Dem würde ich jetzt einfach mal widersprechen
Ich habe ganz anders singen gelernt - oder besser ausgedrückt, singen konnte ich eigentlich auch vor der Gesangsausbildung ganz gut, aber sie hat mir das nötige Handwerk und den Feinschliff gegeben, um das Singen schließlich auch zum Beruf machen zu können. Jedenfalls hat der Kehlkopf nie eine Rolle gespielt (außer daß er bei klassischen hohen Tönen tendenziell tief stehen sollte). Ansonsten war er nie ein Thema. Ich habe eher gelernt, den Kehlkopf gar nicht zu spüren und da auch nichts zu "machen". Die Power kommt von der Atemmuskulatur.
Nur damit kein Mißverständnis entsteht: selbstverständlich wird der Ton nirgendwo anders erzeugt. Aber es fand nie eine Fokussierung auf die Larynx statt.
Vielleicht ist dieser Ansatz mittlerweile ja völlig out, aber ich bin nicht die schlechteste Sängerin geworden.
Wie schon schrieb, ist es wahrscheinlich nur ein Begriffswirrwarr. Ich würde eigentlich sagen, dass alle, die bisher in diesem Thread gepostet haben, kehlkopforientiert singen. Kehlkopforientiert heißt keinesfalls, dass das Wort Kehlkopf in irgendeiner Weise im Unterricht fallen muss. Es heißt nur, dass der Gesang letztendlich durch Aktionen des Kehlkopfes gesteuert wird (Stimmlippenschluss, Position, Abschlanken etc.) und nicht durch Aktionen der Atemmuskulatur (Pushen, Stöhnen). In der Klassik ist beispielsweise das Singen über die NG-Position DIE Kehlkopfaktion schlechthin (eigentlich auch im Pop-Gesang). Das Üben des Singens über die NG-Position konditioniert eben genau einen kehlkopfgesteuerten Gesangsstil. Natürlich liefert die Atemmuskulatur die Basis (das "Kapital" eben), aber die sollte über alle Lautstärken und Tonhöhen hinweg eigentlich recht konstant, locker und relativ gleich sein und eben nicht in irgendeiner Weise "kraftvoll" oder "druckvoll" und es ist eben auch ungünstig den Gesang durch Veränderungen dieses Systems zu "steuern".
Die Übungen scheitern eh daran, dass Belten mit "Hintersitz" für mich ein Widerspruch in sich ist. Und zwei Übungen so zusammenschustern, dass sie die eigenen Thesen unterstützen ist noch lange kein Beweis.
Zumal ich den Eindruck habe, dass du unter aktiver Stütze etwas anderes verstehst als ich. Das ist was, das mir auch immer wieder auffällt, wenn ein Top-Down-Ansatz angewendet wird.
Genau das soll die Übung ja zeigen. Die entscheidende Frage ist ja
warum physiologisch gesehen das Belten mit Hintersitz ein Widerspruch ist. Der Grund ist mMn, dass es eine massive Rückkopplung von den äußeren Kehlkopfmuskeln, die durch den "Hintersitz" getriggert werden auf die Stützmuskeln gibt. Wenn das nicht so wäre, dann müsste man ja in der Lage sein mit jeder beliebigen Kehlkopfposition (also auch mit Hintersitz) einen massiven Druckoutput zu erzeugen. Praktisch gesehen geht das aber nur mit Vordersitz, also einer ganz bestimmten Kehlkopfeinstellung.
Habe auch oft den Eindruck, daß du die männliche Stimmgebung zur Voraussetzung hernimmst für deine Erkenntnisse @ Broeschies. Das dachte ich auch weiter oben, als du meinen Beitrag kommentiertest in dem es um den Übergang von Belt zu zarter Kopfstimme geht. "Rufmodus" und "Mixed Belt" ist in meiner Stimme das gleiche und das erst recht auf der Höhe um die es hier geht. (also oberhalb von a'') Ich bin Sopran und Valis Stimme ist es ebenfalls. Ich gehe daher stark davon aus, daß es sich bei ihr ganz vergleichbar verhält. Bei schwereren Veranlagungen und Männerstimmen kann man das besser unterscheiden, weil solche Stimmen dazu neigen, zu brustig zu werden. Ein Übergang gelingt dann besser, wenn die Sängerin nicht so doll "schmettert", dafür besser mischt. Die Körperspannung muss aber erhalten bleiben um einen schönen Übergang zu schaffen. Die Körperspannung hat mit "pushen" nichts zu tun. Das legt ihr euch irgendwie so zurecht, damit die funktionalen Grundannahmen passen. An solchen Stellen drängt sich mir die Vermutung auf, daß es da doch grundsätzlich andere Grundannahmen gibt, welche die Techniken unterscheiden.
Diesmal ist es ausnahmsweise mal nicht so sehr auf Männerstimmen bezogen. Ich glaube allerdings gerne, dass es Frauen (vor allem hoch veranlagte nehme ich an) gibt, die den Ruf-Belt überhaupt nicht beherrschen. In dem als "Shouting" bezeichneten Gesangsstil, der quasi auf dem Ruf-Belt basiert und damit ein in gewisser Weise atemgesteuerter Gesangsstil ist, gibt es ja aus gutem Grund fast nur männliche Vertreter. Dennoch gibt es auch Frauen, die den Ruf-Belt beherrschen. Die Tongrenze hier liegt aber ähnlich wie bei Männern eher so zwischen c'' und e'', höhere Töne sind im Ruf-Belt quasi unmöglich.
Die Körperspannung hat auch bei mir mit pushen nichts zu tun, deshalb bin ich auch der Meinung, dass wir hier eigentlich alle über das gleiche reden. Es ist halt ein Unterschied zu machen zwischen Begriffen wie "Atempower", "Körpereinsatz" und Begriffen wie "elastische Stütze" oder "Körperspannung".
Ich versuche mal das ganze etwas anders zu erklären, weil ich doch denke, dass wir uns relativ einig sind. Letztlich sind es zwei Systeme die in gewisser Weise gegeneinander arbeiten und dadurch diese Spannung aufbauen: Zum einen die äußeren Kehlkopfmuskeln, die die Randstimme aktivieren und das Abschlanken verursachen. Zum anderen die inneren Kehlkopfmuskeln, die stark mit der Ausatemmuskulatur zusammenhängen und die Bruststimme erzeugen. Die Spannung zwischen diesen beiden Systemen erzeugt die "Grundkörperspannung" beim Singen.
Ich glaube wir sind uns alle darin einig, dass diese insgesamt weder zu groß noch zu klein sein darf. Beim Singen "im Mix" sollte ein ungefähres Gleichgewicht zwischen den beiden Kräften herrschen, dass sich in den Höhen zur Kopfdominanz hin und in den Tiefen zur Brustdominanz hin verschiebt. Bei bestimmten Gesangstechniken wird dieses Gleichgewicht manipuliert:
Belten im Mix: Die Spannung wird insgesamt erhöht, womit die Lautstärke und die Schwungmasse steigen ("mehr Stütze" UND "mehr Druck").
Ruf-Belten: Die Spannung wird insgesamt erhöht bei gleichzeitiger Verschiebung des Gleichgewichts zugunsten der Bruststimme ("Pushen").
Randstimme: Das Gleichgewicht wird zugunsten der Kopfstimme verschoben ("mehr Stütze")
Leise Singen im Mix: Die Spannung wird zugunsten der Kopfstimme ("mehr Stütze") verschoben, aber
nicht insgesamt verringert.
Ich glaube der einzige Punkt, an dem wir uns möglicherweise nicht ganz einig sind (um mal wieder back to topic zu kommen) ist ob Vali zum leise Singen:
a. Die Spannung verringert, anstatt sie aufrecht zu erhalten, oder
b. Die Spannung zwar nicht verringert, aber sie nicht genügend zur Kopfstimme hin verschiebt