Keyboards und FOH...

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Ich hab nichts über dieses Thema gefunden, außer einer Diskussion über Keyboard Monitoring und bei den Stagerider Diskussionen. Um die Diskussion dort aber nicht themenabschweifend fortzuführen, eröffne ich jetzt hier einen neuen Thread.

Es geht mir dabei um die Problematik, wie ein Keyboarder mit seinem Geraffel abgemischt wird, welche Probleme dabei bestehen, und wo die Unterschiede zu anderen Instrumenten ist.

Definition des Keyboarders, auf den ich hier anspreche ist nicht der Tastenmann, der ausschließlich ein Gerät am Start hat, z.B. Piano, Rhodes, Wurlitzer, Orgel, sondern mehrere Keyboards/Expander mit einer Vielzahl von Sounds auf die Bühne bringt.

Wenn Gitarristen, Bassisten, Sänger, Bläser, Akkordeon, Percussion etc. doch relativ einfach zu handhaben sind, kann man höchstens noch das DrumSet zum Vergleich ranziehen. Auch hier gibt es mehrere Klangerzeuger (Toms und Becken), die separat verstärkt werden, aber hier ist jedes einzelne "Instrument" für den Toni klar differenzierbar, auch wenn ein Drumset gerne mal 10 oder mehr Kanäle beansprucht. Ein Submixer auf der Bühne würde einiges an Aufwand und Kosten einsparen, es wäre aber nicht mehr möglich, vom FOH gezielt in den Sound einzugreifen, als wenn er jedes einzelne Instrument separat im Zugriff hätte.

Beim Keyboard ist es normalerweise so, dass bei komplexerem Keyboard-Setup ein Vorab-Mix auf der Bühne stattfindet, und der Toni damit nicht mehr gezielt auf die Lautstärke einzelner Sounds einwirken kann, wie das z.B. beim Drumset ist.
Dieses könnte man theoretisch genauso umgehen, indem man jedes Keyboard/Expander einzeln nach vorne führt, was zum einen aber deutlich mehr Aufwand bedeuten würde, und auch nicht wirklich was bringt, weil der Toni in der Regel kaum sagen kann, ob der Sound gerade aus Workstation A oder B, Expander C oder D, oder aus einem Mix aus mehreren Geräten kommt.
Es sei denn der Keyboarder hat wirklich ein überschaubares Setup, wie CX3, Rhodes, Minimoog ;), aber wer hat das schon. Der Keyboarder hat heutzutage meist Workstations, und selbst wenn er zu seiner Workstation ein Stage-Piano hat, wäre immer noch nicht eindeutig, dass der Pianosound in dem Moment auch von dort kommt, aufgrund von MIDI nicht einmal, wenn der Keyboarder hier drauf spielt.

Zurück zum Thema: Der Keyboarder hat also einen Submixer und mixt seine Klangerzeuger lautstärkemäßig in dem Verhältnis, wie es sich für ihn korrekt anhört.

Nun gibt es zwei grundlegende Probleme:
  1. Ein Wedge oder auch ein in-ear, was der Keyboarder zur Soundkontrolle hat, klingt anders als die PA, wobei FOH noch die Raum-Akkustik, Dämpfung durch Publikum, Interferenzen etc. dazukommen.
  2. Das "richtige" Lautstärke Verhältnis unterschiedlicher Sounds ist meistens subjektiv.

Ich hab es schon oft erlebt, dass ein Toni die ganze Zeit die Lautstärke meiner Keys geregelt hat, weil er meint, die Orgelsounds sind zu leise, im nächsten Moment waren die Bläser zu laut, dann waren die Streicher plötzlich nicht mehr zu hören, und wenn er dann beim Synthsolo lauter geregelt hat, sind ihm hinterher bei den Pianos wieder die Löffel abgeflogen.
Besonders schlimm war das mal, als wir einen separaten Monitormixer auf der Bühne hatten, der auch meinte, er müsse meine Lautstärken anpassen, mit dem Unterschied zum FOH, dass ich an meinem Monitorsound verzweifelt bin, weil ich selber andauernd nachregeln musste, um mich zu hören, und der Toni am FOH, der nun gar nicht mehr klargekommen ist, mich fast ganz runtergezogen hat. Seit dem hol ich meinen Monitormix aus meinem Submixer, und lass mir nur ein separates Signal ohne Keys geben, dass ich auf meinem Monitor dazumische, wie das ja viele schon machen.

In der Bluesband, wo ich nur Orgel spiele, hab ich das mit dem Toni beim Soundcheck so geklärt, dass wir die Laustärke für Solo ausgerichtet haben, dass ich mich im Band-Kontext beim Solo ausreichend durchsetzen konnte. Und dann Hand ab vom Regler, vor allem, weil ich extrem dynamisch spiele mit exsessivem Einsatz des Schwellers. Wenn auch der eine oder andere sagt, die Orgel wäre zu leise, dann ist das bewusst so. Gerade beim Blues finde ich das sehr wichtig, sich zurückzuhalten, um den anderen Freiräume zu geben.

Bei der Rockmusik kann das durchaus so sein, dass die Orgelsounds über die PA teilweise zu laut ist im Verhältnis zu den Pianos, weil z.B. Bassanteile oft lauter kommen, als über eine Wedge oder erst recht über in-ear. Hier habe ich schon ein paar mal überlegt, ob ich das Orgelsignal nicht separat schicke, z.B. über Subgruppen (was natürlich einen Submixer mit Subgruppen voraussetzt), oder tatsächlich ein Leslie, das separat abgenommen wird, wie ich es demnächst auch vorhab, einzusetzen. Dann aber alles, was nach Orgel klingt darüber routen, sonst nutzt das dem Toni nichts. Ginge theoretisch auch für andere Soundgruppen, wie Pianos, Bläser, Streicher, aber wo soll man anfangen und wo aufhören. Am Ende braucht man mehr Kanäle FOH, als man tatsächlich Sounderzeuger am Start hat :redface: ...abgesehen davon, dass es meist nicht möglich ist, umzusetzen, weil die Keys nicht über genügend Sub-/Aux-Outs verfügen, um alle Sounds separat auf den Mischer zu routen.

Also im Grunde ein Kompromiss, den man eingehen muss, wenn man nichts weiter als ein Stereo-Signal an den FOH schickt. Friss oder stirb, ich bin selbst verantwortlich für das Lautstärke-Verhältnis meiner Sounds, aber für den Toni klar Anweisung: Hand ab vom Regler während ich spiele! Nett wäre ein Feedback, wenn sich rausstellt, das wirklich irgend ein Sound deutlich aus der Rolle fällt, wie oben schon bei den problematischen Orgelsounds erwähnt. Und das wenn möglich während des Gigs und nicht erst hinterher.
Letztlich gehört auch ein gutes Stück Erfahrung dazu, dass es oben anders klingen kann als unten, und wie ich als Keyboarder mich da drauf entsprechend einstellen muss.
 
Eigenschaft
 
Wenn ich das alles richtig gelesen habe, waren das Aussagen :) Dann werde ich das auch mal so machen, wie Roland...

Aktuell bin ich im schlimmsten Fall mit zwei Board und vier Ausgangpaaren Unterwegs. Die gehen alle in den Submischer. Die Sounds sind aber so vorgemischt, dass ich auch alle über jeweils ein Ausgangspaar laufen lassen könnte. Wenn wir zum Beispiel schnell rauf und runter müssen, dann spare ich mir das und verzichte auf die letzten 10% des Optimums.

Ansonsten kann ich Roland in allem zustimmen. Haben wir einen Fremdmischer sage ich dem vorher: Ich hab die Sound abgestimmt, wir müssen die zwei testen und sauber rausbringen, dann passt der Rest auch zu 90%. Die restlichen sind dann Raum oder PA. Kann ich aber drauf verzichten.
Einer der Sounds ist der lauteste Solo Sound, dass ich Luft nach oben habe.

Und dann hat der nette Mensch eigentlich nur noch was zu machen, wenn alles zu laut oder zu leise ist. Monitorsignal ziehe ich mir auch aus meinem Mischer oder dem Phones Out vom Key. Das kommt drauf an.

Hat unser Mischer einen guten Tag und Lust, bekommt er auch mal vom Stage beide paare einzeln nach vorne. Sprich Piano und Orgel.
Der weiß aber genau wie es sein muss, weil er im Proberaum jedes zweite mal dabei ist. Der Sound ist in meinen Augen und den Ohren einige Musiker dann schon besser, weil er wirklich alles rausholen kann und im Solo zur Not auch noch etwas nachziehen kann.

Die Erfahrung zeigt mir aber, dass man als Keyboarder von den meisten Semimischern eher runtergemischt wird.
Wenn wir mit Pros zu tun haben, gibts da überhaupt keine Probleme.
 
Ich will mal so sagen, ich mische vor.
Aber nicht irgendwie, sondern gezielt und explizit zu Hause über Studio-Monitore, welche in etwa den Frequenzbereich einer guten PA (bei uns d&b Q-Line-Array + B2 Sub) abbilden.
Natürlich hat man zu Hause nicht die Band und selbst wenn man zu Hause noch so gut vormixt, wird am Ende Live mit der Band noch etwas nachregeln müssen.
Als 1. spielen wir neu geprobte Titel zum Sound-Check an und hier habe ich schon mal die Möglichkeit, meinen Sound in Absprache mit unserem Tontechniker abzugleichen.
Zum 2. machen wir einmal im Quartal eine ausgiebige "Saal-Probe" (Dauer ca. eine Woche, also von Montag bis Donnerstag).
Hierbei wird die komplette PA, Bühne, Lichttechnik und Backline aufgebaut. Wobei die Backline in diesem Fall am Anfang mitten im Saal steht und wir unsere Signale über die, auf die akustische Umgebung hin linearisierte PA abhören können.
Somit hören wir, wie unsere Signale im Zusammenspiel mit der Band, über unsere PA klingen und jeder passt seinen Sound und Effekte (in Absprache mit dem Tontechniker) an.

Linearisierte PA heißt, sie wurde auf den Raum hin optimal eingemessen und entzerrt und hat am Ende, in dem zu beschallenden Raum, ein relatives lineares Klangverhalten.
Seit dem ich meine Signale über meine Studiomonitore abmixe, gibt es nur noch sehr selten irgenwelche Probleme mit dem FOH. Meistens passt jetzt der Sound gleich auf Anhieb.
Früher hatte ich hierfür meine alte HiFi-Anlage verwendet und da gab es am laufenden Band Probleme.

Übrigens..., zum Soundcheck spiele ich ein vorbereites Pattern ab, in dem das gesamte Frequenzspektrum meiner Sounds (also von Tief-Bass, Bass, über Streicher, Orgel, Bläser, bis hin zur Triangle) enthalten ist.
Wenn dieses Pattern am FOH gut und ausgewogen klingt, dann spielen auch die restlichen Sounds von mir genau da, wo sie hin sollen.

Der Vorteil ist natürlich, haben wir mal einen Fremdtechniker, dann kann ich mit zum FOH, dort selbst hören und ggf. dem Techniker Hinweise zu meinem Sound gegeben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider habe ich noch nicht das Vergnügen gehabt, mit einem eigenen Toni zu spielen. Bisher war ich immer darauf angewiesen, was der Mensch dort vorn aus dem Sound macht.

Ich spiele Live mit Rhodes (oder S90ES) und Nord Electro. Diese Signale führe ich auf einem kleinen Mackie-Mixer zusammen. Wenn ich aufgebaut habe, dann pegel ich die Keys auf dem Mixer auf einen bestimmtem dB Wert ein (eine LED vor gelb). Dies ist die Solo-Lautstärke. Mit dieser Lautstärke mach ich dann auch den Soundcheck mit dem Kommentar an den Toni, dass dies die Sololautstärke ist, er die Lautstärke genauso lassen soll und ich den Rest selbst regele. Einen guten Anhaltswert gibt mir dabei die LED-Kette des Mackies.

Leider wird der Keyboarder viel zu gern lediglich als "Begleitung" gesehen und deshalb weit nach hinten gemischt. Ich find sowas mehr als ärgerlich, wenn man auf der Bühne einen guten Sound hat und dann nach dem Gig alle ankommen und sagen: Mensch, du warst gar nicht zu hören. Man rackert sich einen ab.....ach, wem sag ich das. Ihr kennt das. Man muss sich eben auf den Mann am Mixer verlassen.

Monitoring: Mach ich so wie Roland. Ich mache mir meinen eigenen Monitormix auf meinen Yamaha-Monitor und lass mir ein Summensignal vom FOH schicken...ohne Keys natürlich!
 
@FantomXR: Mit Deinem setup könntest Du aber auch faktisch zweimal Stereo an FOH gehen. Die Sounds sollte jeder Toni meistern können. Ist natürlich für Dein Monitoring besser, wenn Du es vorab mixt.
Nimmst Du das Rhodes eigentlich stereo ab?
 
Wie gesagt, in meinen Augen liegt das an der Klasse des Mischers.

Wir haben letztes Jahr mit der Coverband einen Gig vor Boppin B gespielt und der Manuel hat uns dann netterweise mit abgemischt.
Was soll ich sagen? Top Sound. Mein Bruder stand im Publikum und meinte, dass das wirklich mal gut rausgekommen ist.

Da kam der Monitor auch vom FOH, weil der Laden recht klein war. Ich war so super glücklich mit dem Sound.

Leider ist das immer die Ausnahme. In Holland und Belgien hatten wir dieses Jahr auch Pros dabei und das ist wirklich ein genuss. Da hat man schon keine Lust mehr was anderes zu spielen.

Am wichtigsten ist wirklich das reden mit den Leuten. Wenn man ordentlich mit denen redet, versuchen die auch das beste zu machen, was sie können.
Nicht frech werden, nicht alles besser wissen und so. Oft lasse ich auch mal jemand anders ein paar Töne oder einen Song spielen, um zumindest einen groben Eindruck vom Sound zu bekommen.

Das vorgehen von Jacky ist ziemlich gut, allerdings auch nicht für jeden durchführbar denke ich. Gerade wenn man ohne eigene PA unterwegs ist.
 
Natürlich haben wir auf Grund dessen, dass wir alles selbst haben (PA, Bühne, Licht, Tontechniker, Technikcrew etc) die besten Vorraussetzungen.
Aber ich denke mal ein sehr wichtiger Punkt ist die Programmierarbeit zu Hause und das man sich dort eben eine gute Grundlage für die Arbeit schafft..., sprich..., eine gute Abhör-Anlage, mit der man das gewünschte Frequenzspektrum auch kontrollieren kann.
Wenn ich z.B. Bässe (welche durchaus auch über 50 Hz gehen können) einsetzen möchte, dann muss ich dieses Frequenzspektrum kontrolliert bearbeiten können.
Kann ich das nicht gezielt kontrollieren, dann wird sicher der FOH zur Sicherheit den 100Hz-Filter drücken und somit natürlich auch die Frequenzen unterdrücken, die ich eigentlich brauche.

Und ja..., wie Toeti sagte...., reden ist natürlich auch ein ganz wichtiger Punkt.
Wenn man keinen eigenen Tonmann hat, dann muss man dem Fremdtech wenigstens erzählen, was auf ihn zu kommt.
 
eigentlich könnte man diesen Thread einfach kopieren und in so gut wie jedem Instrumente-Unteforum starten.

Gitarristen sagen auch immer sie sind zu leise auf der PA wegen dem Mischer, Bläser sowieso ;-)

Jeder der ein Instrument spielt hört natürlich auch immer zuerst auf sein Instrument und die Freundin hört natürlich noch genauer hin. Deswegen gibt es ja auch an jedem Mischpult den "Angehörigen/Freundinnen"-Fader.

Aber mal kurz im Ernst: Irgendwann muss man einfach anfangen dem Menschen am Pult zu vertrauen. Da hat auch jeder seine eigene Arbeitsweise die für ihn funktioniert. Wer das nicht kann der MUSS mit einem eigene Mischer kommen der die persönlichen Wünsche umsetzt. Ansonsten kann man nur versuchen es dem Toni so einfach wie möglich zu machen.
 
also ich als Toni hab am liebsten eine Summe vom Keyboarder, es sei denn es sind 2 Deutlich getrennte Klangerzeuger (also nur Orgel und Piano oder so).
Dann beim Soundcheck den Lautesten Sound anspielen, sagen wie es im Bandkontext herauskommen soll (Keyboard eher Leadinstrument oder Backing), und solange es dann kein Problem ist wenn die leiseren stellen auch mal untergehen habe ich keinen Bedarf am Gain groß rumzuschrauben.
Als Tontechniker begegnen mir allerdings häufig Keyboarder die ihre Sounds nicht so 100%ig im Griff haben und die es benötigen dass auch im Monitoring bei leiseren stellen ihre lautstärke angepasst wird weil sie sich sonst nicht mehr hören.

Optimal würde ich sagen ist die Lösung, über nen Aktivmonitor aus dem Submischer das eigene Signal als Monitoring zu kriegen, dann kann man sich auch an der aktivbox nachregeln wenn es nicht mehr passt, und es wird so der kreislauf aus Regeln und Gegenregeln von Keyboarder und toni garnicht erst in Gang gesetzt.

zum Keyboardsound nach Vorne raus: Entweder eigenen Mischer mitbringen oder ne kurze handreichung geben wie das Keyboard im Bandkontext sein soll (also nur Hintergrund, oder Prägend für den Bandsound, oder "Keyboarder regelt das selbst, der lauteste Sound beim Soundcheck sollte deutlich im Vordergrund stehen, wenn das Keyboard dann je nach Song vom Keyboarder runtergeregelt wird ist das absicht, und gegenregeln ist nicht nötig")
 
@Boerx,

ich musste leider auch schon als Zuschauer bei befreundeten Bands sehr oft feststellen, dass die Keys untergehen und es def. nicht am Musiker lag, weil es woanders gut war.
 
Es geht mir hier eigentlich nicht um die neverending Diskussion, ob die Keyboard generell im Gesamt-Kontext zu leise sind, wie so oft behauptet wird, sondern mehr um das Problem der Verhältnisse der Sounds zueinander.

Ja, der Unterschied bei den Keyboards zu den anderen Instrumenten ist - von den Vocalisten im Moment einmal abgesehen - in der Regel schon, dass es keinen Direktschall gibt, da die meisten keinen Keyboard-Amp auf der Bühen haben. Der Bassist hat einen Bassanlage, der Gitarrist seinen Amp-Stack, auch die Drums haben schon einen gewissen, nicht unerheblichen Grundpegel. Sobald der Keyboarder für die Orgel ein leslie auf der Bühen hat, sieht das natürlich schon wieder anders aus.
Wenn ich bei der Tanzmucke, wo wir keinen FOH-Mixer haben, und ich mir deswegen bewusst das Gesamtsignal auf das In-Ear lege, um so zumindest versuche, eine gewisse Kontrolle über den Gesamtsound zu haben, muss ich die Keyboards lauter haben, als ich das gefühlsmäßig für richtig halten würde. Das haben Kontrollen ergeben, wo wir von Zeit zu Zeit beim Soundcheck und auch im Laufe des Abends jemand Kompetenten zum Feedback im Publikum haben, oder auch den Gitarristen immer wieder mit Sender nach vorne schicken.

Das Grundproblem, was man auf der Bühne und auch trotz Master auf dem in-ear nicht handlen kann, ist nun mal, dass sich der Sound abhängig von der PA und der Raumakustik und durch das mal mehr oder weniger Vorhandensein von Zuhörern vor der Bühne verändert. Selbst wenn beim Soundcheck alles passt, man aber im Laufe des Abends die Gesamtlautstärke anhebt, verändern sich auch zwangsweise wieder alle Lautstärken-Verhältnisse, auf die ein Toni sicherlich reagieren muss. Das Dumme dabei ist nur, dass er gerade beim Keyboard nicht auf einzelen Sounds einwirken kann. Ist die Bassdrum irgendwann zu leise, dreht er sie nach, ohne Toms, Snare, Becken zu beeinflussen. Dafür wird ja auch alles einzeln abgenommen. Wir hatten das Thema auch mi E-Drum, wo ja keine Mikros für die Abnahme genutzt werden, sondern im Grunde ein ähnlich fertiger Mix kommt, wie bei einem Keyboard. Ist ja nichts anderes. Trotzdem war es hilfreich udn auch kein Problem, anstelle eines Summensignals aus dem E-Drum, Einzelsignale an FOH zu führen, und man gezielt einzelne Instrumente nachregeln konnte. Funktioniert halt nicht für Keys, weil auf welchem Signal kommt den gerade der eine Sound, der nicht passt. Wie gesagt, kann es ja sogar sein, dass er nicht mal nur alleine von einem Tonerzeuger kommt.
Wie Jacky schon sagt, das A und O ist die Vorarbeit des Keyboarders, und wenn dann irgendwas nicht passt, ist das halt so, da kann zumindest der Toni nichts machen.

Gibt's denn hier einen, der bewusst Sounds auf Kanäle routet, und in unterschiedlichen Kanälen zum FOH schickt? Macht das generell Sinn? Oder macht das nur Sinn, wenn man mit eigenem Tonkutscher unterwegs ist?
Ich hab halt Vorstellungen, wie die Verhältnisse meiner Sounds sein sollen, und möchte mich da nicht der Willkür eines Tonkutschers aussetzen. Denn Geschmäcker sind garantiert unterschiedlich.
 
Sequenzersachen schicke ich mal getrennt nach vorne, oder eben Orgel. Aber sonst nichts.
 
Gibt's denn hier einen, der bewusst Sounds auf Kanäle routet, und in unterschiedlichen Kanälen zum FOH schickt?

Drumloops und (Sprach-)Samples route ich auf getrennte Wege - Dinge also, die keinesfalls untergehen dürfen, weil sie den Song prägen. Ich gebe vier Wege zum FOH: Keys (1+2), Samples (3+4). Ist dem Tonmann nicht genug Druck auf den Drumloops, kann er die halt höher fahren.
 
Wobei das ganze Thema ab einem gewissen Standard meiner Meinung nach eh philosophischer Natur ist. Denn selbst, wenn die Keys und ihre Verhältnisse stimmen, heißt das nicht, dass der Bandsound dadurch unbedingt gewinnt. Sind die Kollegen übermotiviert, verunsichert hinsichtlich der eigenen Lautstärke oder einfach ganz besonders clever (beim Soundcheck leise, aber dann...), ist viel von der eigenen Arbeit für die Füße.

Spielt man jedes Wochenende oder sogar öfter und/oder macht es hauptberuflich, ist eine ganz andere Routine da und man kann die Dinge objektiver beurteilen. Nehmen wir an, man hat die Keys perfekt eingepegelt. Der Gitarrist hat ebenfalls seine Patches vorsortiert und die Volumes entsprechend seinem Gusto eingestellt.

Um sicher zu gehen, dass sich nur diese beiden Instrumente nicht gegenseitig erdrücken, müsste dieser Prozess schon in gemeinsamer Abstimmung erfolgen. Denn ich als Keyboarder muss (wenn man es genau nimmt) wissen, wann er gedenkt, welchen Sound zu spielen. Erachte ich einen Song als besonders keyboardlastig, er diesen jedoch als Gitarrennummer, programmieren wir aneinander vorbei.

Das Prozedere, was Jacky erwähnte, ist mit Sicherheit optimal. Aber es ist eben auch sehr aufwändig und erfordert beste Kommunikation mit allen Beteiligten. Wird da als "Gegenleistung" nicht eine Mindestmenge an Gigs geboten, sind die meisten Bands und Musiker nicht bereit oder in der Lage, dies auf die Beine zu stellen.

Ich persönlich mach's so, dass ich vor dem Gig mit dem jeweiligen Tonmann spreche. Ein sensibles Thema, gerade in einer Rockband: "Du, ich weiß ja, dass Keyboards normalerweise den Teppich legen, völlig uncool sind und dezent abgemischt werden... aber ich versprech dir, dass ich geil spiele und du versprichst mir, dass man davon auch was hört, ok?"

Hat bisher eigentlich immer funktioniert. ;)
 
Oft hilft eine gute Kommunikation, wenn der Toni denn ein wenig fähig ist. Ist dies nicht der Fall, sind Hopfen und Malz meist leider verloren.

Bei meinem Equipment macht es eigentlich nicht viel Sinn, sich damit zu Hause vor Studiomonitore zu setzen. Denn an der Orgel schraube ich live noch rum und der Rhodes-Sound ist wie er ist :) Bei komplexen Performances hat das wahrscheinlich wesentlich mehr Sinn.

Übrigens: Das Rhodes fahre ich z.Zt. nur Mono. Erstens weil ein Stereo-Chorus (den ich nur bei 4-5 Titeln einsetze) in einer 8köpfigen Band sich nicht wirklich vom Mono unterscheidet. Zweitens klingt ein Mono-Rhodes genau wie ein Stereo-Rhodes (ohne Effekte). Drittens ist es mehr Verkabelung bei Stereo und letztlich ist mir mein zweiter Tubeman, den ich für Stereo bräuchte, abgeraucht und somit defekt. Genauso wie mein CE-1.
 
Die Vorbereitung sieht bei mir eigentlich aus wie bei Jacky. Da wir aber ohne eigene PA durch die Weltgeschichte tingeln, programmiere ich zuhause sowohl mit Studiomonitor, als auch mit meinem Livemoni, weil ich da weiß, wis es sein sollte.

Normalerweise ist es dann auch so, dass ich mich mit unserem Gitarristen, der netterweise mein Bruder ist, früher in den Proberaum begebe um die Sounds abzustimmen.

Ansonsten sage ich dem Tech auch immer: Wenn es mal leiser ist, soll das so. Brauchst du nicht lauter machen. Den da gibts dann oft die Probleme, wenn der nächste Sound wieder lauter wird.
 
Sequenzersachen schicke ich mal getrennt nach vorne, oder eben Orgel. Aber sonst nichts.
Sequenzer ist klar, die will der Drummer ja evtl. lauter auf seinem Monitor haben, wenn nicht eh ein Klick vorhanden ist. Das hab ich auch schon so gemacht.
Orgels halte ich durchaus für sinnvoll, gerade weil die je nach PA meist unterschiedlich rüberkommen, so meine Erfahrung.

"Du, ich weiß ja, dass Keyboards normalerweise den Teppich legen, völlig uncool sind und dezent abgemischt werden... aber ich versprech dir, dass ich geil spiele und du versprichst mir, dass man davon auch was hört, ok?"
:great: Hier musste ich aber unwillkürlich so laut lachen, dass gerade mein Kollege aus dem Büro rüberkam.
Genauso kannst Du ihm auch einen 10er in die Hand drücken... ;)
@FantomXR: Was die Stereo-Abnahme angeht - ein sehr interessantes Thema, wie ich finde, nicht nur bei den Keys -, habe ich einen separaten Thread zur Diskussion aufgemacht. Ich bin der Meinung, dass hier viel zu viel kontraproduktives Aufheben gemacht wird. Kannst ja mal reinlesen, wennste magst: link
 
Jetzt muß ich hier auch mal die Tube Senf aufmachen.

Auch wenn vieles hier schon gesagt wurde, besonders im Eingangsposting (noch einmal danke dafür, daß dieser Thread überhaupt erstellt wurde, damit das Thema mal aus der Sicht der Keyboarder beleuchtet wird), möchte ich meine eigenen, möglicherweise kontroversen Ansichten hier darlegen.

Keyboarder haben im Umgang mit Tonis mitunter mit mehr und auch komplizierteren Problemen zu kämpfen als andere Musiker. Natürlich ist da das Lautstärkeproblem, aber das hat bei uns eine andere Ursache. Sänger, Gitarristen, Basser – all diese Leute stehen meistens im Vordergrund, und so kommt es schon mal vor, daß sie sich an den Toni wenden, er soll sie lauter mischen als die anderen, damit sie auch akustisch im Vordergrund stehen zwecks Ego-Boost und besserer Erkennbarkeit für die persönlichen (!) Fans im Publikum. Na ja, und im Rock- und Metalbereich müssen Gitarren immer laut sein – oftmals sind die Fullstacks am Bühnenrand, bestehend aus einem 400-Watt-Topteil und zwei 4×12er Boxen, nicht nur zur Zierde da, sondern tatsächlich voll aufgerissen.

Das Problem, das Keyboarder haben, ist nicht, daß ihr Ego nicht hinreichend vom Toni bedient wird. Das Problem ist, daß immer noch das Klischee umgeht, Keyboards müssen in den Hintergrund gemischt werden. Immer. Unabhängig von der Stilrichtung – und davon, was für Gerätschaften der Keyboarder denn da auffährt, denn mal ehrlich, außer Synthesizerspielern peilt das doch sowieso niemand, was denn da oben auf der Bühne steht, geschweige denn, was es kann und was nicht. Ich meine, ist doch so: Wenn da ein Rhodes auf der Bühne steht, wird es nach hinten gemischt. Wenn da eine Hammond auf der Bühne steht, wird die auch nach hinten gemischt (außer man hat das Glück, Jon Lord oder Gregg Rolie zu sein). Das Clavinet im Funk wird auch nach hinten gemischt, was aber durch das Fehlen eines alles überlagernden Gitarrenbretts (Funk ist zu filigran) nicht so sehr ins Gewicht fällt. Das Gleiche gilt jeweils für Imitationen auf elektronische Weise. Und natürlich wird auch der arme Wicht, der in der Melodic Death Metal-Band an einem Korg X50 die Streicherflächen drückt, nach hinten gemischt, bis daß man ihn praktisch gar nicht mehr hört.

Okay, das sind schon viele Fälle. Aber das heißt mitnichten, daß Keyboards immer nach hinten gemischt gehören. Nehmen wir mal eine Top40-Band als Beispiel. Da spielt der Keyboarder auch durchaus andere Sachen als Rhodes, Hintergrundhammond und Streicherflächen. Da kommen vielleicht auch mal schmissige Bläsersätze oder im Vordergrund stehende Synthesizersounds. Es gibt genügend Situationen, wo die Rechnung "Gitarre = Brett & Solo = Vordergrund, Keyboard = Fläche = Hintergrund" nicht aufgeht. Das Problem: Häufig werden diese Situationen von eher an Rock-, Indie- und Metal-Bands gewöhnten Tonis als Ausnahmen gewertet, die zu beachten eine Anstrengung wäre, die in keinem Verhältnis zum Ergebnis steht. Wenn man immer dasselbe Prinzip anwendet, und eine von 20 Bands beschwert sich, weil die Keyboards zu leise waren, ist das erstens ein guter Schnitt (scheinbar), und zweitens kann man das immer noch auf das Ego des Keyboarders abwälzen, und drittens sind Keyboards ja eh keine richtigen Instrumente, alles unecht, die spielen wahrscheinlich nicht mal selbst, das hat in Rockmusik nichts verloren (auch wenn die betreffende Band gar keine Rockband war), wenn die Bläser wollen, sollen sie Bläser anheuern und nicht vom Keyboard nehmen, klingt ja ohnehin scheiße, bla bla bla. Argumente finden sich immer, vom Keyboards-gehören-in-den-Hintergrund-Pseudostandard nicht abzuweichen.

Aber zugegeben, manche Keyboarder machen es den Tonis auch nicht leicht, was schon mal zu Frust führen kann. Das ist aber keine Gehässigkeit der Keyboarder, sondern begründet in den Möglichkeiten, die viele Geräte heute bieten – und darin, daß gerade in Coverbands viele Songs es erfordern, daß diese Möglichkeiten ausgenutzt werden. So kommt es leicht vor, daß es einem Toni anfangs gar nicht klar ist, was denn da auf ihn zukommt, wenn er einen Keyboarder abmischen darf, weil er entweder mit den Möglichkeiten moderner Synthesizer nicht vertraut ist oder keine Routine darin hat, da viele Keyboarder sogar einen 2-Stunden-Gig mit genau 1 Sound spielen.

1 Sound. Das ist es nämlich. Da liegt der Hund begraben. Kein Instrument, und ich meine wirklich kein Instrument, hat eine dermaßen gigantische Bandbreite wie ein moderner Synthesizer, die außerdem so leicht zugänglich ist.
  • Eine Bassdrum kann nur einen Sound. Dito eine Snare, eine High Tom, eine Mid Tom, eine Floor Tom, und über die Drum-Overheads kommt auch keine solche Vielfalt.
  • Ein Saxophon kann nur einen Sound. Na ja, vielleicht etwas Dynamik rein.
  • Ein Blechblasinstrument – dito. Eventuell mit und ohne Dämpfer, aber das war's dann auch.
  • Ein E-Gitarrist greift vielleicht mal auf unterschiedliche Effekte zurück, aber das ist noch nicht der Gipfel dessen, was erreichbar ist, egal, was die hiesige Gitarrenfraktion sagen mag.
  • Beim Baß ist es noch einfacher, denn Basser verwenden selten eine solche Effektvielfalt wie z. B. Leadgitarristen.
  • Und jetzt ein Synthesizer. Am besten noch ein samplebasierter, z. B. eine Workstation, die können am meisten, und die sind am häufigsten auf Bühnen anzutreffen. Man kann sagen, es gibt fast keinen Sound, den die nicht erzeugen können. Und um von einem Sound zu einem ganz anderen zu kommen, dafür muß ein Keyboarder häufig nur 1 Taster drücken. Sanfte Streicherflächen – Tastendruck – um 15 dB lautere kreischende Hammond – Tastendruck – Konzertflügel – Tastendruck – steirische Harmonika – Tastendruck – Oberheim-Sound aus Jump – Tastendruck – Kirchenorgel – Tastendruck – Bläserensemble à la Phenix Horns – Tastendruck – Moog-Sound à la Lucky Man – Tastendruck – Chorsound. Kleines Keyboard-1×1, keine Zauberei. Man nenne mir 1 anderes Instrument, das das kann, und noch dazu so einfach. Und im Gegensatz zu anderen Instrumenten hält sich ein Synthesizer dabei nicht in "seinem" Frequenzbereich auf, sondern treibt sich lustig überall zwischen 20 Hz und 20 KHz herum, manche sogar noch weiter.
Damit verbunden ist auch, daß Keyboards nicht immer mit konstanter Lautstärke spielen. Ein Keyboarder ist über seine Gerätschaften in der Lage, selbst zu bestimmen und ganz schnell und einfach zu wählen, ob er im Vorder- oder Hintergrund spielen will, da braucht er keinen Toni für. Und ein guter Keyboarder ist sehr wohl in der Lage, das selbst einzuschätzen, und muß nicht immer alle anderen an die Wand spielen, weil er sich für den Star hält.

Nur muß man leider immer damit rechnen, daß ein Toni genau daran nicht denkt. Dabei muß er noch nicht einmal am Keyboards-in-den-Hintergrund-Credo festhalten. Es reicht, daß er mit dem Keyboarder einen ganz kurzen Soundcheck mit nur einem Sound macht. Und dann wundert er sich, warum die Keyboards während des Gigs mal laut und mal leise sind, und versucht ständig, am FOH nachzuregeln. Am Ende bürgert es sich eines Tages noch ein, Kompressoren in Keyboardkanäle einzuschleifen, weil die lästigerweise mal laut und mal leise kommen.

Aber Keyboards/Synthesizer gehen noch weiter. Sie können nicht nur eine immense Auswahl an total verschiedenen Sounds ausgeben – sie können auch mehrere, total unterschiedliche Sounds zur gleichen Zeit ausgeben. Theoretisch bis zu 16 bei den meisten Geräten. Und diese Sounds müssen nicht mal dasselbe spielen. Ein halbwegs leises Rhodes, gespielt mit der linken Hand, und eine im Vordergrund stehende Bläsersektion, gespielt mit der rechten Hand – eine der leichtesten Übungen moderner Instrumente. Was heißt modern, das konnten Synthesizer schon in den späten 80ern. Und auch damals schon war es nicht selten nur 1 Tastendruck, der so eine Einstellung aufrief. Auf andere Instrumente übertragen wäre es aber vergleichbar damit, daß ein echtes Rhodes und die auf eine echte Bläsersektion gerichteten Mikros in einem Submixer zusammenlaufen und dem Toni nur die Summe geschickt wird. Sprich, der Toni hat jetzt einen Rhodessound und einen Bläsersound im Mixer, kann diese Sounds aber nicht unabhängig voneinander regeln, weil sie über dieselben Kanäle reinkommen, weil sie aus demselben Klangerzeuger kommen. Wie, bitteschön, soll der Toni darauf Einfluß nehmen? Und wie gesagt, bei zwei Sounds ist noch nicht Schluß. Wenn der Keyboarder den Sequencer zu Hilfe nimmt, kann er aus einem einzelnen Gerät ein ganzes Orchester machen, das eine ganze Orchesterpartitur spielt, und da spielen dann natürlich die Streicher ihre jeweiligen Parts, die Hörner auch und so weiter. Rein technisch gesehen sind selbst komplizierte Hollywood-Soundtracks für moderne Workstations kein Problem. Und selbst dann kommt immer noch alles aus denselben zwei Buchsen am Gerät, eine für links, eine für rechts.

Was auch nicht selten vorkommt, ist, daß Keyboarder mehrere Klangerzeuger auf die Bühne stellen. Okay, es gibt auch Gitarristen, die mit 9 Gitarren und 4 Amps angerückt kommen. Aber ein Keyboarder kann theoretisch seinen ganzen Gerätepark GLEICHZEITIG spielen, während ein Gitarrist mitnichten eine Gitarre mit der linken Hand, eine mit der rechten und sieben weitere über MIDI spielen kann. Selbst ohne MIDI kann er schon zwei Keyboards unabhängig voneinander spielen. Spätestens ab dem dritten Klangerzeuger bringt der Keyboarder dann auch noch einen Submixer mit. Der hat zwar den Vorteil, daß weniger Kanäle am FOH belegt werden, nämlich zwei statt sechs, aber den Nachteil, daß der Toni jetzt noch mehr und womöglich noch unterschiedlichere Sounds an denselben zwei Fadern hat.

Und damit wären wir dann endgültig bei dem Zwiespalt angekommen, mit dem Tonis häufig konfrontiert werden, wenn sie Keyboarder abmischen müssen. Einerseits ist es ein ungeschriebenes Gesetz in der Tontechnik, möglichst jedes Instrument, also jeden Sound auf der Bühne einzeln abzumischen. Anders kann man es sich nicht erklären, daß an einem Schlagzeug jede Trommel einzeln zum FOH geführt wird – manchmal sogar das HiHat und jedes Becken auch noch. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden. Auf Synthesizer übertragen würde das dann theoretisch bedeuten, daß der Toni nicht nur jeden Synthesizer einzeln ans FOH bekommt, sondern jeden Sound einzeln, und wenn's sein muß (und das muß es oft), sogar in Stereo, also auf zwei Kanälen. Wenn eine Band, z. B. Top40, nun eine wirklich gigantische Song-Bandbreite hat, sähe das so aus, daß es eigene Kanäle geben müßte für:
  • das drahtige Dance-Klavier
  • sanftes Balladenklavier
  • Rockklavier
  • eher für virtuosen Pianojazz vorgesehenes Klavier (ja, ihr wundert euch, aber da sind tatsächlich verschiedene Flügel bzw. Uprights gesamplet worden)
  • normales Vintage-Rhodes
  • Wurlitzer
  • DX7-Pseudo-Dyno-Rhodes für die 80er-Jahre-Geschichten
  • Clavinet
  • Hammond B3 (hoffentlich verlangt der Toni nicht separate Kanäle für verschiedene Zugriegelstellungen)
  • Hammond mit Verzerrer à la Jon Lord (Tonis verlangen manchmal separate Kanäle für Effektsounds)
  • Farfisa Compact
  • Vox Continental
  • ein bis zwei weitere Transistororgeln
  • Akkordeon à la Biscaya
  • französische Musette
  • Steirische
  • 6 verschiedene Bläsersektionen (leider haben die Keyboardhersteller die Sektionen als Ganzes gesamplet und nicht instrumentenweise)
  • Solotrompete à la Miles Davis
  • Solotrompete à la Roy Etzel
  • Solozugposaune
  • Tuba
  • Soloklarinette
  • Solosaxophon (Alt)
  • Solosaxophon (Tenor)
  • Solosaxophon (Bariton)
  • keltische Flöte à la Titanic
  • DX7-Mundharmonika
  • 5 verschiedene Streicherensembles
  • Country&Western-Solofiedel
  • Sologeige à la Anne-Sophie Mutter
  • Mellotron Strings
  • Mellotron Strings + reichlich Reverb
  • Mellotron Flutes à la Strawberry Fields Forever
  • Solina String Ensemble
  • Solina String Ensemble + Electro-Harmonix Small Stone Phaser + Stereo-Delay
  • mindestens 3-4 verschiedene Synthesizer- und Samplerstreicher (Roland JP, Memorymoog, Yamaha CS, Prophet, Fairlight...)
  • Emulator II Shakuhachi à la Enigma/Sledgehammer
  • D-50 Fantasia
  • D-50 Pizzagogo
  • D-50 Staccato Heaven
  • Moog-Solosound aus Lucky Man
  • GS1-Bläser aus Africa
  • Dutzende weitere Synthesizer- und Effektsounds...
Andererseits ist die Anzahl der Inputs und der Kanäle am FOH begrenzt, oft sogar sehr begrenzt. Selbst wenn ein Toni das wollte, er könnte gar nicht jeden einzelnen Sound, den ein Keyboarder während eines 2-Stunden-Gigs abfährt, auf einen eigenen (oder zwei eigene) Kanäle legen. Selbst wenn der Toni das alles mischen könnte, weil ihm ein Gönner zwei fette Europa-Konsolen ins Zelt gestellt hat, müßte der Keyboarder seinerseits ein bis zwei ganze Rackschränke voll mit Samplern auffahren, um die dafür notwendige Anzahl an Outputs zur Hand zu haben. Und selbst wenn er das schafft, würde der Soundcheck ewig dauern.

Gerade schon angesprochen: Effekte. Ein Toni kennt es so, daß er von der Bühne trockene Signale bekommt und Sachen wie Chorus, Delay und ganz besonders Reverb selbst beimischt. Vielleicht bringen Gitarristen mal einen Chorus selber mit und so Sachen wie Distortion, Overdrive oder Wah ohnehin. Ansonsten gilt allerdings der gewöhnlich auch bei Keyboards rigoros angewandte Grundsatz: Keine Effekte auf der Bühne, das macht alles der Toni.

Aber heutzutage können Synthesizer Effekte mindestens so gut erzeugen wie Outboard-Effektgeräte, und aufwendige Cover-Arrangements erfordern häufig eine Vielzahl bestimmter und akribisch ausgewählter und eingestellter Effekte. Mag sein, daß der Hall einer Workstation nicht absolute Studioqualität hat, aber Stadtfest-Tonis haben in ihren Sideracks auch nicht gerade Bricasti oder Lexicon 960XL verbaut. Vor allem aber hat der Keyboarder bei seinen eigenen Effekten ganz genau die Kontrolle über alles, und gerade Keyboarder sind da sehr anspruchsvoll und haben bisweilen sehr spezielle Ansprüche. Beispiel Hall: Reverb muß nicht immer ein Mastereffekt sein. Manchmal muß es einfach sein, daß z. B. ein Mellotron nahezu im Vintage-Federhall ertrinkt. Und auch andere Sounds leben von subtilen bis drastischen Halleffekten. Beispiel Delay: Delays sind ja meist zum Songtempo synchronisiert. Und wenn die Band auf der Bühne mit Sequenzen arbeitet oder sonst irgendwie eine Clock am Laufen hat, dann kann kein Toni der Welt ein Delay so tight händisch eintappen, wie es synchron zur MIDI-Clock laufen würde. Dann wären da noch Tricks wie unterschiedliche Delayzeiten gleichzeitig, zwingend extrem gepannte Stereo-Delays, Umschalten der Delayzeit während des Songs, Delays mit Hoch-/Tief-/Bandpaßfilter usw., alles Dinge, die einen guten Keyboarder vor keine größeren Probleme stellen. Und dann sind da noch viele andere Effekte, bei denen gerade notorisch genau hinhörende Synthesizerspieler sehr hohe Ansprüche stellen. Vielleicht hat ein Toni in seinem Siderack auch einen Phaser, aber für den Keyboarder muß es ausdrücklich ein Small Stone sein und nicht irgendein Phaser. Vielleicht kann ein Toni auch mit einer Rotary-Simulation dienen, aber jede Wette, daß der Keyboarder etwas Besseres mitbringt – bis hin zu einem echten Leslie 122 Rotorkabinett –, und ernsthaft, welcher Keyboarder verläßt sich darauf, daß der Toni an den richtigen Stellen zwischen Slow und Fast umschaltet?

Zu guter Letzt sei noch eingegangen auf den immer wieder gehörten Ausspruch: "Das hört doch sowieso keiner." Erstens halte ich es für ein Gerücht, daß sich z. B. alle Orgeln und alle E-Pianos für den durchschnittlichen Zuhörer praktisch exakt gleich anhören. Zweitens muß man nicht zum Zweck des geringsten Widerstandes diejenigen verprellen, die definitiv den Unterschied hören (und wenn es nur die Musikerpolizei ist). Drittens – daß es manchmal um scheinbar verschwindend geringe Unterschiede geht, zeigen die Tribute-Bands, die für den Originalsound sogar dasselbe Equipment wie ihr Original auffahren. Viertens – wenn man nicht gerade ein abgestumpfter Routinier ist, der nur noch für Geld abliefert, weil er davon lebt, dann tut man es am Ende immer noch für sich selbst. Und mal ehrlich, für einen ambitionierten Synthesizerspieler ist es mehr als frustrierend, wenn er live nicht mehr als 6 Sounds und absolut keine Effekte (nicht mal Leslie) benutzen darf, um dem Toni die Arbeit zu erleichtern, und weil die besoffenen Zuschauermassen in $FESTZELT (als wenn man nur da spielen würde) es eh nicht merken.


Martman
 
Ein Saxophon kann nur einen Sound ??
Dann hast Du noch keinen Saxophonisten gehört :)

Nix für ungut
Tasten haben natürlich extrem mehr Möglichkeiten :)

MFG

Kamikaos
 
...ja!

nur eins: den hall wegzulassen, das sehe ich gerade noch ein, weil viele räume ohnehin schon genug matschen.
ich hatte für den letzten gig jeglichen hall entfernt, wobei ich gerade darüber nachdenke bei zb solotrompete wieder einen einzubauen. die klingt nämlich sonst echt ein bissel arg lahm und trocken.
aber fürs klavier brauche ich zb wirklich keinen hall.
 

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