Dass der Vorgang des Ausatmens trainiert wird, ist ja klar. Aber gerade hier an Board gibt es viele, die den physiologischen Hintergrund dazu wissen wollen und eben nicht brav die Übungen machen wollen, nach dem Motto funktioniert halt.
Der Unterschied zwischen Normal- und Sängeratmung ist, wie du treffend geschrieben hast, dass bei der Normalatmung die Ausatmung passiv durch Lösen der Spannung geschieht und dass bei Sängern die Ausatmung aktiv bleibt. Aktiv aber nicht im Sinne von Auspressen der Atemluft durch Ausatemmuskeln, sondern aktiv im Sinne von kontrolliertem Freisetzen der Atemluft durch eine bleibende Aktivität der Einatemmuskeln beim Ausatmen (die sog. Einatemtendenz).
Die Hilfe der Ausatemmuskeln braucht ein Sänger nicht, weil diese die Lunge zusammenpressen und so einen erhöhten Luftdruck erzeugen. Man bedenke dass der Luftdruck bei aktiver Ausatemmuskulatur so hoch ist, dass ganze Fremdkörper mit einem Satz aus den tiefsten Bronchienabschnitten nach draußen katapultiert werden können und man Kirschkerne im Mund meterweit von sich spucken kann. Haut man diesen Druck auf die Stimmbänder, dann ist die Zeit zur Phonation erst mal verdammt kurz und schädigt auf Dauer die Schleimhaut der Stimmlippen (deswegen ist man bei lang und viel husten irgendwann mal heiser). Allein deshalb kann man sehen, dass Training der Ausatemhilfsmuskeln für Gesang nicht sinnig ist.
Trainiert wird die Muskelgruppe der Einatemmuskeln, denn ein untrainierter Sänger hat gar nicht die Kraft dazu die Aktivität dieser Muskeln beizubehalten, so wie ein Durchschnittswiesnbesucher nicht mal annähernd so lange mit gestrecktem Arm einen Bierkrug in der Luft halten kann wie ein Stammgast, der oft und lange trainiert hat.
Mit sssss-t wird mMn das Aktivbleiben von Zwerchfell und inspiratorischen Zwischenrippenmuskeln trainiert, damit der Luftstrom so fein und konstant bleibt, dass eine Kerzenflamme vor dem Mund nicht flackert. Erst gegen Ende des Atems wenn die Einatemmuskeln fast vollständig entspannt sind, setzt die Ausatemmuskulatur ein und presst die Restluft raus. Das macht man, damit man die Einatemmuskeln in ihre vollständige Ausgangsposition bringt, dass sie beim reflektorischen Einatmen besser kontrahieren und somit der Trainingseffekt (durch isotonische Kontraktion) größer ist.
Mit den kräftigen Sch und f, p, t, k ist es fast dasselbe. Man pustet sämtliche Luft aus den Lungen, um die Einatemmuskeln in ihre Ausgangsposition zu bringen, damit diese beim Einatmen möglichst effektiv kontrahieren und somit trainiert werden. Und das gleichzeitig möglichst passiv, dass man das auch gleich gelernt hat. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Natürlich werden beim Auspusten die Ausafemmuskeln mit trainiert, aber um die geht es nicht. Deswegen sind die längeren Versionen (schschsch, ffffff) richtig ausgeführt genauso effektiv. Manche Anfänger atmen bei den längeren Versionen aber nicht vollständig aus, bringen also die Einatemmuskeln nicht in ihre vollständige Ausgangsposition und wären mit dem forcierten Auspusten wahrscheinlich besser bedient.
Durch das ständige Aus- und Einatmen werden die Muskeln durch Bewegung wie beim Hanteltraining trainiert. Und wie der Wiesnbesucher durch Hanteltraining beim nächsten Besuch den Krug länger halten kann, kann der Gesangsschüler dank Atemtraining die Aktivität in den Einatemmuskeln länger aufrecht erhalten, besser eine stabile Luftsäule aufbauen und so die Kehlkopfmuskeln besser entlasten.
Das Training der expiratorischen Zwischenrippenmuskeln macht mMn wenig Sinn, weil deren Aktivität zum Einfallen des Brustkorbs führt und das wollen wir doch beim Singen nicht, oder etwa doch?
Hier ist ja was los
hab Nachholbedarf lol ... aber erstmal... warum unterscheidet man ständig unter Ausatem - und Einatemmuskeln... ich atme mit den gleichen Muskeln ein als auch aus
Nein, tust du eben nicht. Es gibt eigentlich gar keinen echten Ausatemmuskel, weil die normale Ausatmung durch das sich entspannende Zwerchfell entsteht. Die Ausatemhilfsmuskulatur braucht du wie gesagt nur zu Husten, Schnupfen, Weitspucken, Luftballonaufblasen, wenn der Polizist sagt "pusten Sie mal kräftig rein", etc. oder wenn du Asthma oder COPD hast. Ein normaler Mensch setzt zum normalen Atmen nicht die Ausatemhilfsmuskeln ein, weil das Zwerchfell das alleine kann.
Es geht hier doch um Stütze, und da bin ich der Meinung dass sie mit Ausatemmuskeln nichts zu tun hat, sondern mit Aktivbleiben der Einatemmuskeln. Aktive Ausatemmuskeln erzeugen eher ungewünschte Effekte wie Pressen. Es ist also sehr wohl wichtig zu unterscheiden welche Muskelgruppe man trainieren soll.