Leute,
während wir hier im Gibson Bus von Memphis nach Nashville unterwegs sind, nutzen Bernard und ich die Gelegenheit für einen kurzen Zwischenbericht (W-Lan im Gibson Bus - gibts was besseres?).
Uns wurde die neue Gibson ES 330 vorgestellt, wir konnten sie probehören (und spielen): Sehr sehr geil! Die P90 sind speziell gewickelt, sogenannte "Underwounds" oder "Scatterwounds", Bernard hat sich glaube ich richtig verliebt! Der 330er fehlt der Sustainblock, somit ist das Teil einfach nur federleicht und klingt soo schön luftig, super Sache! Die wird mit TonePros Mechaniken und einem "echt nachgebildeten" 1959er Hals kommen, ich hatte ihn in der Hand - veeeery pleasing!
Die Jungs aus dem CS Memphis sind extrem coole Zeitgenossen und etwa noch heftigere Gitarrenfreaks als wir in den Userthreads. Kein Witz - wir sitzen an der riesigen Gibson-Tafel und essen zu mittag mit den "großen Jungs" aus dem Custom Shop, und sie reden konstant über Dinge an ihren Gitarren. "Man, I used my 335 for that, it was a realy growling tone.. I might try it with my 175 anyway." ... Ihr wisst, worauf ich hinaus will - absolute Freaks!
Das hat es nurnoch mehr sympathisch gemacht.
Was die Produktion angeht, kann ich nur sagen: Details, Details, Details.. Da werden echt auf alle Dinge geachtet, die wichtig sind. Wir haben nahezu jeden einzelnen Produktionsschritt für die ES-Modelle gesehen, es war wirklich sehr interessant. Sehr geil: Sie benutzen zum Pressen der Holzschichten für die ES-Modelle noch immer die selbe Maschine, die schon seit den 50er dafür benutzt wurde. Das Ding leckt und knarzt und ist einfach nach heutigen Maßstäben alles andere als effizient - aber die Amis wollen's so!
A propos Effizienz: Ein Zufall hat sich ergeben, der uns jetzt im Nachhinein echt wichtig ist: Während wir erklärt bekamen, was die PLEK genau macht, wurde festgestellt, das die zu diesem Zeitpunkt zu plekende ES eine unebenheit im 5. Bund hat. Auf die Frage, was man jetzt macht, hat man uns geantwortet, das man sowohl Hals als auch Body (warum auch immer) sofort zerstört. Die Gitarren wurde aus der Plek rausgenommen und abtransportiert.
Anbei noch der erste Teil der beantworteten Fragen, die ihr hattet: (von Bernard - er hat sich gestern massivst ins Zeug gelegt beim Dinner..
)
Gibson Custom Shop Memphis (ES Gitarren):
1.) 40 Mitarbeiter bauten 52 Gitarren pro Tag
2.) Eine Gitarre benötigt 2 Wochen, davon über 1 Woche Lackierung (mitTrocknen und Polieren)
Nicht perfekte Gitarren werden zerstört (z.B. krummem Hals oder andere nicht behebbaren Mängeln)
3.) Ein PLEK Prozess dauert 15 Minuten, die Gitarre wird dabei unbesaitet eingespannt, die Bünde abgerichtet und der Sattel gekerbt
4.) Neue, korrekte ES Reissues wurden entwickelt.
5.) Custom Shop Mitarbeiter müssen keine Gitarrenbauer sein, aber mit "Produktionsstraßen" Erfahrung haben. Viele sind ehemalige Gitarrentechniker und -restaurateure. Sie werden zuerst in den "einfacheren" Bereichen eingesetzt und befördert, wenn sich ein Spezialgebiet herauskristallisiert. Die Produktionsmanager und die Qualitätssicherung sind streng.
6.) Nitrolacke sind sehr empfindlich auf Mischverhältnis, Temperatur und Luftfeuchtigkeit, daher fühlen sie sich nicht immer gleich an..)
7.) Flame Enhancing wird bei bestimmten Finishes betrieben ("Black Staining", mit einem getränkten Tuch).
8.) Individuelle Custom Bestellungen sind sehr wohl noch möglich, aber nicht direkt im Werk sondern über die Kontakte der großen Händler.Thorsten!
9.) Der Chip im Halsfuß enthält nur die Seriennummer und kann nur im Werk ausgelesen werden. Dies wird z.B. gemacht, um einem Kunden die Echtheit zu bestätigen oder ein neues Zertifikat auszustellen.
Holzthematik:
Ebenholz wird es im Laufe des Jahres wieder geben, bei Palisander ist das Problem die Dicke.Gibson benötigt Rohlinge mit über 6mm Stärke, und das darf nicht mehr
gehandelt werden. Fender hat dieses Problem nicht, da deren Griffbretter dünner sind. Bei PRS gab es übrigens ebenfalls eine Hausdurchsuchung. Rio Palisander
mit Wert von über $1 Mio. wurde beschlagnahmt, obwohl es angeblich auch dort saubere Papiere gab. Baked Maple und Richlite sind zwar keine historisch korrekten
Materialien, aber im Klangverhalten ein mehr als ebenbürtiger Ersatz, zu dem ist Richlite wesentlich einfacher zu verarbeiten als Ebenholz.
Speziell bei Neubundierungen ist Ebenholz ein Horror für den Gitarrenbauer.
Mehr von uns gibts bald! Mir stoßen siese verdammt fettigen Chickenwings gerade so sehr auf, ich glaube ich werde dann mal unauffällig das Fenster öffnen und... naja.
Puuh, ich fühl mich wie seekrank.
Macht es jut!
Achso: Ja hier hatte ich die Chance eine Lefty ES 335 vor den Custom Shop Jungs zu spielen... tolle Sache!!
Joey