LostLover
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Es gibt einen Haufen Musiker, die nicht improvisieren können.
Beziehungsweise, sie DENKEN, sie könnten es nicht. Eigentlich ist es ganz einfach, aus dem Material, das man gelernt hat und aus dem Können, das sich ein Musiker angesammelt hat (und wenn es noch so wenig ist) eine Improvisation zu gestalten.
Meine Herangehensweise:
- Ich habe als erste Grundlage in der Regel einen Song. Der hat eine Melodie, einen Rhythmus und Harmonien.
- Die zweite Grundlage ist mein theoretisches Wissen: Tonleitern, Intervalle, harmonische Zusammenhänge, Rhythmik
- Die dritte Grundlage ist mein spieltechnisches Können: gelernte Licks, Anschlagtechnik, Fingerpicking, Bendings, Doublestops,Tapping, Obertöne, Rakes, Vibratos etc....
Der Trick ist, das ganze zu ordnen und eine Improvisation unter ein "Motto" zu stellen - ihm also ein Konzept zu geben.
Ich trainiere Improvisation z.B. mit diesen Ideen:
- sich grundsätzlich an der Melodie des Songs orientieren. z.B. Einen Durchlauf dicht dran, einen weiteren mit mehr (oder weniger) Tönen zu spielen
- Skalenorientiert zu spielen. Man ermittelt die Tonleiter, die zu dem Song passt und spielt ausschliesslich in diesem Rahmen. Dabei probiert man alle Lagen durch. Andere Möglichkeiten: Mit extrem wenigen Tönen auskommen (3 reichen manchmal) oder im Laufe eines Solos alle 12 unterzubringen versuchen.
- Intervallorientiert zu spielen: möglichst viele kleine Intervalle oder möglichst viele grosse Intervalle im Solo unterbringen. Oder sich auf einen zu konzentrieren (Quarte, Oktave, wasauchimmer) und den immer wieder einzustreuen. Jede gespielte Phrase auf einem anderen Ton enden zu lassen. Oder alle auf dem gleichen anzufangen. Oder umgekehrt
- Technikorientiert zu spielen: Benden, was das Zeug hält. Oder es mal komplett zu lassen. Wenig Töne mit viel Vibrato zu spielen - oder volle Kanne Speed. Nur auf einer Saite zu spielen. Möglichst viel "Dreck" reinhauen - oder ganz sauber spielen. Einen einzigen Ton zum Zentrum der Improvisation zu machen und ihn auf alle denkbaren Arten zu spielen: Hammering, Pulloff, Flageolett, Rake, Bending, Vibrati.......
- Harmonieorientiert zu spielen: Man macht einen bestimmten Ton der Skala zum Zentrum des Solos und umspielt ihn. Im Rock und Blues sind das meist Grundton und Quinte. Wenn man Terz und Septime nimmt, klingt's sofort jazzig. Grundsätzlich sollte man sich eh an den Tönen der jeweils "unterlegten" Akkorde orientieren....klingt einfach schöner.
- Rhythmusorientiert zu spielen: Kurze Lines im Tonmaterial ähnlich zu halten, aber rhythmisch zu variieren - mach vor allem Spass, wenn der Drummer mitspielt und Anregungen gibt oder aufnimmt.
Auf die Weise kann man nach und nach alle Techniken und Aspekte improvisierter Soli austesten und verinnerlichen - und dann irgendwann auch in Kombination abrufen. Für mich ist immer wichtig, dass die Melodie und Rhythmik absoluten Vorrang hat vor technischen Sperenzchen. Was ich mache, muss nachvollziehbar klingen. Technik ist nur Mittel zum Zweck oder gelegentliche Würze. Ein oder zwei kleine Tricks pro Solo reichen - kriegt ausser der Musiker-Polizei eh keiner mit. Seht's mal realistisch: Tapping- oder Whammy-Bar-Orgien sind stinklangweilig und nerven gewaltig. Weniger ist mehr. Immer.
Im Aufbau des Solos gibt's auch Entscheidungsspielräume:
- Volle Kanne Blutgrätsche rein - am Besten noch, während der Sänger singt. Macht gleich klar, wer der Chef im Ring ist. Dann sollte das solo insgesamt aggressiv, kurz und knackig bleiben.
- Oder mal einen halben Takt verstreichen lassen und sich vorsichtig mit wenigen Tönen reintasten. Die entspannte Methode. Hält Steigerungsmöglichkeiten bereit.
- Generell ist wichtig: der Einstieg sollte klar und deutlich und überlegt sein. Und man sollte auch wissen, wie man Schluss machen will. Für so was sollte man sich einen "Lick-Vorrat" anlegen, den man dann nur abrufen muss.
- Bei 'ner Jam-Session ist es nach meiner Erfahrung cool, wenn man sich Soli gegenseitig übergibt. Damit vermeidet man gleichzeitige Daddeleien. Dann muss man aber auch in der Lage sein, einen Schluss zu finden. Dafür hat man aber die Gewähr, dass man irgendwann wieder dran ist.
(Miles Davis zu John Coltrane: "Ey 'Trane, muss das sein, dass du immer 20 Minuten lang solierst?" Coltrane:" Ich weiss nicht, Mann, mir fällt immer so viel ein. Wie hörst Du denn mit 'nem Solo auf?" Miles:"Alter, ich nehm einfach das Horn von den Lippen!")
- Die "Frage und Antwort"-Nummer ist auch spassig: ein Musiker gibt eine Phrase vor, der andere wiederholt sie oder beantwortet sie mit einer eigenen Idee. Das kann ein unterhaltsames "Phrasen-Pingpong" ergeben - erst recht, wenn dem ein gesunder Schuss Rivalität beigemischt wird. Aber: das kann man auch auf einem Instrument für sich alleine machen: Jeweils eine Phrase spielen, die mit eine up-Intervall als Frage endet und eine Antwort mit einem down-Intervall am Ende als Antwort. (sogar Gelächter, Kopfschütteln, "ääääh" - kann man alles auf einer Gitarre imitieren. ) Auf diese Weise lernt man einiges über die Wichtigkeit von Pausen! Musik ist Kommunikation: im richtigen Moment zu schweigen ist auch eine Aussage - und zwar oft eine sehr eindrucksvolle!!!
- Die wenigsten Musiker improvisieren wirklich, meist werden nur vorher gelernte Licks aneinandergereiht. Wenn man einen sehr grossen Vorrat davon hat, klingt's natürlich jedesmal anders: das ist der Trick. Echte Improvisation, bei der der Musiker Dinge austestet, die ihm selbst auch neu sind, findet nur ganz selten statt. Die gelernten Licks sind aber eine Ausgangsbasis dafür - und man braucht Zeit, um sich vorzutasten. Das kann für's Publikum auch mal langweilig werden. Ist letztlich eine Gratwanderung.
Wenn man nach einem 30-Sekunden-Solo denkt "Wow, ich wusste gar nicht, dass ich das kann.....was war DAS denn??" - das ist der Himmel auf Erden für einen Mucker Der Weg dahin ist üben , üben, üben........
Wenn ihr Ideen oder Vorschläge habt, wie man noch an die Sache rangehen kann - immer her damit.
Beziehungsweise, sie DENKEN, sie könnten es nicht. Eigentlich ist es ganz einfach, aus dem Material, das man gelernt hat und aus dem Können, das sich ein Musiker angesammelt hat (und wenn es noch so wenig ist) eine Improvisation zu gestalten.
Meine Herangehensweise:
- Ich habe als erste Grundlage in der Regel einen Song. Der hat eine Melodie, einen Rhythmus und Harmonien.
- Die zweite Grundlage ist mein theoretisches Wissen: Tonleitern, Intervalle, harmonische Zusammenhänge, Rhythmik
- Die dritte Grundlage ist mein spieltechnisches Können: gelernte Licks, Anschlagtechnik, Fingerpicking, Bendings, Doublestops,Tapping, Obertöne, Rakes, Vibratos etc....
Der Trick ist, das ganze zu ordnen und eine Improvisation unter ein "Motto" zu stellen - ihm also ein Konzept zu geben.
Ich trainiere Improvisation z.B. mit diesen Ideen:
- sich grundsätzlich an der Melodie des Songs orientieren. z.B. Einen Durchlauf dicht dran, einen weiteren mit mehr (oder weniger) Tönen zu spielen
- Skalenorientiert zu spielen. Man ermittelt die Tonleiter, die zu dem Song passt und spielt ausschliesslich in diesem Rahmen. Dabei probiert man alle Lagen durch. Andere Möglichkeiten: Mit extrem wenigen Tönen auskommen (3 reichen manchmal) oder im Laufe eines Solos alle 12 unterzubringen versuchen.
- Intervallorientiert zu spielen: möglichst viele kleine Intervalle oder möglichst viele grosse Intervalle im Solo unterbringen. Oder sich auf einen zu konzentrieren (Quarte, Oktave, wasauchimmer) und den immer wieder einzustreuen. Jede gespielte Phrase auf einem anderen Ton enden zu lassen. Oder alle auf dem gleichen anzufangen. Oder umgekehrt
- Technikorientiert zu spielen: Benden, was das Zeug hält. Oder es mal komplett zu lassen. Wenig Töne mit viel Vibrato zu spielen - oder volle Kanne Speed. Nur auf einer Saite zu spielen. Möglichst viel "Dreck" reinhauen - oder ganz sauber spielen. Einen einzigen Ton zum Zentrum der Improvisation zu machen und ihn auf alle denkbaren Arten zu spielen: Hammering, Pulloff, Flageolett, Rake, Bending, Vibrati.......
- Harmonieorientiert zu spielen: Man macht einen bestimmten Ton der Skala zum Zentrum des Solos und umspielt ihn. Im Rock und Blues sind das meist Grundton und Quinte. Wenn man Terz und Septime nimmt, klingt's sofort jazzig. Grundsätzlich sollte man sich eh an den Tönen der jeweils "unterlegten" Akkorde orientieren....klingt einfach schöner.
- Rhythmusorientiert zu spielen: Kurze Lines im Tonmaterial ähnlich zu halten, aber rhythmisch zu variieren - mach vor allem Spass, wenn der Drummer mitspielt und Anregungen gibt oder aufnimmt.
Auf die Weise kann man nach und nach alle Techniken und Aspekte improvisierter Soli austesten und verinnerlichen - und dann irgendwann auch in Kombination abrufen. Für mich ist immer wichtig, dass die Melodie und Rhythmik absoluten Vorrang hat vor technischen Sperenzchen. Was ich mache, muss nachvollziehbar klingen. Technik ist nur Mittel zum Zweck oder gelegentliche Würze. Ein oder zwei kleine Tricks pro Solo reichen - kriegt ausser der Musiker-Polizei eh keiner mit. Seht's mal realistisch: Tapping- oder Whammy-Bar-Orgien sind stinklangweilig und nerven gewaltig. Weniger ist mehr. Immer.
Im Aufbau des Solos gibt's auch Entscheidungsspielräume:
- Volle Kanne Blutgrätsche rein - am Besten noch, während der Sänger singt. Macht gleich klar, wer der Chef im Ring ist. Dann sollte das solo insgesamt aggressiv, kurz und knackig bleiben.
- Oder mal einen halben Takt verstreichen lassen und sich vorsichtig mit wenigen Tönen reintasten. Die entspannte Methode. Hält Steigerungsmöglichkeiten bereit.
- Generell ist wichtig: der Einstieg sollte klar und deutlich und überlegt sein. Und man sollte auch wissen, wie man Schluss machen will. Für so was sollte man sich einen "Lick-Vorrat" anlegen, den man dann nur abrufen muss.
- Bei 'ner Jam-Session ist es nach meiner Erfahrung cool, wenn man sich Soli gegenseitig übergibt. Damit vermeidet man gleichzeitige Daddeleien. Dann muss man aber auch in der Lage sein, einen Schluss zu finden. Dafür hat man aber die Gewähr, dass man irgendwann wieder dran ist.
(Miles Davis zu John Coltrane: "Ey 'Trane, muss das sein, dass du immer 20 Minuten lang solierst?" Coltrane:" Ich weiss nicht, Mann, mir fällt immer so viel ein. Wie hörst Du denn mit 'nem Solo auf?" Miles:"Alter, ich nehm einfach das Horn von den Lippen!")
- Die "Frage und Antwort"-Nummer ist auch spassig: ein Musiker gibt eine Phrase vor, der andere wiederholt sie oder beantwortet sie mit einer eigenen Idee. Das kann ein unterhaltsames "Phrasen-Pingpong" ergeben - erst recht, wenn dem ein gesunder Schuss Rivalität beigemischt wird. Aber: das kann man auch auf einem Instrument für sich alleine machen: Jeweils eine Phrase spielen, die mit eine up-Intervall als Frage endet und eine Antwort mit einem down-Intervall am Ende als Antwort. (sogar Gelächter, Kopfschütteln, "ääääh" - kann man alles auf einer Gitarre imitieren. ) Auf diese Weise lernt man einiges über die Wichtigkeit von Pausen! Musik ist Kommunikation: im richtigen Moment zu schweigen ist auch eine Aussage - und zwar oft eine sehr eindrucksvolle!!!
- Die wenigsten Musiker improvisieren wirklich, meist werden nur vorher gelernte Licks aneinandergereiht. Wenn man einen sehr grossen Vorrat davon hat, klingt's natürlich jedesmal anders: das ist der Trick. Echte Improvisation, bei der der Musiker Dinge austestet, die ihm selbst auch neu sind, findet nur ganz selten statt. Die gelernten Licks sind aber eine Ausgangsbasis dafür - und man braucht Zeit, um sich vorzutasten. Das kann für's Publikum auch mal langweilig werden. Ist letztlich eine Gratwanderung.
Wenn man nach einem 30-Sekunden-Solo denkt "Wow, ich wusste gar nicht, dass ich das kann.....was war DAS denn??" - das ist der Himmel auf Erden für einen Mucker Der Weg dahin ist üben , üben, üben........
Wenn ihr Ideen oder Vorschläge habt, wie man noch an die Sache rangehen kann - immer her damit.
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