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Klangfarbe von Skalen: wie klingt man nach einem Modus?
Dieser Thread richtet sich an jene, die sich für einen Brückenschlag zwischen Theorie und deren Anwendung in der Praxis interessieren. Er ist für strenge Vertreter der systematischen Musikwissenschaft genauso ungeeignet wie für Praktiker, die nichts auf Theorie geben.
Grundsätzlich ist dieser Thread für alle jene gedacht, die ihr Lead-Spiel und ihre Improvisation abwechslungsreicher gestalten wollen, die aber bei der Anwendung der Kirchentonleitern noch grundsätzliche Verständnisprobleme haben. Neben den sieben Modi werden am Rande aber auch andere gebräuchliche Skalen behandelt.
Die Erklärungsmodelle und die Didaktik beruhen auf meiner subjektiven Erfahrung, die ich hier über das Musiker-Board gerne all jenen zur Verfügung stelle, die dafür offen sind. Ich behaupte keinesfalls, dass dies der ultimative Weg zum Verständnis ist. Wir befinden uns im Internet: wem mein Zugang missfällt, der ist nur einen Klick weit von dem entfernt, dass ihm besser zusagt.
Das Thema ist eine Weiterentwicklung eines Beitrages aus meinem Thread: Improvisation lernen durch Verschmelzen von Tonleitern auf Basis Pentatonik. Das in diesem Thread verwendete »Big Picture« ist zur Visualisierung der unterschiedlichen Skalen für den einen oder anderen vielleicht hilfreich und kann bei Bedarf dort eingesehen werden. Insbesondere dann, wenn sich das Übertragen von Tönen auf das Griffbrett noch mühsam gestaltet und die Pattern noch nicht geläufig sind.
Woher kommt die charakteristische Klangcharakteristik der Modi?
Damit die Modi der Kirchentonleiter ihre Klangcharakteristik entfalten, muss man die jeweilige Tonleiter immer zu »etwas« in Relation setzen. Und zwar zu jenem Akkord, über dem die Tonleiter gespielt wird, beziehungsweise zum Grundton der Tonleiter. Eine Tonleiter erhält die Klangcharakteristik »Ionischer Mode«, »Dorischer Mode«, »Aeolischer Mode« etc. erst in Bezug zum darunter liegenden Akkord, über den ich diese Tonleiter spiele. Dieser Akkord definiert den Grundton der Tonleiter. In welchen Intervallen (Tonabständen, Schrittfolgen) ich nun alle weiteren Töne in Relation zum Grundton spiele, ist der Ursprung der unterschiedlichen Klangcharakteristik der einzelnen Modi. Tonleitern unterscheiden sich in ihrer Klangcharakteristik also am Intervall der Töne jeweils bezogen auf den Grundton. Die Intervalle definieren den Klangcharakter und die Klangfarbe der Tonleiter.
Jede der Kirchentonleitern entfaltet ihre Modus-charakteristische Klangfarbe durch die Charakteristik der Tonabstände in Relation zum Grundton, bzw. in Relation zum darunter klingenden Akkord. Jede Tonleiter hat definierte Intervalle, die den Charakter der Tonleiter maßgeblich beeinflussen. Und es sind diese Abstände der Töne zueinander, die sich von der traditionell gelernten Dur- und Molltonleiter unterscheiden. Im weiteren wird darum jeweils auf die Unterschiede zur reinen Dur- bzw. zur reinen Molltonleiter Bezug genommen.
Die Modi der Kirchentonleiter im Überblick
Die Kirchentonleiter besteht aus sieben Modi, die Dur-Tonleiter und die Moll-Tonleiter sind zwei davon:
- Ionischer Mode (Mode I), Dur-Tonleiter
- Dorischer Mode (Mode II)
- Phrygischer Mode (Mode III)
- Lydischer Mode (Mode IV)
- Mixolydischer Mode (Mode V)
- Aeolischer Mode (Mode VI), Moll-Tonleiter
- Lokrischer Mode (Mode VII)
Das Prinzip der Stufenakkorde
An Hand der Stufentheorie lässt sich der harmonische Bauplan von Liedern verallgemeinert veranschaulichen. Vergleiche zu Liedern in anderen Tonarten werden so einfacher verständlich. Die Stufen sind in Bezug auf die jeweilige Grundtonart zu verstehen. Die allermeisten Lieder, die in der Populärmusik bekannt sind, basieren auf diesen Stufen. Die sich wiederholenden Akkordfolgen in Strophe und Refrain folgen diesem Stufenschema. Die Nummerierung der Stufen erfolgt ausgehend vom Grundton.
Das Schema der Stufen erkläre ich hier am Beispiel der Tonart in C-Dur, aufbauend auf den sieben Töne der C-Dur Tonleiter: C - D - E - F - G - A - H - C
1. Stufe: C-Dur (Tonika)
2. Stufe: D-Moll (Sub-Dominante parallele Moll)
3. Stufe: E-Moll (Dominante parallele Moll)
4. Stufe: F-Dur (Sub-Dominante)
5. Stufe: G-Dur (Dominante)
6. Stufe: A-Moll (Tonika parallele Moll)
7. Stufe: H° (Verminderte)
8. Stufe: C-Dur (Tonika) = 1. Stufe
Wie kann ich die Klangfarbe der Modi bewusst einsetzen?
Zur Erklärung der Klangfarbe verwende ich eine Analogie aus der Farbenwelt. Geht es in beiden Fällen doch jeweils um Farben, einmal um optische Farben, das andere Mal um Klangfarben. Spielt man über eine sich wiederholende Akkordfolge bzw. Kadenz, kann man dabei zwischen zwei sich prinzipiell unterschiedlichen Möglichkeiten der Tonleiterverwendung unterscheiden:
A) Der Gitarrist, der im bunten Raum eine einfärbige Tonleiter spielt
B) Der Gitarrist, der im einfärbigen Raum bunte Tonleitern spielt
A) Der Gitarrist, der im bunten Raum eine einfärbige Tonleiter spielt
Nehmen wir an, wir hätten eine Gitarre, die beim Spielen einer Tonleiter eine Glasscheibe in der Klangfarbe der gespielten Tonleiter erzeugt. Beim Spielen einer C-Dur Tonleiter entsteht eine gelbe Glasscheibe. Nun gehen wir in einen vieleckigen Raum mit mehreren Wänden. Dieser Raum entspricht der Stufentheorie und besteht aus sieben Wänden. Die Wände sind Akkorde und haben je nach Akkord unterschiedliche Farben.
Wir benennen diesen Raum den Raum der Kirchentonleitern. Nachdem wir lernen wollen, wie die Klangfarbe unserer C-Dur-Tonleiter bei den Stufenakkorden von C-Dur klingen, entsprechen die sieben Wände in diesem Raum den sieben Stufenakkorden von C-Dur: C-Dur, D-Moll, E-Moll, F-Dur, G-Dur, A-Moll, H°.
Wir spielen eine Tonfolge oder Improvisation in der C-Dur-Skala und achten darauf, wie die einzelnen Wände das Echo unserer Improvisation zurückwerfen und damit die Klangfarbe der gelben C-Dur-Tonleiter verändern und beeinflussen.
Die Wand mit dem C-Dur Akkord ist gelb. Schauen wir nun durch unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die gelbe C-Dur-Akkord-Wand, so mischt sich das Gelb der Glasscheibe mit dem Gelb der Wand. Wir sehen ein intensives Gelb: das ist C-Dur oder C-ionisch, in der Sprache der Theoretiker, über einem C-Dur Akkord. Theoretiker nennen diese Wand Tonika. Wir prägen uns die Klangfarbe dieses Gelbs beim Improvisieren mit der Skala gut ein, dann wollen wir die Klangfarbe unserer gelben Glasscheibe bei einem anderen Akkord ergründen.
Als nächstes projizieren wir unsere gelbe Glasscheibe auf die A-Moll-Wand. Dazu drehen wir uns im Raum ein wenig weiter und richten unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf eine andere Wand, die rote A-Moll-Akkord-Wand. Das Gelb der Glasscheibe und das Rot der Wand mischen sich zu Orange. Unsere C-Dur-Tonleiter klingt plötzlich nicht mehr gelb (ionisch), sondern orange. Dieses Orange benennen die Theoretiker aeolisch. Außerdem fällt uns beim Improvisieren auf, dass der Grundton nicht mehr C ist, sondern durch die rote A-Moll-Akkord-Wand plötzlich zu A wurde. Unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die rote A-Moll-Akkord-Wand projiziert gibt also A-aeolisch über einem A-Moll-Akkord. Theoretiker nennen diese rote Wand Tonika parallele Moll, in Bezug auf die C-Dur-Tonika.
Als nächstes projizieren wir unsere gelbe Glasscheibe auf die H-Dim-Wand. Dazu drehen wir uns im Raum ein wenig weiter und richten unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf eine andere Wand, die violette H-Dim-Akkord-Wand. Das Gelb der Glasscheibe und das Violett der Wand mischen sich zu Braun. Unsere C-Dur-Tonleiter klingt plötzlich nicht mehr gelb (ionisch) und auch nicht orange (aeolisch). Dieses Braun benennen die Theoretiker lokrisch. Außerdem fällt uns beim Improvisieren auf, dass der Grundton nicht mehr C ist, sondern durch die violette H-Dim-Akkord-Wand plötzlich zu H wurde. Unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die violette H-Dim-Akkord-Wand projiziert gibt also H-lokrisch über einem H-Dim-Akkord. Theoretiker nennen diese violette Wand Verminderte, in Bezug auf die C-Dur-Tonika.
Um zu sehen, ob dieses System immer gleich funktioniert, richten wir unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf eine weitere Wand in diesem Raum. Diesmal ist es die blaue D-Moll-Akkord-Wand. Das Gelb der Glasscheibe und das Blau der Wand mischen sich zu Grün. Unsere C-Dur-Tonleiter klingt also weder gelb (ionisch) noch orange (aeolisch) und auch nicht braun (lokrisch), wie bei den anderen Wänden. Dieses Grün benennen die Theoretiker dorisch. Außerdem fällt uns beim Üben wieder auf, dass der Grundton nicht mehr C ist, sondern durch die blaue D-Moll-Akkord-Wand plötzlich zu D wurde. Unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die blaue D-Moll-Akkord-Wand projiziert gibt also D-dorisch über einem D-Moll-Akkord. Theoretiker nennen diese blaue Wand Sub-Dominante parallele Moll, in Bezug auf die C-Dur-Tonika.
Das gleiche kann ich nun mit den restlichen drei Wänden in diesem Raum der Kirchentonleiter machen. Durch die Abweichung der Farbe der Glasscheibe in Relation zu den Farben der Wände ergeben sich für die Modi jeweils unterschiedliche Klangfarben. Das sind die sieben Modi der Kirchentonleiter.
Funktioniert das Prinzip auch mit der Pentatonik?
In einem pentatonischen Raum kann ich dasselbe Prinzip anwenden. Nur habe ich nun eine Glasscheibe, deren diatonisches Gelb nicht der C-Dur-Tonleiter entspricht, sondern eine pentatonische Gelbfärbung aufweist, die beispielsweise der C-Dur-Pentatonik entspricht. Als Ergebnis erhalte ich im pentatonischen Raum beim Spielen gegen die bunten Akkord-Wände nicht die sieben Modi der Kirchentonleiter, sondern die Klangfarben, die sich aus der verwendeten Pentatonik ergeben.
Wie klingt es, wenn man die C-Dur Tonleiter über die Stufenakkorde spielt?
In dem Raum der Kirchentonleitern mit den bunten Wänden haben wir gelernt was passiert, wenn man die Töne ein und derselben Tonleiter in Bezug zu verschiedenen Akkorden setzt. Man stellt dann fest, dass die C-Dur Tonleiter D-dorisch klingt, wenn man sie über einen D-Moll-Akkord spielt. Sie klingt F-lydisch, wenn man sie über einen F-Dur-Akkord spielt und G-mixolydisch, wenn man sie über einen G-Dur-Akkord spielt. Hier ist die vollständige Aufstellung der sieben Modi:
Die Klangcharakteristik der Modi am Beispiel der C-Dur Tonleiter
C - D - E - F - G - A - H - C: klingt ionisch, gespielt über C-Dur (Tonika)
D - E - F - G - A - H - C - D: klingt dorisch, gespielt über D-Moll (Sub-Dominante parallele Moll)
E - F - G - A - H - C - D - E: klingt phrygisch, gespielt über E-Moll (Dominante parallele Moll)
F - G - A - H - C - D - E - F: klingt lydisch, gespielt über F-Dur (Sub-Dominante)
G - A - H - C - D - E - F - G: klingt mixolydisch, gespielt über G-Dur (Dominante)
A - H - C - D - E - F - G - A: klingt aeolisch, parallele Moll, gespielt über A-Moll (Tonika parallele Moll)
H - C - D - E - F - G - A - H: klingt lokrisch, gespielt über H° (Verminderte)
Was ist ein Grundton und was ein Anfangston?
Um vor Missverständnissen vorzubeugen, sollte man sich den Unterschied zwischen Grundton und Anfangston vor Augen führen. Wird eine Tonfolge (Tonleiter, Melodie, Lick etc.) zu einer Begleitung (ein Akkord oder eine Akkordfolge aus mehreren Akkorden) gespielt, entscheidet nicht der Anfangston der Tonleiter, der Melodie oder des Licks über das Erklingen eines bestimmten Modus, sondern der Bezug dieser gespielten Tonfolge zum darunter liegenden Akkord. Dieser Akkord definiert den Grundton der darüber gespielten Tonfolge.
Spielt man hingegen nicht real zu einer Akkord-Begleitung, sondern spielt man beispielsweise Tonleiterübungen, »fühlt« man eher den Bezug zu einem Grundton. Bei Tonleiterübungen ist der Anfangston daher zumeist der »empfundene« Grundton.
Dur- und Moll-Tonleiter Entsprechungen zu den Modi am Beispiel Grundton C
Bisher haben wir die Tonleiter ausschließlich mit Tönen der C-Dur-Tonleiter betrachtet. Nun betrachten wir die Intervalle der sieben Modi jeweils in Bezug zum Grundton C und überlegen uns außerdem, welche Dur- und Moll-Dreiklänge dieser Skala zu Grunde liegt:
C -D -E - F - G - A - H - C: C-ionisch entspricht: C-Dur, A-Moll
C - D - Eb - F - G - A - Bb - C: C-dorisch entspricht: Bb-Dur, G-Moll
C - Db - Eb - F - G - Ab - Bb - C: C-phrygisch entspricht: Ab-Dur, F-Moll
C - D - E - F# - G - A - H - C: C-lydisch entspricht: G-Dur, E-Moll
C - D - E - F - G - A - Bb - C: C-mixolydisch entspricht: F-Dur, D-Moll
C - D - Eb - F - G - Ab - Bb - C: C-aeolisch entspricht: Eb-Dur, C-Moll
C - Db - Eb - F - Gb - Ab - Bb - C: C-lokrisch entspricht: Db-Dur, Bb-Moll
Sieht man sich die Töne der einzelnen Modi in dieser Aufstellung ganz genau an, erkennt man, dass man die Modi so unterteilen kann, dass sich (mit Ausnahme des lokrischen Modes) ein Dur- oder ein Moll-Charakter ergibt. Interessant ist es zu analysieren, welchen Dur- und Moll-Tonleitern die einzelnen Modi entsprechen:
Dur-Charakter:
C - D -E - F - G - A - H - C: C-ionisch
C - D - E - F# - G - A - H - C: C-lydisch
C - D - E - F - G - A - Bb - C: C-mixolydisch
Moll-Charakter:
C - D - Eb - F - G - Ab - Bb - C: C-aeolisch (natürlich Moll)
C - Db - Eb - F - G - Ab - Bb - C: C-phrygisch
C - D - Eb - F - G - A - Bb - C: C-dorisch
Weitere gebräuchliche Moll-Charaktere (außerhalb der Kirchentonleiter)
C - D - Eb - F - G - Ab - H - C: harmonisch Moll
C - D - Eb - F - G - A - H - C: melodisch Moll
C - D - Eb - F# - G - Ab - H - C: Zigeuner Moll
Weitere gebräuchliche Dur-Charaktere (außerhalb der Kirchentonleiter)
C - Db - E - F - G - Ab - Bb - C: phrygisch-dominant (phrygisch Dur)
C - Db - E - F - G - Ab - H - C: Zigeuner Dur
Modi mit Dur-Charakter
Vergleicht man die drei Skalen der Kirchentonleitern, die einen Dur-Charakter aufweisen, fällt auf, dass dieser Dur-Charakter auf fünf gemeinsamen Tönen beruht: Grundton, Sekunde, gr. Terz, Quinte und gr. Sexte. Die Quarte im lydischen Mode und die Septime im mixolydischen Mode variieren im Vergleich zum ionischen Mode. Man spricht darum auch von der lydischen Quarte (#4) und der mixolydischen Septime (kl. 7). Lässt man die beiden variierenden Töne weg, erhält man die Dur-Pentatonik: Grundton, Sekunde, gr. Terz, Quinte und gr. Sexte.
Modi mit Moll-Charakter
Vergleicht man die drei Skalen der Kirchentonleitern, die einen Moll-Charakter aufweisen, fällt auf, dass dieser Moll-Charakter wiederum auf fünf gemeinsamen Tönen beruht: Grundton, kl. Terz, Quarte, Quinte und kl. Septime. Die Sekunde im phrygischen Mode und die Sexte im dorischen Mode variieren im Vergleich zum aeolischen Mode. Man spricht darum auch von der phrygischen Sekunde (2b) und der dorischen Sexte (gr. 6). Lässt man die beiden variierenden Töne weg, erhält man die Moll-Pentatonik: Grundton, kl. Terz, Quarte, Quinte und kl. Septime.
Lokrischer-Charakter
Dem lokrischen Mode lässt sich weder ein Dur- noch ein Moll-Charakter zuordnen.
B) Der Gitarrist, der im einfärbigen Raum bunte Skalen spielt
Um wirklich alles ganz richtig zu verstehen, unternehmen wir nun noch ein weiteres Gedankenexperiment.
Wir nehmen wieder unsere Gitarre, die beim Spielen einer Tonleiter eine Glasscheibe in der Klangfarbe der gespielten Tonleiter erzeugt. Nur diesmal spielen wir nicht wie zuvor immer den gleichen Modus, sondern variieren die Modi, immer ausgehend vom Grundton C. Also: C-ionisch, C-dorisch, C-phrygisch, C-lydisch, C-mixolydisch, C-aeolisch und C-lokrisch.
Dann begeben uns in einen neuen Raum. Dieser Raum ist dreieckig und hat drei Akkord-Wände. Alle drei Wände sind gelb, variieren aber in ihrem Gelbton ein wenig. Viel auffälliger ist allerdings die Geometrie der Wände. Auch sie sind dreieckig und haben drei Seiten, die aus Prime, Terz und Quinte bestehen. Die erste Akkord-Wand wirkt aufgrund der kleinen Terz sehr klein, die zweite aufgrund der großen Terz sehr groß. Besonders fremdartig wirkt die dritte Wand. Sie hat neben der kleinen Terz eine verminderte Quinte, was sie im Auge des Betrachters sehr unharmonisch und unproportional wirken lässt. Und jetzt erkennen wir auch: aufgrund dieser speziellen Geometrie wird das einfallende Licht unterschiedlich gebrochen. Darum haben die drei Akkord-Wände variierende Gelbtöne.
Zuerst spielen wir in dem gelben Dreiecks-Raum eine Improvisation in der C-Ionischen-Skala. Wir spielen sie auf die gelbe C-Dur-Akkord-Wand, das ist die mit der großen Terz.
Schauen wir nun durch unsere gelbe C-Ionische-Tonart-Glasscheibe auf die gelbe C-Dur-Akkord-Wand, so mischt sich das Gelb der Glasscheibe mit dem Gelb der Wand. Wir sehen ein intensives Gelb: das ist C-Ionisch über einem C-Dur Akkord. Wir kennen diese Klangfarbe bereits von unserem ersten Besuch in dem bunten Raum. Nun wollen wir die Klangfarbe einer anderen Glasscheibe in diesem Raum ergründen.
Als nächstes projizieren wir eine rote C-Aeolisch-Glasscheibe auf die gelbe C-Moll-Wand, das ist die mit der kleinen Terz. Das tun wir deswegen, weil die C-Dur-Akkord-Wand eine große Terz (E) hat, die C-Aeolische Skala eine kleine Terz (Eb). Das würde dissonant zueinander klingen. Wir verwenden die C-Moll-Wand, denn dieser Modus ist ein Stufenakkord (Tonika parallele Moll).
Das Rot der C-Aeolisch-Glasscheibe und das Gelb der C-Moll-Akkord-Wand mischen sich zu Orange, die Klangfarbe kennen wir auch aus dem bunten Raum. Dort hatten wir jedoch unsere Improvisation durch die gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die rote A-Moll-Akkord-Wand projiziert, was zu einem Grundton A geführt hat. Beim Improvisieren im dreieckigen Raum zeigt sich, dass der Grundton in diesem dreieckigen Raum C bleibt.
Nun wollen wir auch die dritte Wand noch testen. Dazu projizieren wir unsere Improvisation durch eine violette C-Lokrisch-Glasscheibe auf die gelbe C°-Akkord-Wand, das ist die mit der kleinen Terz und der verminderten Quinte. Das tun wir deswegen, weil die C-Lokrische Skala eine kleine Terz (Eb) und eine verminderte Quinte (Gb) hat. Wir verwenden die C°-Wand, denn der Modus VII ist ein Verminderter-Stufenakkord.
Das Violett der C-Lokrischen-Glasscheibe und das Gelb der C°-Akkord-Wand mischen sich zu einem Braun. Die so gemischte Farbe ist zwar nicht so ansprechend wie andere Mischungen, aber was soll’s. Auch die nun gemischte Klangfarbe kennen wir bereits aus dem bunten Raum. Dort hatten wir jedoch unsere Improvisation durch die gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die violette H°-Akkord-Wand projiziert, was zu einem Grundton H geführt hat. Beim Improvisieren im dreieckigen Raum bestätigt sich wiederum, dass der Grundton in diesem dreieckigen Raum C bleibt.
Zu welchen Akkorden eignen sich die einzelnen Modi der Kirchentonleiter?
Aus den vorhergehenden Analogien geht unter anderem hervor, dass es drei unterschiedliche Akkordtypen gibt, die als Basis der verschiedenen Modi der Kirchentonleiter dienen und harmonisch klingen. Daraus ergibt sich, dass folgende Modi über diese drei Akkordtypen (hier auf Dreiklänge reduziert) gespielt werden können:
- Dur-Akkord: Ionische, Lydische und Mixolydische Tonleiter
- Moll-Akkord: Dorische, Phrygische und Aeolische Tonleiter
- Verminderter Akkord: Lokrische Tonleiter
Das Ganze ist aber nur eine Teilerkenntnis. Es gibt in diesem Zusammenhang diverse »avoid notes« - also bestimmte zu vermeidende Noten über gewissen Akkorden. Diese Töne werden deswegen so bezeichnet, weil manche Töne einer Skala über bestimmten Akkorden in der Stufentheorie dissonant klingen. Im Kontext und in Kombination zu harmonischen Tönen kann man mit den Disharmonien aber sehr schöne und interessante Effekte erzielen. Mit dieser Freiheit sollte man experimentieren und sich nicht vorschnell durch Verbote oder Vermeidungen die Kreativität nehmen lassen.
Wieso ist die Pentatonik für Ungeübte zunächst einfacher?
Über den Stufenakkorden von C-Dur (C, Dm, Em, F, G, Am) wird zumeist die C-Dur-Pentatonik verwendet: C - D - E - G - A.
In der C-Dur-Tonleiter existieren aber genaugenommen drei Pentatoniken, die C-Dur-Pentatonik, die F-Dur-Pentatonik und die G-Dur-Pentatonik:
C-Dur-Pentatonik: C - D - E - G - A (Grundton, Sekunde, Terz, Quinte, Sexte)
F-Dur-Pentatonik: F - G - A - C - D -> C - D - F - G - A (Grundton, Sekunde, Quarte, Quinte, Sexte)
G-Dur-Pentatonik: G - A - H - D - E -> D - E - G - A - H (Sekunde, Terz, Quinte, Sexte, Septime)
Betrachtet man nach der Stufentheorie die Stufenakkorde zum C-Dur-Akkord mit der dem jeweiligen Stufenakkord zugehörigen Pentatonik, so zeigt sich, dass sich für Dur und parallele Moll jeweils die gleiche Pentatonik ergibt und man findet die drei Pentatoniken wieder:
C-Dur-Penta (über C-Dur-Akkord): C - D - E - G - A
D-Moll-Penta (über D-Moll-Akkord): D - F - G - A - C
E-Moll-Penta (über E-Moll-Akkord): E - G - A - H - D
F-Dur-Penta (über F-Dur-Akkord): F - G - A - C - D
G-Dur-Penta (über G-Dur-Akkord): G - A - H - D - E
A-Moll-Penta (über A-Moll-Akkord): A - C - D - E - G
Damit wird einem sehr schnell klar, warum man mit der Pentatonik wenig falsch machen kann, wenn man sie über eine Akkordfolge spielt, die auf der Stufentheorie basiert, und sie im Gegensatz zu den diatonischen Modes der Kirchentonleiter viel einfacher anzuwenden ist. Mit der Penta umgeht man spannungserzeugende und eher als dissonant empfundene Töne und muss sich keine Gedanken um »Avoided Notes« machen. Die F-Dur-Penta hat mit der C-Dur-Penta vier Töne gemeinsam (C - D - G - A) und unterscheidet sich nur durch Verwendung der Quarte (F) anstelle der Terz (E). Die G-Dur-Penta hat mit der C-Dur-Penta ebenfalls vier Töne gemeinsam (D - E - G - A) und unterscheidet sich nur durch Verwendung der Septime (H) anstelle dem Grundton (C). Vier gemeinsame Töne bedeuten, dass die Penta die klangfärbenden Töne der Modes neutralisiert und damit deren klangfärbenden Eigenheiten beinahe vollständig verloren gehen.
Zwei prinzipielle Möglichkeiten der Tonleiterverwendung bei der Improvisation
Wie eingangs erwähnt, gibt es im Prinzip zwei sehr unterschiedliche Herangehensweisen an eine Improvisation:
1) Ich bin der Gitarrist, der im bunten Raum eine einfärbige Skala spielt
Die häufigere Art der Improvisation ist diese: Ich behalte meine Tonleiter und meine Skala über alle Akkordwechsel bei. Dadurch ändert sich der Modus automatisch über dem jeweiligen Akkord. Diese Möglichkeit besteht dann, wenn die Akkordfolge des Stücks auf den Stufenakkorden beruht. Vorteil: Einfachheit durch Beibehalten der Pattern über alle Akkordwechsel während der gesamten Dauer der Improvisation. Der Grundton der Tonart des Liedes wird durch die den Stufenakkorden zugrunde liegende Tonart definiert. Vom Grundprinzip her entspricht diese Art der Tonleiterverwendung einer funktionalen Spielweise. Die funktionale Spielweise orientiert sich an einem oder auch mehreren klar definierten Tonzentren und die Akkorde stehen in harmonischer Beziehung zu einander, wie beispielsweise in der Stufentheorie definiert. In funktionalen Stücken stehen Akkorde in einer funktionalen Beziehung zueinander, in den Hauptfunktionen Tonika, Dominante und Subdominante und ihrer Umkehrungen. Die Akkorde haben Leitfunktionen. Akkordwechsel stehen in funktionsharmonischem Zusammenhang, in der harmonischen Funktion führen Changes zu weiteren Changes.
2) Ich bin der Gitarrist, der im einfärbigen Raum bunte Skalen spielt
Im Rock und Pop eher weniger vertreten, dafür im Jazz sehr beliebt ist eine andere Form der Improvisation: Ich verändere bei jedem Akkordwechsel meine Tonleiter. Dies kann beispielsweise deswegen gemacht werden, um über jedem Akkord den gleichen Modus (beispielsweise Mixolydisch) erklingen zu lassen. Diese Art der Improvisation erfordert sehr große Routine, vor allem bei schnellen Akkordwechseln. Bei langsamen Stücken geht es leichter. Vom Grundprinzip her entspricht diese Art der Tonleiterverwendung einer modalen Spielweise. Bei einer modalen Spielweise sind Changes nicht notwendigerweise funktionsharmonisch gebunden. Der funktionsharmonische Aufbau basiert nicht auf Changes sondern auf modalen Sequenzen, die dem modalen Charakter der Akkorde gerecht werden. In typisch modalen Stücken haben die Akkorde keine klar erkennbare funktionale Funktion sondern sind einfach nur Klangfarben, über denen die modalen Sequenzen für die modale Klangfärbung sorgen. Bei der modalen Spielweise ist es melodietechnisch schwerer, interessant zu bleiben, da die Spannungen, die sich aus den Veränderungen der Skala über den Akkordwechseln ergeben, entfallen. Bei der modalen Spielweise muss man darauf achten, dass man kreativ mit der Klangfarbe des jeweiligen Modes umgeht. Ein modales Stück kann bei einer unkreativen und einfallslosen Improvisation sehr schnell eintönig wirken.
3) Ich bin der Gitarrist, der eine Mischform spielt
Der Vollständigkeit halber: Natürlich steht es einem auch frei, in der harmonischen Struktur eine Mischform zwischen Changes und Modal, zwischen funktionaler Spielweise und modaler Spielweise, zu wählen.
Praktisches Beispiel am Lied »Knocking On Heavens Door«
Aufgrund seiner Einfachheit möchte ich hier »Knocking On Heavens Door« als allgemein bekanntes praktisches Beispiel verwenden.
Die Akkordfolge: G - D - C - C / G - D - Am - Am
Um keine Verwirrung in der Erklärung zu stiften möchte ich weiterhin in der Tonart C-Dur bleiben, und transponieren darum die Akkordfolge. Daraus ergibt sich eine Akkordfolge für »Knocking On Heavens Door« in C-Dur.
Die Akkordfolge: C - G - F - F / C - G - Dm - Dm
Kurzer Sidestep: Da die Akkorde von »Knocking On Heavens Door« einem »I - V - IV - IV / I - V - II - II« Schema entsprechen, kann man diese Kadenz auch für ein Standard-Blues-Schema eines 12-taktigen Blues (12-bar Blues) heranziehen, das ein »I - I - I - I - IV - IV - I - I - V - IV - I - I« Schema aufweist.
Die Akkordfolge: C - C - C - C - F - F - C - C - G - F - C - C
Dem mixolydischen Mode wird nachgesagt, dass er einen bluesigen Charakter hat, was wohl an der mixolydischen Septime (kl. 7) - in Kombination mit der gr. Sexte - liegt. Der lydische Mode enthält gar eine lydische Quarte (#4), was der traditionellen Blue Note (rein gespielt: Tritonus) entspricht. Die von der klassischen Dur-Tonleiter abweichenden Töne sorgen demnach unter anderem dafür, dass ein bluesiger Charakter möglich wird, insbesondere, wenn man die Moll-Terz in der Dur-Penta ergänzt.
Variante 1) funktionale Spielweise: Ich behalte meine Tonleiter über alle Akkordwechsel bei
Die Akkordfolge C - G - F - F / C - G - Dm - Dm ist in C-Dur notiert. Über diese Akkordfolge spiele ich konsequent die Töne der C-Dur-Tonleiter: C - D - E - F - G - A - H - C. Bei dieser funktionalen Spielweise stellen wir folgendes fest:
- C-Dur: klingt C-ionisch (C-Dur) beim Spielen der C-Dur-Tonleiter
- G-Dur: klingt G-mixolydisch beim Spielen der C-Dur-Tonleiter
- F-Dur: klingt F-lydisch beim Spielen der C-Dur-Tonleiter
- D-Moll: klingt D-dorisch beim Spielen der C-Dur-Tonleiter
Um ein Gefühl für die Spannung und die Aufhebung dieser Spannung der Töne der C-Dur-Tonleiter in Relation zu den zugrundeliegenden Akkorden zu bekommen, kann man beispielsweise folgendermaßen vorgehen: man spielt die einzelnen Töne der Tonleiter zunächst einmal isoliert über eine gesamte Akkordfolge:
C: Der Ton C erklingt über dem C-Dur-Akkord als Grundton, über dem G-Dur-Akkord als Quarte, über dem F-Dur-Akkord als Quinte und über dem D-Moll-Akkord als kl. Septime.
D: Der Ton D erklingt über dem C-Dur-Akkord als Sekunde, über dem G-Dur-Akkord als Quinte, über dem F-Dur-Akkord als gr. Sexte und über dem D-Moll-Akkord als Grundton.
E: Der Ton E erklingt über dem C-Dur-Akkord als gr. Terz, über dem G-Dur-Akkord als gr. Sexte, über dem F-Dur-Akkord als gr. Septime und über dem D-Moll-Akkord als Sekunde.
F: Der Ton F erklingt über dem C-Dur-Akkord als Quarte, über dem G-Dur-Akkord als kl. Septime, über dem F-Dur-Akkord als Grundton und über dem D-Moll-Akkord als kl. Terz.
G: Der Ton G erklingt über dem C-Dur-Akkord als Quinte, über dem G-Dur-Akkord als Grundton, über dem F-Dur-Akkord als Sekunde und über dem D-Moll-Akkord als Quarte.
A: Der Ton A erklingt über dem C-Dur-Akkord als gr. Sexte, über dem G-Dur-Akkord als Sekunde, über dem F-Dur-Akkord als gr. Terz und über dem D-Moll-Akkord als Quinte.
H: Der Ton H erklingt über dem C-Dur-Akkord als gr. Septime, über dem G-Dur-Akkord als gr. Terz, über dem F-Dur-Akkord als übermäßige Quarte und über dem D-Moll-Akkord als gr. Sexte.
Aus Tönen, deren Spannung einem in Bezug auf die Akkorde besonders gefallen, bildet man Melodien und Licks.
Variante 2) modale Spielweise: Ich verändere bei jedem Akkordwechsel meine Tonleiter
Wie klingt eine Improvisation nach einem bestimmten Modus?
Möchte man seiner Improvisation von »Knocking On Heavens Door« beispielsweise eine lydische oder eine mixolydische Klangfarbe geben, so orientiert man sich an der modalen Spielweise und verwendet dabei die modus-typischen Intervalle:
Um nach dem lydischen Mode zu klingen, spielt man zunächst die lydischen Quarte (#4) konsequent über den einzelnen Akkorden. Über der Tonika (C-Dur-Akkord) den Ton F#, über der Dominante (G-Dur-Akkord) den Ton C#, über der Sub-Dominante (F-Dur-Akkord) den Ton H, über der Sub-Dominante parallele Moll (D-Moll-Akkord) den Ton G#. Rund um diese lydische Quart baut man dann seine Melodien und Licks, aufbauend auf dem Tonmaterial des lydischen Mode.
Um nach dem mixolydischen Mode zu klingen, spielt man zunächst die mixolydischen Septime (kl. 7) konsequent über den einzelnen Akkorden. Über der Tonika (C-Dur-Akkord) den Ton Bb, über der Dominante (G-Dur-Akkord) den Ton F, über der Sub-Dominante (F-Dur-Akkord) den Ton Eb, über der Sub-Dominante parallele Moll (D-Moll-Akkord) den Ton C. Rund um diese mixolydische Septime baut man dann seine Melodien und Licks, aufbauend auf dem Tonmaterial des mixolydischen Mode.
Viel Spaß und gutes Gelingen
All jenen, die sich für das Thema interessieren, wünsch ich viel Spaß, Erfolg und gutes Gelingen!
Dieser Thread richtet sich an jene, die sich für einen Brückenschlag zwischen Theorie und deren Anwendung in der Praxis interessieren. Er ist für strenge Vertreter der systematischen Musikwissenschaft genauso ungeeignet wie für Praktiker, die nichts auf Theorie geben.
Grundsätzlich ist dieser Thread für alle jene gedacht, die ihr Lead-Spiel und ihre Improvisation abwechslungsreicher gestalten wollen, die aber bei der Anwendung der Kirchentonleitern noch grundsätzliche Verständnisprobleme haben. Neben den sieben Modi werden am Rande aber auch andere gebräuchliche Skalen behandelt.
Die Erklärungsmodelle und die Didaktik beruhen auf meiner subjektiven Erfahrung, die ich hier über das Musiker-Board gerne all jenen zur Verfügung stelle, die dafür offen sind. Ich behaupte keinesfalls, dass dies der ultimative Weg zum Verständnis ist. Wir befinden uns im Internet: wem mein Zugang missfällt, der ist nur einen Klick weit von dem entfernt, dass ihm besser zusagt.
Das Thema ist eine Weiterentwicklung eines Beitrages aus meinem Thread: Improvisation lernen durch Verschmelzen von Tonleitern auf Basis Pentatonik. Das in diesem Thread verwendete »Big Picture« ist zur Visualisierung der unterschiedlichen Skalen für den einen oder anderen vielleicht hilfreich und kann bei Bedarf dort eingesehen werden. Insbesondere dann, wenn sich das Übertragen von Tönen auf das Griffbrett noch mühsam gestaltet und die Pattern noch nicht geläufig sind.
Woher kommt die charakteristische Klangcharakteristik der Modi?
Damit die Modi der Kirchentonleiter ihre Klangcharakteristik entfalten, muss man die jeweilige Tonleiter immer zu »etwas« in Relation setzen. Und zwar zu jenem Akkord, über dem die Tonleiter gespielt wird, beziehungsweise zum Grundton der Tonleiter. Eine Tonleiter erhält die Klangcharakteristik »Ionischer Mode«, »Dorischer Mode«, »Aeolischer Mode« etc. erst in Bezug zum darunter liegenden Akkord, über den ich diese Tonleiter spiele. Dieser Akkord definiert den Grundton der Tonleiter. In welchen Intervallen (Tonabständen, Schrittfolgen) ich nun alle weiteren Töne in Relation zum Grundton spiele, ist der Ursprung der unterschiedlichen Klangcharakteristik der einzelnen Modi. Tonleitern unterscheiden sich in ihrer Klangcharakteristik also am Intervall der Töne jeweils bezogen auf den Grundton. Die Intervalle definieren den Klangcharakter und die Klangfarbe der Tonleiter.
Jede der Kirchentonleitern entfaltet ihre Modus-charakteristische Klangfarbe durch die Charakteristik der Tonabstände in Relation zum Grundton, bzw. in Relation zum darunter klingenden Akkord. Jede Tonleiter hat definierte Intervalle, die den Charakter der Tonleiter maßgeblich beeinflussen. Und es sind diese Abstände der Töne zueinander, die sich von der traditionell gelernten Dur- und Molltonleiter unterscheiden. Im weiteren wird darum jeweils auf die Unterschiede zur reinen Dur- bzw. zur reinen Molltonleiter Bezug genommen.
Die Modi der Kirchentonleiter im Überblick
Die Kirchentonleiter besteht aus sieben Modi, die Dur-Tonleiter und die Moll-Tonleiter sind zwei davon:
- Ionischer Mode (Mode I), Dur-Tonleiter
- Dorischer Mode (Mode II)
- Phrygischer Mode (Mode III)
- Lydischer Mode (Mode IV)
- Mixolydischer Mode (Mode V)
- Aeolischer Mode (Mode VI), Moll-Tonleiter
- Lokrischer Mode (Mode VII)
Das Prinzip der Stufenakkorde
An Hand der Stufentheorie lässt sich der harmonische Bauplan von Liedern verallgemeinert veranschaulichen. Vergleiche zu Liedern in anderen Tonarten werden so einfacher verständlich. Die Stufen sind in Bezug auf die jeweilige Grundtonart zu verstehen. Die allermeisten Lieder, die in der Populärmusik bekannt sind, basieren auf diesen Stufen. Die sich wiederholenden Akkordfolgen in Strophe und Refrain folgen diesem Stufenschema. Die Nummerierung der Stufen erfolgt ausgehend vom Grundton.
Das Schema der Stufen erkläre ich hier am Beispiel der Tonart in C-Dur, aufbauend auf den sieben Töne der C-Dur Tonleiter: C - D - E - F - G - A - H - C
1. Stufe: C-Dur (Tonika)
2. Stufe: D-Moll (Sub-Dominante parallele Moll)
3. Stufe: E-Moll (Dominante parallele Moll)
4. Stufe: F-Dur (Sub-Dominante)
5. Stufe: G-Dur (Dominante)
6. Stufe: A-Moll (Tonika parallele Moll)
7. Stufe: H° (Verminderte)
8. Stufe: C-Dur (Tonika) = 1. Stufe
Wie kann ich die Klangfarbe der Modi bewusst einsetzen?
Zur Erklärung der Klangfarbe verwende ich eine Analogie aus der Farbenwelt. Geht es in beiden Fällen doch jeweils um Farben, einmal um optische Farben, das andere Mal um Klangfarben. Spielt man über eine sich wiederholende Akkordfolge bzw. Kadenz, kann man dabei zwischen zwei sich prinzipiell unterschiedlichen Möglichkeiten der Tonleiterverwendung unterscheiden:
A) Der Gitarrist, der im bunten Raum eine einfärbige Tonleiter spielt
B) Der Gitarrist, der im einfärbigen Raum bunte Tonleitern spielt
A) Der Gitarrist, der im bunten Raum eine einfärbige Tonleiter spielt
Nehmen wir an, wir hätten eine Gitarre, die beim Spielen einer Tonleiter eine Glasscheibe in der Klangfarbe der gespielten Tonleiter erzeugt. Beim Spielen einer C-Dur Tonleiter entsteht eine gelbe Glasscheibe. Nun gehen wir in einen vieleckigen Raum mit mehreren Wänden. Dieser Raum entspricht der Stufentheorie und besteht aus sieben Wänden. Die Wände sind Akkorde und haben je nach Akkord unterschiedliche Farben.
Wir benennen diesen Raum den Raum der Kirchentonleitern. Nachdem wir lernen wollen, wie die Klangfarbe unserer C-Dur-Tonleiter bei den Stufenakkorden von C-Dur klingen, entsprechen die sieben Wände in diesem Raum den sieben Stufenakkorden von C-Dur: C-Dur, D-Moll, E-Moll, F-Dur, G-Dur, A-Moll, H°.
Wir spielen eine Tonfolge oder Improvisation in der C-Dur-Skala und achten darauf, wie die einzelnen Wände das Echo unserer Improvisation zurückwerfen und damit die Klangfarbe der gelben C-Dur-Tonleiter verändern und beeinflussen.
Die Wand mit dem C-Dur Akkord ist gelb. Schauen wir nun durch unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die gelbe C-Dur-Akkord-Wand, so mischt sich das Gelb der Glasscheibe mit dem Gelb der Wand. Wir sehen ein intensives Gelb: das ist C-Dur oder C-ionisch, in der Sprache der Theoretiker, über einem C-Dur Akkord. Theoretiker nennen diese Wand Tonika. Wir prägen uns die Klangfarbe dieses Gelbs beim Improvisieren mit der Skala gut ein, dann wollen wir die Klangfarbe unserer gelben Glasscheibe bei einem anderen Akkord ergründen.
Als nächstes projizieren wir unsere gelbe Glasscheibe auf die A-Moll-Wand. Dazu drehen wir uns im Raum ein wenig weiter und richten unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf eine andere Wand, die rote A-Moll-Akkord-Wand. Das Gelb der Glasscheibe und das Rot der Wand mischen sich zu Orange. Unsere C-Dur-Tonleiter klingt plötzlich nicht mehr gelb (ionisch), sondern orange. Dieses Orange benennen die Theoretiker aeolisch. Außerdem fällt uns beim Improvisieren auf, dass der Grundton nicht mehr C ist, sondern durch die rote A-Moll-Akkord-Wand plötzlich zu A wurde. Unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die rote A-Moll-Akkord-Wand projiziert gibt also A-aeolisch über einem A-Moll-Akkord. Theoretiker nennen diese rote Wand Tonika parallele Moll, in Bezug auf die C-Dur-Tonika.
Als nächstes projizieren wir unsere gelbe Glasscheibe auf die H-Dim-Wand. Dazu drehen wir uns im Raum ein wenig weiter und richten unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf eine andere Wand, die violette H-Dim-Akkord-Wand. Das Gelb der Glasscheibe und das Violett der Wand mischen sich zu Braun. Unsere C-Dur-Tonleiter klingt plötzlich nicht mehr gelb (ionisch) und auch nicht orange (aeolisch). Dieses Braun benennen die Theoretiker lokrisch. Außerdem fällt uns beim Improvisieren auf, dass der Grundton nicht mehr C ist, sondern durch die violette H-Dim-Akkord-Wand plötzlich zu H wurde. Unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die violette H-Dim-Akkord-Wand projiziert gibt also H-lokrisch über einem H-Dim-Akkord. Theoretiker nennen diese violette Wand Verminderte, in Bezug auf die C-Dur-Tonika.
Um zu sehen, ob dieses System immer gleich funktioniert, richten wir unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf eine weitere Wand in diesem Raum. Diesmal ist es die blaue D-Moll-Akkord-Wand. Das Gelb der Glasscheibe und das Blau der Wand mischen sich zu Grün. Unsere C-Dur-Tonleiter klingt also weder gelb (ionisch) noch orange (aeolisch) und auch nicht braun (lokrisch), wie bei den anderen Wänden. Dieses Grün benennen die Theoretiker dorisch. Außerdem fällt uns beim Üben wieder auf, dass der Grundton nicht mehr C ist, sondern durch die blaue D-Moll-Akkord-Wand plötzlich zu D wurde. Unsere gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die blaue D-Moll-Akkord-Wand projiziert gibt also D-dorisch über einem D-Moll-Akkord. Theoretiker nennen diese blaue Wand Sub-Dominante parallele Moll, in Bezug auf die C-Dur-Tonika.
Das gleiche kann ich nun mit den restlichen drei Wänden in diesem Raum der Kirchentonleiter machen. Durch die Abweichung der Farbe der Glasscheibe in Relation zu den Farben der Wände ergeben sich für die Modi jeweils unterschiedliche Klangfarben. Das sind die sieben Modi der Kirchentonleiter.
Funktioniert das Prinzip auch mit der Pentatonik?
In einem pentatonischen Raum kann ich dasselbe Prinzip anwenden. Nur habe ich nun eine Glasscheibe, deren diatonisches Gelb nicht der C-Dur-Tonleiter entspricht, sondern eine pentatonische Gelbfärbung aufweist, die beispielsweise der C-Dur-Pentatonik entspricht. Als Ergebnis erhalte ich im pentatonischen Raum beim Spielen gegen die bunten Akkord-Wände nicht die sieben Modi der Kirchentonleiter, sondern die Klangfarben, die sich aus der verwendeten Pentatonik ergeben.
Wie klingt es, wenn man die C-Dur Tonleiter über die Stufenakkorde spielt?
In dem Raum der Kirchentonleitern mit den bunten Wänden haben wir gelernt was passiert, wenn man die Töne ein und derselben Tonleiter in Bezug zu verschiedenen Akkorden setzt. Man stellt dann fest, dass die C-Dur Tonleiter D-dorisch klingt, wenn man sie über einen D-Moll-Akkord spielt. Sie klingt F-lydisch, wenn man sie über einen F-Dur-Akkord spielt und G-mixolydisch, wenn man sie über einen G-Dur-Akkord spielt. Hier ist die vollständige Aufstellung der sieben Modi:
Die Klangcharakteristik der Modi am Beispiel der C-Dur Tonleiter
C - D - E - F - G - A - H - C: klingt ionisch, gespielt über C-Dur (Tonika)
D - E - F - G - A - H - C - D: klingt dorisch, gespielt über D-Moll (Sub-Dominante parallele Moll)
E - F - G - A - H - C - D - E: klingt phrygisch, gespielt über E-Moll (Dominante parallele Moll)
F - G - A - H - C - D - E - F: klingt lydisch, gespielt über F-Dur (Sub-Dominante)
G - A - H - C - D - E - F - G: klingt mixolydisch, gespielt über G-Dur (Dominante)
A - H - C - D - E - F - G - A: klingt aeolisch, parallele Moll, gespielt über A-Moll (Tonika parallele Moll)
H - C - D - E - F - G - A - H: klingt lokrisch, gespielt über H° (Verminderte)
Was ist ein Grundton und was ein Anfangston?
Um vor Missverständnissen vorzubeugen, sollte man sich den Unterschied zwischen Grundton und Anfangston vor Augen führen. Wird eine Tonfolge (Tonleiter, Melodie, Lick etc.) zu einer Begleitung (ein Akkord oder eine Akkordfolge aus mehreren Akkorden) gespielt, entscheidet nicht der Anfangston der Tonleiter, der Melodie oder des Licks über das Erklingen eines bestimmten Modus, sondern der Bezug dieser gespielten Tonfolge zum darunter liegenden Akkord. Dieser Akkord definiert den Grundton der darüber gespielten Tonfolge.
Spielt man hingegen nicht real zu einer Akkord-Begleitung, sondern spielt man beispielsweise Tonleiterübungen, »fühlt« man eher den Bezug zu einem Grundton. Bei Tonleiterübungen ist der Anfangston daher zumeist der »empfundene« Grundton.
Dur- und Moll-Tonleiter Entsprechungen zu den Modi am Beispiel Grundton C
Bisher haben wir die Tonleiter ausschließlich mit Tönen der C-Dur-Tonleiter betrachtet. Nun betrachten wir die Intervalle der sieben Modi jeweils in Bezug zum Grundton C und überlegen uns außerdem, welche Dur- und Moll-Dreiklänge dieser Skala zu Grunde liegt:
C -D -E - F - G - A - H - C: C-ionisch entspricht: C-Dur, A-Moll
C - D - Eb - F - G - A - Bb - C: C-dorisch entspricht: Bb-Dur, G-Moll
C - Db - Eb - F - G - Ab - Bb - C: C-phrygisch entspricht: Ab-Dur, F-Moll
C - D - E - F# - G - A - H - C: C-lydisch entspricht: G-Dur, E-Moll
C - D - E - F - G - A - Bb - C: C-mixolydisch entspricht: F-Dur, D-Moll
C - D - Eb - F - G - Ab - Bb - C: C-aeolisch entspricht: Eb-Dur, C-Moll
C - Db - Eb - F - Gb - Ab - Bb - C: C-lokrisch entspricht: Db-Dur, Bb-Moll
Sieht man sich die Töne der einzelnen Modi in dieser Aufstellung ganz genau an, erkennt man, dass man die Modi so unterteilen kann, dass sich (mit Ausnahme des lokrischen Modes) ein Dur- oder ein Moll-Charakter ergibt. Interessant ist es zu analysieren, welchen Dur- und Moll-Tonleitern die einzelnen Modi entsprechen:
Dur-Charakter:
C - D -E - F - G - A - H - C: C-ionisch
C - D - E - F# - G - A - H - C: C-lydisch
C - D - E - F - G - A - Bb - C: C-mixolydisch
Moll-Charakter:
C - D - Eb - F - G - Ab - Bb - C: C-aeolisch (natürlich Moll)
C - Db - Eb - F - G - Ab - Bb - C: C-phrygisch
C - D - Eb - F - G - A - Bb - C: C-dorisch
Weitere gebräuchliche Moll-Charaktere (außerhalb der Kirchentonleiter)
C - D - Eb - F - G - Ab - H - C: harmonisch Moll
C - D - Eb - F - G - A - H - C: melodisch Moll
C - D - Eb - F# - G - Ab - H - C: Zigeuner Moll
Weitere gebräuchliche Dur-Charaktere (außerhalb der Kirchentonleiter)
C - Db - E - F - G - Ab - Bb - C: phrygisch-dominant (phrygisch Dur)
C - Db - E - F - G - Ab - H - C: Zigeuner Dur
Modi mit Dur-Charakter
Vergleicht man die drei Skalen der Kirchentonleitern, die einen Dur-Charakter aufweisen, fällt auf, dass dieser Dur-Charakter auf fünf gemeinsamen Tönen beruht: Grundton, Sekunde, gr. Terz, Quinte und gr. Sexte. Die Quarte im lydischen Mode und die Septime im mixolydischen Mode variieren im Vergleich zum ionischen Mode. Man spricht darum auch von der lydischen Quarte (#4) und der mixolydischen Septime (kl. 7). Lässt man die beiden variierenden Töne weg, erhält man die Dur-Pentatonik: Grundton, Sekunde, gr. Terz, Quinte und gr. Sexte.
Modi mit Moll-Charakter
Vergleicht man die drei Skalen der Kirchentonleitern, die einen Moll-Charakter aufweisen, fällt auf, dass dieser Moll-Charakter wiederum auf fünf gemeinsamen Tönen beruht: Grundton, kl. Terz, Quarte, Quinte und kl. Septime. Die Sekunde im phrygischen Mode und die Sexte im dorischen Mode variieren im Vergleich zum aeolischen Mode. Man spricht darum auch von der phrygischen Sekunde (2b) und der dorischen Sexte (gr. 6). Lässt man die beiden variierenden Töne weg, erhält man die Moll-Pentatonik: Grundton, kl. Terz, Quarte, Quinte und kl. Septime.
Lokrischer-Charakter
Dem lokrischen Mode lässt sich weder ein Dur- noch ein Moll-Charakter zuordnen.
B) Der Gitarrist, der im einfärbigen Raum bunte Skalen spielt
Um wirklich alles ganz richtig zu verstehen, unternehmen wir nun noch ein weiteres Gedankenexperiment.
Wir nehmen wieder unsere Gitarre, die beim Spielen einer Tonleiter eine Glasscheibe in der Klangfarbe der gespielten Tonleiter erzeugt. Nur diesmal spielen wir nicht wie zuvor immer den gleichen Modus, sondern variieren die Modi, immer ausgehend vom Grundton C. Also: C-ionisch, C-dorisch, C-phrygisch, C-lydisch, C-mixolydisch, C-aeolisch und C-lokrisch.
Dann begeben uns in einen neuen Raum. Dieser Raum ist dreieckig und hat drei Akkord-Wände. Alle drei Wände sind gelb, variieren aber in ihrem Gelbton ein wenig. Viel auffälliger ist allerdings die Geometrie der Wände. Auch sie sind dreieckig und haben drei Seiten, die aus Prime, Terz und Quinte bestehen. Die erste Akkord-Wand wirkt aufgrund der kleinen Terz sehr klein, die zweite aufgrund der großen Terz sehr groß. Besonders fremdartig wirkt die dritte Wand. Sie hat neben der kleinen Terz eine verminderte Quinte, was sie im Auge des Betrachters sehr unharmonisch und unproportional wirken lässt. Und jetzt erkennen wir auch: aufgrund dieser speziellen Geometrie wird das einfallende Licht unterschiedlich gebrochen. Darum haben die drei Akkord-Wände variierende Gelbtöne.
Zuerst spielen wir in dem gelben Dreiecks-Raum eine Improvisation in der C-Ionischen-Skala. Wir spielen sie auf die gelbe C-Dur-Akkord-Wand, das ist die mit der großen Terz.
Schauen wir nun durch unsere gelbe C-Ionische-Tonart-Glasscheibe auf die gelbe C-Dur-Akkord-Wand, so mischt sich das Gelb der Glasscheibe mit dem Gelb der Wand. Wir sehen ein intensives Gelb: das ist C-Ionisch über einem C-Dur Akkord. Wir kennen diese Klangfarbe bereits von unserem ersten Besuch in dem bunten Raum. Nun wollen wir die Klangfarbe einer anderen Glasscheibe in diesem Raum ergründen.
Als nächstes projizieren wir eine rote C-Aeolisch-Glasscheibe auf die gelbe C-Moll-Wand, das ist die mit der kleinen Terz. Das tun wir deswegen, weil die C-Dur-Akkord-Wand eine große Terz (E) hat, die C-Aeolische Skala eine kleine Terz (Eb). Das würde dissonant zueinander klingen. Wir verwenden die C-Moll-Wand, denn dieser Modus ist ein Stufenakkord (Tonika parallele Moll).
Das Rot der C-Aeolisch-Glasscheibe und das Gelb der C-Moll-Akkord-Wand mischen sich zu Orange, die Klangfarbe kennen wir auch aus dem bunten Raum. Dort hatten wir jedoch unsere Improvisation durch die gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die rote A-Moll-Akkord-Wand projiziert, was zu einem Grundton A geführt hat. Beim Improvisieren im dreieckigen Raum zeigt sich, dass der Grundton in diesem dreieckigen Raum C bleibt.
Nun wollen wir auch die dritte Wand noch testen. Dazu projizieren wir unsere Improvisation durch eine violette C-Lokrisch-Glasscheibe auf die gelbe C°-Akkord-Wand, das ist die mit der kleinen Terz und der verminderten Quinte. Das tun wir deswegen, weil die C-Lokrische Skala eine kleine Terz (Eb) und eine verminderte Quinte (Gb) hat. Wir verwenden die C°-Wand, denn der Modus VII ist ein Verminderter-Stufenakkord.
Das Violett der C-Lokrischen-Glasscheibe und das Gelb der C°-Akkord-Wand mischen sich zu einem Braun. Die so gemischte Farbe ist zwar nicht so ansprechend wie andere Mischungen, aber was soll’s. Auch die nun gemischte Klangfarbe kennen wir bereits aus dem bunten Raum. Dort hatten wir jedoch unsere Improvisation durch die gelbe C-Dur-Tonleiter-Glasscheibe auf die violette H°-Akkord-Wand projiziert, was zu einem Grundton H geführt hat. Beim Improvisieren im dreieckigen Raum bestätigt sich wiederum, dass der Grundton in diesem dreieckigen Raum C bleibt.
Zu welchen Akkorden eignen sich die einzelnen Modi der Kirchentonleiter?
Aus den vorhergehenden Analogien geht unter anderem hervor, dass es drei unterschiedliche Akkordtypen gibt, die als Basis der verschiedenen Modi der Kirchentonleiter dienen und harmonisch klingen. Daraus ergibt sich, dass folgende Modi über diese drei Akkordtypen (hier auf Dreiklänge reduziert) gespielt werden können:
- Dur-Akkord: Ionische, Lydische und Mixolydische Tonleiter
- Moll-Akkord: Dorische, Phrygische und Aeolische Tonleiter
- Verminderter Akkord: Lokrische Tonleiter
Das Ganze ist aber nur eine Teilerkenntnis. Es gibt in diesem Zusammenhang diverse »avoid notes« - also bestimmte zu vermeidende Noten über gewissen Akkorden. Diese Töne werden deswegen so bezeichnet, weil manche Töne einer Skala über bestimmten Akkorden in der Stufentheorie dissonant klingen. Im Kontext und in Kombination zu harmonischen Tönen kann man mit den Disharmonien aber sehr schöne und interessante Effekte erzielen. Mit dieser Freiheit sollte man experimentieren und sich nicht vorschnell durch Verbote oder Vermeidungen die Kreativität nehmen lassen.
Wieso ist die Pentatonik für Ungeübte zunächst einfacher?
Über den Stufenakkorden von C-Dur (C, Dm, Em, F, G, Am) wird zumeist die C-Dur-Pentatonik verwendet: C - D - E - G - A.
In der C-Dur-Tonleiter existieren aber genaugenommen drei Pentatoniken, die C-Dur-Pentatonik, die F-Dur-Pentatonik und die G-Dur-Pentatonik:
C-Dur-Pentatonik: C - D - E - G - A (Grundton, Sekunde, Terz, Quinte, Sexte)
F-Dur-Pentatonik: F - G - A - C - D -> C - D - F - G - A (Grundton, Sekunde, Quarte, Quinte, Sexte)
G-Dur-Pentatonik: G - A - H - D - E -> D - E - G - A - H (Sekunde, Terz, Quinte, Sexte, Septime)
Betrachtet man nach der Stufentheorie die Stufenakkorde zum C-Dur-Akkord mit der dem jeweiligen Stufenakkord zugehörigen Pentatonik, so zeigt sich, dass sich für Dur und parallele Moll jeweils die gleiche Pentatonik ergibt und man findet die drei Pentatoniken wieder:
C-Dur-Penta (über C-Dur-Akkord): C - D - E - G - A
D-Moll-Penta (über D-Moll-Akkord): D - F - G - A - C
E-Moll-Penta (über E-Moll-Akkord): E - G - A - H - D
F-Dur-Penta (über F-Dur-Akkord): F - G - A - C - D
G-Dur-Penta (über G-Dur-Akkord): G - A - H - D - E
A-Moll-Penta (über A-Moll-Akkord): A - C - D - E - G
Damit wird einem sehr schnell klar, warum man mit der Pentatonik wenig falsch machen kann, wenn man sie über eine Akkordfolge spielt, die auf der Stufentheorie basiert, und sie im Gegensatz zu den diatonischen Modes der Kirchentonleiter viel einfacher anzuwenden ist. Mit der Penta umgeht man spannungserzeugende und eher als dissonant empfundene Töne und muss sich keine Gedanken um »Avoided Notes« machen. Die F-Dur-Penta hat mit der C-Dur-Penta vier Töne gemeinsam (C - D - G - A) und unterscheidet sich nur durch Verwendung der Quarte (F) anstelle der Terz (E). Die G-Dur-Penta hat mit der C-Dur-Penta ebenfalls vier Töne gemeinsam (D - E - G - A) und unterscheidet sich nur durch Verwendung der Septime (H) anstelle dem Grundton (C). Vier gemeinsame Töne bedeuten, dass die Penta die klangfärbenden Töne der Modes neutralisiert und damit deren klangfärbenden Eigenheiten beinahe vollständig verloren gehen.
Zwei prinzipielle Möglichkeiten der Tonleiterverwendung bei der Improvisation
Wie eingangs erwähnt, gibt es im Prinzip zwei sehr unterschiedliche Herangehensweisen an eine Improvisation:
1) Ich bin der Gitarrist, der im bunten Raum eine einfärbige Skala spielt
Die häufigere Art der Improvisation ist diese: Ich behalte meine Tonleiter und meine Skala über alle Akkordwechsel bei. Dadurch ändert sich der Modus automatisch über dem jeweiligen Akkord. Diese Möglichkeit besteht dann, wenn die Akkordfolge des Stücks auf den Stufenakkorden beruht. Vorteil: Einfachheit durch Beibehalten der Pattern über alle Akkordwechsel während der gesamten Dauer der Improvisation. Der Grundton der Tonart des Liedes wird durch die den Stufenakkorden zugrunde liegende Tonart definiert. Vom Grundprinzip her entspricht diese Art der Tonleiterverwendung einer funktionalen Spielweise. Die funktionale Spielweise orientiert sich an einem oder auch mehreren klar definierten Tonzentren und die Akkorde stehen in harmonischer Beziehung zu einander, wie beispielsweise in der Stufentheorie definiert. In funktionalen Stücken stehen Akkorde in einer funktionalen Beziehung zueinander, in den Hauptfunktionen Tonika, Dominante und Subdominante und ihrer Umkehrungen. Die Akkorde haben Leitfunktionen. Akkordwechsel stehen in funktionsharmonischem Zusammenhang, in der harmonischen Funktion führen Changes zu weiteren Changes.
2) Ich bin der Gitarrist, der im einfärbigen Raum bunte Skalen spielt
Im Rock und Pop eher weniger vertreten, dafür im Jazz sehr beliebt ist eine andere Form der Improvisation: Ich verändere bei jedem Akkordwechsel meine Tonleiter. Dies kann beispielsweise deswegen gemacht werden, um über jedem Akkord den gleichen Modus (beispielsweise Mixolydisch) erklingen zu lassen. Diese Art der Improvisation erfordert sehr große Routine, vor allem bei schnellen Akkordwechseln. Bei langsamen Stücken geht es leichter. Vom Grundprinzip her entspricht diese Art der Tonleiterverwendung einer modalen Spielweise. Bei einer modalen Spielweise sind Changes nicht notwendigerweise funktionsharmonisch gebunden. Der funktionsharmonische Aufbau basiert nicht auf Changes sondern auf modalen Sequenzen, die dem modalen Charakter der Akkorde gerecht werden. In typisch modalen Stücken haben die Akkorde keine klar erkennbare funktionale Funktion sondern sind einfach nur Klangfarben, über denen die modalen Sequenzen für die modale Klangfärbung sorgen. Bei der modalen Spielweise ist es melodietechnisch schwerer, interessant zu bleiben, da die Spannungen, die sich aus den Veränderungen der Skala über den Akkordwechseln ergeben, entfallen. Bei der modalen Spielweise muss man darauf achten, dass man kreativ mit der Klangfarbe des jeweiligen Modes umgeht. Ein modales Stück kann bei einer unkreativen und einfallslosen Improvisation sehr schnell eintönig wirken.
3) Ich bin der Gitarrist, der eine Mischform spielt
Der Vollständigkeit halber: Natürlich steht es einem auch frei, in der harmonischen Struktur eine Mischform zwischen Changes und Modal, zwischen funktionaler Spielweise und modaler Spielweise, zu wählen.
Praktisches Beispiel am Lied »Knocking On Heavens Door«
Aufgrund seiner Einfachheit möchte ich hier »Knocking On Heavens Door« als allgemein bekanntes praktisches Beispiel verwenden.
Die Akkordfolge: G - D - C - C / G - D - Am - Am
Um keine Verwirrung in der Erklärung zu stiften möchte ich weiterhin in der Tonart C-Dur bleiben, und transponieren darum die Akkordfolge. Daraus ergibt sich eine Akkordfolge für »Knocking On Heavens Door« in C-Dur.
Die Akkordfolge: C - G - F - F / C - G - Dm - Dm
Kurzer Sidestep: Da die Akkorde von »Knocking On Heavens Door« einem »I - V - IV - IV / I - V - II - II« Schema entsprechen, kann man diese Kadenz auch für ein Standard-Blues-Schema eines 12-taktigen Blues (12-bar Blues) heranziehen, das ein »I - I - I - I - IV - IV - I - I - V - IV - I - I« Schema aufweist.
Die Akkordfolge: C - C - C - C - F - F - C - C - G - F - C - C
Dem mixolydischen Mode wird nachgesagt, dass er einen bluesigen Charakter hat, was wohl an der mixolydischen Septime (kl. 7) - in Kombination mit der gr. Sexte - liegt. Der lydische Mode enthält gar eine lydische Quarte (#4), was der traditionellen Blue Note (rein gespielt: Tritonus) entspricht. Die von der klassischen Dur-Tonleiter abweichenden Töne sorgen demnach unter anderem dafür, dass ein bluesiger Charakter möglich wird, insbesondere, wenn man die Moll-Terz in der Dur-Penta ergänzt.
Variante 1) funktionale Spielweise: Ich behalte meine Tonleiter über alle Akkordwechsel bei
Die Akkordfolge C - G - F - F / C - G - Dm - Dm ist in C-Dur notiert. Über diese Akkordfolge spiele ich konsequent die Töne der C-Dur-Tonleiter: C - D - E - F - G - A - H - C. Bei dieser funktionalen Spielweise stellen wir folgendes fest:
- C-Dur: klingt C-ionisch (C-Dur) beim Spielen der C-Dur-Tonleiter
- G-Dur: klingt G-mixolydisch beim Spielen der C-Dur-Tonleiter
- F-Dur: klingt F-lydisch beim Spielen der C-Dur-Tonleiter
- D-Moll: klingt D-dorisch beim Spielen der C-Dur-Tonleiter
Um ein Gefühl für die Spannung und die Aufhebung dieser Spannung der Töne der C-Dur-Tonleiter in Relation zu den zugrundeliegenden Akkorden zu bekommen, kann man beispielsweise folgendermaßen vorgehen: man spielt die einzelnen Töne der Tonleiter zunächst einmal isoliert über eine gesamte Akkordfolge:
C: Der Ton C erklingt über dem C-Dur-Akkord als Grundton, über dem G-Dur-Akkord als Quarte, über dem F-Dur-Akkord als Quinte und über dem D-Moll-Akkord als kl. Septime.
D: Der Ton D erklingt über dem C-Dur-Akkord als Sekunde, über dem G-Dur-Akkord als Quinte, über dem F-Dur-Akkord als gr. Sexte und über dem D-Moll-Akkord als Grundton.
E: Der Ton E erklingt über dem C-Dur-Akkord als gr. Terz, über dem G-Dur-Akkord als gr. Sexte, über dem F-Dur-Akkord als gr. Septime und über dem D-Moll-Akkord als Sekunde.
F: Der Ton F erklingt über dem C-Dur-Akkord als Quarte, über dem G-Dur-Akkord als kl. Septime, über dem F-Dur-Akkord als Grundton und über dem D-Moll-Akkord als kl. Terz.
G: Der Ton G erklingt über dem C-Dur-Akkord als Quinte, über dem G-Dur-Akkord als Grundton, über dem F-Dur-Akkord als Sekunde und über dem D-Moll-Akkord als Quarte.
A: Der Ton A erklingt über dem C-Dur-Akkord als gr. Sexte, über dem G-Dur-Akkord als Sekunde, über dem F-Dur-Akkord als gr. Terz und über dem D-Moll-Akkord als Quinte.
H: Der Ton H erklingt über dem C-Dur-Akkord als gr. Septime, über dem G-Dur-Akkord als gr. Terz, über dem F-Dur-Akkord als übermäßige Quarte und über dem D-Moll-Akkord als gr. Sexte.
Aus Tönen, deren Spannung einem in Bezug auf die Akkorde besonders gefallen, bildet man Melodien und Licks.
Variante 2) modale Spielweise: Ich verändere bei jedem Akkordwechsel meine Tonleiter
Wie klingt eine Improvisation nach einem bestimmten Modus?
Möchte man seiner Improvisation von »Knocking On Heavens Door« beispielsweise eine lydische oder eine mixolydische Klangfarbe geben, so orientiert man sich an der modalen Spielweise und verwendet dabei die modus-typischen Intervalle:
Um nach dem lydischen Mode zu klingen, spielt man zunächst die lydischen Quarte (#4) konsequent über den einzelnen Akkorden. Über der Tonika (C-Dur-Akkord) den Ton F#, über der Dominante (G-Dur-Akkord) den Ton C#, über der Sub-Dominante (F-Dur-Akkord) den Ton H, über der Sub-Dominante parallele Moll (D-Moll-Akkord) den Ton G#. Rund um diese lydische Quart baut man dann seine Melodien und Licks, aufbauend auf dem Tonmaterial des lydischen Mode.
Um nach dem mixolydischen Mode zu klingen, spielt man zunächst die mixolydischen Septime (kl. 7) konsequent über den einzelnen Akkorden. Über der Tonika (C-Dur-Akkord) den Ton Bb, über der Dominante (G-Dur-Akkord) den Ton F, über der Sub-Dominante (F-Dur-Akkord) den Ton Eb, über der Sub-Dominante parallele Moll (D-Moll-Akkord) den Ton C. Rund um diese mixolydische Septime baut man dann seine Melodien und Licks, aufbauend auf dem Tonmaterial des mixolydischen Mode.
Viel Spaß und gutes Gelingen
All jenen, die sich für das Thema interessieren, wünsch ich viel Spaß, Erfolg und gutes Gelingen!
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