@ Bell* und moniaqua:
Ich denke, ihr habt beide recht, weil es eben solche und solche Chorleiter gibt. Einerseits die frustrierten nichterkannten Genies Typ "nur der beste Profichor wäre meiner würdig"
, die aber um ihre Brötchen zu verdienen, sich Woche für Woche vor einen kleinen Dorfchor stellen müssen. Der arme Chor muss dann die ehrgeizigen Pläne ihres Chefs ausbaden und so wird er jedes Jahr durch eines der grossen Oratorien oder eine (zu) schwere Messe gejagt. Dass das Resultat dann nicht unbedingt immer der absolute Hörgenuss ist, ist verständlich.
Auf der anderen Seite die verantwortungsvollen Chorleiter, denen die Qualität des Dargebotenen wichtiger ist als ein beeindruckendes Repertoire auf der Chorwebsite und:
Es gibt sogar Literatur, die singbar ist, sich gut anhört und trotzdem kaum aufgeführt wird, warum auch immer.
Genau und diese Chorleiter verbringen dann Stunden in Musik-Bibliotheken, um was zu finden das schön ist und zum Können der Sänger passt.
Unser Chorleiter gehört zum Glück auch zu dieser Kategorie. Und obwohl Chorsingen mittlerweile bei mir gefühlsmässig weit hinter dem solistischen Singen steht - in diesem Chor singe ich nach wie vor sehr gerne mit
Dass es übrigens auch bei verantwortungsbewussten Chorleitern mal einzelne Ausrutscher geben kann, dazu ein topaktuelles
Beispiel:
Heute: unser Chor singt 2 Sätze aus einer unbekannten aber sehr hübschen Messe. In einem Satz für den Chor-Sopran Phrase für Phrase konstant sehr hoch. Und waren nur 2 Proben zur Verfügung das irgendwie auf die Reihe zu kriegen
Unser Chor hat sonst einen schönen Klang, erkennbar ein Laienchor, aber eben ein guter
Und v.a. der Sopran bekommt immer viel Lob, u.a. auch für seine sichere Höhe. Das heute war aber schon etwas grenzwertig
Ich selber konnte ihnen leider nicht helfen, da ich die Soli gesungen habe. Ich habe aber wirklich mitgelitten.
Ist Literatur, die unser Chor normalerweise durchaus packen kann, braucht aber halt mehr Zeit.
Und wo das Publikum sich über die Perle freut.
Da bin ich mir eben nicht immer so sicher
Das heisst, die Zuhörer die ins Konzert kommen freuen sich vermutlich schon, aber viele kommen schon erst gar nicht. Sie bevorzugen die grossen bekannten Werke. Bei unbekannten Sachen sind viele misstrauisch und das wirkt sich dann negativ auf die Konzerteinnahmen aus. Kann auch mit ein Grund sein, weshalb Chorleiter/Chöre sich manchmal bei der Werkauswahl übernehmen.
Wer einmal einen Profichor gehört hat, der kann doch einem Laienchor fast nicht mehr zuhören.... wenn der dieselbe Literatur singt.
Das ist natürlich so, wenn man die 2 Chöre direkt vergleicht. Und zwar unabhängig davon, was gesungen wird. Auch bei einfacherer, dem Niveau eines Laienchores angepasster Literatur: wenn du unmittelbar davor oder danach einen Profichor mit dem gleichen hörst, hat es der Laienchor immer schwer! Aber, man darf nicht vergessen, das Publikum eines kleineren Laienchores besteht zu einem grossen Teil aus Freunden, Verwandten und Bekannten der Sänger und ist entsprechend wohlwollend eingestellt. Die Freude, den Ehemann, die Tochter, die Freundin oder den Arbeitskollegen singen zu hören, lässt manchen schiefen Ton oder verpatzen Einsatz nebensächlich werden.
Und, auch hier keine Regel ohne Ausnahme: ich habe mal Mapa in einem semiprofessionellen Chor gesungen. Im Chor gabs Profis, Leute mit ganz langjährigem GU, aber auch diverse "gewöhnliche" Laiensänger, die nur ganz sporadisch Gesangsstunden nahmen. Das Ganze hat sich sehr gut gemischt und das Resultat war fantastisch
(Musste es auch sein, denn die Aufführung war schweineteuer und auch wir Choristen ausserordentlich gut bezahlt
)
Ein Bekannter von mir hatte wenige Tage zuvor die Mapa von einem sehr guten Profichor gehört und meinte vor unserem Konzert zu mir, da müssten wir uns jetzt aber warm anziehen. Als ich ihn dann aber nach der Aufführung fragte, wie es ihm gefallen habe, sagte er, wir hätten dem Vergleich mit den Profis in jeder Hinsicht standgehalten