Letztlich singen wir doch alle, warum müssen wir uns jetzt am Klang aufhängen? Vali hatte klassischen Unterricht, Foxx und Bell* ebenso, und Ihr seid Euch doch wohl einig, dass keine/r der Genannten unzumutbar klassisch klingt.
Weil der Klang einen deutlichen und, wie ich finde, sehr klar erkennbaren Unterschied zwischen klassischem Gesang und Rock-, Pop- und Jazzgesang darstellt. Ja, ich hatte Unterricht bei einer klassischen Sängerin. Aber ich wurde nie in klassischem Gesang unterrichtet - das ist ein Unterschied.
Ich weiß, wie eine klassische Einstellung grundlegend funktioniert und ich kann das innerhalb gewisser Grenzen nachmachen - wahrscheinlich ausreichend, um der Oma zu Weihnachten ein Ave Maria zu trällern, das ihr gefällt, aber gleichzeitig einem echten Klassiker oder bei einem passionierten Klassikhörer ein Schmunzeln (im besseren Fall) oder ein verächtliches Schnauben (im schlechteren) provoziert.
Es ist - wie antipasti richtig meinte - eine Immitation, kein richtiger klassischer Gesang.
Ich selber stand vor Jahren vor diesem "Dilemma", ich bin zu einem klassischen GL und bin bis heute glücklich damit, was ich mache. Ich selber finde nicht, dass ich unzumutbar klassisch klinge und anscheinend sehen das einige Leute genauso, vielleicht ist das in Euren Ohren anders, aber die Geschmäcker sind halt verschieden.
Eine klassischere Prägung finde ich bei dir schon hörbar, aber passt doch auch voll mit deinem "Profil" als Sängerin und deinem Repertoire zusammen und ist stimmig.
Das ist ja nicht gleichbedeutend mit Operndiva.
Chorgesang ist für mich aber schon eher klassisch als poppig geprägt, was den Stimmklang angeht. Ich glaube eine Stimme wie die von Duffy würde in einem Chor ziemlich stören.
Ich denke sowieso, dass man nicht mal so eben in eine Richtung "gedrängt" werden kann, wenn die nicht dem eigenen musikalischen Empfinden entspricht.
Wenn ich jedenfalls nach einem Gottesdienst, wo "mein" Chor gesungen hat, in strahlende Gesichter sehe, wenn ich höre, dass Leute extra gekommen sind, weil sie gehört haben, dass wir singen, dann denke ich, dass irgend etwas an meiner Entscheidung damals richtig gewesen sein muss.
Glaub ich. Dann ist man offensichtlich richtig aufgehoben.
Oder zumindest die Einsicht, dass jemand auch andere Erfahrungen gemacht haben kann, die deshalb nicht falsch sind.
Hey, klar, keine Frage. Jede Erfahrung ist subjektiv und jeder mag andere gemacht und diese für sich jeweils interpretiert haben. Ich glaube nicht, dass das hier irgendwer in Abrede spricht.
Nunja das sind deine Erfahrungen. Ich kenne bisher mehr als 5 klassische Profis, die entsprechend wechseln können.
Ohne die gehört zu haben, kann ich schlecht was dazu sagen. Vielleicht kenne ich eine statistisch unrepräsentative Zahl derer die es nicht können. Oder du kennst eine statistisch unrepräsentative Zahl derer, die es können. Oder wir haben unterschiedliche Ansprüche daran, wie "entsprechend wechseln" klingen sollte und kommen daher zu einem unterschiedlichen Ergebnis.
Das würde ich ein wenig anders sehen. ;-)
[...]
Dies hindert mich aber überhaupt nicht daran, ohne hier angeben zu wollen, den klassischen Ansatz und den Musicalansatz sowohl selber einsetzen zu können als auch zu unterrichten.
Ich weiß nicht, ob wir uns hier missverstanden haben. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass du den klassischen Ansatz sowohl einsetzen als auch unterrichten kannst. Ich glaube, dass es auf jeden Fall Lehrer gibt, die beides unterrichten können. Ich glaube aber gleichzeitig, dass die wenigsten Lehrer wirklich beides selbst umsetzen in beidem gleich gut sind. Du schreibst ja selbst, dass du dich nicht als klassische Sängerin bezeichnen würdest. Ich hoffe, ich trete dir nicht zu nahe, aber ich verstehe dich so, dass du zwischen "klassischen Klang anwenden und demonstrieren" und "als klassische Sängerin überzeugend und authentisch sein" einen Unterschied machst, oder? Ich glaube dann sehen wir das ziemlich gleich.
Analogie Jazzstilistik: Aus mir wird - und das ist in dem Fall weniger eine Frage der Gesangstechnik als des Rhythmusgefühls - in diesem Leben vermutlich kein Jazzsänger mehr. Ich hab mich jetzt zwei Jahre lang mit der Thematik beschäftigt, ich weiß theoretisch, was Jazzphrasierung und -feeling auszeichnen sollte (habe davon auch enorm profitiert) und könnte das auch jemand anderem erklären. Trotzdem klingt Jazz, wenn ich es singe, bestenfalls nach "angejazztem" Pop.
Es ist vielleicht eher so:
Wer vom Contemporary kommt und das vorher schon empfinden konnte, den verbildet die klassische Gesangsausbildung wahrscheinlich eher nicht und derjenige kann möglicherweise später auch switchen. Was aber meist zu Lasten des absoluten Ideals geht. Wer WIRKLICH klassische SängerIn werden will muss sich GANZ darauf einlassen. Sonst erreicht man nicht den geforderten Grad der Perfektion. Wer solchermaßen "klassisch ausgebildet" wurde wird meines Erachtens meist untauglich für stilechten Pop/Rock/Jazzz/Musical usw.
Sehe ich ebenso.