Die Fuge gehört zu den am meisten schematischen und regelbehafteten Formen, insofern kann ein Computerprogramm mit den entsprechenden Algorithmen (die sicher nicht banal sind) tatsächlich Fugen im Stile von Bach schreiben oder wie im zweiten Beispiel ein Stück im Stil von Vivaldi ´komponieren´, denn auch seine Stücke gehorchen immer wieder grundlegenden Stereotypen. Barockmusik folgt ohnehin stärker gewissen Stereotypen, als z.B. die Musik der Romantik oder etwa die Musik von Debussy oder Stravinski.
Allerdings hört man den Stücken schon gewisse Schwächen in der Ausgestaltung an, so z.B. manche "von-Hölzchen-auf-Stückchen-Stellen" beim Pseudo-Bach oder arge Banalitäten beim Fake-Vivaldi.
Genau da sehe ich nach wie vor die Schwächen der künstlichen Kompositions-Intelligenz: Es ist doch das besondere Gespür und die spezielle Intuition eines guten Komponisten, die Spannung in seinen Ideen und in seinem Konstrukt auszuloten, mögliche Banalitäten von vorne herein zu vermeiden oder im Schaffensprozess zu eliminieren. Wie schon erwähnt, sind es gerade die Überraschungen, die unvorhersehbaren Wendungen, die gelegentlich nicht Regel-konformen Konstrukte, die die Qualitäten der Stücke besonders der guten Komponisten ausmachen.
In den mir bisher bekannten Computer-generierten musikalischen Konstrukten konnte ich bis jetzt eben dieses Gespür, diese Intuition nie erkennen. Schließlich endete alles mehr oder weniger in Langeweile und Banalität.
Mein Fazit ist daher: bis heute (und vielleicht jemals?) können diese Programme allenfalls handwerklich ordentlich gemachte Sachen schreiben, Musik, die mich entzückt, war noch nicht dabei. Schlechte Musik können sie jedenfalls schon gut, aber das konnten und können menschliche Komponisten schon lange, und davon braucht die Welt sicher nicht mehr. Insofern gibt es keine Lücke, die sie füllen müssten.
Nachtrag:
Dass die Hörerschaft die Stücke nicht eindeutig zuordnen konnte, wundert mich nicht. Um Musik fundiert hören zu können, muss man selber einige fundierte Kenntnisse und viel Hörerfahrung gesammelt haben.
Wenn man hört, was heutzutage alles so in den Äther geschickt wird, dann kommt man eher zu dem Schluss, dass viele Hörer, aber vor allem auch Redakteure, wohl nicht mal schiefe Töne (ich rede hier wirklich von Unvermögen, nicht von bewussten Off-Pitch, oder Bending) von sauberen unterscheiden können. Und auf WDR5 (der zugestandenermaßen kein Musik-, sondern ein Wortbeitrags-Sender ist, der Musik nur als Lückenfüller sendet) feiert solches Unvermögen, aber auch gnadenlose Langeweile und Banalität tagtäglich fröhliche Urstände.