Stratspieler
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Hallo,
"Einen Stahlblock-Test schreiben? Ist aufwändig, soll er gut gemacht sein..."
So schrieb ich untenstehend hier:
https://www.musiker-board.de/modifi...-passend-fuer-tremolo-mex-stratocaster-2.html
Aber das Thema ließ mir keine Ruhe. Auf der einen Seite - ich glaube das nicht. Quark, Hokus Pokus. Schon weil ich oben annahm, wie die Umbauer alle ihre Blöcke wechselten, nämlich sicherlich durch Aufziehen neuer und damit stringenter klingendere Saiten, die Tolles vorgaukelten. Ist nie ein hinreichend genauer Test und das Urteil dann erst...
Aber auf der anderen Seite...
U.v.a. wird in *) auf S. 62 darüber geschrieben: "...Freddie experimentierte mit unterschiedlichen Metallen und Gewichten ... Probleme mit der Vibratoeinheit, die Töne klangen nicht lange genug nach..." von niemanden geringeren als Leo Fender und Bill Carson himself...
Ist an diesem Stück Metall möglicherweise doch was dran? Ein halberwegs aussagefähiger Test muß her. Oha, heikles Thema.
die Idee:
Aber wie muss man so einen Test gestalten? Indem man soviel Unstetigkeitsstellen (die Strat hat davon ja genug) wie möglich ausscheidet, also die beiden Blöcke an einem möglichst mehr oder weniger identischen System testen kann. Also:
- keine neuen oder anderen Saiten verwenden
- alle Tremoloeinstellungen wie Federanzahl und -spannungen, Tremolowinkel, Justage der Sättel, all das darf nicht verändert werden
- die Saiten müssen möglichst unverändert wieder auf die Mechaniken gewickelt werden.
Letzterer Punkt gestaltete sich als schwierig. Aber da ich meine Saiten schon seit Jahr und Tag nach immer demselben Schema auf meine Strats ziehe, sollte das gehen.
- keine Änderung der Halskrümmung, der Lage des Halses zum Body usw. (hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt, ich habe nichts verändert an der Strat).
Und so begab es sich an einem naßkalten Januarmorgen, dass sich der Stratspieler in seine Werkstatt bewegte. Ausgerüstet mit einem Rockinger-Stahlblock und der inneren Einstellung: Nö, da kömmt nix bei heraus, ich hab's ja gleich gewusst...
Aber man kann ja mal eine Art Test wenigstens versuchen und ggf. hier zur Diskussion stellen. Testobjekt: Classic 50 MIM-Stratocaster mit 56mm-Tremolo, Gußblock und Maple Neck.
die Ausführung:
1. Saiten runter von den Mechaniken und mit einer Flachzange vorsichtig derart begradigt, dass sie sich gut durch die Löcher der Sättel und der Blöcke führen lassen. Anhand noch sichtbarer Knicke sollte gut zu sehen sein, wie die Saiten dann wieder aufgezogen werden müssen auf die Mechaniken. Man sieht auf dem Bild 8 unten die eben von der Wickelachse gezogene A-Saite und darüber die begradigte E-Saite.
(Mit "Begradigen" meine ich jetzt das Herausnehmen des Drills, der entsteht, wenn die Saite um die Wickelachse der Mechanik gewickelt ist. Es ist kein Recken im Sinne, dass sich die Saite dadurch in ihrer Länge dehnt!)
2. Die Tremolo-Federn habe ich mit einem Schraubenzieher vorsichtig herausgehebelt und so abgelegt, dass sie wieder 1:1 in derselben Lage eingebaut werden können. Das Heraushebeln klappt durch die nicht mehr vorhandene Zugspannung der Saiten mehr oder weniger problemlos. Auf dem Bild 2 sieht man die Federn und den hellen Gußblock noch im eingebauten Zustand.
3. Vorsichtiges Entfernen der Saiten.
4. Abschrauben der Stege. Deren Lage wurde vorher auf einem Foto (Bild 1) festgehalten zwecks Vereinfachung der Wiedereinstellung der Oktavreinheit. Die Stege wurden ebenfalls vorsichtig anhand ihrer Einbau-Position separat abgelegt, um ja nicht die Madenschrauben zu verdrehen und um einen 1:1-Wiedereinbau zusammen mit ihren zugehörigen Schrauben und Federn zu gewährleisten (s. Bild 3).
5. Das Tremolo, speziell die Tremolo-Grundplatte, wurde auf dem Body gelassen, um keine der sechs Schrauben zu verdrehen (Bild 4). Puh, wat' n Siff. Vintage halt.
6. Ausbau des Tremolo-Gußblockes. Oha! Hier zeigte sich nämlich zu meiner Überraschung, dass der Block sich leicht losschrauben ließ. Die Schrauben waren nicht wirklich fest angezogen, der Block saß nicht gerade bombenfest! Eine echte Unstetigkeitsstelle, die weitere Ergebnisse meines Tests infrage stellen kann!
7. Kontrolle des Gewindes mit dem Jammerhaken. Auf den Gußblock passt er sinnigerweise, wenngleich auch einen Tick grackelig. Auf den Stahlblock passt er ebenfalls, etwas grackeliger, mit etwas mehr Spiel. Hm, ein anderes Gewinde? Schnell eine Maschinenschraube M5 ausprobiert: in den Gußblock lässt sie sich spielfrei und passgenau schrauben, in den Rockinger-Block lässt sie sich ebenfalls problemlos schrauben, wieder aber mit etwas mehr Spiel. Auf dem Bild 5 sieht man den Gußblock links neben dem dunkleren Rockinger-Stahlblock. Der Rockinger-Block ist übrigens 2 mm breiter, passt aber problemlos in den Body (s. Bild 6).
8. Nun habe ich den Stahlblock an die Tremoloplatte rückseitig angesetzt und zunächst lose die drei zugehörigen Schrauben angezogen. Dann habe ich den Jammerhaken aufgeschraubt, siehe da, die Bohrung der Tremoloplatte liegt nicht ganz exakt über der Gewindebohrung des Stahlblockes. Jetzt habe ich die drei Schrauben fest (!) angezogen. Anschließend habe ich den Jammerhaken wieder abgeschraubt.
9. Einfädeln der Saiten durch Stahlblock und Tremoloplatte. Geht ganz gut. Ist das geschehen, so sieht das dann aus, wie auf Bild 7.
10. Montage der Sättel und Voreinstellung auf ihre alte Lage. Das konnte man übrigens auch ohne Foto recht gut erkennen, da sich die Madenschrauben auf der Tremoloplatte durch ihr Verdrehen (Einstellung der Saitenhöhe) durch Kratzspuren bereits verewigt haben...
11. Aufspannen der Saiten unter Beachtung des alten Wickelsinns bzw. der alten Lage.
12. Stimmen. Wat' n Bammel, dass die hohen Saiten u.U. nicht doch abfatzen wegen irgendwelcher unzulässigen Knicke!?
der Klang:
Ich kenne diese meine Strat, da ich sie schon lange fiedle. Kenne ihren Sound.
Ja. Dachte ich.
Ich habe doof aus der Wäsche geglotzt.
Es ist, als hätte man dieser Strat eine Decke weggezogen.
Sie "klingt" plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes.
Luftiger knackiger, brillanter.
Nicht knalliger.
Bei Chords in der Null-Lage bebt sie nun regelrecht, ein intensives Schwingen ist zu spüren, um das mal vergleichsweise zum Gußblock etwas übertrieben zu schreiben. Ich höre nun Anschlaggeräusche, die ich mit dieser Strat bislang noch nicht gehört habe. Ja gibt's denn das?
Schnell also die mehr oder weniger baugleiche MIM-Vergleichsstrat herangezogen. Beide klangen bis gestern sehr ähnlich...
Ja, gestern klangen sie noch sehr ähnlich.
Heute ist die hörbare Differenz größer. Die Vergleichsstrat hat genau dieses Knackige und Brillante nicht, diese schnelle Anschwingen, dieses plötzlich "Drahtige, auf Zack sein".
Bei gespielten Einzel-Tönen in höheren Lagen relativiert sich das ganze wieder zu einem eher sich annäherndem Klang. Ob sich das Sustain verlängert hat? Weiß nicht, hab's nicht gemessen...
Wohlgemerkt. Beide Strats haben mir bislang ausgesprochen gut in ihrem Klang gefallen, so dass ich mit dem Thema "Stahlblock" rein gar nichts im Sinn hatte. Die Strat wird höchsten schwerer, hehe...
Meine Ansicht hat sich nun geändert.
Gruß Michael
*) Tom Wheeler, "Die große Stratocaster-Chronik", 2. Auflage 2009, PPVMedien GmbH
"Einen Stahlblock-Test schreiben? Ist aufwändig, soll er gut gemacht sein..."
So schrieb ich untenstehend hier:
https://www.musiker-board.de/modifi...-passend-fuer-tremolo-mex-stratocaster-2.html
Aber das Thema ließ mir keine Ruhe. Auf der einen Seite - ich glaube das nicht. Quark, Hokus Pokus. Schon weil ich oben annahm, wie die Umbauer alle ihre Blöcke wechselten, nämlich sicherlich durch Aufziehen neuer und damit stringenter klingendere Saiten, die Tolles vorgaukelten. Ist nie ein hinreichend genauer Test und das Urteil dann erst...
Aber auf der anderen Seite...
U.v.a. wird in *) auf S. 62 darüber geschrieben: "...Freddie experimentierte mit unterschiedlichen Metallen und Gewichten ... Probleme mit der Vibratoeinheit, die Töne klangen nicht lange genug nach..." von niemanden geringeren als Leo Fender und Bill Carson himself...
Ist an diesem Stück Metall möglicherweise doch was dran? Ein halberwegs aussagefähiger Test muß her. Oha, heikles Thema.
die Idee:
Aber wie muss man so einen Test gestalten? Indem man soviel Unstetigkeitsstellen (die Strat hat davon ja genug) wie möglich ausscheidet, also die beiden Blöcke an einem möglichst mehr oder weniger identischen System testen kann. Also:
- keine neuen oder anderen Saiten verwenden
- alle Tremoloeinstellungen wie Federanzahl und -spannungen, Tremolowinkel, Justage der Sättel, all das darf nicht verändert werden
- die Saiten müssen möglichst unverändert wieder auf die Mechaniken gewickelt werden.
Letzterer Punkt gestaltete sich als schwierig. Aber da ich meine Saiten schon seit Jahr und Tag nach immer demselben Schema auf meine Strats ziehe, sollte das gehen.
- keine Änderung der Halskrümmung, der Lage des Halses zum Body usw. (hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt, ich habe nichts verändert an der Strat).
Und so begab es sich an einem naßkalten Januarmorgen, dass sich der Stratspieler in seine Werkstatt bewegte. Ausgerüstet mit einem Rockinger-Stahlblock und der inneren Einstellung: Nö, da kömmt nix bei heraus, ich hab's ja gleich gewusst...
Aber man kann ja mal eine Art Test wenigstens versuchen und ggf. hier zur Diskussion stellen. Testobjekt: Classic 50 MIM-Stratocaster mit 56mm-Tremolo, Gußblock und Maple Neck.
die Ausführung:
1. Saiten runter von den Mechaniken und mit einer Flachzange vorsichtig derart begradigt, dass sie sich gut durch die Löcher der Sättel und der Blöcke führen lassen. Anhand noch sichtbarer Knicke sollte gut zu sehen sein, wie die Saiten dann wieder aufgezogen werden müssen auf die Mechaniken. Man sieht auf dem Bild 8 unten die eben von der Wickelachse gezogene A-Saite und darüber die begradigte E-Saite.
(Mit "Begradigen" meine ich jetzt das Herausnehmen des Drills, der entsteht, wenn die Saite um die Wickelachse der Mechanik gewickelt ist. Es ist kein Recken im Sinne, dass sich die Saite dadurch in ihrer Länge dehnt!)
2. Die Tremolo-Federn habe ich mit einem Schraubenzieher vorsichtig herausgehebelt und so abgelegt, dass sie wieder 1:1 in derselben Lage eingebaut werden können. Das Heraushebeln klappt durch die nicht mehr vorhandene Zugspannung der Saiten mehr oder weniger problemlos. Auf dem Bild 2 sieht man die Federn und den hellen Gußblock noch im eingebauten Zustand.
3. Vorsichtiges Entfernen der Saiten.
4. Abschrauben der Stege. Deren Lage wurde vorher auf einem Foto (Bild 1) festgehalten zwecks Vereinfachung der Wiedereinstellung der Oktavreinheit. Die Stege wurden ebenfalls vorsichtig anhand ihrer Einbau-Position separat abgelegt, um ja nicht die Madenschrauben zu verdrehen und um einen 1:1-Wiedereinbau zusammen mit ihren zugehörigen Schrauben und Federn zu gewährleisten (s. Bild 3).
5. Das Tremolo, speziell die Tremolo-Grundplatte, wurde auf dem Body gelassen, um keine der sechs Schrauben zu verdrehen (Bild 4). Puh, wat' n Siff. Vintage halt.
6. Ausbau des Tremolo-Gußblockes. Oha! Hier zeigte sich nämlich zu meiner Überraschung, dass der Block sich leicht losschrauben ließ. Die Schrauben waren nicht wirklich fest angezogen, der Block saß nicht gerade bombenfest! Eine echte Unstetigkeitsstelle, die weitere Ergebnisse meines Tests infrage stellen kann!
7. Kontrolle des Gewindes mit dem Jammerhaken. Auf den Gußblock passt er sinnigerweise, wenngleich auch einen Tick grackelig. Auf den Stahlblock passt er ebenfalls, etwas grackeliger, mit etwas mehr Spiel. Hm, ein anderes Gewinde? Schnell eine Maschinenschraube M5 ausprobiert: in den Gußblock lässt sie sich spielfrei und passgenau schrauben, in den Rockinger-Block lässt sie sich ebenfalls problemlos schrauben, wieder aber mit etwas mehr Spiel. Auf dem Bild 5 sieht man den Gußblock links neben dem dunkleren Rockinger-Stahlblock. Der Rockinger-Block ist übrigens 2 mm breiter, passt aber problemlos in den Body (s. Bild 6).
8. Nun habe ich den Stahlblock an die Tremoloplatte rückseitig angesetzt und zunächst lose die drei zugehörigen Schrauben angezogen. Dann habe ich den Jammerhaken aufgeschraubt, siehe da, die Bohrung der Tremoloplatte liegt nicht ganz exakt über der Gewindebohrung des Stahlblockes. Jetzt habe ich die drei Schrauben fest (!) angezogen. Anschließend habe ich den Jammerhaken wieder abgeschraubt.
9. Einfädeln der Saiten durch Stahlblock und Tremoloplatte. Geht ganz gut. Ist das geschehen, so sieht das dann aus, wie auf Bild 7.
10. Montage der Sättel und Voreinstellung auf ihre alte Lage. Das konnte man übrigens auch ohne Foto recht gut erkennen, da sich die Madenschrauben auf der Tremoloplatte durch ihr Verdrehen (Einstellung der Saitenhöhe) durch Kratzspuren bereits verewigt haben...
11. Aufspannen der Saiten unter Beachtung des alten Wickelsinns bzw. der alten Lage.
12. Stimmen. Wat' n Bammel, dass die hohen Saiten u.U. nicht doch abfatzen wegen irgendwelcher unzulässigen Knicke!?
der Klang:
Ich kenne diese meine Strat, da ich sie schon lange fiedle. Kenne ihren Sound.
Ja. Dachte ich.
Ich habe doof aus der Wäsche geglotzt.
Es ist, als hätte man dieser Strat eine Decke weggezogen.
Sie "klingt" plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes.
Luftiger knackiger, brillanter.
Nicht knalliger.
Bei Chords in der Null-Lage bebt sie nun regelrecht, ein intensives Schwingen ist zu spüren, um das mal vergleichsweise zum Gußblock etwas übertrieben zu schreiben. Ich höre nun Anschlaggeräusche, die ich mit dieser Strat bislang noch nicht gehört habe. Ja gibt's denn das?
Schnell also die mehr oder weniger baugleiche MIM-Vergleichsstrat herangezogen. Beide klangen bis gestern sehr ähnlich...
Ja, gestern klangen sie noch sehr ähnlich.
Heute ist die hörbare Differenz größer. Die Vergleichsstrat hat genau dieses Knackige und Brillante nicht, diese schnelle Anschwingen, dieses plötzlich "Drahtige, auf Zack sein".
Bei gespielten Einzel-Tönen in höheren Lagen relativiert sich das ganze wieder zu einem eher sich annäherndem Klang. Ob sich das Sustain verlängert hat? Weiß nicht, hab's nicht gemessen...
Wohlgemerkt. Beide Strats haben mir bislang ausgesprochen gut in ihrem Klang gefallen, so dass ich mit dem Thema "Stahlblock" rein gar nichts im Sinn hatte. Die Strat wird höchsten schwerer, hehe...
Meine Ansicht hat sich nun geändert.
Gruß Michael
*) Tom Wheeler, "Die große Stratocaster-Chronik", 2. Auflage 2009, PPVMedien GmbH
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