Alles andere wurde ja bereits gut beantwortet daher nur zu ein paar Punkten.
Ich weiß inzwischen, was Kirchentonarten sind, und daß vor allem Coltrane und Miles ab einem bestimmten Zeitpunkt zunehmend modal spielten. Heißt denn modal nur, daß man auf Akkordwechsel verzichtet und sich stattdessen willkürlich ein paar Töne als Improvisationsmaterial auswählt ?
Turok hat es bereits gut erläutert aber nur mal eine Ergänzung.
Verzicht von Akkordwechsel bedeutet Modalität nicht sondern nur das man sich in einem Modus lange aufhält und in so zu sagen auskostet und es oft kein klare Tonalität gibt (kann muss aber nicht), es oft auch keine im funktionalen Sinn alle Akkorde auf ein bestimmtes totales Zentrum fixiert sind. Es geht hier um den eigentlichen Sound und weniger um funktionale zusammenhängen den Kadenzen.
Wenn wir uns mal Dur/Moll zentrische Musik mit ihren Akkordwechseln anschauen, merken wir so etwas wie Funktionalität und das wir die "Solos" eher Kontextbezogen wahrnehmen.
Bedeutet, die Akkordprogression ist einem Spannungsverlauf angeordnet, von tonisch, subdominatisch, bis dominantisch der in erster Linie NUR von der Akkordprogression "gezeichnet" wird - das ist wichtig zu verstehen! Der tonische Bereich, also die I, gibt nun das Zentrum an auf das sich alles folgende funktional bezieht, deuten lässt und gehört wird - Modulationen, Rückungen und Aufweichungen lasse ich jetzt mal außer acht obwohl hier das gleiche gilt, außer das sich das totale lange(Modulation/Rückung) oder kurz(Ausweichung) Zentrum ändert.
Das Thema (die Melodie) und die folgenden Solos sind dann auf diesen Spanungsverlauf und der Tonalität bezogen und lassen wenig Spielraum um einen
einzelnen dieser Akkorden + Skalen innewohnenden Modalitäten wahrzunehmen. Nein, wir beziehen das auf das Zentrum und nehmen das halt in diesen Kontext wahr. Bedeutet, wenn ich z.B. jetzt ein Stück in Dur habe und bin dann auf der subdominante und verwende das gleiche Material der Tonika, werde ich kaum sagen das ich jetzt etwas Lydisches, im modalen Zusammenhang(!), wahrnehme, weil die Zeit zu Kurz ist, die Gestaltung der Melodik die lydische Quarte
nicht auskosten wird usw. Ich höre das also in Bezug von I und das ist dann nun mal etwas ionisch angehaucht bzw. der Klangeindruck des Liedes ist normales langwelliges Dur. Selbst der Einsatz von Sek. und Sub. Dominanten + deren dem tonalen Zentrum angepassten Skalen ändern wenig daran, sondern erzeugen eher ein zunehmende Anstieg von Chromatik den ein modales empfinden, weil das innewohnende (konditionierung?!) Funktionale Klischee bei uns reflexartig reagiert. Es ist aber sicherlich eine Frage was man hier den unter modales empfinden versteht.
Unitonal/Unimodal:
Modalität hingegen geht in seiner einfachsten Form archaischen Prinzipien nach. Ein Modus wird lange ausgehalten und die Töne die diesen Modus ausmachen (z.B. die dorische Sexte in Dorisch) sind nicht mehr "avoid" sondern werden bewusst ins Thema und den Solos eingeflochtenen gerade zu inflationär benutzt.
Unitonal/Polyimodal:
Bewege ich mich jetzt nur in einer Tonalität und benutze in gewissen Abständen mehre Modalitäten (z.B: jetzt mal Dorisch und dann mal Lydisch und dann...) sprechen wir von Polyimodalität im Unitonalen Umfeld. Weil der Grundton ändert sich nicht aber die Modalitäten zum Grundton hin schon.
Polytonal/Unimodal:
Mehrer Tonalitäten wobei die Modalität beibehalten wird. Bedeutet, das ich z.B. die ersten 8 Takte in C-Dorisch Spiele, und danach weitere 8 Takte in D-Dorisch, dann Bb-Dorisch usw.
Polytonal/Polymodal: Sollte klar sein. Mal D-Dorisch, dann mal F-Lydisch uws
Naja, was lässt sich damit anfangen? Erstmal nicht viel bei mangelnder Kreativität und man muss eventuell Effekthascherei (geile Sounds, EFX, Cluster ect) betreiben oder "so what" (ne fast kleiner Spaß, das Thema ist durchaus cool) schreiben
Interessant wird es aber erst wenn dann tonsatztechnisch interessantes gemacht wird (siehe z.B. einige Sachen der Canterbury Scene wie von Nucleus, Soft Machine, etc). Besonders Soft Machine hat in einigen ihrer Stücken extrem coole Bläser Melodien geschrieben mit vielen Tonsprüngen und Mehrklängen, in dem häufige totalen wechseln in z.B. mediantischen (wenn ich mich jetzt nicht vom Ohr her täusche) Abständen usw. dagegen ist "so what" als modales Vorzeigewerk extrem anachronistisch, beschränkt, stark reduziert, aber dennoch okay und das Thema ist ja cool
Jetzt fängt es an kompliziert zu werden. "Modale Musik" kann durchaus funktionale Komponenten haben (siehe Chick Corea, Canterbury Scene, Santana usw) und sogar ein "so what" das von Grund auf langweilig ist bleibt bei improvisieren nicht eindeutig Modal sondern halt zur Grundstimmung passende Kadenzen die man als solches hört, oder nur als "Modale-Klang-Cluster" (dazu mal paar mehr verscheiden Interpretationen hören, und man hört in D dann oft vom Pianisten etwas Kadenzen die einen klaren Spanungsverlauf Zeichnen).
Ich gehe sogar soweit das selbst das "Take Five" für mich ein modales als auch Funktionales Stück ist so wie viele Stücke von Santana und einigen mehr. Auch kann man bemerken das wir immer mehr und mehr (zuimdes mehr als sonst) einer eher modalen Musikutur hingesteuert sind. Miles mit So What, die ersten Progressiven auswückse mitte der 60iger, dann die ersten elektronischen Musiker mit Tangerine Dream, Klaus Schulze und Kraftwerk, dann über Hip-Hop (ich meine nicht Pop-Hop ^^) das oft eher modalen Charakter hat, bis hin zum Techno (auch hier, kein Danceflor mit den Kinderlieder Melodien/Kadenzen) wie Goa, usw. usf. Und alle haben eins gemeinsam, man kann viel der Stücke auch Funktional hören, wie auch fast alles von Tubular bells von Oldfield sowohl Modal als auch Funktional zu erfassen/hören ist
Was war nochmal das Thema *hust*
Dorisch scheint mir im Jazz recht verbreitet zu sein. Findet man denn irgendwo im Netz - oder hier - eine Sammlung von Beispielen für die verschiedenen Kirchentonarten ? Beispielsweise höre ich oft den Begriff "lydisch" in Verbindung mit beispielsweise "Lydian Concept".
Naja, russel halt
http://www.lydianchromaticconcept.com/
So weit ich das verstanden habe (Sikora schneidet das sehr Kurz an) postuliert Russel den lydischen Modus als das Zentrum aller Dinge, was durchaus, wenn man davon ausgeht das der tonische Bereich der Bereich ist der die meiste Ruhe und Stabilität hat, nicht ganz verkehrt ist. Spielt man alle ionischen töne gleichzeitig und dann alle lydischen, merkt man schnell das die ionische Quarte extrem disoniert, wogegen die lydische sich mehr oder weniger wohl einfügt. Das aber als Grundlage für ein neues Konzept ist mir ein wenig skurril. Fängt ja schon an wenn du sagen wir mal F-Lydisch lange spielst und dann |: Fmaj7 | Cmaj7 :| spielst. Was merkste? Drückt ganz schön nach C-Ionisch hin oder? ;-) Mag Konditionierung sein (was ich fast glaube) aber ist mir einerlei, weil 99% werden ganz klar im Test aufeinmal Cmaj7 als Zentrum wahrnehmen. Was uns auch dahin führt, das bestimmte Modalitäten durchaus Akkorde haben um kadenzverhalten für den bestimmten Modus zu erzeugen, und einge Akkrode gemieden werden müssen, weil das Ohr automatisch nach Ionisch drückt. Ein solcher ist eben V-ionisch in I-Lydisch, weil V zur I wird und da kan man kaum was gegen machen. Wie dem auch sei, soweit ich dann mal spekulieren darf, baut dann Russel halt sein ganzens System auf das Lydian Chromatic Concept auf was auch Analysen über die Subdomianten mit einschließt, was mir dann extrem nicht zusagt, genauso wenig wie PVaults "Systemton"
Mag das "um die Ecke sich nähern" nicht so sehr acuh wenn es diverses vereinfacht
Eventuell kann ja jemand genauer schreiben was russel da treibt, mir ist es zu teuer im Einkauf von daher "so what" ... ach nein, das war ja dorisch