DerZauberer
Registrierter Benutzer
Vorab ein paar Worte. Ich bin kein Experte. Ich bin Hobbymusiker. Dilettant dazu. Mein Können ist zusammengestöpselt, gesucht, aus Büchern und aus dem Netz und aus Bandpraxis, mir fehlt eine vernünftige musikalische Ausbildung. Mein Können ist beschränkt, ich bin mir dessen bewusst.
Zur Rettung meiner Qualifikation für diesen Artikel habe ich nur beizutragen, dass ich seit über 25 Jahren an der Gitarre rumklampfe, viele Instrumente in der Hand hatte, in Bands mit verschiedenen Themen konfrontiert war; und dass ich der Meinung bin, Themen strukturiert und in halbwegs lesbarer Sprache umreißen kann.
Alles, was ich hier schreibe, ist subjektiv. Kein Anspruch auf Richtigkeit, schon gar nicht auf Vollständigkeit. Ich habe das einfach so aufgeschrieben, nicht objektiv recherchiert, schon gar nicht ewig optimiert. Steht hier alles so, wie es geflossen ist.
Aber: ich finde es gut genug, das hier mal in die Foren-Öffentlichkeit zu stellen. Ich mach das gerne mal, im Sommerloch mit genügend Muße die Gedanken zu sammeln und zu fokussieren. Vielleicht hat ja jemand Spaß beim Lesen, mir macht das Schreiben jedenfalls Freude. Vielleicht hat jemand eine ganz andere Meinung auch gut, dann lernen wir alle noch mehr.
Natürlich erwarte ich nicht, dass diesen Text irgendwer liest. Er ist lang, das ist ja oft schon ein Negativ-Kriterium.
Zehn Gebote zum Gitarrenkauf (nach Überlieferung von DerZauberer)
Ganz bewusst für alle, die vor einem ihrer ersten Gitarrenkäufe stehen. Muss nicht der allererste sein (der passiert ja oft irgendwie), sollte aber auch nicht das zehnte Instrument sein, wo man eh schon recht genau weiß, was man so mag und will. Ich richte mich an die enthusiastischen aufgeklärten Musiker, die vor dem Kauf im Netz checken, was sie denn beachten sollten und welche Fehler vermeidbar sind.
Im Fokus habe ich zwei Zielgruppen: (1) So billig wie möglich, aber qualitativ OK - und (2) soll schon was halbwegs gescheites sein, aber nicht zu teuer.
Für alle anderen, also beispielsweise (3) bin zwar Anfänger, will aber gleich ne richtig geile Klampfe -oder (4) habe nur 50 EUR für alles, muss irgendwie gehen - oder (5) welche Powerstrat zwischen 749 und 825 EUR ist die beste für mich - habe ich hier keinen Mehrwert zu bieten.
Ach ja vielleicht sollte ich auch erwähnen, dass ich mich hier auf einer gewissen übergreifenden Meta-Ebene bewege. Ich gebe hier keine konkreten Empfehlungen oder Tipps für einzelne Modelle ab, mir geht es um den Prozess der Entscheidungsfindung und um ein paar aus meiner Sicht wichtige Themen drumherum.
Nun denn: Also, sprach DerZauberer
Ist leider so. Ende.
Na gut, ein paar mehr Sätze sein mir erlaubt: Es gibt heutzutage dank optimierter Fertigungs- und Vertriebsstrukturen sehr viele günstige und durchaus gute Instrumente zu kaufen. Wer wie ich in Zeiten vor der großen Globalisierung und ohne Internet in irgendeinem Kleinstadt-Musikgeschäft nehmen musste, was eben da war, freut sich hoffentlich wie ich auch über die tollen Möglichkeiten heute. Nur lassen sich eben gewisse Gesetzmäßigkeiten nicht außer Kraft setzen: Gute Materialien sind teuer, gute Handwerker und Maschinen auch, ein toller Gitarrenbauer weiß auch, was er wert ist. Top-Qualität ist teuer, in allen Bereichen des Lebens. Gewöhnt Euch dran, das gilt auch für Gitarren.
Die Kunst ist es, den schmalen Grat zwischen günstig (also nicht teuer und mit vernünftiger Qualität) und billig (also immer noch zu teuer für die gebotene schlechte Qualität) zu finden. Provokant gesprochen: Wer im Jahre 2014 rund 500 Euros für eine E-Gitarre ausgibt, kann ein ziemlich sehr gutes Instrument erwarten, da sollte eigentlich nix dran sein. Wer aber nur 100 Euros hat, muss sich ganz andere Gedanken machen und muss sich bewusst sein, dass man auch danebenliegen kann.
Trotz aller möglichen Schnäppchen gilt also: Teuer ist in der Regel auch besser. Seid euch dessen bewusst.
Wir leben in einer Zeit, wo fast alles ein Label, eine Marke, einen guten Namen hat oder haben will. Sogar Klopapier will uns ein Lebensgefühl vermitteln, nicht wie früher Zigaretten und Alkohol. Jede Billo-Klamottenmarke hat irgendwelche Kollektionen, gerne wirbt man mit Premium oder Limited Edition oder was auch immer. Gilt auch für Gitarren.
Jede Gitarre hat irgendwie einen Namen, eine Marke. Manche tragen große Namen der bekannten alten Firmen (die übrigens auch nicht immer tolle Instrumente gebaut haben, man schaue sich mal die bewegte Historie von Fender an), manche die Hausmarken der großen Musik-Verkäufer, manche sind eigens für Kleinserien erfunden worden, wenige sind wirklich kleine exklusive Gitarrenbauer. Im Gitarrenbereich ist eine Marke grundsätzlich kein Zeichen für Qualität.
Eine kleine Ausnahme sind die Marken, die wirklich etabliert sind im Gitarren-Business, die ein Hauch von Legende umweht, und die vor allen Dingen auch sehr teure Instrumente verkaufen. Diese Marken müssen aufpassen, was sie anbieten. Eine tolle Marke kann man nämlich mit schrottigen Produkten durchaus in den Dreck ziehen, und da kommt man nur schwer wieder raus. Andererseits halten tolle Marken auch verdammt viel aus, ohne dass das Image Schaden nimmt. Die Unternehmen verfolgen unterschiedliche Strategien dabei, einige gehen mehr und mehr nur auf ihre Premium-Gitarren, andere schaffen Sub-Labels und eigene Tochterfirmen für die Einstiegsware.
Ich sage Euch: Achtet nicht zu sehr auf den Namen, achtet auf das, was drin ist.
Ja, das Netz ist groß und weit und es bietet viele Infos. Es bietet Euch aber nicht das Gefühl, einen lackierten Ahornhals einer Strat-Kopie in der Hand zu haben, zu spüren, wie der Lack sich auf der Hand anfühlt, wie glatt oder klebrig er ist, wie das Halsprofil zu Eurer Anatomie passt, ob ein musikalischer Funke überspringt oder nicht. Es gibt tolle Instrumente, mit denen ihr nie glücklich werden werdet, weil ihr einfach nicht für dieses Instrument gemacht wurdet (oder umgekehrt). So objektiv ein Instrument gut sein kann, so subjektiv werden wir Menschen immer bleiben.
Eigentlich heißt es also: Auf in den Gitarrenladen! Anfassen, anspielen, ausprobieren. Nur dann werdet ihr es wirklich merken.
Dabei gibt es zwei Praxis-Probleme: (1) Diejenigen, an die sich dieser Artikel wendet, wissen womöglich noch gar nicht, worauf sie achten sollen, weil ihnen die Spielpraxis und Erfahrung fehlt. (2) Gute Läden sind rar, das Internet ist überall. Wenn ich nun noch die Argumente (3) Man kann auch mit einer nicht-optimalen Gitarre gut vorankommen für eine ganze Weile und (4) Man kann Fehlkäufe im Internet dank unserer Verbraucherorientierten Gesetzgebung einfach zurückgeben hinzufüge, wird langsam ein Schuh draus. Wer die Chance hat, einen guten Laden zu besuchen auf auf, am besten mit konkreten Ideen. Alle anderen ihr habt immer noch das Netz.
Als Linkshänder habe ich persönlich fast nirgendwo eine signifikante Auswahl in Ladengeschäften zu erwarten, ich kaufe nach guter Recherche im Netz und fahre damit meistens ganz gut. Es geht also. Ich freue mich trotzdem wie ein Schnitzel, wenn ich z.B. in großen Geschäften in den USA mal eine anständige Lefty-Abteilung finde und wirklich mal was ausprobieren und anspielen kann. Besser ist also live.
Auch wenn es eigentlich allen klar ist, dass man Instrumente auch haptisch erfahren sollte ihr werdet dennoch in der Mehrzahl im Internet kaufen. Ist auch OK so, seid euch aber der Einschränkungen des Fernkaufs bewusst.
Es gibt coole Gitarren und es gibt uncoole. Es gibt Gitarren, die vom Stil und der Historie her zu gewissen Musikrichtungen passen oder eben nicht. Die Gründe, warum gewisse Gitarren groß geworden sind, sind zum Teil einfach nur Zufall, zum Teil stecken große Namen dahinter, manchmal eine gewisse Qualität, aber beileibe nicht immer.
Eine pinke Strat in HSH-Bestückung in einer Death Metal Band? Warum eigentlich nicht, wenn sie für den Gitarristen das richtige Instrument ist und er samt Bandkollegen die Persönlichkeitsstruktur hat, die fragenden Blicke, Anfeindungen und dummen Sprüche auszuhalten.
Eine rabenschwarze Ibanez mit flitzefinger-Hals in einer Chicago Blues Combo? Geht genauso. Also Theoretisch.
Eine Brian May Gitarre außerhalb einer Queen Cover Band? Das sind zum Teil echt verdammt flexible Instrumente, eigentlich kann man nur laut JA rufen.
Machen wir uns nichts vor es braucht schon Selbstbewusstsein, aus den Normen auszubrechen. Dieses Selbstbewusstsein bringt nicht jeder mit, muss auch nicht jeder mitbringen. Wer eine schöne düstere Gitarre haben will für schöne düstere Musik, der soll sie sich kaufen. Bedenkt aber auch, dass die ganz Großen oft einen Teufel auf solche Sachen geben und dann durchaus auch mit sehr schrägen Instrumenten rumlaufen. Weil es ihnen Wurscht ist, weil sie ein Statement machen wollen, warum auch immer sie wollen eben sich darstellen (samt Gitarre) und nicht einen Musikstil (mit Gitarre).
Hört mal in euch rein, was so zu euch passt. Und dann seid so ehrlich, dazu zu stehen.
Um das gleich zu widerlegen: Klar, viele Menschen kaufen eine Gitarre, starten enthusiastisch und hören dann wieder auf. Das ist schade, jeder verlorene Musiker ist schade. Wer aber dabei bleibt, wird sich aus irgendeinem Grund irgendwann irgendein anderes Instrument kaufen. Man kann also durch den Kauf eines anderen Instruments die ewige Suche nach der perfekten Gitarre fortsetzen, kann früher gemachte Fehler korrigieren, und ein für sich passenderes Instrument finden.
Kostet halt Geld. Wer Musik als Hobby hat, gibt da Geld für aus. Wer sporteln geht, braucht auch ab und an neue Schuhe und neue Klamotten. Wenn man sich überlegt, was ein gescheites Paar Joggingschuhe kostet und wie schnell die dann durch sind, ist ein Gitarren-Neukauf alle paar Jahre fast vernachlässigbar (also zumindest wenn man nicht auch noch joggen geht).
In Anknüpfung an den letzten Punkt will ich also etwas Angst nehmen bzw. Selbstbewusstsein geben: Es gibt wenig grottenschlechte Instrumente auf dem Markt, und noch weniger, an denen man nicht durchaus was optimieren kann. Man kann Instrumente aus dem Internet an den Versender zurückgeben, ohne Angabe von Gründen. Klar, man kann natürlich auch Geld in den Sand setzen. Man kann sogar bei guten Serien das Montagsmodell erwischen, das einfach doof ist und nicht gescheit bespielbar ist.
Mit dem Kauf eines Instruments kann man also viel falsch und viel richtig machen, selten macht man alles falsch und quasi nie macht man alles richtig. Weil man sich aber noch mehr Instrumente kaufen wird im Musikerleben und weil man gerade bei Gitarren viel optimieren kann, ist das auch nicht so schlimm.
Es muss nicht immer optimal sein, manchmal reicht auch einfach gut.
Hä? Wasn das fürn Statement? Ich versuche die Erklärung mal so: Wer kennt es nicht: Man verbringt Ewigkeiten im Netz und sucht nach Infos, sammelt sich die möglichen Zielobjekte zusammen, vergleicht Pros und Cons, durchsucht Websites, Blogs und Foren. Und irgendwann weiß man: Eigentlich kann es für mich nur die Hassenichgesehn XY sein, das ist DIE Gitarre für mich. Dementsprechend gestählt geht man also in ein Forum und sagt: Ich will mir die Hassenichgesehn XY kaufen aus den Gründen A und B und C und weil sie doch besser ist als Modelle Q und W und V, wollte nur nochmal checken ob noch irgendwer was zu sagen hat.
Antwort 1: Die ist kacke, die hat doch immer das Problem mit dem verschwurbelten Trem.
Antwort 2: Kauf lieber was Gescheites zum Anfang, ich empfehle folgende StratoPaula
Antwort 3: Benutze die Forumssuche.
Antwort 4: Hatte ich auch mal, fand die nicht schlecht, aber in Summe hat mich das Trullala gestört und ich hab sie weitergegeben und durch die LesCaster ersetzt
Und so weiter.
Hört den Experten in guten Foren zu. Lest mal rein, was dort so gespielt und empfohlen wird. Oft wissen die Leute, wovon sie reden, meist wissen einige Leute da mehr als man selbst. Gut, es gibt immer die Extremisten und Fetischisten, die muss man versuchen rauszufiltern. Aber seid nicht blind vor Kritik an eurem Wunschinstrument, wägt die Argumente ab und haltet die Ohren eine Zeit lang offen. Lasst euch auch mal auf Empfehlungen ein, die auf den ersten Blick leicht abwegig wirken mögen, vielleicht ist da ja was dran.
Irgendwann ist dann aber auch gut, dann muss der Trichter enger werden sprich, aus einer großen Auswahl an Instrumenten soll am Ende eines übrig bleiben. Und wenn es nach reiflicher Überlegung mit offenen Ohren dieses eine Instrument ist, dann ist es das richtige. Nicht unbedingt das beste, aber für Euch in diesem Moment das richtige.
Logo, mit einem guten Gebraucht-Kauf kann man viel Geld sparen. Wenn man weiß, was man da tut. Sonst kann man genau so viel falsch machen. Was bringt es mir, für ein vermacktes, verstelltes, abgenudeltes Ding 100 Euros zu sparen und hinterher 200 investieren zu müssen? Was habe ich von einem Privatkauf ohne Rückgaberecht, wenn es hinterher doch das falsche Instrument war?
Daher empfehle ich für die ersten paar Gitarrenkäufe den Neukauf. Gerne im Internet, oder beim Fachhandel vor Ort mit vernünftiger Rückgabepolitik. Ihr wollt einen Ansprechpartner bei Problemen, der verpflichtet ist zu Korrektur/Reparatur und notfalls Rücknahme. Das gibt Sicherheit. Kostet aber ein paar Euros mehr.
A propos mehr: Nehmt nicht das billigst machbare Angebot, legt was drauf. Wartet lieber noch etwas länger oder lebt mit einem kleineren Verstärker, aber versucht eine Nummer besser zu zielen. Schaut, ob nicht anstelle der 100-Euro-Hausmarken-Gitarre die 175-Euro-Zweitmarken-Gitarre des großen Vorbilds drin ist. Überlegt mal, ob ihr für 75 Euro wirklich schon starten wollt oder ob ihr euch nicht gleich für 275 das Teil kaufen wollt, das im Forum von allen für wirklich gut und grundsolide beschrieben wird. Denkt mal drüber nach. Schaut, was machbar ist. Aber auch: wenn es HEUTE und JETZT und SOFORT sein MUSS, dann kauft euch das, was finanziell machbar ist. Lasst euch aber vorher beraten und lest euch gut ein bitte.
Was sich auch lohnt ist rumfragen im Bekannten- und Verwandten-Kreis. Man ist erstaunt, wie viele Klampfen irgendwo vor sich hinstauben. Klar, irgendwo müssen die vielen verschiedenen Gitarren, die so abgesetzt werden, auch landen. Und wenn sie billig war und der Onkel sie herschenkt so günstig kommt ihr nie wieder an eine Gitarre um zu merken, was ihr so braucht. Vielleicht habt ihr einen Freund, der euch eine von seinen alten Klampfen mal leiht? Freunde tun sowas.
Kaufen werdet ihr hinterher wahrscheinlich (und aus meiner Sicht hoffentlich) doch eine neue. Muss aber nicht sofort sein.
Eine kleine Auswahl unumstößlicher Gitarren-Wahrheiten: Der Ton kommt aus den Fingern, nicht aus dem Instrument oder dem Amp. Jede Minute, die du in einem Internetforum zu Gitarren verwendest, wäre wahrscheinlich besser mit Gitarrespielen investiert. Übung macht den Meister. Es geht zu 99% um üben und zu 1% um Talent.
Alles richtig.
Nein, hier kommt kein großes aber.
Die Chance, dass Ihr ein neues Instrument gekauft habt, das wirklich schlecht und unbespielbar ist, ist sehr sehr klein. Sie besteht durchaus, in dem Fall hoffentlich rechtzeitig fix zurück damit an den Verkäufer, aber sie ist eben sehr klein.
Viel wahrscheinlicher ist, dass man nach Ausreden sucht: Saitenlage zu hoch für Akkord Z, Bünde zu kratzig für Bendings, Tuner zu grob für eine saubere G-Saite. Ja, klar, gut performende Instrumente machen es einfach, gut zu spielen, aber man kann auch auf nicht perfekten Instrumenten gute Musik machen. Viele der großen Helden haben ihre großen Künste zunächst auf Billigst-Klampfen mit grausigem Set-Up gelernt. Gerade als Gitarrist ist es aber so einfach, die Fehler irgendwo anders zu suchen.
Musik machen lernt sich nicht von allein, da muss man dran bleiben. Spielen, spielen, üben, üben. Wer gut beraten ein halbwegs gescheites Instrument gekauft hat und es vielleicht sogar hat einstellen lassen (siehe nächstes Gebot), hat heutzutage in der Regel ein wirklich brauchbares Teil in der Hand. Damit kann man Musik machen, darauf kann man spielen, das geht ganz gut für eine ganze Weile. Probiert es erstmal. Probiert es weiter. Wenn es nicht mehr weiter geht, probiert es weiter. Wenn ihr wirklich wirklich zweifelt, fragt in einem Forum nach. Aber geht davon aus, dass der Fehler wahrscheinlich bei euch liegt und nicht am Instrument.
Die armen Gitarren können nichts dafür, dass wir alle so schlecht spielen können.
Die meisten Gitarren im günstigen Preissegment werden heute durchaus anständig bespielbar hergestellt bzw. eingestellt und ausgeliefert. Alle Instrumente, die ich in den letzten paar Jahren so direkt out-of-the-box in der Hand hatte, waren durchaus OK wie sie waren. Konnte direkt losgehen eigentlich.
Andererseits wer mal ein richtig gut eingestelltes Instrument hat, der weiß, was er daran hat. Man kann ja viel rumbasteln: Saitenlage, Halskrümmung, Intonation, Sattel, Steg, Tremolo, Saitenstärke kann man theoretisch alles selbst, praktisch ist es aber nicht so einfach. Vor allem ohne Erfahrung. Es geht um Bruchteile von Millimetern, mit ein paar Drehungen in die Falsche Richtung an irgendeinem Schräubchen kann man viel verstellen und kriegt es gar nicht mit.
Also lasst den Profi ran. Vielleicht etwas weit aus dem Fenster gelehnt, aber subjektiv so empfunden: Eine für 50 Euros gut eingestellt Gitarre kann danach durchaus 150 Euros besser klingen. Muss nicht so sein, kann aber. Schaden tut das Einstellen durch einen Profi selten, wenn er weiß, was er tut. Seid ein bisschen vorsichtig, wem ihr das Instrument in die Hand drückt: Nicht jeder, der schon länger Gitarre spielt, weiß, was zu tun ist. Nicht jeder Angestellte eines Musikladens ist Gitarren-Experte. Faustregel: Vertraut Leuten, die euch zuhören, ein klares Arbeitsspektrum besprechen, sich etwas Zeit nehmen, euch nicht drängen. Oder vertraut Leuten (auch im Internet) die das sehr oft machen und z.B. gleich vor Auslieferung ein tolles Set-Up der Gitarre für den Betrag X anbieten.
Halskrümmung einstellen, Saitenlage einstellen, ggf. Sattelkerben optimieren, wenn nötig Bünde abrichten/polieren das ist ein Programm, das fast jedes Instrument optimieren kann. Klar, das Geld dafür ist futsch, Rückgabe nicht möglich. Aber wenn es gut gemacht ist, lohnt sich das.
Warum ich das hier zu meinen Kauf-Geboten schreibe? Weil ich die Einstellung der Gitarre für so wichtig halte, dass sie für mich der wesentliche Nach-Kauf oder Bei-Kauf Schritt ist. Man kann auch aus günstigen Instrumenten für wenig Geld viel rausholen, und darum geht es hier doch.
Den Spruch bringe ich immer wieder. Ja, er ist alt, stammt aus einem Film, aber er stimmt einfach. Es gibt verdammt viel da draußen, so viele Unterschiede, und gerade bei Gitarren ist das wirklich immer wieder wahr. So viele unterschiedliche Instrumente. So viele Möglichkeiten. So viele Fallstricke, so viele tolle Klampfen.
Seid euch dessen bewusst es gibt nicht DAS Instrument, es gibt VIELE. Es gibt nicht die EINE und BESTE, es gibt SEHR VIELE und SEHR GUTE. Dem einen Musiker passt eine, dem anderen eine ganz andere am besten. So sind die Menschen, das Leben, die Musik.
Lasst euch nicht verrücktmachen. Es ist nur eine Gitarre.
Lasst euch verrücktmachen. Es ist ein tolles Instrument, das ihr da gekauft habt, Musik macht Spaß.
Zur Rettung meiner Qualifikation für diesen Artikel habe ich nur beizutragen, dass ich seit über 25 Jahren an der Gitarre rumklampfe, viele Instrumente in der Hand hatte, in Bands mit verschiedenen Themen konfrontiert war; und dass ich der Meinung bin, Themen strukturiert und in halbwegs lesbarer Sprache umreißen kann.
Alles, was ich hier schreibe, ist subjektiv. Kein Anspruch auf Richtigkeit, schon gar nicht auf Vollständigkeit. Ich habe das einfach so aufgeschrieben, nicht objektiv recherchiert, schon gar nicht ewig optimiert. Steht hier alles so, wie es geflossen ist.
Aber: ich finde es gut genug, das hier mal in die Foren-Öffentlichkeit zu stellen. Ich mach das gerne mal, im Sommerloch mit genügend Muße die Gedanken zu sammeln und zu fokussieren. Vielleicht hat ja jemand Spaß beim Lesen, mir macht das Schreiben jedenfalls Freude. Vielleicht hat jemand eine ganz andere Meinung auch gut, dann lernen wir alle noch mehr.
Natürlich erwarte ich nicht, dass diesen Text irgendwer liest. Er ist lang, das ist ja oft schon ein Negativ-Kriterium.
Zehn Gebote zum Gitarrenkauf (nach Überlieferung von DerZauberer)
Für wen ist dieser Text?
Ganz bewusst für alle, die vor einem ihrer ersten Gitarrenkäufe stehen. Muss nicht der allererste sein (der passiert ja oft irgendwie), sollte aber auch nicht das zehnte Instrument sein, wo man eh schon recht genau weiß, was man so mag und will. Ich richte mich an die enthusiastischen aufgeklärten Musiker, die vor dem Kauf im Netz checken, was sie denn beachten sollten und welche Fehler vermeidbar sind.
Im Fokus habe ich zwei Zielgruppen: (1) So billig wie möglich, aber qualitativ OK - und (2) soll schon was halbwegs gescheites sein, aber nicht zu teuer.
Für alle anderen, also beispielsweise (3) bin zwar Anfänger, will aber gleich ne richtig geile Klampfe -oder (4) habe nur 50 EUR für alles, muss irgendwie gehen - oder (5) welche Powerstrat zwischen 749 und 825 EUR ist die beste für mich - habe ich hier keinen Mehrwert zu bieten.
Ach ja vielleicht sollte ich auch erwähnen, dass ich mich hier auf einer gewissen übergreifenden Meta-Ebene bewege. Ich gebe hier keine konkreten Empfehlungen oder Tipps für einzelne Modelle ab, mir geht es um den Prozess der Entscheidungsfindung und um ein paar aus meiner Sicht wichtige Themen drumherum.
Nun denn: Also, sprach DerZauberer
ERSTES GEBOT: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Preis und Qualität
Ist leider so. Ende.
Na gut, ein paar mehr Sätze sein mir erlaubt: Es gibt heutzutage dank optimierter Fertigungs- und Vertriebsstrukturen sehr viele günstige und durchaus gute Instrumente zu kaufen. Wer wie ich in Zeiten vor der großen Globalisierung und ohne Internet in irgendeinem Kleinstadt-Musikgeschäft nehmen musste, was eben da war, freut sich hoffentlich wie ich auch über die tollen Möglichkeiten heute. Nur lassen sich eben gewisse Gesetzmäßigkeiten nicht außer Kraft setzen: Gute Materialien sind teuer, gute Handwerker und Maschinen auch, ein toller Gitarrenbauer weiß auch, was er wert ist. Top-Qualität ist teuer, in allen Bereichen des Lebens. Gewöhnt Euch dran, das gilt auch für Gitarren.
Die Kunst ist es, den schmalen Grat zwischen günstig (also nicht teuer und mit vernünftiger Qualität) und billig (also immer noch zu teuer für die gebotene schlechte Qualität) zu finden. Provokant gesprochen: Wer im Jahre 2014 rund 500 Euros für eine E-Gitarre ausgibt, kann ein ziemlich sehr gutes Instrument erwarten, da sollte eigentlich nix dran sein. Wer aber nur 100 Euros hat, muss sich ganz andere Gedanken machen und muss sich bewusst sein, dass man auch danebenliegen kann.
Trotz aller möglichen Schnäppchen gilt also: Teuer ist in der Regel auch besser. Seid euch dessen bewusst.
ZWEITES GEBOT: Namen und Marken sind nicht alles.
Wir leben in einer Zeit, wo fast alles ein Label, eine Marke, einen guten Namen hat oder haben will. Sogar Klopapier will uns ein Lebensgefühl vermitteln, nicht wie früher Zigaretten und Alkohol. Jede Billo-Klamottenmarke hat irgendwelche Kollektionen, gerne wirbt man mit Premium oder Limited Edition oder was auch immer. Gilt auch für Gitarren.
Jede Gitarre hat irgendwie einen Namen, eine Marke. Manche tragen große Namen der bekannten alten Firmen (die übrigens auch nicht immer tolle Instrumente gebaut haben, man schaue sich mal die bewegte Historie von Fender an), manche die Hausmarken der großen Musik-Verkäufer, manche sind eigens für Kleinserien erfunden worden, wenige sind wirklich kleine exklusive Gitarrenbauer. Im Gitarrenbereich ist eine Marke grundsätzlich kein Zeichen für Qualität.
Eine kleine Ausnahme sind die Marken, die wirklich etabliert sind im Gitarren-Business, die ein Hauch von Legende umweht, und die vor allen Dingen auch sehr teure Instrumente verkaufen. Diese Marken müssen aufpassen, was sie anbieten. Eine tolle Marke kann man nämlich mit schrottigen Produkten durchaus in den Dreck ziehen, und da kommt man nur schwer wieder raus. Andererseits halten tolle Marken auch verdammt viel aus, ohne dass das Image Schaden nimmt. Die Unternehmen verfolgen unterschiedliche Strategien dabei, einige gehen mehr und mehr nur auf ihre Premium-Gitarren, andere schaffen Sub-Labels und eigene Tochterfirmen für die Einstiegsware.
Ich sage Euch: Achtet nicht zu sehr auf den Namen, achtet auf das, was drin ist.
DRITTES GEBOT: Am besten ist selbst ausprobieren.
Ja, das Netz ist groß und weit und es bietet viele Infos. Es bietet Euch aber nicht das Gefühl, einen lackierten Ahornhals einer Strat-Kopie in der Hand zu haben, zu spüren, wie der Lack sich auf der Hand anfühlt, wie glatt oder klebrig er ist, wie das Halsprofil zu Eurer Anatomie passt, ob ein musikalischer Funke überspringt oder nicht. Es gibt tolle Instrumente, mit denen ihr nie glücklich werden werdet, weil ihr einfach nicht für dieses Instrument gemacht wurdet (oder umgekehrt). So objektiv ein Instrument gut sein kann, so subjektiv werden wir Menschen immer bleiben.
Eigentlich heißt es also: Auf in den Gitarrenladen! Anfassen, anspielen, ausprobieren. Nur dann werdet ihr es wirklich merken.
Dabei gibt es zwei Praxis-Probleme: (1) Diejenigen, an die sich dieser Artikel wendet, wissen womöglich noch gar nicht, worauf sie achten sollen, weil ihnen die Spielpraxis und Erfahrung fehlt. (2) Gute Läden sind rar, das Internet ist überall. Wenn ich nun noch die Argumente (3) Man kann auch mit einer nicht-optimalen Gitarre gut vorankommen für eine ganze Weile und (4) Man kann Fehlkäufe im Internet dank unserer Verbraucherorientierten Gesetzgebung einfach zurückgeben hinzufüge, wird langsam ein Schuh draus. Wer die Chance hat, einen guten Laden zu besuchen auf auf, am besten mit konkreten Ideen. Alle anderen ihr habt immer noch das Netz.
Als Linkshänder habe ich persönlich fast nirgendwo eine signifikante Auswahl in Ladengeschäften zu erwarten, ich kaufe nach guter Recherche im Netz und fahre damit meistens ganz gut. Es geht also. Ich freue mich trotzdem wie ein Schnitzel, wenn ich z.B. in großen Geschäften in den USA mal eine anständige Lefty-Abteilung finde und wirklich mal was ausprobieren und anspielen kann. Besser ist also live.
Auch wenn es eigentlich allen klar ist, dass man Instrumente auch haptisch erfahren sollte ihr werdet dennoch in der Mehrzahl im Internet kaufen. Ist auch OK so, seid euch aber der Einschränkungen des Fernkaufs bewusst.
VIERTES GEBOT: Seid euch über euer Selbstbewusstsein im Klaren.
Es gibt coole Gitarren und es gibt uncoole. Es gibt Gitarren, die vom Stil und der Historie her zu gewissen Musikrichtungen passen oder eben nicht. Die Gründe, warum gewisse Gitarren groß geworden sind, sind zum Teil einfach nur Zufall, zum Teil stecken große Namen dahinter, manchmal eine gewisse Qualität, aber beileibe nicht immer.
Eine pinke Strat in HSH-Bestückung in einer Death Metal Band? Warum eigentlich nicht, wenn sie für den Gitarristen das richtige Instrument ist und er samt Bandkollegen die Persönlichkeitsstruktur hat, die fragenden Blicke, Anfeindungen und dummen Sprüche auszuhalten.
Eine rabenschwarze Ibanez mit flitzefinger-Hals in einer Chicago Blues Combo? Geht genauso. Also Theoretisch.
Eine Brian May Gitarre außerhalb einer Queen Cover Band? Das sind zum Teil echt verdammt flexible Instrumente, eigentlich kann man nur laut JA rufen.
Machen wir uns nichts vor es braucht schon Selbstbewusstsein, aus den Normen auszubrechen. Dieses Selbstbewusstsein bringt nicht jeder mit, muss auch nicht jeder mitbringen. Wer eine schöne düstere Gitarre haben will für schöne düstere Musik, der soll sie sich kaufen. Bedenkt aber auch, dass die ganz Großen oft einen Teufel auf solche Sachen geben und dann durchaus auch mit sehr schrägen Instrumenten rumlaufen. Weil es ihnen Wurscht ist, weil sie ein Statement machen wollen, warum auch immer sie wollen eben sich darstellen (samt Gitarre) und nicht einen Musikstil (mit Gitarre).
Hört mal in euch rein, was so zu euch passt. Und dann seid so ehrlich, dazu zu stehen.
FÜNFTES GEBOT: Denkt dran, dass ihr noch weitere Instrumente kaufen werdet.
Um das gleich zu widerlegen: Klar, viele Menschen kaufen eine Gitarre, starten enthusiastisch und hören dann wieder auf. Das ist schade, jeder verlorene Musiker ist schade. Wer aber dabei bleibt, wird sich aus irgendeinem Grund irgendwann irgendein anderes Instrument kaufen. Man kann also durch den Kauf eines anderen Instruments die ewige Suche nach der perfekten Gitarre fortsetzen, kann früher gemachte Fehler korrigieren, und ein für sich passenderes Instrument finden.
Kostet halt Geld. Wer Musik als Hobby hat, gibt da Geld für aus. Wer sporteln geht, braucht auch ab und an neue Schuhe und neue Klamotten. Wenn man sich überlegt, was ein gescheites Paar Joggingschuhe kostet und wie schnell die dann durch sind, ist ein Gitarren-Neukauf alle paar Jahre fast vernachlässigbar (also zumindest wenn man nicht auch noch joggen geht).
In Anknüpfung an den letzten Punkt will ich also etwas Angst nehmen bzw. Selbstbewusstsein geben: Es gibt wenig grottenschlechte Instrumente auf dem Markt, und noch weniger, an denen man nicht durchaus was optimieren kann. Man kann Instrumente aus dem Internet an den Versender zurückgeben, ohne Angabe von Gründen. Klar, man kann natürlich auch Geld in den Sand setzen. Man kann sogar bei guten Serien das Montagsmodell erwischen, das einfach doof ist und nicht gescheit bespielbar ist.
Mit dem Kauf eines Instruments kann man also viel falsch und viel richtig machen, selten macht man alles falsch und quasi nie macht man alles richtig. Weil man sich aber noch mehr Instrumente kaufen wird im Musikerleben und weil man gerade bei Gitarren viel optimieren kann, ist das auch nicht so schlimm.
Es muss nicht immer optimal sein, manchmal reicht auch einfach gut.
SECHSTES GEBOT: Haltet die Ohren offen, dann macht den Trichter zu.
Hä? Wasn das fürn Statement? Ich versuche die Erklärung mal so: Wer kennt es nicht: Man verbringt Ewigkeiten im Netz und sucht nach Infos, sammelt sich die möglichen Zielobjekte zusammen, vergleicht Pros und Cons, durchsucht Websites, Blogs und Foren. Und irgendwann weiß man: Eigentlich kann es für mich nur die Hassenichgesehn XY sein, das ist DIE Gitarre für mich. Dementsprechend gestählt geht man also in ein Forum und sagt: Ich will mir die Hassenichgesehn XY kaufen aus den Gründen A und B und C und weil sie doch besser ist als Modelle Q und W und V, wollte nur nochmal checken ob noch irgendwer was zu sagen hat.
Antwort 1: Die ist kacke, die hat doch immer das Problem mit dem verschwurbelten Trem.
Antwort 2: Kauf lieber was Gescheites zum Anfang, ich empfehle folgende StratoPaula
Antwort 3: Benutze die Forumssuche.
Antwort 4: Hatte ich auch mal, fand die nicht schlecht, aber in Summe hat mich das Trullala gestört und ich hab sie weitergegeben und durch die LesCaster ersetzt
Und so weiter.
Hört den Experten in guten Foren zu. Lest mal rein, was dort so gespielt und empfohlen wird. Oft wissen die Leute, wovon sie reden, meist wissen einige Leute da mehr als man selbst. Gut, es gibt immer die Extremisten und Fetischisten, die muss man versuchen rauszufiltern. Aber seid nicht blind vor Kritik an eurem Wunschinstrument, wägt die Argumente ab und haltet die Ohren eine Zeit lang offen. Lasst euch auch mal auf Empfehlungen ein, die auf den ersten Blick leicht abwegig wirken mögen, vielleicht ist da ja was dran.
Irgendwann ist dann aber auch gut, dann muss der Trichter enger werden sprich, aus einer großen Auswahl an Instrumenten soll am Ende eines übrig bleiben. Und wenn es nach reiflicher Überlegung mit offenen Ohren dieses eine Instrument ist, dann ist es das richtige. Nicht unbedingt das beste, aber für Euch in diesem Moment das richtige.
SIEBTES GEBOT: Als Neu-Gitarrist will ich ein neues und ein etwas teureres Instrument.
Logo, mit einem guten Gebraucht-Kauf kann man viel Geld sparen. Wenn man weiß, was man da tut. Sonst kann man genau so viel falsch machen. Was bringt es mir, für ein vermacktes, verstelltes, abgenudeltes Ding 100 Euros zu sparen und hinterher 200 investieren zu müssen? Was habe ich von einem Privatkauf ohne Rückgaberecht, wenn es hinterher doch das falsche Instrument war?
Daher empfehle ich für die ersten paar Gitarrenkäufe den Neukauf. Gerne im Internet, oder beim Fachhandel vor Ort mit vernünftiger Rückgabepolitik. Ihr wollt einen Ansprechpartner bei Problemen, der verpflichtet ist zu Korrektur/Reparatur und notfalls Rücknahme. Das gibt Sicherheit. Kostet aber ein paar Euros mehr.
A propos mehr: Nehmt nicht das billigst machbare Angebot, legt was drauf. Wartet lieber noch etwas länger oder lebt mit einem kleineren Verstärker, aber versucht eine Nummer besser zu zielen. Schaut, ob nicht anstelle der 100-Euro-Hausmarken-Gitarre die 175-Euro-Zweitmarken-Gitarre des großen Vorbilds drin ist. Überlegt mal, ob ihr für 75 Euro wirklich schon starten wollt oder ob ihr euch nicht gleich für 275 das Teil kaufen wollt, das im Forum von allen für wirklich gut und grundsolide beschrieben wird. Denkt mal drüber nach. Schaut, was machbar ist. Aber auch: wenn es HEUTE und JETZT und SOFORT sein MUSS, dann kauft euch das, was finanziell machbar ist. Lasst euch aber vorher beraten und lest euch gut ein bitte.
Was sich auch lohnt ist rumfragen im Bekannten- und Verwandten-Kreis. Man ist erstaunt, wie viele Klampfen irgendwo vor sich hinstauben. Klar, irgendwo müssen die vielen verschiedenen Gitarren, die so abgesetzt werden, auch landen. Und wenn sie billig war und der Onkel sie herschenkt so günstig kommt ihr nie wieder an eine Gitarre um zu merken, was ihr so braucht. Vielleicht habt ihr einen Freund, der euch eine von seinen alten Klampfen mal leiht? Freunde tun sowas.
Kaufen werdet ihr hinterher wahrscheinlich (und aus meiner Sicht hoffentlich) doch eine neue. Muss aber nicht sofort sein.
ACHTES GEBOT: Nicht das Instrument ist Schuld, sondern du selbst.
Eine kleine Auswahl unumstößlicher Gitarren-Wahrheiten: Der Ton kommt aus den Fingern, nicht aus dem Instrument oder dem Amp. Jede Minute, die du in einem Internetforum zu Gitarren verwendest, wäre wahrscheinlich besser mit Gitarrespielen investiert. Übung macht den Meister. Es geht zu 99% um üben und zu 1% um Talent.
Alles richtig.
Nein, hier kommt kein großes aber.
Die Chance, dass Ihr ein neues Instrument gekauft habt, das wirklich schlecht und unbespielbar ist, ist sehr sehr klein. Sie besteht durchaus, in dem Fall hoffentlich rechtzeitig fix zurück damit an den Verkäufer, aber sie ist eben sehr klein.
Viel wahrscheinlicher ist, dass man nach Ausreden sucht: Saitenlage zu hoch für Akkord Z, Bünde zu kratzig für Bendings, Tuner zu grob für eine saubere G-Saite. Ja, klar, gut performende Instrumente machen es einfach, gut zu spielen, aber man kann auch auf nicht perfekten Instrumenten gute Musik machen. Viele der großen Helden haben ihre großen Künste zunächst auf Billigst-Klampfen mit grausigem Set-Up gelernt. Gerade als Gitarrist ist es aber so einfach, die Fehler irgendwo anders zu suchen.
Musik machen lernt sich nicht von allein, da muss man dran bleiben. Spielen, spielen, üben, üben. Wer gut beraten ein halbwegs gescheites Instrument gekauft hat und es vielleicht sogar hat einstellen lassen (siehe nächstes Gebot), hat heutzutage in der Regel ein wirklich brauchbares Teil in der Hand. Damit kann man Musik machen, darauf kann man spielen, das geht ganz gut für eine ganze Weile. Probiert es erstmal. Probiert es weiter. Wenn es nicht mehr weiter geht, probiert es weiter. Wenn ihr wirklich wirklich zweifelt, fragt in einem Forum nach. Aber geht davon aus, dass der Fehler wahrscheinlich bei euch liegt und nicht am Instrument.
Die armen Gitarren können nichts dafür, dass wir alle so schlecht spielen können.
NEUNTES GEBOT: Ein paar Euros für Einstellung und Optimierung sind gut investiert.
Die meisten Gitarren im günstigen Preissegment werden heute durchaus anständig bespielbar hergestellt bzw. eingestellt und ausgeliefert. Alle Instrumente, die ich in den letzten paar Jahren so direkt out-of-the-box in der Hand hatte, waren durchaus OK wie sie waren. Konnte direkt losgehen eigentlich.
Andererseits wer mal ein richtig gut eingestelltes Instrument hat, der weiß, was er daran hat. Man kann ja viel rumbasteln: Saitenlage, Halskrümmung, Intonation, Sattel, Steg, Tremolo, Saitenstärke kann man theoretisch alles selbst, praktisch ist es aber nicht so einfach. Vor allem ohne Erfahrung. Es geht um Bruchteile von Millimetern, mit ein paar Drehungen in die Falsche Richtung an irgendeinem Schräubchen kann man viel verstellen und kriegt es gar nicht mit.
Also lasst den Profi ran. Vielleicht etwas weit aus dem Fenster gelehnt, aber subjektiv so empfunden: Eine für 50 Euros gut eingestellt Gitarre kann danach durchaus 150 Euros besser klingen. Muss nicht so sein, kann aber. Schaden tut das Einstellen durch einen Profi selten, wenn er weiß, was er tut. Seid ein bisschen vorsichtig, wem ihr das Instrument in die Hand drückt: Nicht jeder, der schon länger Gitarre spielt, weiß, was zu tun ist. Nicht jeder Angestellte eines Musikladens ist Gitarren-Experte. Faustregel: Vertraut Leuten, die euch zuhören, ein klares Arbeitsspektrum besprechen, sich etwas Zeit nehmen, euch nicht drängen. Oder vertraut Leuten (auch im Internet) die das sehr oft machen und z.B. gleich vor Auslieferung ein tolles Set-Up der Gitarre für den Betrag X anbieten.
Halskrümmung einstellen, Saitenlage einstellen, ggf. Sattelkerben optimieren, wenn nötig Bünde abrichten/polieren das ist ein Programm, das fast jedes Instrument optimieren kann. Klar, das Geld dafür ist futsch, Rückgabe nicht möglich. Aber wenn es gut gemacht ist, lohnt sich das.
Warum ich das hier zu meinen Kauf-Geboten schreibe? Weil ich die Einstellung der Gitarre für so wichtig halte, dass sie für mich der wesentliche Nach-Kauf oder Bei-Kauf Schritt ist. Man kann auch aus günstigen Instrumenten für wenig Geld viel rausholen, und darum geht es hier doch.
ZEHNTES GEBOT: Die Welt ist bunt und granatenstark.
Den Spruch bringe ich immer wieder. Ja, er ist alt, stammt aus einem Film, aber er stimmt einfach. Es gibt verdammt viel da draußen, so viele Unterschiede, und gerade bei Gitarren ist das wirklich immer wieder wahr. So viele unterschiedliche Instrumente. So viele Möglichkeiten. So viele Fallstricke, so viele tolle Klampfen.
Seid euch dessen bewusst es gibt nicht DAS Instrument, es gibt VIELE. Es gibt nicht die EINE und BESTE, es gibt SEHR VIELE und SEHR GUTE. Dem einen Musiker passt eine, dem anderen eine ganz andere am besten. So sind die Menschen, das Leben, die Musik.
Lasst euch nicht verrücktmachen. Es ist nur eine Gitarre.
Lasst euch verrücktmachen. Es ist ein tolles Instrument, das ihr da gekauft habt, Musik macht Spaß.
Die Bilder im Text stammen von @supertramp
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