velocity immer auf 127 belässt, und alles immer absolut im Takt ist. Vermutlich würde das genau so bescheiden klingen wie die zwei Beispiele.

-Ebenso würde es mich mal interessieren, wie die zwei Beispiele klingen würden, wenn da ein professioneller Dirigent und echte Musiker dieses Stück gespielt hätten, anstelle eines billigen Softwareinstruments.

-Noten werden komponiert. In meinen Augen ist das noch keine Musik. Die Noten lassen dem Dirigenten und den Musikern viel Spielraum zum interpretieren. ZB über die gespielte Dynamik entscheidet der Dirigent, nicht wirklich der Komponist.

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Dass ich den Marktführer noch ins Spiel gebracht hab, hat folgenden Grund:
Er verkauft am Meisten. Auch wenn Musiker wie du und ich sowas nicht gerne hören, spricht diese Art von Musik sehr viele Leute an. Das spricht für diese Art von Musik, auch wenn du es so darstellst, als wäre diese Musik unser aller Untergang.

Solange Musik von Menschen gehört wird, bleiben die Geschmäcker verschieden. Daran kann auch ein Computer nichts ändern. Angebot und Nachfrage --> Auch exotische Musik wird nicht aussterben, solange es Leute gibt, die sie mögen. Das finde ich jetzt ziemlich an den Haaren herbeigezogen, dass sowas den Weltuntergang herbeirufen sollte. Der Marktführer wird nie ein Monopol hinbekommen, sodass nur noch eine Musikrichtung existiert.. Musik wird nicht von Computer gehört. Der Konsument bleibt Mensch. Mit Gefühlen, Individualität und Verstand. Egal ob die Musik von einem Menschen oder einem Computer komponiert wurde. Der Mensch wird das hören was ihm gefällt.

Die gleiche Musik, löst bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Emotionen aus. Würden alle Menschen gleich empfinden, wäre es eine Leichtigkeit einem Computer unsere Gefühle beizubringen. Das bedeutet aber auch, dass die Musik von grossen Namen wie Bach oder Vivaldi, einigen Menschen überhaupt nicht zusagt. Sie nichts dabei empfinden, oder ganz andere Empfindungen haben, als der Komponist eigentlich ausdrücken wollte.

Man darf auch nicht vergessen, dass Bach oder Vivaldi absolute Ausnahmetalente waren. Einer aus einer Milliarde. Nicht jeder Mensch kann das.

Wieviele Menschen gibt es die es besser können als der Computer? Also ich gehör mal bestimmt nicht dazu:D
 
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Im Eröffnungspost gehts darum ob ein Computer komponieren kann oder nicht. --> Das kann er, das beweisen die zwei verlinkten Beispiele. (Wie gut er das kann, ist ein anderes Thema)

Diese Beispiele klingen sehr bescheiden. Warum?! Weil Null Dynamik. Velocity 127 immer schön einheitlich, und Dosenmusik die schrecklicher nicht klingen könnte. Heute gibts bessere Softwareinstrumente, und JEDE DAW hat ein besseren Humanizer. So gesehen sind diese zwei Beispiele wohl von jemandem veröffentlicht worden, der den Computer mit absicht scheitern lassen wollte. Vor 30 Jahren war der Klang eines Gameboys fast so gut wie diese zwei Beispiele. Das geht wesentlich besser heute.

-Mich würde mal interessieren wie Bach oder Vivaldi klingt, wenn man ein popliges Softwareinstrument nimmt, die Velocity immer auf 127 belässt, und alles immer absolut im Takt ist. Vermutlich würde das genau so bescheiden klingen wie die zwei Beispiele.

-Ebenso würde es mich mal interessieren, wie die zwei Beispiele klingen würden, wenn da ein professioneller Dirigent und echte Musiker dieses Stück gespielt hätten, anstelle eines billigen Softwareinstruments.







-Ebenso würde es mich mal interessieren, wie die zwei Beispiele klingen würden, wenn da ein professioneller Dirigent und echte Musiker dieses Stück gespielt hätten, anstelle eines billigen Softwareinstruments
Dass ich den Marktführer noch ins Spiel gebracht hab, hat folgenden Grund:
Er verkauft am Meisten. Auch wenn Musiker wie du und ich sowas nicht gerne hören, spricht diese Art von Musik sehr viele Leute an. Das spricht für diese Art von Musik, auch wenn du es so darstellst, als wäre diese Musik unser aller Untergang.

Wer ist der Marktführer?
 
Wer ist der Marktführer?
Das war ein fiktives Beispiel, da ein Musikmonopol angesprochen wurde, was den Untergang unserer Zivilisation herbeirufen sollte.

Meine Kernaussage ist nicht ganz einfach zu erklären^^ich versuchs mal so (ich schreibs etwas überspitzt):
Jemand der anstrebt Marktführer zu sein, bzw "die grosse Masse" ansprechen will, und das auch schafft, mag wohl das Geld im Vordergrund stehen --> emotionsloser Geschäftsmann. Die Songs können durchaus Emotionen beinhalten, die jedoch vorgegaukelt sind, vom Marktstrategen analisiert, was genau bei der "grossen Masse" Emotionen auslöst. Das sind nicht die Emotionen der Komponisten, sondern das ergab eine Studie. Die Verkaufszahlen von solcher Mainstreammusik sprechen jedoch eine deutliche Sprache. Die Musik scheint "gut" zu sein.

Dieses Vorgehen ist nicht mehr weit davon entfernt dem Computer die Marktanalyse und die Komposition ganz allein zu überlassen.

PS: Für die, die es noch nicht wussten: Computer können auch ziemlich erfolgreich Partner vermitteln. Gefühlswelt pur^^. Viele Leute schenken einem Computer ihr ganzes Vertrauen bei der Partnerwahl, verlieben sich und werden glücklich. (oder auch nicht:D ) Warum sollte das nicht auch bei Musik funktionieren?

..und Google kennt mich besser als ich mich selbst kenne:D
 
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(...) Du legst mir paar Dinge in den Mund die ich so nie gesagt habe. (...)
Das stimmt. Das hast Du auch nicht gesagt. Und ich habe auch nicht gemeint, Dir das in den Mund zu legen. Ich habe nur die Konsequenzen aufgezeigt. Weit in der Zukunft liegende, selbstverständlich, aber dennoch ermöglicht durch das Primat des heutigen Mittelmaßes. Ich meine, wenn man also ein Werkzeug einsetzt (Computer als Komponist), das sich nicht an der Exzellenz des überhaupt Menschenmöglichen orientiert, sondern andere Prioritäten verfolgt (Gewinnmaximierung, Marktherrschaft, etc.), kann es sein, dass diese Faktoren durch die Priorisierung auch erreicht werden, aber leider eben auf Kosten der Exzellenz, d.h. das Ergebnis kann bestenfalls nur Mittelmaß sein.

Nochmal ein Gedanke zu dem Punkt "Emotion", dessen ein Programm oder Rechner nicht fähig ist. Emotion macht sich ja nicht nur am (+/-) oberflächlichen Auseinanderhalten von Sympathie oder Antipathie fest, wie sie vielleicht ein Rechnersystem durch Gesichtserkennung oder noch fortgeschrittenere Methoden erfassen könnte, sondern Emotion umfasst auch Begrifflichkeiten wie 'Hoffnung'. Wie soll ein Rechner jemals verstehen können, was das ist und impliziert? Ich wiederhole mich vielleicht, aber durch die Abwesenheit von Fähigkeiten zur Emotion oder gar zur Empathie kann ein Rechner niemals die Größe der Klassiker erreichen. Natürlich kann man das Auswürfeln neuer Kombinationen von Tönen, Tonfolgen, Pausen, Dynamiken oder Instrumenten auch als Komposition deklarieren - aber dann müsste man auch ein beliebiges dudelndes Kind als Komponisten bezeichnen, was der Begrifflichkeit von Komposition nicht wirklich gerecht wird, oder?

So, und jetzt nehme ich mich ein bißchen zurück und überlasse die Bühne gerne auch noch anderen Kommentatoren und Kollegen hier. ;)
 
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Also, falls es einmal soweit ist ... nein, W E N N es einmal soweit ist, daß der Computer nicht nur langweiliges Zeug im Stile Vivaldis, Tokio Hotels oder der Rolling Stones hervorbringt, sondern Musik, die mich wirklich staunen läßt, dann würde/werde ich zumindest diese Musik gerne hören und konsumieren.

Augenscheinlich ist es (noch) nicht soweit.

Im übrigen halte ich das "Gerede" von den ach so menschlichen Emotionen für reichlich übertrieben ... letztlich folgt auch der (genial) komponierende Mensch (nur) einem Algorithmus in seinem Hirn. Aber halt einem, der so phantastisch programmiert ist, daß er auch die Möglichkeit für Unerwartetes impliziert ...

LG
Thomas
 
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Unerwartetes oder im Kontext Überraschendes ist das auf was wir hoffen wenn wir gute Musik hören wollen und nicht nur Gebrauchsmusik (Fahrstuhl... Supermarkt...Kuschelrock...gute Laune Mucke etc. etc.). Sei es neues Riff bei zeitgenössischer Popmusik, neue Wendungen bei Neuer Musik, sei es klassische Musik die wir noch nicht oft gehört haben oder deren Überraschungen oder Komplexitäten sich erst beim mehrfachen Hören so richtig erschliessen usw. Wir langweilen uns schnell weil wir Muster sehr schnell erkennen.

Wenn ich mir so die Popmusik der letzten Jahre anschaue, so werden Arrangements oder bestimmte Tricks nach einem erfolgreichen Lied von vielen anderen nachgeahmt. Erfolg hat, wer dann noch vorne dabei ist. Der Rest stürzt ab in Langeweile. Ich kann das nur dem Phänomen nach beschreiben da ich kein Musiktheoretiker bin.
Grund hierfür ist vielleicht, dass vor allem Popmusik (aka populäre Musik) assoziativ (mit dem eigenen Leben) konnotiert ist. Hat mir eines gefallen (warum auch immer) schenke ich ähnlichen Liedern vielleicht mehr Wohlwollen.

Chance und Fluch für Computer zugleich. Mach das mal in kurzer Zeit nach.
 
Hallo zusammen,
interessante Diskussion, auf die ich eher zufällig gestoßen bin, weil ich (1) mangels fachlicher Expertise eher selten in diesem Sub-Forum unterwegs bin und (2) trotzdem manchmal über meinen Tellerrand hinaus schauen möchte und daher immer wieder mal "Neue Beiträge" anklicke.

Meine Gedanken dazu:

1. Ausgangsfrage: Können Computer komponieren? Klischemäßige Juristen-Antwort: Es kommt darauf an! Werbe-Jingles, Fahrstuhlmusik, Telefonwarteschleifenmusik, Techno, etc.: Vermutlich schon. Die Komplexität ist nicht so hoch. (Techno-Fans, bitte verzeiht mir). Musik, von der man in ein paar Jahrhunderten immer noch schwärmt aufgrund der Genialität: Wohl eher nicht. Ein Computer kann vielleicht herausragende Gitarrenmusik komponieren, aber wäre er auf die Idee gekommen, Rückkopplungen mit der E-Gitarre bewusst als Stilmittel einzusetzen oder die Gitarre bei laufendem Konzert anzuzünden? Bei einigen Beiträgen kam es schon durch: Viele Komponisten (bzw. auch andere Künstler), die man ob ihrer Genialität rühmt, haben bewusst bestehende Regeln gebrochen. Das macht es m.E. aus.

2. Parallelen zur Realität: Facebook- und Youtube-Likes, ebenso wie andere Bewertungs- und Selektionssysteme der "Neuen Medien" bringen uns immer mehr dazu, dass wir mehr von dem präsentiert bekommen, was wir schon kennen und mögen. Auf der Basis wäre ein Computer als Komponist vermutlich in der Lage, die meisten Menschen in dieser Hinsicht zufriedenzustellen. Ein ähnliches Phänomen kommt mir aus meiner Jugend in den Sinn: Die Musik von Modern Talking hätte wohl auch ein Computer komponieren können. Klingt immer gleich. hatte aber offensichtlich monetär Erfolg. Aber Dieter Bohlen ist ja auch kein Musiker, sondern Betriebswirt, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Da ist die Zielsetzung schon nachvollziehbar ;-)

3. Hier kam mir bei meinen Gedankensprüngen auch das Buch "Qualityland" von Mark-Uwe Kling in den Sinn. Was würde es bedeuten, wenn wir Menschen wesentliche Entscheidungen und Tätigkeiten an Computer übertragen? Sogar solche, die eigentlich mit der menschlichen Kreativität intensiv verknüpft sind? Ich fand das Buch zum Teil witzig, aber auf der anderen Seite auch erschreckend nah an einer nicht unmöglichen zukünftigen Realität.
 
Ich meine, wenn man also ein Werkzeug einsetzt (Computer als Komponist), das sich nicht an der Exzellenz des überhaupt Menschenmöglichen orientiert, sondern andere Prioritäten verfolgt (Gewinnmaximierung, Marktherrschaft, etc.), kann es sein, dass diese Faktoren durch die Priorisierung auch erreicht werden, aber leider eben auf Kosten der Exzellenz, d.h. das Ergebnis kann bestenfalls nur Mittelmaß sein.
Ich versteh genau was du meinst. Aber wie definiert sich "Qualität"? Für den Einen sind es die Verkaufszahlen, für den Anderen ein komplexes Kammerorchester im 7/13tel Takt, wieder ein anderer möchte gerne nen krassen Hip Hop Beat.

In der Kunst, lässt sich mMn nicht definieren, was Qualität ist. bzw darüber lässt sich streiten. Die einzige Zahl die etwas konkretes über die Qualiät des Produktes aussagt, ist der Preis den jemand bereit ist dafür zu bezahlen..

aber dann müsste man auch ein beliebiges dudelndes Kind als Komponisten bezeichnen, was der Begrifflichkeit von Komposition nicht wirklich gerecht wird, oder?
Nein, das sehe ich nicht so. Ein Computer hat eine grosse Datenbank an Musiktheorie intus, das Kind nicht. Bis das Kind all diese Theorie gebüffelt hat, ist es Erwachsen.
 
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Was würde es bedeuten, wenn wir Menschen wesentliche Entscheidungen und Tätigkeiten an Computer übertragen? Sogar solche, die eigentlich mit der menschlichen Kreativität intensiv verknüpft sind? Ich fand das Buch zum Teil witzig, aber auf der anderen Seite auch erschreckend nah an einer nicht unmöglichen zukünftigen Realität.

Es ist eigentlich relativ egal, ob wir die Entscheidung einem Computer übertragen oder "nur" einem Menschen, der ein starres Regelwerk ("qualitätsgesicherte Prozesse"...) befolgt. Die Algorithmisierung ist der Kern der Änderung, nicht der Computer. Der kann nur schneller (was natürlich zu ganz neuen Anwendungsfällen führt). Da ist es dann auch egal, ob es die Medikamentenverabreichung, die Prüfung der Steuerunterlagen oder aber der regel(ge)rechte vierstimmige Satz algorithmisiert wird.
 
Können Computer komponieren?
Ich finde die Fragestellung schon mal gar nicht so interessant: Als musizierender Mensch möchte ich mich ja - z.B. als Interpret klassischer Werke - mit den musikalisch-geistigen Errungenschaften anderer Menschen auseinandersetzen, nicht mit den Erzeugnissen von programmierten oder sich selbst programmierenden Maschinen.

Genauso möchte ich mich z.B. hier im Forum mit den Gedanken anderer Menschen auseinandersetzen, wenn ich etwas schreibe. Sobald ich bemerke, daß ihr da draußen in Wirklichkeit nur mit Antwortalgorithmen programmierte Computer seid, die mir Antworten vorgaukeln, bin ich hier raus. :D Ihr seid doch echte Menschen, oder? :hail:

Viele Grüße,
McCoy
 
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Ihr seid doch echte Menschen, oder?

Nein. Oder vielleicht simuliere ich nur einen Bot.

Ok, zum Thema:

Ich finde die Fragestellung schon mal gar nicht so interessant: Als musizierender Mensch möchte ich mich ja - z.B. als Interpret klassischer Werke - mit den musikalisch-geistigen Errungenschaften anderer Menschen auseinandersetzen, nicht mit den Erzeugnissen von programmierten oder sich selbst programmierenden Maschinen.

Hmm ja, früher war die Komposition dafür gedacht, ausschließlich durch den Komponisten und / oder andere Musiker *live* aufgeführt zu werden. Das hat sich für das "Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" (Walter Benjamin) geändert. Viele Komponisten komponieren eben nicht für "unsereins", sondern für die technisch vermittelte Reproduktion. Von irgendwas müssen die ja auch leben.
 
Viele Komponisten komponieren eben nicht für "unsereins", sondern für die technisch vermittelte Reproduktion.
Das ist ja egal. Ich kann mich ja als Mensch (muß ja nicht immer als Interpret sein, kann auch einfach als Hörer sein) auch mit der technisch vermittelten Reproduktion des Werkes eines anderen Menschen auseinandersetzen. Nur verspüre ich wenig Lust, mich mit einer rein maschinellen Produktion zu beschäftigen. Da fehlt gewissermaßen die Erotik.
 
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War viel los hier, ist ja auch ein interessantes Thema. Da es schon spät ist, hier aber nur ein paar Anmerkungen in aller Kürze.

wo bleibt Deine Bildung?
"Bildung" ist das Stichwort. Wenn mir der Computer immer neue Varianten vorspielen würde wie es weiter oben beschrieben wurde, bis ich zufrieden bin, hätte ich dann wirklich eine Möglichkeit, etwas Neues kennen zu lernen? Ich könnte ihn ja immer wider korrigieren, bis ich zufrieden bin. Wenn ich aber bis dahin noch nie eine Fuge gehört hätte und selber nicht auf die Idee einer Polyphonie käme, würde ich dann jemals eine Fuge hören nach diesem Feed-Back-Korektur-System? Wenn die Algorithmen Musik à la H. Fischer als marktbestimmenden Mainstream identifiziert hätten und mir zunächst nur diese Musik zu hören gäben, wie viele Durchläufe und Metamorphosen würde es brauchen, bis ich auch nur ein Stück im Stil und in der Qualität eine Fuge aus dem Wohltemperierten Klavier heraus bekäme oder so etwas wie den Schlusssatz von Mozarts Jupiter-Sinfonie?
Nein, das würde wohl so nicht klappen. Außerdem wäre das das Prinzip des digitalen Musik-Lieferanten als reinen Dienstleister, der mir zu Gefallen liefert nach meinem Gusto. So weit, so gut. So weit, so schlecht.
Komponisten haben zwar seit eh und je Auftrags-Kompositionen angefertigt (so ist auch das Mozart´sche "Requiem" entstanden), aber nicht eigentlich nach wirklich strukturell-musikalischen Vorgaben des Auftraggebers. Sondern diese haben die Komponisten beauftragt, weil ihnen deren Musik zusagte und ihnen in der konkreten Ausgestaltung stets freie Hand gelassen. Wie hätte es auch anders sein sollen, wenn diese von Komposition doch nichts verstanden?

Anders herum wird ein Schuh daraus! Ich will mich mit Stücken auseinandersetzen, die mich heraus fordern, die mich vielleicht verstören, die mir ein "geistiges Futter" bieten. Ich verlange vom Komponisten fachliche Expertise, die ihn befähigt, mir etwas vorzusetzen, auf das ich selber nicht gekommen wäre. Ich kann das dann mögen oder auch nicht, aber darum geht es eigentlich nicht, wenn es um Bildung geht. Bildung verlangt etwas von mir, die muss ich mir erarbeiten, dass braucht Zeit und Muße, aber eben auch entsprechendes "Futter" mit ausreichend geistigem Nährwert. Mit dem ´Dienstleistungs-Verfahren´wird das sicher nichts, schon gar nicht, wenn es sich nur um Massen-taugliches ´Fast-Food´ handelt.

Zum Thema "Bildung" kann ich wärmstens die Bücher von prof. Konrad Paul Liessmann empfehlen (https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_Paul_Liessmann)

Diese Beispiele klingen sehr bescheiden. Warum?! Weil Null Dynamik. Velocity 127 immer schön einheitlich, und Dosenmusik die schrecklicher nicht klingen könnte. Heute gibts bessere Softwareinstrumente, und JEDE DAW hat ein besseren Humanizer. So gesehen sind diese zwei Beispiele wohl von jemandem veröffentlicht worden, der den Computer mit absicht scheitern lassen wollte. Vor 30 Jahren war der Klang eines Gameboys fast so gut wie diese zwei Beispiele. Das geht wesentlich besser heute.
Das ist nur scheinbar ein Problem. Die Klangestalt ist zwar in der Tat bescheiden, aber das tut bei der Beurteilung von Strukturen und die daraus entstehenden Spannungen, Entwicklungen usw. nichts zur Sache. Inhaltlich lassen sich diese digitalen Machwerke auch so gut beurteilen.
Auch bei Menschen-gemachtem Mittelmaß kann dieses allenfalls durch eine besonders gute Aufführung nur etwas kaschiert werden. Dem Kenner bleiben die Mängel aber nicht verborgen.

Dass ich den Marktführer noch ins Spiel gebracht hab, hat folgenden Grund:
Er verkauft am Meisten. Auch wenn Musiker wie du und ich sowas nicht gerne hören, spricht diese Art von Musik sehr viele Leute an. Das spricht für diese Art von Musik, auch wenn du es so darstellst, als wäre diese Musik unser aller Untergang.
Dazu habe mal vor langer Zeit einen Spruch gehört, der dazu passen könnte: "Millionen Fliegen können nicht irren. Esst mehr Sch..."
Ob in der Musik oder anderswo, die Masse/Mehrheit goutiert lieber das Mittelmaß. Mit Qualität hat das zunächst nichts zu tun. Wobei die Masse aber auch Qualität nicht ablehnt, es gibt ja auch gut populäre Musik (z.B. Beatles, Udo Jürgens, aber auch gottseidank etliche andere).

PS: Für die, die es noch nicht wussten: Computer können auch ziemlich erfolgreich Partner vermitteln. Gefühlswelt pur^^. Viele Leute schenken einem Computer ihr ganzes Vertrauen bei der Partnerwahl, verlieben sich und werden glücklich. (oder auch nicht:D ) Warum sollte das nicht auch bei Musik funktionieren?
Wie "ziemlich erfolgreich"? Halten diese durch Algorithmen vermittelten Beziehungen länger, sind diese nachweislich glücklicher?
Ich meine mal etwas darüber gelesen zu haben wo stand, dass dem nicht so ist. Die Quelle finde ich aber im Moment nicht wieder.

Im übrigen halte ich das "Gerede" von den ach so menschlichen Emotionen für reichlich übertrieben ... letztlich folgt auch der (genial) komponierende Mensch (nur) einem Algorithmus in seinem Hirn. Aber halt einem, der so phantastisch programmiert ist, daß er auch die Möglichkeit für Unerwartetes impliziert ...
Soweit ich die aktuellen Entwicklungen und Erkenntnisse der Gehirnforschung verfolge, sind es eben keine Algorithmen, nach denen das Gehirn arbeitet. Die Verarbeitung von Reizen im Gehirn ist zwar Reiz-Reaktion orientiert, aber die sehr komplexe Organisation des Gehirns und vor allem die schier unendlich erscheinende Dichte der synaptischen Verschaltungen lassen eben auch chaotische Antwort-Muster zu, aus denen sozusagen Kreativität entstehen kann. Das geht weit über vorhersehbare und mathematisch systematisch beschreibbare Algorithmen hinaus. Es geht dabei nicht nur um das Prinzip des Chaotischen, dass an sich schon mathematisch fassbar wäre, sondern um die anschließende Filterung und Bewertung im Gehirn, die einen vor- oder unbewussten Denkprozess mit einem Ergebnis zu Tage treten lässt.

Wenn ich mir so die Popmusik der letzten Jahre anschaue, so werden Arrangements oder bestimmte Tricks nach einem erfolgreichen Lied von vielen anderen nachgeahmt. Erfolg hat, wer dann noch vorne dabei ist. Der Rest stürzt ab in Langeweile. Ich kann das nur dem Phänomen nach beschreiben da ich kein Musiktheoretiker bin.
Da die Stilistiken im Pop in sich sehr einheitlich sind - sonst wären sie kein Pop, Rap, Hip-Hop usw.- und deren strukturelles Repertoire jeweils ziemlich begrenzt ist, sind auch die Kombinationsmöglichkeiten der stilistischen Elemente nur recht begrenzt. Und möglicherweise mittlerweile auch schon erschöpft.
Es gibt dazu sogar eine Musikwissenschaftliche Publikation: https://www.amazon.de/Das-Ende-Pop-Musik-Sackgasse/dp/3933060478

Es ist eigentlich relativ egal, ob wir die Entscheidung einem Computer übertragen oder "nur" einem Menschen, der ein starres Regelwerk ("qualitätsgesicherte Prozesse"...) befolgt. Die Algorithmisierung ist der Kern der Änderung, nicht der Computer. Der kann nur schneller (was natürlich zu ganz neuen Anwendungsfällen führt). Da ist es dann auch egal, ob es die Medikamentenverabreichung, die Prüfung der Steuerunterlagen oder aber der regel(ge)rechte vierstimmige Satz algorithmisiert wird.
Wenn es um Kunsthandwerk oder ´nur´ Arrangement oder Tonsatz geht, dann mag die Algorithmisierung tatsächlich greifen und adäquate Ergebnisse liefern. Meiner Meinung nach sind die Algorithmen aus sich selber heraus nicht fähig, das zu kreieren, was ich als "Kunst" ansehen würde. Siehe auch meinen Abschnitt weiter oben zum Thema Bildung.

Ich finde die Fragestellung schon mal gar nicht so interessant: Als musizierender Mensch möchte ich mich ja - z.B. als Interpret klassischer Werke - mit den musikalisch-geistigen Errungenschaften anderer Menschen auseinandersetzen, nicht mit den Erzeugnissen von programmierten oder sich selbst programmierenden Maschinen.
Sehr wahr!
Ich trete oft in Konzerten mit freien Improvisationen auf, oft alleine, aber auch mit anderen Musikern zusammen. Meistens Kirchenmusiker, weil viele Kirchenmusiker mit freier Improvisation vertraut sind (anders als z.B. die meisten studierten "Klassiker"), aber auch mit Amateuren. Ich kenne das Gefühl, wie es ist, wenn Mitspieler mehr oder weniger interaktiv reagieren, mehr oder weniger zuhören, mehr oder weniger musikalisch kommunizieren. Das Gefühl, wo es gelingt, zusammen eine gute Spannung zu erzeugen, aber auch wo es misslingt.
Es wäre ein Experiment wert, wie es wäre, wenn ich mit einem Algorithmus-basierten Computer als musikalischen Partner zusammen improvisieren würde.
Vor einiger Zeit hatte ich die Gelegenheit, mit einem Synthesizer zusammen zu spielen, der aber über teils analoge, teils digitale Eingaben von zwei Menschen bedient wurde. Das fand ich nur sehr begrenzt spannend, weil diese Kiste einfach viel zu unflexibel und stereotyp war (also nicht die Bediener, sondern tatsächlich die Reaktion der Maschine auf die Eingaben). Diese Improvisation hatte zwar auch ihren Reiz, fiel aber für mich sehr deutlich gegenüber einigen Improvisationen beim gleichen Auftritt ab, die ich zusammen mit menschlichen Partnern gemacht habe. Und selbst da stachen zwei heraus, die ich mit ganz bestimmten Partnern machte. (Es handelte sich bei diesem Auftritt um eine Art Session, bei der die jeweils bei einem Set Mitwirkenden kurz vorher ausgelost wurden).

Welche Qualität würde ein mit künstlicher musikalischer Intelligenz aufgeladener Computer als eigenständiger Partner haben?
 
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