Spieltechnik für französischen Swing Valse und Musette

thuja
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Ich habe eine alte Morino Artiste VI D. Auch mit "Pilzknöpfen" und gestuftem Bass. Aber in 2x4!
Bissken "French-Line" (toller Begriff btw. :) ) isse, ja.
Aber aber: meine VID jedenfalls hat eingewachste Stimmplatten. In Frankreich bevorzugen die Leute meist auf Kork oder Leder genagelte. Klingen total anders.
Und: entweder hat man ein ganz weites Tremolo, 3-chörig, sehr "schräbbelig" oder bei zweichörigem meist ein recht flaches.
Ohne Cassotto gibt es auch. Die 3-chörigen Tremolos normalerweise, aber auch bei 2 chörig Tremolo + 16'. Im Cassotto liegt dann traditionell der 16'. Ist hier doch auch so, oder?
Ich weiß jetzt nicht, wie die Artiste VI N registriert ist.

Bei meiner VI D ist das 2-chörige Tremolo viel zu weit für guten Swing-Valse-Sound. Und sie klingt zu bräsig, nicht spritzig genug. Gibt man den Balgdruck, den der Franzose gern hat (und diese Akkordeons zum Klingen unbedingt brauchen!), drücken sich bei meiner schon ein paar ungenutzte Klappen auf.
Also auch die VID ist "French Line" in echt nicht zuende gedacht. ;)
Ich hab sie trotzdem gerne, nutze sie aber kaum noch.

Die klapprige Bassmechanik ist bei meiner VID "50er Jahre Standart", denke ich. Vermutlich hat es damals überall geklappert. Wie alt ist die VIN?
Meine neueren Akkordeons klappern nicht.

viele Grüße
Thuja



Anmerkung der Moderation:
Dieses Thema hat sich in diesem Thread entwickelt:

https://www.musiker-board.de/spielt...pieltechnik-bei-3-bassreihen.html#post6627524
...Und wurde nun als eigenes Thema ausgelagert - also nicht wundern, wenn der Einstieg etwas "ohne Vorlauf " losgeht.

GRuß, maxito
 
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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Thuja, Du scheinst über den ominösen französischen Balgdruck bescheid zu wissen. Magst Du nicht in einem neuen Thread darüber schreiben oder einen Link senden? Alle eingeweihten schwärmen von dieser tollen Technik, die sich so ganz und gar vom Rest der Welt unterscheidet, aber bisher konnte mir niemand wirklich plausibel den Unterschied erklären.
 
Hallo Klangbutter!

Meinst Du das jetzt ernst? :gruebel:
Was schwärmen die Eingeweihten denn so? Ich kenne in Deutschland eher Akkordeonisten, die den Style "zickig" und "altmodisch" finden... (das sagen die unakademischen, die akademischen finden diesen Franzosenkram oft einfach trash, oder?)

Also _so_ vom Rest der Welt soll sich das unterscheiden?
Erstmal passt der Spruch, den auch hier alle guten Lehrer geben: "wenn man denkt, es ist zu viel, ist es immer noch nicht genug".
Gib mir mal ein paar Steilvorlagen, was die Eingeweihten sagen, dann kann ich mir was hinsichtlich Hörbeispielen einfallen lassen. :D
Oder bei meinem nächsten Frankreich-Trip mal gezielt nachfragen. Ist nämlich nicht mehr so lang hin...

viele Grüße
Thuja
 
@ Thuja:

Korrekt, unsere VI N hat auch gewachste Stimmplatten und 2x4, damit isses keine reinrassige French-Line, klar. Die Registrierung ist 4 chörig, doppeloktav, die Schwebung (2-chörig) beginnt beim tiefsten Ton bei ca. 15 Cent. Cassotto hat's gar nicht. Ich denke, Hohner konnte sich nicht für ein reinrassiges French-Line durchringen. Die Modellpalette war (und ist) eh mehr auf Pianomodelle ausgerichtet, die sind hierzulande halt in der absoluten Mehrheit. Gekauft wurde sie um 1975 herum, genauer weiß ich es allerdings nicht.

Übrigens hatte das Akkordeon, welches mein Vater zuvor besaß (auch eine Morino Artiste) 16', 8', 8', 8', bei 16' im Cassotto und abenteurlicher 16'-Registerschaltung (Schaltwalze, welche den Knopfdruck erhöhte) auch aufgenagelte Stimmplatten. An den Klang kann ich mich jedoch nicht mehr erinnern, damals war ich noch Kind.


@ Klangbutter:

Wie ich an anderer Stelle erwähnt habe, haben wir ein Neuinstrument der Marke Piermaria (French-Line) bestellt. Zuvor hatte ich verschiedene Instrumente von Piermaria probegespielt. Ich pflichte Thuja hinsichtlich des Balgdruckes und der damit im Zusammenhang stehenden Klangentfaltung bei. Ab einem gewissen Balgdruck wird der Klang in der Tat merklich prägnanter.

Ob das nun an der Befestigungsart der Stimmplatte am Stimmstock liegt (gewachst oder genagelt), kann ich nicht beurteilen. Physikalische Erklärungen fallen mir da im Augenblick nicht ein. In ein und demselben Instrument beide Stimmstocktypen wechselweise ausprobieren, würde das Rätsel lösen, ob's wirklich daran liegt. Aber wer hat schon die Möglichkeiten dazu ...

Sorry Admin, nun bin ich auch vom Thema abgekommen, evtl. lässt sich das irgendwie noch auslagern?:redface:
 
Nachdem sich hier grad ein recht interessantes und so bislang noch nicht diskutiertes Thema entwickelt, schlage ich vor, dass dieses in einen sepraraten Thread ausgelagert wird. - also konkret die letzten 4 Posts.

Jemand was dagegen?

Gruß, maxito
 
Nö machma, von mir aus gerne! :)

nun interessiert mich nur noch _brennend_ was die Eingeweihten, die Klangbutter kennt, sagen.
looooos, schreib schon ;)

viele Grüße
Thuja (die sich beim Warten auf Klangbutters Antwort gerade mal wieder mit besagter Balgtechnik plagt ;) )
 
Doch doch - das ist ernst gemeint.

Es gibt einen besonderen Anschlag und eine besondere Balgtechnik, die sehr miteinander zusammen hängen. Die "Balgspannung" oder wie Du geschrieben hast, der "Balgdruck" den sie unbedingt für ihren Sound brauchen ...

Ich möchte hier kein falsches Halbwissen verbreiten, von den bisherigen Erklärungen der Schüler kann ich es nicht verstehen. Ich weiß nicht einmal, wovon sie reden. Sie schwärmen über die Leichtigkeit und die Präzision im Anschlag, und das wäre nur mit der Balgspannung und... der Handhaltung, den Augenbrauen und der Armhaltung ...zu erreichen... oder so.

Alle Details, die ich verstanden habe, deuten auf nichts besonderes hin, sondern auf etwas normales. Aber alles was ich nicht verstehe, klingt sehr geheimnisvoll und mir wurde auch bestätigt, dass das nur zu verstehen ist, wenn man die ganze Schule durchgemacht hat!

"Sie spielen ganz anders" heißt es nur immer und da ist zuerst einmal eine besondere Spieltechnik gemeint. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass es nicht in Worte zu fassen ist, oder zumindest im Video zu sehen sein könnte.

Die von Dir erwähnten auf Kork und Leder genagelten Stimmplatten (?) klingen auch interessant. Was ist Kork und was ist Leder und wieso klingt das total anders?
In meinem Cavagnolo ist Holz und Wachs wie gewohnt. Und es klingt typisch französisch.
 
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Doch doch - das ist ernst gemeint.

:)

Es gibt einen besonderen Anschlag und eine besondere Balgtechnik, die sehr miteinander zusammen hängen. Die "Balgspannung" oder wie Du geschrieben hast, der "Balgdruck" den sie unbedingt für ihren Sound brauchen ...

Genau, darauf wäre ich dann auch gekommen - diese Kombi aus Anschlag und Balgtechnik.
Ich weiß ein wenig von dem "Geheimnis". Ich arbeite erst seit knapp einem Jahr dran.
Man lernt es angeblich noch nicht mal in einer Pariser Musikschule zwingend. Ich kenne Leute, die haben es erst nach ca. 40 Jahren wirklich durchdrungen. Weil irgendwer, ders kann, es mal _richtig_ erklärt hat. Mir halt vor knapp einem Jahr.
Aber es gibt schon viele, die so spielen, auch jüngere.

Ich möchte hier kein falsches Halbwissen verbreiten, von den bisherigen Erklärungen der Schüler kann ich es nicht verstehen. Ich weiß nicht einmal, wovon sie reden. Sie schwärmen über die Leichtigkeit und die Präzision im Anschlag, und das wäre nur mit der Balgspannung und... der Handhaltung, den Augenbrauen und der Armhaltung ...zu erreichen... oder so..

Sie machen neben der andauernden Balgspannung und dem Irrsinnsdruck im Bass (besonders auf der 1, die 2 und 3 hinterhertupfen aber auch mit Impuls von oben "gekloppt") eines: primär mit Zeigefinger, Mittelfinger und Ringfinger spielen.
Daumen am Spielbrettrand geparkt, ab und an kommt der auch zum Einsatz. Aber auch nicht bei jedem. Ausser bei Daniel Colin, der nutzt den viel.
Und dann richtig kloppen. Hammerhart und präzise. Aber leicht und ganz entspannt. :(
Vorab:
Ich kann das aufgrund viel zu kleiner Hände und zu fimmeliger Finger auch nicht genau so umsetzen.
Ich nutze den Daumen viel, da meiner schnell und kräftig ist. Für am Griffbrettrand parken ist der viel zu kurz. Mein megafimmeliger kleiner Finger hat dafür ganz wenig zu tun.
Dann: Sprungfingersätze. Viel springen, viel kloppen. Ich darf mich da mit Fantasie auch behelfen, da die Originaltechnik bei mir ja gar nicht funktioniert.
Und: schnell spielen. +/- 190 bpm bei 3/4 sind _normal_.
Dann spielt man automatisch leggero - nicht zu Staccato, aber auch nur hier und da gebunden. Am besten an Stellen, wo keiner drauf käme.
Und immer schön geswingt spielen. Das aber nicht immer gleich, sondern mal mehr mal weniger, sorgfältig ausphrasiert. Am wenigsten im Trio. Meistens.

Und: laut muss es sein. Fortissimo bis Forte. Mezzoforte klingt, wenn in den Noten piano steht.
Aber dennoch bei aller Lautstärke gut differenziert und dynamisch phrasieren. Und immer gut abphrasieren, auch einzelne Töne - es sei denn, das passt an einer Stelle eher nicht. Und geschmackvoll Vibrato und etwas Dreck reinbringen. Und Schmalz. :)
Also alles immer etwas widersprüchlich sehen.

Was hilft: viel die "alten Meister" hören. Und angucken. Wegen der Haltung und den Augenbrauen. :D
Aber Vorsicht: die besten sahen / sehen nicht so aus und machen kaum Bühnenshow. Und z.T. sieht man deren Balgimpulse gar nicht. Bei Jo Privat z.B. war das so - der schien nur rumzustehen, das Akkordeon auf- und zu zuschieben und etwas entspannt rumzufingern. Aber da passiert ganz viel, man hört es. Spätestens wenn man das dann nachspielt, ja ähhhh *schwitz*.
So gut wie alles sind Männer - evtl. weil es mit kräftigen Händen und Muskelkraft besser läuft. Bei Frauen kann man oft besser körperlich sehen, wo die Balgimpulse sitzen.

bei ihm hier kann man noch gut vieles sehen - er ist bestimmt kein ultra-Profi, ich mag aber seine Art zu spielen sehr:
http://youtu.be/UrBy4RVrpeU

Bei Bedarf kann ich noch mehr links zusammenstellen oder peu a peu im youtube-thread. Von mir kommt wenn dann eh kaum anderes. ;)

Alle Details, die ich verstanden habe, deuten auf nichts besonderes hin, sondern auf etwas normales. Aber alles was ich nicht verstehe, klingt sehr geheimnisvoll und mir wurde auch bestätigt, dass das nur zu verstehen ist, wenn man die ganze Schule durchgemacht hat!

Der Klassiker ist die Schule von Medard Ferrero. Aber da steht zu diesem Ausdruck, der Phrasierung, dem Balgdruck, den Augenbrauen eigentlich nicht groß was drin. Man braucht einen guten Lehrer. Ich habe aber auch schon Leute gehört, die den Dreh erst jenseits der 50 raushatten (natürlich schon ewig vorher gut gespielt haben - aber den Style halt nicht richtig getroffen haben), dann aber _richtig_ cool!

"Sie spielen ganz anders" heißt es nur immer und da ist zuerst einmal eine besondere Spieltechnik gemeint. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass es nicht in Worte zu fassen ist, oder zumindest im Video zu sehen sein könnte.

Ich hab versucht, das was ich weiß, hier in Worte zu fassen. Ich hoffe, dass ich demnächst wieder etwas mehr erfahre.
Eigentlich kann man das auch gut als Klassiker nachvollziehen, wenn man es hört. Also meine Lehrerin kann das. Auch wenn das eigentlich so gar nicht ihre Musik ist - allein die Phrasierung. Nimmt der Klassiker z.B. bei Akkordfolgen im Diskant automatisch Schwere raus, betont die Melodielinie usw. muss man in dem Genre noch mal eine Dose extra-Fett draufschmieren und nix differenzierte Polyfonie usw., das muss direkt an die Kitsch-Rezeptoren randocken. ;) Wenn einer die denn hat. Und man muss diesen Sülz lieben und leben, ja. Aber nicht zuuuu viel schmieren.
Man braucht halt ein entsprechendes Instrument, ganz viel Geduld und Spucke und Leidenschaft für diesen Sound und die Musik.
Und ein Umfeld, in dem man viel und laut üben kann.
Ich selber kling noch viel viel zu brav und bin auch oft nicht präzise genug bei dem Tempo. Aber ich habe Geduld, Leidenschaft und das Umfeld.

Die von Dir erwähnten auf Kork und Leder genagelten Stimmplatten (?) klingen auch interessant. Was ist Kork und was ist Leder und wieso klingt das total anders?
In meinem Cavagnolo ist Holz und Wachs wie gewohnt. Und es klingt typisch französisch.

Ah wat echt? Wachs?
Kenne die "Franzosen" wirklich nur mit den Streifen aus ganz fein gemahlenem gepressten Kork oder eben Leder. Ich glaub Leder ist die ältere Variante, weiß ich aber nicht genau. Und die Ventile sind auch aus Leder.
Also Stimmplatten genagelt klingt "frecher" sagt man so. Aber evtl. klingen die Cavagnolos auch noch aus anderen Gründen "frech"?
Was hast Du denn für ein Tremolo? Das typische flache, stechende "americain"?

hoffe, ich konnte erstmal weiterhelfen -
Fragen, Anregungen und Ergänzungen bitte gerne!

herzliche Grüße
Thuja
 
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Das hast Du alles sehr schön beschrieben und es deckt sich ganz genau mit meinen Beobachtungen und Schlussfolgerungen.

Meine technische Analyse:
Es gibt 3 Parameter für den Ton:

1. Fingergeschwindigkeit beim Öffnen der Klappe
2. Druck bzw. Sog
3. Anspracheverhalten der Stimmen

Wenn Du wie irre ziehst, hält der Sog die Klappe fest. Wenn Du dann (in Zeitlupe gesprochen) den Knopf bewegst, tut sich erst garnichts. Die Stimme brennt aber schon darauf, los zu plautzen. Schließlich wird der "Treshold" überschritten und die Klappe öffnet sich blitzartig weil Du so "viel" Kraft auf den Knopf gegeben hast.

Ergebnis - wenn die Stimmen die Kraft aushalten, dann kommen sie wie eine Wand. Super präzise und knapp vor'm Versagen.

Wenn Du drückst wie irre, könnte die Kompression der Klappen versagen. Aber auch hier sind die Stimmen praktisch kurz vor'm Platzen. Die Klappe springt wie von selber auf, weil Druck von innen dahinter steht.

Das ist das, was ich verstanden habe. Also Kraft plus Fingergeschwindigkeit, die natürlich durch die starken mittleren Finger und durch besonders senkrechte Haltung und Kraft im Finger erreicht wird. Die Kraft hat noch den Nebeneffekt des gleichmäßigen Anschlags - ein Ton ist wie der andere ... "Perles de Cristal".

Alles was Du über die Phrasierung schreibst, sind ja stilistische und musikalische Besonderheiten. Die sind natürlich speziell französisch. Diese muß man infiltrieren wie die Sprache.

Aber die Technik ist für mich an dieser Stelle eigentlich schon erschöpfend erklärt. Ich wüßte nicht, was es da noch für Geheimnisse geben kann. Und ehrlich gesagt, die Russen und Finnen machen das genauso.
Das russische Staccato ist noch etwas kürzer - zickiger und durch die Instrumente klingt das auch noch anders. (das hast Du auch geschrieben)
Die selbe Spieltechnik auf dem finnischen Geräten klingt trotzdem weicher.
Die Russen haben gern extremes Legato, die Franzosen machen das weniger oft.
(Blöde Verallgemeinerungen - natürlich gibt es in jedem Land auch alles andere, Russen die französische Sachen spielen und den Style auch ganz gut drauf haben oder Franzosen, die sher überzeugend auch russische Sachen spielen.)


Das sind so die Unterschiede, die aber nicht auf einer speziellen Technikschule beruhen,
sondern auf "style", den man eben mit der Muttermilch kriegt oder erst nach 50 Jahren drauf hat.

Weißt Du noch andere Tricks?
Warum üben sie wochenlang nur immer einen Ton? Hast Du das auch gemacht? Das ist doch kein Style ... das ist eine Technik, die man aber angeblich hören soll.
 
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Gute Zusammenfassung / Ergänzung, Klangbutter!

Es ist irgendwie immer eine Mischung aus Technik und Style und das eine beeinflusst auch das andere. Jedenfalls bei so einer aus dem (einem speziellen Typus) Akkordeon heraus gewachsenen Musik wie dem Musette / Swing Valse.

Das mit dem wochenlang nur einen Ton üben - das habe ich noch nie gehört. Und ich mache das auch nicht.
Wie soll das gehen bzw. wie ist die Übung aufgebaut, wie soll es klingen?
Ich werde das bei Gelegenheit mal erfragen.
Klingt jedenfalls sehr mysteriös!
Problem: ich spreche und verstehe absolut kein Französisch, bin immer auf übersetzende Menschen oder auf deutsch sprechende französische Akkordeonspieler angewiesen. Mittlerweile kann ich es etwas lesen. Aber nur ziemlich etwas. :redface:
Hoffe, ich treffe dann bald auch wieder meinen hervorragend deutsch sprechenden Tippgeber, gebürtig aus Paris.

Gibt es sonst noch Fragen? Die nehme ich dann mit zu meiner nächsten Tour und versuche sie zu eruieren!

viele Grüße
Thuja

p.S. natürlich kann da einiges an Übungen usw. für Dich als akademischen Musiker und mich als Schülerin von akademischen Musikern ungewöhnlich wirken - soweit ich weiß, hat sich dieser ganze Musikstil ziemlich unakademisch ( dennoch auf recht hohem Niveau) entwickelt. Dann diese recht lokale / nationale Konzentration... Hoffe, ich bekomme da noch mehr raus!
 
Da klinkt man sich mal eben 12 Std. aus und dann kommt hier ein ganzes Feuerwerk von Erkenntnissen, PRIMA! :)

Bevor wir unsere Piermaria bestellt haben, habe ich auch bei Cavagnolo Infos eingeholt. Ich hätte jetzt erwartet, dass Cavagnolo die Stimmplatten nagelt. Ich war mir eigentlich fast sicher; hatte vor ca. 6 Monaten bei Cavagnolo nachgefragt und u.a. das auch bestätigt bekommen. Hmm, aber evtl. ist das nicht bei jedem Modell so.

Vielleicht sind aber auch andere Faktoren klangentscheidend, wie z.B. das Metallverdeck, die hinterseitig angeordnete Registermechanik und die durchbrochene (gelöcherte) Griffbretthinterseite. Wenn man sich mal vorstellt, wie klingt der ausgebaute Stimmstock auf dem Stimmbalg und wie eingebaut im Instrument, ist schon vorstellbar dass auch geringe Konstruktionsdetails einen maßgeblichen Einfluss auf den Klang haben können.

Denn bei allen begründeten Faktoren bzg. Style und Spieltechnik, die Instrumente klingen einfach anders, auch wenn man nur einen Ton anspielt.

Ich habe mal bei einer alten Paolo Soprani (16', 8', 8', 8', ohne Cassotto) ein Füllungs-Cassotto eingebaut, so rein spaßeshalber. Einfach ein 05,mm Blech (ich arbeite beim größten deutschen Stahlhersteller :D) sorgfältig zugeschnitten und in das Verdeck eingepasst. Der Erfolg war verblüffend. Da das Mussetteregister dann aber ziemlich nasal klang, kam das Blech wieder raus.

Ich glaube, dass der "freche" Klang nicht unbedingt etwas mit der Höhe der Schwebung zu tun haben muss. Meine Dallape Organtone ist fast unisono gestimmt und klingt bei höherem Spieldruck auch ziemlich frech.

Thuja, Du beschreibst die Spieltechnik und Ausdruckskraft sehr leidenschaftlich und detailliert und arbeitest wohl mit Hochdruck daran. Dürfen wir uns auf eine Klangprobe freuen??

Ich hätte auch mal wieder Lust nach Frankreich zu fahren. War bisher nur dienstlich dort. Wie muss man sich das vorstellen? Gibt es dort (bevorzugte) Orte, wo Akkordeonmusik noch gelebt wird, z.B. Kneipen, Tanzlokale, oder dergl.?? Das fänd ich meeeegaspannend!

Gruß
Herbert
 
Zunächst mal: ich bin quasi Anfänger, habe wenig Ahnung, aber viel Interesse. Seht mir also unfachmännische Beiträge nach...

Die Balgführung im von thuja angeführten Video ist... ungewöhnlich. Manchmal schiebt der den Balg fast ohne Ton zusammen, vielleicht um dann auf Zug spielen zu können? Benutzt er den Luftknopf oder wie macht er das? Und ab und zu mitten im Zug wird der Balg für kurze Zeit fast statisch, wenn nicht sogar gedrückt, ohne dass ich das in der Musik höre? Wie und warum macht er das? Oder seh ich da einfach Gespenster, bzw. Ton und Film sind nicht ganz gleichzeitig?

Der eine Ton... viellleicht wird da ja geübt, einen Ton möglichst schnell und gleichmäßig, oder lauter/leiser werdend, hintereinander zu spielen?
(das ist nämlich verdammt schwer)

Vermutlich bedingen sich da Technik und Musik gegenseitig?* Wenn ich an die zwei schottischen Stücke denke die ich zu spielen versuche, ein Jig und ein Reel, da bleiben einem nur staccato-Bässe und immer wieder knopfnah gesprungene, getanzte, Melodien, sonst klappt es nicht, klingt nicht und/oder es kommt eine Sehnenscheidenentzündung daher.

(* ok, das hat Thuja im letzten Beitrag auch schon angesprochen, merk ich grad; ich lass es aber mal so stehen)

Das Thema finde ich übrigens hochinteressant und erhellend.
 
Genau. Der Balg wird mit allen gedrückten Bassknöpfen zugeschoben. Man hört nichts, weil die Luft durch die massenhaft geöffneten Klappen durchströmt, so dass keine der tiefen Stimmen schwingen kann. Dadurch kann er immer die bequemere Balg-auf Richtung spielen. Rechts dagegen kann er trotzdem gleichzeitig einen Akzent setzen. Und nicht zu vergessen, er hat nur ein Mikro nur rechts. Alles was er links spielt wird in diesem Zusammenhang sowieso nicht gehört.
Beim Bandoneon ist das Zuschieben sehr sehr üblich, weil dort noch das andere Griffsystem gespielt werden müßte, das genauso kompliziert ist wie das auf Balg auf. Dort wird aber der sehr sehr große Luftknopf verwendet. Das ist kein Vergleich zum winzigen Akkordeon Nadelöhrluftknopf.

Du siehst keine Gespenster. Das Anhalten des Balges dient der Phrasierung. In dem Moment wird schnell ein decrescendo gespielt. Das erstreckt sich über sagen wir mal 4 Noten. Die sind aber in einem Tempo, das man sie nicht mehr einzeln sondern als Gruppe wahrnimmt. Er betont die 1 und 2 +3 sind im decrescendo verdeckt.
Der Übergang vom decrescendo zum Bellowshake ist nahe! Ich kann es hier auch nicht deuten.

Die Ein-Ton Übungen muß man sich so vorstellen:
Der Schüler sitzt und konzentriert sich wahnsinnig, drückt mit einem Finger in einem ganz bestimmten Winkel einen kurzen lauten staccato Ton und der Lehrer schreit "Nein" - falsch. Irgendwann schreit er "Ja" richtig. Und Du hörst keinen Unterschied.

Sicher ist da einer, aber wenn - dann muß er irgendwie mit den oben genannten Zusammenhängen erklärbar sein. Was ist da los?
 
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Ahhh. Danke.

Richtiges Staccato ist fürchterlich schwierig, allein schon das ganz normale Staccato. Ich üb das gar nicht extra, sondern hoffe, das mir während des Spielens (Melodie, Klang usw.) die Erleuchtung kommt.
 
Genau. Der Balg wird mit allen gedrückten Bassknöpfen zugeschoben.
hallo zusammen, Klangbutter:diese" Balgtechnik " interessiert mich auch, ich habs schon so oft ausprobiert ....ohne ervolg-( , also : links spielen und den" luftknopf" drücken dauet bei mir zu lange,und mit allen fünf auf die Bassknöpfe drüken schafe ich nicht ohne das da was zu hören ist, haben die da vileicht einen extra Knopf dafür ? oder üben die stundenlang nur "ohne Ton lüftlassen" ?
 
Ohne Ton lüften lassen? Hihi. Ja das übt man immer mit - schließlich spielt man es ja so - eine Angewohnheit.
Meine Lehrer hätten mich "raus geworfen" ...
Also - man kann ja die Bässe (möglichst auch Tutti) mit dem Luftknopf zusammen drücken, viele Tiefen sollten dabei sein, denn die brauchen die meiste Luft.
Es muß auch nicht völlig geräuschlos sein. Bei 2:01 und 2:04 kann man den entsprechenden Schmutz ganz gut hören.
"Bääp". Das gehört einfach dazu und man empfindet es wie ein geräuschvolles Luft holen eines Sängers. Eine mit Dreck gestaltete Pause.
 
mit allen fünf auf die Bassknöpfe drüken schafe ich nicht ohne das da was zu hören ist
bei meiner Morino (VN) funktioniert das, solange ich vorher nicht mit Bass gespielt habe (also z.B. im Orchester). Wenn die Basszungen mal in Bewegung waren, reagieren sie zu schnell. Wie die Fisart reagiert, habe ich noch nicht ausprobiert - ich nutze diese Technik nur im Orchester und dort nehme ich (vorläufig noch) die Morino. Allerdings habe ich es bis jetzt nur gemacht, um den Balg schnell zu schließen ohne im Diskant einen Ton zu spielen.

Gruß,
INge
 
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Hallo zusammen!

Sehr interessanter Thread, der alle meine persönlichen, bisher gemachten "Musette-Erfahrungen", beinhaltet und darüber natürlich noch hinaus zu gehen scheint.
Damit man weiß, worüber hier philosophiert wird ist das gebrachte Klangbeispiel volkstümlich betrachtet ziemlich perfekt. Leider spielen die schlechten Gitarristen da ziemlich laut und störend mit... :weep:.

Ich habe also mal youtube durchforstet und bin auf folgenden Clip gestoßen.



Das ist natürlich kein Franzose, der eine originale Musette aus Frankreich volkstümlich spielt, aber einer, der offensichtlich sowas schon richtig verstanden hat und genau weiß, worauf es ankommt. Klingt fast "zu authentisch" - aber gut. Ich hätte gerne noch eine von R.Galliano gehabt, aber die neuen Sachen sind alle viel zu jazzig und der klassische alte G.-Sound ist auf Youtube quasi nicht vorhanden... (...lasse mich gerne eines Besseren belehren!)

VLG
Accord
 
whow, so viele Aspekte, die noch ins Spiel kommen!

Dann will ich mal:

@ gewachst oder genagelt: meine beiden Cavagnolos haben genagelte Stimmplatten.
Ich habe ewig und drei Tage via iNet französische Akkordeons und ihre Preise gescannt und mir ist echt nichts gewachstes bei dem Typ Akkordeon aufgefallen. Weder auf den Fotos noch in den Beschreibungen. Immer genagelt auf Kork oder Leder.
Klangbutter, Du hast doch in Deiner Cavagnolo einen Converter, nicht?
Wo hast Du denn die gewachsten Platten - im Diskant oder im Bass? Evtl. ist bei der Bauweise einfach was anderes?

@ "frecher Klang": der wird auf alle Fälle von den genagelten Stimmplatten unterstützt.
Die Höhe der Schwebung ist beim "americain" auch sehr flach. Und es klingt total "stichig". Unser übliches 4ct Tremolo ist dagegen nur soft.

@ Nick Ariondo und die schlechten Gitarristen
auf dem Video haben sie keinen guten Sound, nein. Sind auch zu laut. Mag am Kamera-Mikro liegen. Aber wirklich schlecht sind die auch nicht. Und das ist auch sowas, was in dem Genre so muss: 2-3 Selmer-Maccaferri Gitarren (ein bis zwei schruppen immer Rhythmus, auch wenn einer soliert), Akkordeon und ein Kontrabass, der bloss nicht zu viele Töne macht.
Sind aber alles keine Turbo-Leute, auch der (wie ich finde spitzenmäßige) Akkordeonist nicht!

Ariondo klingt überhaupt nicht authentisch. Das Tremolo ist zu weit, das Akkordeon klingt insgesamt zu soft.
Die Glissandi die er macht, sind so auf Knöppen überhaupt nicht zu realisieren.
Ich finde das Stück schön, er spielt toll - und es ist das, was man auch hierzulande unter Musette-Sound versteht und mag.
Wer kennt noch "Will Glahe und sein Musette Orchester" ?
Auch son Fall.
Will ich auch überhaupt nicht abwerten den Herrn Ariondo und schon gar nicht Deine Verlinkung, accord! Aber authentisch ist das trotz etlicher authentischer Elemente nicht, wenn auch sehr schön.
Volkstümlich, hmmm ist der falsche Begriff für Musette / Swing Valse. Ist durchweg komponierte und dann weiterimprovisierte Musik, die dann mit dem Swing-Jazz Hochzeit feierte. Gehobene Unterhaltungsmusik trifft es eher.

@ die Ein-Ton-Übung
Danke für die Info, Klangbutter! Das versuche ich mal zu eruieren!

@ Hörbeispiel von mir - derzeit habe ich in dem Genre nichts, was mich wirklich zufrieden macht. Hört Euch lieber die Cracks von Anno dunnemals auf youtube an. :D
Akkordeonszene Frankreich - einfach mal googeln, es ist natürlich nicht mehr so verbreitet wie bis in die 50er Jahre. Aber es gibt viele Festivals usw..
Ich habe aber keinen Plan, kann die Sprache nicht, hasse Urlaub - da fragste genau die richtige ;)
Mein Mann hat einen Freund, der immer so ein kleines Jo-Privat-Memorial-Meeting organisiert. Da der viele sehr gute Akkordeonisten kennt und die sich auch freuen, in so einem Zirkel zu jammen, ist das eine tolle Veranstaltung. Ich war da erst ein Mal und will da nach Möglichkeit regelmäßig hin.
Mein Mann ist ganz passabler Jazz-Manouche Gitarrist und spielt auch so ein Typ Selmer-Maccaferri-Gitarre wie die Herren in meinem ersten Videolink hier.
Der ist bei der Überzahl an Akkordeonisten dort ziemlich gefragt (weil dieser Gitarrentyp und seine spezifische Spielweise bei dem Sound einfach dazu gehört) - was das natürlich für uns um so attraktiver macht. ;-)

so, hier noch ein paar links:

Daniel Colin in den 80ern - sehr virtuoser Mensch, der wirklich sehr authentisch "old-shool" spielt:
http://youtu.be/HhkPXxiSvFA
Balg- und Fingerarbeit und sowas sind auch gut zu sehen, vielleicht kann Klangbutter was diagnostizieren, was mir entgeht, aber hilfreich ist. :)

Der hier spielt auch sehr cool:
http://youtu.be/btLtpCe7F3s

beide sehr virtuos, aber (zum Glück) noch nicht in dem überdrehten "Wettbewerbsstyle", in dem diese Musik aktuell manchmal dargebracht wird.

Hier noch eine Truppe echt guter "Normalos" - also nix Fernsehn, Virtuosen, National-Denkmäler....
Ich liebe sie!
http://youtu.be/cvixXAANsf8

http://youtu.be/1g0TjrN7I5M

Oh Gott, ist das schon spät - ich muss ins Bett!!!
Eigentlich wollte ich mich heute Abend ausgiebig und ausschließlich mit Dark-Ambient auf dem Akkordeon :eek: befassen, erarbeite mir grad eine Stummfilmbegleitung mit mikrofonierter, effektgerouteter sowie MIDI-fizierter Cavagnolo, Computer und bösen Geräuschen.:evil: (jaja das ist meine wahre Herkunft - und Impro / Freejazz *hust*)
Aber schon wieder bleib ich bei Swing Valse hängen, diese Musik ist echt meine Droge. :D

viele Grüße
Thuja
 
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