Akkordeon mit orgelähnlichem Klang: Brandoni - Beltuna Prestige/Leader - oder...?

  • Ersteller Atemblau
  • Erstellt am
Ich habe mir jetzt noch mal den ganzen Faden durchgelesen und mich dann gefragt: Was ist bzw. wodurch zeichnet sich ein Orgelklang aus?

Da ich ja ursprünglich von der eOrgel her komme und auch ab und an mal die Möglichkeit habe auf einer Kirchenorgel zu spielen ist mir dieses Instrument nicht fremd.

Mich beeindruckt dabei immer wieder, wie verschiedene register den großen Raum füllen, was ja durch eine regelrechte Materialschlacht erreicht wird, dass z.B. die 16' Pfeiffen auch wirklich so groß sind und jede menge 'Wums' haben. Dieser wums ist ja das, was in der Kirche meist so beeindruckend wirkt. Als Beispiel mag der einsatz der Walze dienen, die ein Register nach dem anderen bis zum vollen Werk zuschaltet. Solch ein Volumen werden wir mit unseren kleinen Luftpumpen niemals erreichen können.
Die Jungs, die früher mit mechanisch betätigten Blasebälgen den Spielwind zur Verfügung stellen mussten haben dann Schwerstarbeit geleistet.
Das können wir mit unserem lässig hin- und hergehenden Balg nicht erreichen.
Als Orchester dann schon, das sehe ich bei unseren Kirchenkonzerten, wo wir sehr aufpassen müssen, bei schnelleren Passagen nicht zu laut zu werden, weil sich dann alles zuhallt.
Da gefallen mir Orgeln in eher schalltoten Konzerthäusern besser, weil sich da nicht dieser 'Überhall' aufbauen kann. Ich habe da eine Vorführung der Orgel im Konzerhuset in Stockholm erlebt, die bei mir die Empfindung einer Orgel nachhaltig verändert hat.

Was macht nun aber den typischen Orgelklang aus?
Ist es die Mixtur aus verschiedenen Registern die man eher als 'Sägekreischend' bezeichnen könnte, oder ein recht flacher Sound aus Registern, die mehr an eine Flöte erinnern?

Die Tonerzeugung beim Akkordeon ist nun ein eher 'schmutziger' Ton mit einer undefinierten Obertonreihe, was sich dann bei einfach gebauten Instrumenten auch als 'Sägendkreischen' titulieren ließe.
Meine imperator VS ist so eine Kiste: kreischend laut aber nicht schön. Ist das nun der Orgelklang oder dann doch das genaue Gegenteil z.B. eine Gola, die - wie maxito oben schon bemerkte- eher an eine Flöte erinneren könnte.

Der Vergleich mit einer Orgel ist nun auch insofern schwierig, weil die Orgel ein stationäres Instrument ist, in die man alles einbauen kann, was die technischen Möglichkeiten hergeben, z.B. ein Glöckenspiel und andere Kuriositäten. Das würde man ja nicht als typischen Orgelklang bezeichnen.

Ich persönlich möchte auch nicht die Einschränkungen einer Orgel in Kauf nehmen, z.B. die extrem eingeschränkten Dynamikmöglichkeiten.

Von daher möchte ich, dass mein Akkordeonspiel auch wie ein Akkordeon klingt. Aus dem Grund halte ich auch nicht viel davon, das Tremolo zu flach zu stimmen, was momentan aber im Trend liegt.
Ich spiele zwar mittlerweile überwiegend in geraden Registern, aber wenn ich ein Tremolo haben möchte, soll es auch wie eines klingen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich finde, auf die Mixturen kommt es nicht einmal so an...: denn sie tun ja nichts anderes, als gewisse Obertöne aktiv zu produzieren...
Da tust du den Mixturen aber Unrecht. Die Fußlagen-Register einer Orgel entsprechen zwar in ihrer Systematik der Obertonreihe. Aber sie haben auch jeweils eine eigene Klangcharakteristik. Es ist etwas anderes, einen Grundton plus Oktave plus Quinte der Oktave anzuspielen als an der Orgel 8' plus 4' plus 2 2/3' zu registrieren. Zumal die Quinte hier rein gestimmt wird, also nicht ganz der Oktavquinte entspricht, aber das nur am Rande. Entscheidend ist, welche Klänge die Orgel am Ende produzieren kann, und das ist bei einer großen Orgel eine Riesenspannweite.
Z.B. bei Youtube eine Silbermann-Orgel:

Da käme ich nicht auf die Idee, das mit irgendeinem anderen Instrument zu vergleichen, diesen Klang kann nur die Orgel.

Dem Klang einer französichen Cavaille-Colle dagegen ist man dagegen schon irgendwie dem Akkordeonklang auf der Spur:


Obwohl auch diese Orgeln mit Mixturen anders können:


Aber ich möchte Abbitte bei Atemblau leisten: ihm ging es ja um einen sakralen Klang, und wie soll man den anders beschreiben? Ich habe mich von der Thread-Überschrift dazu verleiten lassen, etwas näher auf die Orgel einzugehen.

Gruß, radobo
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Da tust du den Mixturen aber Unrecht.

Ich weiß, das ließ sich aber nicht ganz vermeiden. :)
Es ging mir ja nur um "grundlegenden" Klangcharakter, daß es trotzdem natürlich viele Unterschiede gibt, ist unbestritten und Orgeln mit Akkordeons zu vergleichen ist ja auch unfair. ;)


Aber ich möchte Abbitte bei Atemblau leisten: ihm ging es ja um einen sakralen Klang, und wie soll man den anders beschreiben?
Eben. Von allen polyphon spielbaren Instrumenten haben Orgel und Akkordeon gemein, daß im Gegensatz zu Saiteninstrumenten die Töne nicht verklingen.
Du hast ja schöne Beispiele gebracht, daß abgesehen von den Registrierungsmöglichkeiten verschiedene Orgeln auch völlig unterschiedliche Charaktere haben können (die barocke Silbermann und die französisch-romantische Cavaillé-Coll).
Es gibt nicht "den Orgelklang", genausowenig, wie es "das chinesische Essen" gibt ;)
Da sind wir uns ja völlig einig.

Man kann aber auch durch seine Spielweise darauf hinarbeiten, daß ein Akkordeon orgelähnlich klingt (wenn man das will) ;):

Ich persönlich möchte auch nicht die Einschränkungen einer Orgel in Kauf nehmen, z.B. die extrem eingeschränkten Dynamikmöglichkeiten.

Von daher möchte ich, dass mein Akkordeonspiel auch wie ein Akkordeon klingt.

In dieser Aussage steckt viel Wahrheit: alle Instrumente haben ihre Stärken und Schwächen - warum soll man nicht ihre Stärken ausnutzen?

Bei barocker Literatur allerdings hat es sich eingebürgert, auf allzu große Dynamikschwankungen zu verzichten, auch auf Instrumenten, die schwanken könnten. Stilistisch läuft das eben eher über "Terassendynamik" - also Registrierung bzw. Instrumentierung. Ansonsten tendenziell: an oder aus. :D

Bei den Keyboards gab es vor einer Weile einen genau umgekehrt gelagerten Thread: da wollte jemand auf dem Synthesizer so spielen, daß es nach Akkordeon klingt.
Der Sound ist hierbei aber nur ein Teil der Miete, die typische Spielweise ist genauso wichtig.

Viele Grüße
Torsten
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Von daher möchte ich, dass mein Akkordeonspiel auch wie ein Akkordeon klingt. Aus dem Grund halte ich auch nicht viel davon, das Tremolo zu flach zu stimmen,

Hallo MoriGol,

Beide Sätze unterschreibt dir jeder (ich auch). Nur sind "wie ein Akkordeon klingt" und "zu flach" Interpretationssache. Ich habe selber schon erlebt, dass das selbe Tremolo (meiner Morino) den einen einen zu viel, den anderen zu wenig Schwebung hat. Zum Glück haben alle Recht und ich, der findet, dass es passt, und du selbstverständlich auch.


Aber ich möchte Abbitte bei Atemblau leisten: ihm ging es ja um einen sakralen Klang, und wie soll man den anders beschreiben? Ich habe mich von der Thread-Überschrift dazu verleiten lassen, etwas näher auf die Orgel einzugehen.

...und hast damit einen der interessantesten Beiträge geliefert.
So gern wir allen Blauen helfen, so viel mehr interessiert viele das Thema, um das es hier geht.
Viele, so wie ich, lesen das Forum über die Suchfunktion. Und denen ist es egal, ob fünf Jahre zuvor irgendjemandem geholfen wurde, oder nicht, aber die Ratschläge, die er bekommen hat, interessieren sie.
Danke lieber Radobo.


Bei barocker Literatur allerdings hat es sich eingebürgert, auf allzu große Dynamikschwankungen zu verzichten,

Hallo Torsten,

Was ist denn das für eine Unsitte? Wie kann man denn Bach ohne Dynamikschwankungen spielen? Die sollten sich alle schämen! (Du nicht.)


Weihnachtsgrüße an alle!
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Liebe Akkordeonisten,
vielen Dank für die interessanten Ausführungen zum Thema Orgelklang.

Inzwischen habe ich mich an Gewicht und Abmessungen gewöhnt. Auch meine Muskeln haben sich angepasst ;) und ich nehme mir Eure Ratschläge ("keine Tricks") gerne zu Herzen.

Ich bin erstaunt, wie schnell man sich an den neuen, viel besseren Klang gewöhnt und ihn als normalen Standard betrachtet. Aus diesem Grund schnalle ich mir hin und wieder mein altes Gerät um, um mir den Unterscheid zu vergegenwärtigen.

Und so sehr ich nach wie vor vom Klang angetan bin, so muß ich gleichzeitig feststellen, daß die Verarbeitungsqualität nicht ganz das gleiche Niveau hat.
So habe ich einen Bassdeckel, der in der Mitte nicht ganz aufliegt und deshalb beim Balgschließen manchmal klappert.
Die Balgverschlüsse sind mit einer Schraube ausgeführt, die sich ständig lockert, weil von innen keine Mutter dagegenhält.
Und die Basstasten könnten einen Tick leiser sein.

Da werde ich demnächst mal einen Akkordeonmeister aufsuchen. Ich denke, die ersten beiden Punkte lassen sich relativ schnell beheben.
 
M
  • Gelöscht von Wil_Riker
  • Grund: Reines Zitat ohne eigenen Inhalt

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben