Durchgehender Hals

Ray
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nach Lektüre von Physikbuch stellt sich mir grad mal wieder die Frage, warum so ein Hals mehr Sustain haben soll. Kann mir das einer der Physiker erklären?

Es geht mir jetzt nicht um die Befestigung. Ob geleimt, geschraubt, verzapft oder von mir aus von Geisterhand haltend, is wurscht. Ich meine jetzt lediglich die Länge des Halses bzw die Grösse der Kontaktfläche zu den Bodyflügeln.

Nehmen wir mal an, wir haben zwei Gitarren, eine mit durchgehendem Mahagonihals auf Mahagonibody, einmal mit Mahagonihals auf nem "normalen" Mahagonibody. Holzqaulität und sonstige Sachen seien alle gleich.

So rein von der Simpel-Physik her kann doch die este Variante net einfach mehr Sustain haben, bloss weil die Fläche der Schwingungsübertragung von Hals auf Body grösser ist. Schliesslich entzieht jeder Teil der Gitarre, der schwingt, der Saite Energie. Die (NUR in punkto Sustain) optimale Gitarre wäre ja eine, bei der die Saite an zwei Punkten aufliegt, die unendlich steift sind, also überhaupt nicht mitschwingen. Dadurch könnte die gesamte Energie der Saite in Sustain verwandelt werden. Je mehr Schwingungen auf andere Teile der Gitarre übergehen, desto mehr geht für die Saite selber verloren. Und je schwingungsfreudiger das Material, desto mehr ist das am Ende, was flöten geht.

Wie kann da ein durchgehender Hals mehr Sustain haben?

Was wäre denn mit einer Gitarre aus EINEM einzigen Stück? Wär das nicht ein einziger riesiger Deadspot mit überhaupt nicht viel Sustain?


Oder hat die ganze Sache überhaupt nichts mit der grösseren Kontaktfläche Hals-Body zu tun, sondern mit der Tatsache, dass der Hals als solcher, über den die Saiten laufen, aus einem Guss ist? Also von Sattel bis Steg.

Aber auch hier müsste ein langer Hals doch eher Sustain klauen und leichter schwingen -> mehr Energie klauen als ein kurzer...grade deshalb werden diese neck through Dinger doch gerne gesperrt gebaut, damit sie steifer werden und nicht diese deadspotgefahr haben.

Ich könnt mir ja vorstellen, dass durchgehende Hälse einen typischeren Klang nach derm jeweiligen Holz haben, aus dem die Gitarre ist. Eben wegen der guten schwingungsübertragung direkt von Hals auf Body auf grosser Fläche. Im Gegensatz z.B. zu einer Gitarre mit einem kurzen Schraubhals und noch mit 500g-Floyd Rose, wo das Metall erst mal gehörig seinen Senf dazu gibt, bevor die Schwingungen dann auf den Body kommen.

Ne Akustik z.B. hat ja beste Schwingusübertragung auf den Body/Decke. Die schwingt irre stark mit und wir kriegen durch die Saitenenergie ne Menge Lärm (den wir ja auch wollen), aber mit Sustain is ja nich viel...
 
Eigenschaft
 
Wie immer ohne Gewähr:

Ray schrieb:
Oder hat die ganze Sache überhaupt nichts mit der grösseren Kontaktfläche Hals-Body zu tun, sondern mit der Tatsache, dass der Hals als solcher, über den die Saiten laufen, aus einem Guss ist? Also von Sattel bis Steg.

Doch, im grunde schon.
Angenommen, du hast eine Gitarre, die einfach nur n Stab is (wie so ne Yamaha Silent Guitar) und eine mit angeleimten Korpusflügeln.

Die mit den Korpusflügeln hat ja viel mehr Masse als die mit dem schmalen, leichten Korpus.
Wenn da jetzt die Saite schwingt, sin das extrem schnelle Schwinungen, weißte ja, und jetzt kommts eben drauf an, was der Body macht.
Der von der Silent Guitar schwingt da dann im Endeffekt leichter mit und gegen, weil er einfach nicht so träge ist, wie der andere.

Das andere is dann auch wieder, dass der Hals, solang er mehrstreifig aufgebaut is, ne gute Gegenspannung zu den Saiten aufbauen kann.
Das wird ja dann extremst stabil, einer von diesen tollen "Rocker-Joints", den die Les Pauls inzwischen haben, oder ein a weng schlecht verschraubter können da dann schon eher wackeln.
Und dieses Wackeln sind viel kleinere Bewegungen als das großzügige Schwingen von so nem langen, durchgehenden Hals.
Das heißt, Schrauben und Leimen klauen dann vermutlich noch etwas mehr von den hörbaren Schwinungen.

Allgemein glaub ich ehrlich gesagt auch, dass man bei Neck-through unheimlich aufpassen muss, dass man da keinen mist baut...
Da muss n stabiles Holz als Grifbrett oben drauf, nach Möglichkeit vielleicht noch 2 Carbon-Trussrods, und n paar Holzschichten aneinander geleimt natürlich als Basis.
Sonst wäre mir da auch die Gefahr zu groß, dass das nix is.
 
Ich bin ja nach wie vor der Meinung, dass sich über die Art der Halsbefestigung keine Aussagen über das Sustainverhalten machen lassen und dass "durchgehender Hals = mehr Sustain" ein Mythos ist, der sich im Laufe der Jahre in den Köpfen der Leute festgesetzt hat. Vermutlich weil irgendein Marketing Mensch (auf der Suche nach Verkaufsargumenten) sich das mal ausgedacht hat.

Obwohl ich mich Physiker nennen darf, lasse ich die Physik hier mal völlig aus dem Spiel, da das System "Schwingende Gitarre" viel zu komplex ist, um es mal schnell mit eins zwei Gleichungen/Sätzen zu beschreiben. Vor der physikalischen Beschreibung kommt nämlich erstmal die Beobachtung (meistens jedenfalls ;)) und die sieht bei mir so aus:

Ich habe im Laufe der Jahre schon sehr viele Gitarren in den Händen gehabt und festgestellt, dass es völlig egal ist, ob der Hals geschraubt oder durchgehend, und völlig egal ist ob die Gitarre ein Schwer- oder Leichtgewicht ist. Es war fast immer die Kombination aus hochwertigem Tonholz und fester Brücke, die bemerkenswert längeres Sustain verursacht hat.

Ob die Halsbefestigung geschraubt oder durchgehend ist wirkt sich klanglich, in meinen Ohren, nur auf das Anschlagsverhalten aus. D.h. geschraubt = Anschlagsgeräusch eher perkusiv, durchgehend = Anschlagsgeräusch eher gedämpft.
 
buzzdriver schrieb:
Ich habe im Laufe der Jahre schon sehr viele Gitarren in den Händen gehabt und festgestellt, dass es völlig egal ist, ob der Hals geschraubt oder durchgehend, und völlig egal ist ob die Gitarre ein Schwer- oder Leichtgewicht ist.

Genau das ist auch meine Erfahrung. Over-All Qualität, v.a. schlichtweg beim Holz, als entscheidendes Merkmal. Und in der Praxis is mir das eh schnuppe, wie was gebaut ist. Von mir aus getackerte Befestigung, solange es klingt... :)

War auch nur eine reine Interessensfrage. Ich will nix fürs praktische Leben draus ableiten. Mich hätte jetzt eben nur der physikalische Background interessiert. Also bei zwei gleichen Gitarren gleicher Qualität (und identischen Holzes).

Und den durchgehenden hals natürlich erst mal nicht mehrstreifig. Viele Streifen erhöhen ja die Festigkeit, und das müsste laut Lehrbuch dann ja auch steifer werden, insofern für Sustain besser. Nur hat das ja mit neck-through nix zu tun, man kann ja auch andere Hälse mehrstreifig bauen. Ich hab hier nen geschraubten aus 50 (!) schmalen Streifen. Bockhart....

Mich verwirrt halt immer das Gerede über schwingung. Denn wenn doch eins klar sein dürfte: je mehr die armen Saiten an Schwingungen an andere Teile abgeben müssen, desto mehr geht von ihrem "Konto" ab. Eben deshalb ist ja die optimale Gitarre eine mit zwei unendlich steifen Auflagepunkten für die Saitenenden. Deshalb ja auch Les Pauls Experiment mit ner Saite auf ner Eisenbahnschiene...

Dass das für die RESONANZ u.U. scheisse wär, steht auf nem anderen Blatt. Schliesslich würde so eine steife Gitarre nix mehr von sich selbst abgeben, insofern würden wohl alle Exemplare gleich klingen, bzw nur noch die Saite selber wäre von bedeutung für die Tonfärbung. Ähnliches schreibt ja auch Herr Lemme in seinem Buch.

Genau das muss ja der Grund sein, warum z.B. bis heute einteilige Hälse gebaut werden, die ja eigentlich die schlechteste Wahl sind. Verziehen sich, resonieren zu stark (deadspots) usw. Aber sie haben wohl speziellere Resonanzen als exakt der gleiche Hals, den man einfach mal in 20 teile sägt und wieder zusammenklebt. Obwohl der ohen Frage steifer wäre. -> mehr Sustain bzw. deadspots wandern in den Obertonbereich.

Naja, wie gesagt, nur so theroretisches Gesummse, interessiert halt. Aber wenn das ganze System viel zu komplex ist, dann lassen wir das lieber, sonst -> :screwy:
 

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