Gescheite Schulen, Methoden und Materialien für den Anfangsunterricht und die ersten Jahre

  • Ersteller Colorido
  • Erstellt am
Das hat vor allem damit zu tun, ob jemand Ideen hat, die er auch formulieren kann. Improvisation besteht vor allem aus zwei Komponenten: 1. Wortschatz (Melodiefloskeln, Rhythmen, Akkorde etc., also alles, was man systematisch üben kann) und 2. Ideen. Letztere bekommt man hauptsächlich durch Hören von Musik, denn niemand von uns kommt musikalisch aus einem luftleeren Raum, sondern wir alle sind durch Hörerfahrungen vorgeprägt.

Wenn jemand Hemmungen hat, heißt das meistens, dass auf einem oder beiden dieser Gebiete noch Mängel vorliegen, oder aber die Ideen nicht zum beherrschten Wortschatz passen. Diese Dinge kann man aber alle gezielt angehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hat vor allem damit zu tun, ob jemand Ideen hat, die er auch formulieren kann. Improvisation besteht vor allem aus zwei Komponenten: 1. Wortschatz (Melodiefloskeln, Rhythmen, Akkorde etc., also alles, was man systematisch üben kann) und 2. Ideen. Letztere bekommt man hauptsächlich durch Hören von Musik, denn niemand von uns kommt musikalisch aus einem luftleeren Raum, sondern wir alle sind durch Hörerfahrungen vorgeprägt.

Ich glaube eher, das richtige Improvisation zwar von der Basis her erlernt werden kann - aber dennoch in der entsprechenden Situation mehr aus dem Bauch heraus kommen muss (mithilfe der Basics). Das wäre für mich die echte Improvisation, dass es halt doch über Gefühle und nicht über Technik gesteuert wird (wobei die Technik zusätzlich da sicher hilfreich ist). Vielleicht wird Improvisation deshalb auch als das Schwerste überhaupt anerkannt - zumindest im gesanglichen Bereich.

Wenn jemand Hemmungen hat, heißt das meistens, dass auf einem oder beiden dieser Gebiete noch Mängel vorliegen. Beides kann man aber gezielt angehen.

Naja gut, das wäre dann natürlich von Menschentyp zu Menschentyp auch wieder anders, aber da gibt es bestimmt auch Wege und Mittel :D
 
Ich glaube eher, das richtige Improvisation zwar von der Basis her erlernt werden kann - aber dennoch in der entsprechenden Situation mehr aus dem Bauch heraus kommen muss (mithilfe der Basics). Das wäre für mich die echte Improvisation, dass es halt doch über Gefühle und nicht über Technik gesteuert wird (wobei die Technik zusätzlich da sicher hilfreich ist).
Eben, genau das ist es. Die Basics sind der Wortschatz, aber erst aus der Situation heraus wählt man die genauen Formulierungen. Und die fallen einem intuitiv ein, aber eben umso leichter, je umfangreicher der Wortschatz ist und je mehr Inspiration man im Laufe des Lernens gesammelt hat und man auch in dem jeweiligen Moment von außen bekommt. Letzteres mag (neben der rhythmisch-harmonischen Struktur) mit ein Grund dafür sein, dass Improvisation in einer Gruppe, die sich speziell zu diesem Zweck zusammenfindet, oft leichter fällt.
 
Mhm ja, das ist aber meiner Meinung nach auch ein Zustand, den man nicht so einfach erreicht. Bei der beschriebenen Übung damals habe ich an nichts spezielles gedacht bzw. es einfach mal vor sich hinlaufen lassen. Dieses Ausklinken, wie man solche Situationen so schön nennt, muss man als Erwachsener auch erst wieder lernen. Und ich bezweifle, dass das schnell zu lernen ist. Dafür ist man als erwachsener Schüler wohl zuerst einmal zu verkopft.
 
Ja, das stimmt, wir Erwachsenen denken einfach zu viel nach und wollen meistens alles gleich perfekt machen, schließlich sind wir ja schon weiter - bzw. sehen uns gerne so. Aber jemand, der jahrelang nur nach Noten gelernt hat, ist, wenn er dann improvisieren soll, auf seinem eigenen Instrument eben auf einmal wieder ein Anfänger, was ausgesprochen frustrierend sein kann (Glaub mir, als ehemaliger Kirchenmusikstudent weiß ich leider nur zu gut, wovon ich da rede!). Herbert Wiedemann hat über diese Problematik übrigens einen sehr erhellenden Artikel im »Handbuch Üben« (hrsg. von Ulrich Mahlert) veröffentlicht.

Ich glaube aber, dass sich diese Dinge effektiver und nachhaltiger über das Gehör lernen lassen. Denn so großartig die Erfindung Notenschrift auch ist: Wenn sie zwischen unseren Ideen und deren Realisierung steht, weil wir uns nur das erlauben zu spielen, was wir auch sofort aufschreiben könnten, kann sie auch ein massives Hindernis darstellen. Deswegen denke ich, dass die Notenschrift zur Vermittlung von Improvisation als alleiniges methodisches Mittel bei weitem nicht ausreicht.
 
Zur Sprachregelung: viele Schüler verstehen statt “tiefere“ Töne eher die Beschreibung “dunkler“, “heller“ für “höher“. Gerade die jüngsten.

Wer sich für Handlungsorientierung im Unterricht interessiert, dem empfehle ich den Ansatz von Jerome Bruner
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Jerome_Bruner
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Danke für den Tipp mit den Bezeichnungen, das wird mir sicherlich noch behilflich sein. :great:

(P.S. Wobei es bei den beschriebenen Schülern oft gar nicht so sehr um die Begrifflichkeit selbst geht, sondern viel mehr um die bloße Wahrnehmung und Unterscheidung der Töne.)

Mit Bruner müsste ich mich erstmal näher befassen, höre zum ersten Mal von ihm.
 
Grund: Postskriptum in Klammern
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Mich wundert auch immer wieder, warum bei vielen solange die Vorstellung fehlt, dass Noten “oben“ weiter rechts beim Klavier bedeuten.

Ab einem gewissen Punkt sage ich dann: es gab genug Hinweise zum handelnden Spielen, jetzt müssen die Noten und die Zuordnung stur gepaukt werden.
Ja, der Meinung bin ich auch, wobei ich es allerdings wichtig und hilfreich finde, wenn die Schüler erstens auch die Orientierung anhand der gehörten Tonhöhen verinnerlicht und zweitens die Intervalllogik auf den weißen Tasten und in den Noten begriffen haben. Wenn das gegeben ist, können sie sich Stücke von Noten selbst erarbeiten, was in der Regel mehr Spaß macht und nachhaltiger ist als einfaches Pauken. Die Zuordnung der Tasten zu den Noten lernen sie dann fast nebenbei und die Vorzeichenlogik lässt sich dann auch vergleichsweise leicht darauf aufbauen.
Hab' ich schon gesehen und mich auch dran beteiligt. :) Jener Fred war auch mit eine Initialzündung für diesen meinen eigenen Fred, weil ich die andere Diskussion nicht dafür missbrauchen wollte (mein erster Beitrag dort ist auch so schon lang genug...).
 
Grund: Leseflussoptimierung durch Satzumbau
Zuletzt bearbeitet:
Weil es hier ins Thema passt, zitiere ich mich mal selbst (aus dem Thread zur russischen Klavierschule)

Auf der Musikmesse sprach ich mit Verlegern über generelle Konzepte von Instrumentalschulen.
Ich habe den Eindruck, dass in so manchen (! nicht allen) neuen Instrumentalschulen im Vergleich zu den alten kompakt und nüchtern gestalteten Heften weniger Inhalt auf mehr Platz verteilt wird. Das habe ich kritisiert. Die Antwort darauf hat mich nicht gewundert.
Ich fasse die mal so zusammen: es ist eine Politik der kleinen Häppchen, anfüttern und dann für jeden Hunger das passende anbieten.
So enthalten "Haupthefte" lediglich das methodische Gerüst bzw. die wichtigsten Arbeitsschritte und wenn man an eine Stelle kommt, die intensiver geübt werden muss, greift man zu den Ergänzungsheften.
Dass viele dünne Hefte unterm Strich teurer sind als ein paar dicke wird von den Kunden anscheinend in Kauf genommen. Wie groß der Vorteil dieses Systems ist, hängt einerseits vom Schülertyp und andererseits vom angebotenen Material ab.

Auch die alten Klavierschulen setzen darauf, dass der Lehrer sich nicht allein auf eine Schule verlässt, sondern sie den Anforderungen seiner Schüler entsprechend angemessen ergänzt. Diese Ergänzungen müssen bei Kindern anders aussehen, als bei Erwachsenen. Und heute sehen sie anders aus als früher, weil die Kinder mit völlig veränderten Medien aufwachsen.
Die russische Schule ordne ich da so ein:
Schulen wie die "russische" bieten ein umfassendes Konzept, mit viel Übungsmaterial, das ohne "optischen Firlefanz" dargeboten wird und vom Schüler erwartet, dass er regelmäßig und effektiv mitarbeitet. Wenn er das tut, kommt man im Stoff zügig voran. Vom Lehrer erwartet diese Schule wie jede andere Klavierschule auch, dass er erkennt, wann er einen auf den Schüler abgestimmten Abstecher einbauen muss. Einem Autodidakten fehlt dafür (also dies zu erkennen und das richtige Ergänzungsmaterial zu finden) zunächst einmal das Wissen und er muss sich mühsam Hinweise auf ergänzendes Notenmaterial zusammensuchen.

@Colorido
Wenn man ein neues Lehrbuch konzipiert, überlegt man sich ja als erstes, wie man die verschiedenen Lernschritte anordnet. Ein lineares Konzept ist am einfachsten darzustellen und die aufeinander folgenden Lernschritte können in einem dicken Notenheft zusammengefasst werden. Ist in Summe ja eigentlich das preisgünstigste und wenn das Konzept zur Zielgruppe passt, lässt sich damit auch besonders bequem arbeiten. Aber wenn solche Sammelbände immer weniger Abnehmer zu finden scheinen ... :nix:
Da liegt es nahe aus der Not eine Tugend zu machen. Man beschreibt das methodische Konzept und stellt die Variationsmöglichkeiten des verzweigten Systems dar. Den Lernstoff selbst gruppiert man den verschiedenen Lernschritten entsprechend auf viele dünne Hefte, die jeweils ein Arbeitsmodul darstellen. Wenn diese Arbeitsmodule auf verschiedene Weise kombiniert oder gereiht werden können, entsteht ein verzweigtes Lernprogramm, das sich auf verschiedene Schülerbedürfnisse ausrichten läßt. So ein modulares Lernprogrogramm hat den Vorteil, dass es bei Bedarf zielgruppenorientiert immer wieder um weitere Module ergänzt werden kann, die nicht zwingenderweise alle von einem einzigen Autor stammen müssen.

Gruß
Lisa
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
@Lisa2 : Gutes Argument. Danke auch fürs Beisteuern Deiner Musikmesse-Erfahrungen!

Natürlich ist ein modularer Aufbau gar nicht mal so sinnfrei. Was mich nur stört, ist einerseits, dass manche Autoren das scheinbar zum Anlass nehmen, Unmengen an Material zu veröffentlichen, das zum Teil methodisch und musikalisch recht dürftig ist, und andererseits, dass es für die Grundlagen im Spielen, Musizieren und Notenlesen trotz des übergroßen Angebots am Markt so wenig Vielfalt an methodischen Herangehensweisen gibt und das Gros davon ganz stark von eben jenen Methoden geprägt ist, die ich aus meiner Erfahrung heraus nur ablehnen kann.

Für meine eigene Schule (wie gesagt, ich rechne mit einer Konkretisierung des Projektes frühestens in knapp zehn Jahren) plane ich ja auch einen modularen Aufbau, wobei ich erst einmal nur drei Bände für den Anfangsunterricht plane, jeder mit einer eigenen Schwerpunktsetzung. Davon soll der erste Band - Spielen und Musizieren nach Gehör, technische Grundlagen - aber der wichtigste sein. Die beiden darauffolgenden Bände sind eher als 2a und 2b gedacht, einer soll sich mit Improvisation, der andere mit dem Notenlesen beschäftigen. Noch ist allerdings auch noch nicht festgelegt, ob ich das Ganze tatsächlich in Druckform mache, zumal Audios und Videos fest zu meinem Konzept dazugehören.

Meine Kritik richtet sich sich also nicht gegen die modulare Aufteilung einer Klaviermethode an sich, sondern viel mehr gegen das, was auf dem Markt damit gemacht wird, vor allem, weil er nur ausgesprochen selten dadurch methodisch bereichert wird.

P.S. Und nur zur Sicherheit, damit kein verzerrter Eindruck entsteht: Es geht mir bei diesem Thread weder um einen Pauschalrundumschlag gegen den Markt (nötige Kritik aber sehr wohl) noch um Werbung für mein eigenes Projekt, sondern vor allem um meine Suche nach Gutem und Nutzbarem, was bereits existiert. Falls also jemand noch brauchbare Klavierschulen und gutes Unterrichtsmaterial kennt oder einen Tipp hat, in welcher Richtung ich danach suchen könnte, immer her damit! :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Kennst Du "Klavierspiele für Nicht-Klavierspieler" von Karl Foltz?
Das ist keine methodisch aufgebaute Schule.
Diese drei-bändige Sammlung von Studien und Kompositionen beinhaltet vielfältige musikalische Ideen. Wenn man erkennt, wie sich diese aus Spielbewegungen heraus entwickeln lassen, bekommt man einen völlig anderen Zugang zu diesen Kompositionen, als wenn man "nur" nach Noten spielt. Indem man sich die verschiedenen Spielbewegungen genauer ansieht, bekommt man auch neue Impulse für Improvisationen. Darüber hinaus macht es Spaß, den Kompositionen aus Sicht der Musiklehre nachzuspüren.

Gruß
Lisa
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben