Hi,
es scheinen sich hier ja alle mehr oder weniger einig zu sein, dass heute (fast) alles besser ist... Equipment-mäßig bin ich da ganz bei Euch, und auch Übungsmaterial etc. war noch nie so günstig und umfassend zu bekommen.
Allerdings: nach meiner Wahrnehmung ist in diesem Jahrtausend die Musik als solche ein bisschen unter die Räder gekommen, vor allem die Begeisterung und das Engagement.
Wohlgemerkt meine ich damit nicht, dass die Musik selbst "schlechter" geworden wäre, aber der gefühlsmäßige Stellenwert ist irgendwie nicht mehr der selbe. In meinem Fall ist "früher" die Zeit der 80er/90er, in denen ich auch selbst am aktivsten war. Da hat man sich noch sehr stark über den Musikgeschmack definiert, ob man jetzt Metaller, Hip-Hop-Fan oder Waver war. Klar waren die Glaubenskriege ein bisschen kindisch, aber das war einfach
so unheimlich wichtig für einen... Diese Leidenschaft ist es am ehesten, wenn ich was an der heutigen Musikszene vermisse. Dabei will ich noch gar nicht mal von Casting-Shows reden, bei denen die Antwort darauf, warum eine/r Musik macht, meist ist: "Weil ich richtig berühmt werden will und so!"...
Musik ist heute leichter zugänglich, sowohl ihr Konsum wie ihre Erzeugung, aber das scheint mir eben mit einer gewissen Entwertung einher zu gehen. Musik zu machen war damals auch für viele Amateure fast der zentrale Lebensinhalt, das scheint mir selten geworden zu sein. Schon ein simples Demoband aufzunehmen, erforderte ganz schöne Anstrengungen - die Folge war, dass selbst die miesesten fast immer mit echtem Herzblut gemacht waren.
Heute ist das Musizieren nach meinem Eindruck bei den meisten nur eine Freizeitbeschäftigung unter vielen, was übrigens bei anderen Dingen wie Vereinsengagement, Sport, Politik usw. ganz ähnlich ist. Hunderte Fernsehkanäle, Internet-Videos, soziale Medien, das frisst halt auch sehr viel Zeit. Auch der Umgang miteinander leidet. Früher war der Kreis der Menschen einfach viel kleiner, zu dem man Zugang hatte, da hat man sich auch etwas besser überlegt, ob man sichs mit denen verscheißt. Heute brauchst Du ja keine Band mehr, schließlich kann man sich für das nächste Projekt zwischen Flensburg und Heidelberg auch Dateien zuschicken... Oder der Sound: Dadurch, dass es heute deutlich einfacher wurde, zB einen
ziemlich guten Gitarrensound aufzunehmen, fehlt es mir oft am Bestreben, vom Vorkonfektionierten abzuweichen und den
einmaligen, eigenen Sound zu finden. Oder einfach nur ein geiles Zufallsprodukt zu erzeugen, weil mans halt nicht besser wusste.
Vielleicht nehme ich diese Beliebigkeit auch nur gerade deshalb so wahr, weil ich selber halt nicht mehr so viel Zeit für die Musik habe wie damals, als Schüler oder Student. Wenn die jungen Wilden mir widersprechen wollen, wäre mir das zur Wiederherstellung meines Glaubens also gar nicht unrecht
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Gruß, bagotrix
P.S.:
In koblenz gabs bzw. gibt für die saitenhexer damals denn fritz rössel und einen größeren gitarrenladen deren Namen mir gerade nicht mehr einfällt wo teilweise sogar die ganz grossen eingekauft haben sollen
Das muss dann wohl Prosound Koblenz in der Mayer-Alberti-Straße gewesen sein, die hatten immer fette Anzeigen im Fachblatt und sogar ein Abo für einen Newsletter (noch ganz buchstäblich, also richtig auf Papier gedruckt). Auch eine eigene Boxenserie wurde gebaut, in Flightcaseoptik mit Stahlgittern und gelbem "Pro" draufgesprüht. Hauptsächlich PAs und Monitore (sagt jemanden "Fuffzehn-Dreier" noch was?) und Bassboxen. Die waren damals tatsächlich eine große Nummer, haben aber anscheinend irgendwann den Anschluss verloren.