Vielen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen, Andreas.
Und auch Dank an Claus.
Im anderen Thread habe ich auch weitergelesen. Als ich den Antwortpost fertig hatte, war die Internetverbindung auf einmal down.
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Verrückt machen ...
Nein tu ich nicht. Ich bin nur gerade dabei, mir eine lange nicht weiter hinterfragte Dimension des Mundharmonikaspiels zumindest gedanklich zu erobern.
Background
Die Mundharmonika lernte ich bereits in frühester Kindheit lieben und spielen. Musikalisch hielt ich mich damit viele Jahre ausschließlich im Bereich diatonischer Dur-Musik auf. Irgendwann bekam ich eine Comet-Wender. Mit ihr wurde das Musizieren vielseitiger. Ich liebe Melodien bei denen man sie blitzschnell umdrehen muß
Irgendwann erstand ich eine Piccolo und begann, mit dem Einzeltonspiel zu experimentieren. Als ich "Spiel mir das Lied vom Tod" im Kino gesehen hatte, übte ich solange auf dieser kleinen Harp, bis ich irgendwie einen Ton gebogen bekam. Dass diese Technik "benden" heißt, wußte ich nicht und Informationen darüber fand ich auch nicht. Damals gab es halt das Buch von Martin Rost noch nicht und erst recht kein Internet, wo man so etwas recherchieren und in Foren nette Leute ausfragen kann.
Also erzählte mir auch niemand, dass man auf einer diatonischen Mundharmonika chromatisch spielen lernen kann. Um es selbst herauszufinden, hatte ich entweder das falsche Instrument oder die falsche Technik. Jedenfalls erstand ich dann eines Tages eine chromatische Larry Adler. Ich übte zwar fleißig damit, doch so richtig glücklich wurde ich nicht mit ihr. Das Musizieren mit der Wender und der Piccolo machte mir viel mehr Spaß. Die beiden schleppte ich überall hin mit. Eine Rucksacktour ohne sie war undenkbar. Sie sorgten auf so manchem Hüttenabend für Unterhaltung. Im normalen Musizieralltag gerieten sie dann aber für einige Zeit in den Hintergrund.
Letztes Jahr fiel mir das Buch von Martin Rost "Rock Blues Country Harp" wieder in die Hände, das ich mir vor vielen Jahren gekauft hatte, um das Benden endlich mal zu lernen. War damit seinerzeit aber nicht klar gekommen. Nun nahm ich einen neuen Anlauf, informierte mich im Internet, welche Harps dafür geeignet sind und legte mir eine kleine Sammlung verschiedener MuhaModelle in verschiedenen Tonarten zu. Darunter auch eine Golden Melody, eine Marine Band deluxe, eine Harmonic Minor und eine Natural Minor von Lee, sowie die Marine Band Soloist.
Das Musizieren auf der Mundharmonika hat für mich viele neue Facetten bekommen und es macht mir Spaß, mich mit dem theoretischen Hintergrund der Musik auseinander zu setzen, die auf ihr gespielt wird.
Da Blues und Jazz nie zu meiner Musizierpraxis gehörten, fehlt mir dafür das musiktheoretische Wissen und die für diese Musik typische Fachsprache. Mit so guten Stichwortgebern wie Euch ist es aber nicht schwer, das weltumspannende Lexikon zu durchforschen.
Die Harpuhr und all die anderen tollen Informationen von Klaus Rohwer hab ich mir schon vor ein paar Monaten angeguckt. Ist wirklich genial, was der so zusammengetragen hat. So manches muß man sich mehrmals durchlsesen. Außerdem fand ich den Scale-Twister, der ganz viele Tonleitern darstellt, nicht nur die, die sich aus der Stammtonleiter ergeben. Eine sehr interessante Ergänzung zur Harp-Uhr.
Die Scheibe, wie ich sie beschrieben habe, brauch ich nicht basteln. Die hab ich seit meiner Studienzeit im Kopf. Für meine Schüler habe ich sie im PC so in MSPhotoDraw gespeichert, dass die Scheiben gegeneinander gedreht werden können. Ich habe auch verschiedene Leiter- und Akkordmuster abgespeichert, die sich ergeben, wenn man im Quintenzirkel eine Halbtonschrittleiter, eine Ganztonschrittleiter, eine pentatonische Leiter, eine diatonische Leiter, eine Zigeunermollleiter oder verschiedene Dreiklänge einzeichnet. Das ergibt interessante Grafiken und vermittelt es einen neuen Blick auf die Eigenheiten der Tonleitern und Klänge. So durchläuft der Weg einer diatonischen Leiter einen Halbkreis und ergibt in die Waagerechte gedreht eine Art Korb, die Halbtonschrittleiter ergibt einen Stern, die Ganztonschrittleiter ein Sechseck, der verminderte Dreiklang ein gleichschenkliges Dreieck usw. Falls Ihr das noch nicht kennt, probiert es mal aus. Ist eine interessante Spielerei.
Das, was ihr mir bezüglich des Blues-Schemas und der im Blues benutzten Tonleitern erklärt habt, habe ich ausprobiert.
Nun suche ich noch nach Hör- oder Video-Beispielen, in denen das deutlich zu hören ist. Habt Ihr Empfehlungen?
Die von Claus aufgeschriebene Akkordfolge interpretiere ich als
T - - - T - - - T - - - T - - -
SD - - - SD - - - T - - - T - - -
D - - - SD - - - T - - - T - - -
Nur dass da dann noch jedesmal die Septime mit drin hängt.
Die Web-Suche spuck dazu ja jede Menge Grafiken und Beispiele aus.
Viele auch ohne Septime. - ? -
Hab's grad mal auf der Gitarre ausprobiert. Die Septime ist das Salz in der Suppe.
Auf der Muha kann ich damit noch nichts anfangen.
Also guck ich mir die Blues-Skala an:
Andreas schreibt:
Prime-kl.Terz-Quarte-(verm.Quinte/überm.Quarte)-kl.Septime-Oktave, in C (ich verzichte jetzt mal bewusst auf das Tongeschlecht) heißt das: C-Es-F-(Fis/Ges)-G-B-C. Tatsächlich ist es jedoch ein klein wenig anders. Denn die einzig reinen Töne sind die Prime, die Quarte, die Quinte und die Oktave. Die Terz, die Wolfslquinte und die Septime sind sogenannte Blue-Notes. Ihrer künstlerischen, freien Intonierung verdankt der Blues seinen Ausdruck. Die Terz liegt oft irgendwo zwischen der kleinen und der großen Terz. Die Wolfsquinte ist ohnehin so dissonant, dass sie gleich ob als überm. Quarte oder verm. Quinte oder irgendwo drumrum nach Auflösung schreit. Die kl. Septime wiederum entstammt ursprünglich der Naturtonreihe, wie sie in afrikanischen Gesängen üblich sind und wie sie bei Obertonreihen von Hornblasinstrumenten auftreten. Diese sind um ein paar Cent niedrigen als die kl. Septime der westlichen Skalen unabhängig von der reiner oder gleichstufiger Stimmung.
In Zahlen übersetzt
1 - b3 4 (#4/b5) 5 - b7 8 = dorisch/äolisch-moll-pentatonisch
mögliche Tonleiter
d - f g (gis/as) a - c d
ab Kanal 4 ohne Bending auf der C-Harp zu finden:
d e f g a h c d = 1 2 b3 4 5 6 b7 8
Alles in eine Tabelle gepackt:
Kanal
| v4
| ^5
| v5
| ^6
| v6
| v7
| ^7
| v8
| |
Leiterstufen | 1
| 2
| b3
| 4
| 5
| 6
| b7
| 8
| |
| d | e | f | g | a | h | c | d | dorisch (M/M) |
Blues-Scala | x | | x | x | x | | x | x | moll/dorisch pentatonisch |
Bluenotes | | | fes
| | as | | ces | | |
mögliches Bending | b1 | | bb3 | | b5 | | | | |
Die Klammer (vermQuinte/überm.Quarte) verstehe ich als Hinweis auf die eingeschobene Bluenote.
In der Intervall-Aufzählung nennst Du die Quinte nicht. In der Tonbuchstabenreihe nennst Du aber das G. - Warum ? -
Außerdem erwähnst Du anschließend noch einmal die Quinte bei der Aufzählung der reinen Töne.
Die Wolfsquinte verstehe ich eher als verminderte Sexte. Die erkenne ich in der Leiter nicht, kann aber die Quinte (Kanal v6) nach unten ziehen.
Die für moll entscheidende b6 fehlt. Die bekomme ich mit Bending nicht hin. Da sie von der Pentatonik übersprungen wird, quäle ich dafür die Muha jetzt nicht.
Beim Benden von f und c entstehen Noten, die bereits als Blaston in der Leiter enthalten sind: fes = 3 und ces = h. Die Töne können zur Veränderung der Klangfarbe genutzt werden. Eine Erweiterung der Leiter ergibt sich nur beim Benden des a zum as.
Das lasse ich jetzt erst mal sacken.
Viele Grüße
Lisa