Vermutlich nicht anders... Ich habe jedenfalls immer die Erfahrung gemacht, dass es eine direkte Korrelation zwischen unplugged Sound und verstärktem Sound gibt. Eine Strat, die am Amp saugeil klingt, klingt auch trocken gespielt super knackig und resonant.
Ich hatte auch mal ein Edel Vintage Strat Projekt am Start. Das ganze ist fürchterlich, wirklich fürchterlich in die Hose gegangen.
Das ganze fing so an:
Meine erste Strat war eine Rockinger. Gutes Instrument, mit dem ich immer zufrieden war. Doch dann bekam ein Freund von mir zum Abitur eine Realguitars Standard Built Strat. Body PU Lack, der superfette Hals unlackiert, was eine für mich fantastische Bespielbarkeit anbot. Das Ding klingt tierisch!
Das war schon ein deutlicher Unterschied zu meiner Rockinger. Und wie das eben so ist, wenn man einmal was wesentlich geileres gespielt hat, vermiest einem das einfach den Spaß an der eigenen Gitarre, an der man bis dato, sicherlich auch mangels qualitativ hochwertiger Vergleiche, nichts auszusetzen hatte. Für mich war also klar: Eine neue Strat muss her!
Nun hätte ich ja einfach nach Leverkusen fahren können, diverse Strats antesten, und die mir Liebste erwerben können. Aber ich wollte noch einen draufsetzen. Ich dachte mir: Wenn ich die edelsten Parts zusammenbaue, müsste ja auch eine absolut superedle Strat dabei rauskommen. Eine, die nicht nur optisch sondern auch soundlich vielleicht NOCH besser ist als die Realguitars?
Also Body und Hals bei Warmoth USA bestellt. Korpus klassische Erle, Vintage Shaping, der Hals Vogelaugenahorn mit Fatback Profil, bildhübsche (!!!) Maserung, mit Stainless Steel Bünden. Pickups von Peter Florance, 60s BL, Callaham Tremolo. Alle Zutaten also absolut allererste Sahne. Habe die Gitarre sogar noch in Berlin bei Kuhlo Guitars plekken lassen. Den Hals habe ich ohne Lackierung gekauft und selbst mit einem leichten Öl Finish versehen.
Das Endprodukt war zwar nicht schlecht, aber eben auch bei Weitem nicht so gut, wie ich es mir erhofft hatte. Wunderbares Klingeln, aber irgendwie hatte der Ton kein Fundament, keinen Punch. Definitiv eine bessere Strat als meine Rockinger. Aber im Vergleich zur Realguitars deutlich schlechter. Zudem war ich von der Haptik des Warmoth Fatback Profils mal so gar nicht angetan. Der verlor mir einfach zu viel Fleisch zu den oberen Bünden hin. Dabei weiß ich ein dickes Halsprofil gerade in den oberen Lagen zu schätzen.
Da stand ich also nun, gut 1500 Euro investiert und eine Gitarre, die meinen Erwartungen und Ansprüchen einfach nicht gerecht wurde. "Liegt es vielleicht an den Stainless Steel Bünden?", frage ich mich. In meiner Verzweiflung habe ich dann also einen Allparts Hals von Realguitars, mit exakt dem selben Profil wie bei der Strat meines Freundes, verbauen lassen. Dadurch wurde es klanglich etwas besser. Aber immer noch nicht wirklich gut.
So stand sie dann eine ganze Weile bei mir rum, in der ich die Gitarre kaum angefasst habe. Irgendwann habe ich sie dann in ihre Einzelteile zerlegt und Warmoth Body und Hals verkauft. "Lag es vielleicht am Body? War der vielleicht zu dick lackiert?", grübelte ich. Dann irgendwann fürn Hunni einen lediglich geölten Thorndal Body gekauft und diesen mit dem verbliebenen Allparts Hals gepaart. So steht sie jetzt auch noch in meinem Zimmer, aber anfassen tu ich sie trotzdem nicht. Immer noch keine richtig (!) gute Strat.
Ich fasse also zusammen: Ein absolutes Desaster. Knapp 2000 Euro ausgegeben und nichts ist bei rumgekommen. Es bereitet mir jetzt noch Magenschmerzen, wenn ich daran denke, was ich mir für eine geile Strat im Laden für das Geld hätte kaufen können.
Aus lauter Frust und der Tatsache, dass ich gitarrentechnisch immer noch nicht im qualitativ hochwertigen Sektor angekommen war, habe ich mir dann eine Heritage H 150 gebraucht gekauft. Das musste dann einfach sein.
Das Kapitel Strat war mit diesem Trauma mangels Geld dann auch erstmal beendet. Aufarbeiten werde ich es wohl frühestens dann können, wenn ich mein Studium beendet habe und wieder mal ein bisschen was in die Kasse kommt. In der Zwischenzeit tröste ich mich mit meiner Les Paul und versuche so gut es geht, dieses finanzielle Desaster zu verdrängen.
Erkenntnisse habe ich natürlich einige gewonnen, wenn auch teuerst bezahlt. Woran liegt es wohl, wenn die Summe aus erlesensten Komponenten trotzdem keine gute Gitarre macht? Hatte ich mit Body und Hals vielleicht Pech? Ist Warmoth vielleicht doch kein Garant für erstklassiges Tonholz? Ich denke nicht. Damit meine ich aber nicht, dass Warmoth keine guten Hölzer anbietet, sondern einfach, dass sie einem genausowenig wie jeder andere Hersteller garantieren können, dass dieses oder jenes Stück Holz wirklich erstklassig klingt. Warmoth hat ja eine absolut überwältigende Reputation unter Gitarristen, es ist ja quasi DIE Premium Adresse für Gitarrenparts. Und man liest ja auch von vielen gelungenen Projekten. Offenbar hatte ich schlicht und ergreifend Pech mit dem Hölzern.
Ich frage mich nur:
Wenn z.B. ein Laden wie Realguitars aus Allparts Teilen so hammergeile Gitarren baut, wie kriegen die das hin? Glück bei der Holzauswahl? Vermutlich. Wenn die eine Strat zusammenbauen und merken "Mh, naja, eher so lala" werden sie die ja sicherlich auch nicht fürn Tausender + in den Laden hängen. Bauen sie die dann wieder auseinander, versuchen es evtl. mit Rekombination mit anderen Hälsen bis was Gutes dabei rauskommt? Oder haben die jemanden bei Allparts im Lager sitzen der ihnen jedes Stück Holz persönlich abklopft?
Klar, wohl kaum.
Soviel nur einmal zu meinen Erfahrungen bezüglich Strat-Projekt. Wer denkt, dass (evtl. vermeintlich) gute Parts eine gute Gitarre ergeben, kann damit, genau wie ich, fürchterlich auf die Schnauze fallen. Und klar, die Strat hat viele Komponenten, von denen alle den Sound beeinflussen. Aber eins ist doch klar: Die Grundsubstanz kommt einfach vom Hals und Body. Wenn man da trocken gespielt solche Defizite feststellt, wenn man diesen "Knack" beim trockenen Anspielen vermisst, dann haperts einfach an der Substanz. Das kann kein Tremolo und kein Pickup kompensieren.
Mein Tipp also: Bodies und Hälse lassen sich ja relativ problemlos an- und verkaufen, auch wenn man mitunter einen etwas längeren Atem braucht. Du hast ja noch andere gute Strats, daher bist du ja nicht darauf angewiesen, aus deinem Projekt innerhalb kürzester Zeit auf Teufel komm raus etwas Zufriedenstellendes herauszuholen. Einfach Bodies und Hälse durchprobieren, solange bis es eben klappt. Und was ich gelernt habe: Pech mit Tonhölzern kannst du in allen Preisklassen haben. Ein guter Name lässt leider nicht auf gutes Tonholz schließen.
Gruß