Improvisation am Klavier, freies Spiel

  • Ersteller Bjoerni
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Im Gegensatz zu meiner Stimme, die gleich los singen kann, und wenn sie mal den Ton nicht richtig trifft, schaukelt sie sich schnell rein, sind meine Finger sehr nachdenklich und brauchen viel Zeit, bis sie die Tasten anschlagen.

Audiomotorik etablieren.

Bei anderen Instrumenten wird man direkt von Anfang dazu gezwungen, man kann nicht z.B. einfach in eine Trompete reintröten.
Auch beim Klavier gilt: Das Ziel ist, aus der Klangvorstellung heraus zu spielen. Eine wirklich gute Übung dazu braucht allerdings mehr als einen Leut. :)

Hinreichend einfache,übershcubare Stücke hören und versuchen mit zu bekommen:
Wo ist das tonale Zentrum?
Wo befinde ich mich relativ dazu? Bass kann helfen.
Auf welchem Intervall zum Grundton fängt 'Im Märzen der Bauer' an?
...
Das müsste im Detail allerdings jemand erklären, der es strukturiert gelehrt oder gelernt hat.

Anmerkung 1: Bei mir läuft eigentlich immer der Analysator im Hinterkopf, wenn ich Musik höre.
Anmerkung 2: So transponiere ich i.d.R., funktional und nicht 'alles andertalb Töne höher'. Sowieso eine gute Übiung,wenn man sich was einaches erarbeitet hat (und sei es, s.o.) das mal durch die Tonarten zu spielen.
Anmerkung 3: Wenn man das hinreichend oft macht, dann werden einem - hoffentlich! - Muster auffallen.Ich habe zuest das Phänomen gehört, analysiert, nach gespielt, aber Jahre später erst den offiziellen Namen malin einem Buch gesehen.

Grüße
Omega Minus
 
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Wie äußert er sich dann zB?

Allein die Art, wie er mein Spiel korrigiert.

In der Musikschule hatte ich den Eindruck, das ganze Stück falsch gespielt zu haben.
Klavierlehrer(in): "Nein, so geht es nicht." Und dann hat die Lehrerin oder der Lehrer das Stück (oder ein Teil davon) vorbildlich gespielt. Wunderschön, dachte ich, aber so toll schaffe ich es nie. Habe weiter fleißig geübt und geübt ... wußte aber nicht, ob ich es nun besser spiele, oder immer noch so schlecht. ¯\_(ツ)_/¯

Mein heutiger Lehrer lobt "du spielst gut, hab keine Angst, Fehler zu machen, die mache ich auch" und dann benennt er ganz konkret einige Sachen (eleganter Fingersatz, interessanter Rhythmus, ein bißchen eigenartig, aber es klingt richtig gut, man merkt deine persönliche Note ...). Auch meine Fehler benennt er ganz präzise: Hier an dieser Stelle spielst Du "taa da da da", hier steht aber "Ta da da da" - und er spielt langsam mit einer Hand, singt das Gespielte und zeigt im Blatt die Noten, und ich verstehe sofort, welchen Fehler ich gemacht hatte und wie ich den korrigieren werde.
Nach seiner Unterrichtsstunde habe ich das Gefühl: OK, die zwei-drei Stellen muß ich etwas intensiver separat üben (ich habe mir ja notiert, worauf genau ich achten muß), aber sonst spiele ich das Stück schon ganz gut.

In der Musikschule habe ich immer mit dem Metronom gespielt ("Das gibt dir Sicherheit").
Jetzt will der Klavierlehrer in der Unterrichtsstunde kein Metronom hören - ohne Metronom spielst du viel freier und ausdrucksstärker, mit dem Metronom klingt dein Spiel etwas steif.

Es sind viele Kleinigkeiten, die ein Außenstehender vielleicht nicht nachvollziehen kann, aber für mich sind es gerade solche Kleinigkeiten, die einen großen Einfluß auf mein Gesamtspiel haben.

Edit: Sowohl die Lehrerin als auch der Lehrer in der Musikschule hatten einen guten Ruf und ihre Schüler haben vor einigen Jahren den Bundeswettbewerb JuMu gewonnen.

Gruß, Bjoern
 
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Audiomotorik etablieren.

Das müsste im Detail allerdings jemand erklären, der es strukturiert gelehrt oder gelernt hat.

Ob das Erklären reichen würde?

Also, jetzt mal ganz "unmusikalisch".

Ich habe mein Mitsingen immer wie einen Amplifikator verstanden. Durch das Mitsingen habe ich die Musik intensiver aufgenommen und empfunden. Wenn ich mich zum Radio ans Klavier setze und versuche etwas mitzuspielen, habe ich das Gefühl, die Musik zu verunstalten. :cry:

Gruß, Bjoern
 
Ob das Erklären reichen würde?

Im Sinne von: Wie kann man erklären, wie man das etabliert, welche Übungen, usw.

Du kannst Dich auch ans Klavier setzten, ersten Ton fest legen, dann eine kurze Phrase singen. Dann überlegen,was Du gesungen hast und versuchen das um zu setzen. Aber idealerweise macht man das halt mit zwei (oder mehr) Personen. Original iund Kopie, Frage und Antwort, wie auch immer.

Ich könnte Dir demonstireren, was ich meine. Aber ich habe keine Ahnung, wo Du wohnst. Solltest Du nicht weit von Aachen weg wohnen => gerne PM an mich. Videokonferenz ist ja auch nicht ganz unmöglich ...

Grüße
Omega Minus
 
Das wäre so, als ob man sich das LIVE-Fußballspiel nicht ansähe, weil das "ineffizient" wäre, und sich lieber nur die abendliche Zusammenfassung
ansähe.
Witzig - genau das mache ich.
Bei so etwas sucht man sich doch keine "Abkürzungen".
Aber auch keine extra Umleitungen ... 😊
sondern den sinnvollsten Weg.

Wenn ich mich zum Radio ans Klavier setze und versuche etwas mitzuspielen, habe ich das Gefühl, die Musik zu verunstalten.
Deshalb denke ich ja, dass der Tip mit dem Radio für Anfänger nicht unbedingt so gut ist.

Du bräuchtest vermutlich etwas überschaubares als Playback; Blues zB oder ein Folkstück, was mit drei vier Seiten auskommt. Eine Runde mitspielen, dann in Ruhe die Stellen anschauen, wo es gehakt hat. Evtl Tempo langsamer nehmen. Ein paar Übungen spielen, zB nur die Akkorde. Wenn Du denkst, es könnte jetzt besser gehen, wieder ein paar Runden spielen.


Du kannst Dich auch ans Klavier setzten, ersten Ton fest legen, dann eine kurze Phrase singen. Dann überlegen,was Du gesungen hast und versuchen das um zu setzen.
Den Tip wollte ich auch gerade geben. Da lernt man viel.
Auch Oscar Peterson, Keith Jarrett und Glenn Gould singen mit. 🙂
ohne Metronom spielst du viel freier und ausdrucksstärker, mit dem Metronom klingt dein Spiel etwas steif.
Das Metronom ist zum Tempo üben. Wenn Du darauf achtest, fehlt Dir evtl Aufmerksamkeit für andere Sachen.
Spiel einfach ab und zu mal mit Metronom, um Dein Timing zu checken. Oder mit Backing Track. Aber auch da, wenn was nicht klappt, nicht fünf Mal drüberschludern, sondern die Stelle in Ruhe ohne Tempo anschauen.
 
Das Metronom ist zum Tempo üben.

Ich weiß, wofür ein Metronom dient. Aber darum ging es in meinem Beispiel nicht.

In der Musikschule habe ich gelernt: Das Metronom gibt mir Sicherheit, richtig zu spielen. Mit anderen Worten: Ohne Metronom spiele ich unsicher(?).
Mein Klavierlehrer meint: Mit Metronom spielst du steif. Du brauchst kein Metronom, dein Takt und Tempo sind OK. Aber ohne Metronom spielst du lebendiger.

Völlig abgesehen davon, wie ich spiele, das Hilfsmittel Metronom wird von den Lehrern völlig unterschiedlich bewertet, und das kann den Schüler verunsichern oder gar verwirren, wenn er versucht, die Frage zu beantworten - Ist dieser Weg mein Ziel?

Gruß, Bjoern
 
Ein bisschen wundert es mich, dass Ihr alle davon so angetan seid.

Also gemacht habe ich das auch - nur habe ich in meiner Erinnerung wesentlich mehr gelernt, wenn ich etwas nachgearbeitet habe.
wenn du schreibst, dass du etwas gelernt hast: meinst du damit das korrekte Spielen, oder vielleicht auch ein etwas holpriges Improvisieren?
Anders gefragt: meinst du mit “Lernen” Präzision oder Kreativität?
 
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wenn du schreibst, dass du etwas gelernt hast: meinst du damit das korrekte Spielen, oder vielleicht auch ein etwas holpriges Improvisieren?
Anders gefragt: meinst du mit “Lernen” Präzision oder Kreativität?

Bei klassischen Stücken kann ich es vielleicht so beschreiben: Ich spiele ein Stück durch (egal ob neu nach Noten vom Blatt oder eins was ich schon kenne). Irgendwo hakt es - ein Fehler passiert, ich kann etwas nicht greifen usw.. Klar kann ich mich da drüber "mogeln", auch ein zweites drittes viertes Mal. Im Sinne von "etwas dazulernen" wäre es aber richtig, die Stelle herzunehmen, langsam zu spielen, zu schauen, woran es liegt, dass da was nicht so geht, wie man sich das vorstellt; und dann eine Lösung zu finden. Das kann ein Fingersatz sein, eine technische Schwierigkeit, die isoliert geübt werden muss oder auch eine Vereinfachung (zB bei Klavierauszügen).

Bei einer Impro passieren "Fehler" meistens, wenn ich geistig nicht vorneweg bin. Wenn ich ein Stück kann, dann habe ich innerlich die nächsten zwei drei Harmonien und auch das Gesamtstück parat.
Beim Mitspielen unbekannter Stücke zum Radio oder in einer Band / Session hangelt man sich ja auch erstmal von Akkord zu Akkord, versucht II V I und ähnliches vorauszuahnen, und versucht sich Besonderheiten für die nächste Runde zu merken. Das ist cool und eine gute Schule, keine Frage.
Wenn ich aber merke, dass ich zB bei einem Jazz-Blues in E die Akkorde nicht so draufhab wie bei einem in Bb, oder irgendwo ist ein Akkord dazwischengeschoben, der cool klang, ich aber nicht genau gehört habe, was das für ein Voicing war oder welche Tensions da waren - dann versuche ich nach dem Mitspielen das nochmal in Ruhe nachzubereiten. Das kann auch nur eine Kleinigkeit in einem Stück sein, die man aber dadurch wirklich lernt, in sein Repertoire übernimmt.

Ist auch vergleichbar mit Blattspiel. Lernt man Blattspielen am besten durch Blattspielen? Ja und nein. Sicher muss ich das üben, mich im Tempo des Solisten irgendwie durchzuwursteln. Aber man kann ja nur das gut vom Blatt spielen, was man schon verinnerlicht hat. Akkorde erkennen, Tonleitersegmente, Noten mit 4 Hilfslinien, komische Rhythmen, unspielbare Stellen in Klavierauszügen, Sängerstimmen mitspielen, alte Schlüssel / transponierende Instrumente, Generalbass usw. - das alles ist natürlich ein Mix aus Notenstrukturen erkennen und sie ad hoc technisch umsetzen können. Deshalb muss man auch fürs Blattspielen sich Sachen anschauen und üben, die nicht geklappt haben, jedenfalls wenn man sich weiterentwickeln will.

Also das Mitspielen, ohne ein Stück zu kennen, finde ich eine hervorragende Sache! Aber ich halte mit "Nachbereitung" in der Summe für den besseren Lerneffekt.
Wie immer ist das natürlich anstrengender, erfordert Denkarbeit, Disziplin usw. Mache ich ja auch nicht immer. ;) Und wenn es Spaß macht, mit dem Radio mitzuspielen, dann soll man das unbedingt tun - Freude an der Musi ist ja das Wichtigste.

Ich hoffe, das war das, was Du mit Deiner Frage meintest?
 
Zuletzt bearbeitet:
wenn ich mich zum Radio ans Klavier setze und versuche etwas mitzuspielen, habe ich das Gefühl, die Musik zu verunstalten.
Möglicherweise liegt das daran, das dein Anspruch an dich selbst und dein Können beim "dazu Spielen" derzeit zu weit auseinandergehen.

Ist das beim sonstigen Üben auch so?
Das halte ich für ein deutliches Hemmnis, das Fortschritte erschwert und auf Dauer die Motivation verringert.
Ich "beobachte" mich zwar beim Üben und höre mir zu, dadurch sollen Schwächen und Fehler bemerkt und korrigiert werden. Aber an Bewertungen denke ich dabei kaum, im Vordergrund stehen Konzentration auf die Ausführung und auf Verbesserungen beim Wiederholen.

Gruß Claus
 
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Ich weiß, wofür ein Metronom dient.
Naja, ganz so trivial ist es nicht. Ich hatte dazu mal eine kleine Diskussion angeregt, ob Üben mit oder ohne Metronom besser ist; die ergab schon recht unterschiedliche Herangehensweisen.

Möglicherweise liegt das daran, das dein Anspruch an dich selbst und dein Können beim "dazu Spielen" derzeit zu weit auseinandergehen.
Jo, das geht mir auch so.

Bei mir hilft es, ein zwei Schritte zurückzugehen und erstmal grundlegende Übungen zu spielen. Also Tempo runter oder ohne Tempo und zB einen Chorus erstmal den Grundton, dann die Terz jedes Akkordes.
Dann den Dreiklang. Dann den Vierklang, den Vierklang ohne Grundton, die ersten fünf Töne der jeweiligen Scale oder irgendwelche Motive durch alle Chords ... usw. Da kann man sich Übungen zurechtlegen, die zum gewünschten Stil passen.
 
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Anders gefragt: meinst du mit “Lernen” Präzision oder Kreativität?

Was @opa_albin gemeint hat, weiß ich nicht, aber Du hast genau den Unterschied, den ich meine, getroffen.

Für mich bedeutet Präzision korrektes Spielen - was in den Noten steht (sagt der Lehrer), und ich habe so lange geübt, bis ich das, was ich in den Noten gelesen habe, reproduzierbar fehlerfrei spielen konnte. Mein Ziel war es, das ganze Stück sicher und flüssig im vorgegebenen Tempo zu spielen, ohne zu stocken, ohne mich zu verspielen. Denn erst dann waren die Lehrer in der Musikschule zufrieden, haben mich gelobt, und wir nahmen uns ein neues Stück vor. Die oberste Priorität war (und ist) das korrekte Spiel. Für Kreativität hatte ich nur ganz kleine Räume - eigentlich nur den Fingersatz.
So habe ich auch gelernt, mein Spiel zu beurteilen: Wenn ich mich an einer einzigen Stelle verspielt habe, war ich unzufrieden - ich spiele schlecht, ich muß mehr üben. Und habe (mit Freude!) stunden- oder tagelang geübt, bis alles saß.

Mein jetziger Klavierlehrer bewertet das ganz anders: Schau, das Stück hat 64 Takte, du hast 63 Takte völlig fehlerfrei gespielt und in einem Takt hast du dich bei zwei Noten verspielt, das passiert jedem Musiker. Du mußt nur lernen, ruhig zu bleiben und weiterzuspielen, als ob nichts geschähe. Es ist alles gut.
Natürlich können wir denken, mein Musiklehrer will mich, den alten Rentner, nicht demotivieren (viel besser spielen wird er sowieso nicht mehr, der soll sich freuen, daß er überhaupt noch spielen kann).

Aber ich vertraue allen drei Lehrern, für mich haben alle drei recht, sie haben nur unterschiedliche Ziele.
In der Musikschule war es die kompromißlose Präzision. Mein jetziger Musiklehrer will seinen Schülern Spaß und Freude am kreativen Musizieren vermitteln, die Präzision wird nur dort verlangt und geübt, wo der Schüler systematische Fehler macht.

das dein Anspruch an dich selbst und dein Können beim "dazu Spielen" derzeit zu weit auseinandergehen

Ja, so ist es.
Mein Anspruch ist das korrekte Spiel (so wurde mir das über Jahre eingetrichtert). Das aber kann ich nur durchs Üben des Stückes erreichen (manchmal ein paar Stunden, manchmal auch 1-2 Wochen), ich kann nicht vom Blatt (prima vista) im Tempo spielen.

Mittlerweile habe ich den Anspruch (zumindest auf meine eigenen Arrangements) etwas heruntergeschraubt: So flüssig und harmonisch spielen, daß ein Sänger zu meinem Spiel ungestört singen kann. Aber auch das muß ich üben.

Gruß, Bjoern
 
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Kompromisslose Präzision

versus " Die Noten sind nur Vorschläge." ;)
"Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten." (Gustav Mahler)

Gutes Spannungsfeld
 
Aber ich vertraue allen drei Lehrern, für mich haben alle drei recht, sie haben nur unterschiedliche Ziele.

Du hast es auf den Punkt gebracht!

Wichtig ist dann, dass der Lehrer und Du gemeinsam rausfindet, welches Ziel für Dich interessant und erreichbar ist.

Die oberste Priorität war (und ist) das korrekte Spiel. Für Kreativität hatte ich nur ganz kleine Räume - eigentlich nur den Fingersatz.
Ich denke, das haben sie Dir nicht gut vermittelt. Die Kreativität liegt ja im Ausdruck. Wie spiele ich Linien, wie baue ich das Stück spannend auf mit Laut/Leise, Langsam/Schnell, Ritardandi, was mache ich mit der Artikulation usw. "Fehlerfrei" ist natürlich schon ein sinnvoller Anspruch, damit das Stück Freude beim Zuhören macht - aber das Musikmachen steht im Vordergrund.

Kompromisslose Präzision
Ja, das ist bewundernswert. Wenn ich einen Andras Schiff oder Katja Bunjatischwili höre, ziehe ich alle Hüte und verbeuge mich bis zum Fußboden.
Aber sowas ist für uns Normalos unrealistisch.

Also versuchen, alles richtig zu spielen, klar. Aber sich nicht wegen Fehlern quälen.

" Die Noten sind nur Vorschläge."
In der U-Musik schon; in der Klassik schon eher nicht. Ich würde sagen, sie sind die Grundlage.

Vergleichbar wie der Text beim Schauspieler. Liest der den fehlerfrei runter? Klar versucht er das, und zu viele Versprecher trüben etwas die Freude. Aber das Wichtigste ist doch, was er damit an Gefühlen transportieren will.

"Fehlerfrei" ist halt ein Negativkriterium - und man muss ein positives Kriterium finden, um wirklich gut Musik zu machen.
Was ist die Essenz des Stücks, was Du spielst? Wie bringst Du die am besten zur Geltung? So in der Art. Das geht weit über Fehlerfrei hinaus.
 
...man muss ein positives Kriterium finden, um wirklich gut Musik zu machen.
Das kann ich nur unterstreichen, zumal das "Gehirn" keine Negationen versteht bzw. nur dadurch versteht, dass das zu Vermeidende der Negation für die "Informationsverarbeitung" verdinglicht und damit positiv erfüllt wird, bevor eine Etikettierung mit "nicht" erfolgt.
Kleiner Selbsttest für ganz Mutige: denke nicht an einen blauen Elefanten. :opa:

Gruß Claus
 
Ich denke, das haben sie Dir nicht gut vermittelt. Die Kreativität liegt ja im Ausdruck.

Mein Ausdruck kommt aus meinen Gefühlen - wie bei einem Gedicht oder beim Vorlesen einer Geschichte. Das macht keiner so wie ich, und das kann mir auch keiner vermitteln. Meine Gefühle lassen meine Stimme oder die Hand senken, ausbrechen oder langsamer werden. Dafür aber muß ich den Text oder die Noten sicher, flüssig und fehlerfrei vortragen können - ich muß vorher wissen, welche Tasten ich anschlagen soll, damit ich sie langsam, sanft, gebunden oder abgesetzt anschlagen kann.
Hinzu kommt, daß ich Mozarts, Wagners oder Beethovens Musik anders fühle als Du oder der Lehrer, mein Ausdruck kann gefallen, muß aber nicht. Diese Diskrepanz müssen wir aushalten.

Kleiner Selbsttest für ganz Mutige: denke nicht an einen blauen Elefanten.

Kein Problem, ich denke an einen grünen Elefanten.

Es ist nicht so, daß ich beim Spielen ständig auf der Lauer bin, wo habe ich schon wieder Fehler gemacht, oder sogar wo könnte ich schon wieder einen Fehler machen! Nein.
Das Problem ist, wenn ich mich verspiele, daß ich zusammenzucke und anhalte, dann gehe ich ein paar Takte (oder ganz zum Anfang) zurück und spiele neu.
Diesen Reflex versucht mir mein Klavierlehrer "abzugewöhnen", bisher jedoch ohne Erfolg. Und das ist auch der (Haupt)Grund, warum mir die Improvisation nicht gelingt.

Gruß, Bjoern
 
Mein Ausdruck kommt aus meinen Gefühlen - wie bei einem Gedicht oder beim Vorlesen einer Geschichte. Das macht keiner so wie ich, und das kann mir auch keiner vermitteln.
Auch hier würde ich sagen Ja und Nein.

Es gibt ja x Varianten, wie man ein Stück vortragen kann. Diese Möglichkeiten kennenzulernen und wie man sie so einsetzt, dass sie auch gut und stimmig klingen, das ist schon wichtig.

Man kann sehr wohl vermitteln, wie schöne Linien, Spannungsbögen, gute Crescendi, Stimmführungen, Differenzierungen von Lautstärkeverhältnissen, gezielte Temposchwankungen usw. je nach Epoche funktionieren, was üblicherweise gemacht wird, wie es Glenn Gould oder Horowitz oder Gulda machen. Wo die Freiheiten und die Grenzen der Freiheiten liegen. Damit lernt man erstmal die Werkzeuge und Möglichkeiten.
Danach kommt der individuelle Ausdruck.

So würde ich es jedenfalls sehen. Natürlich kann man auch Bach mit vollem Pedaleinsatz spielen, ungewöhnliche Tempi wählen oder ähnliches - da ist nix verboten, nur bewegt man sich dann außerhalb des Üblichen, und man sollte sich dessen vielleicht bewusst sein.

Diesen Reflex versucht mir mein Klavierlehrer "abzugewöhnen", bisher jedoch ohne Erfolg. Und das ist auch der (Haupt)Grund, warum mir die Improvisation nicht gelingt.
Radikal vereinfachen! So dass Du quasi gar keine Fehler mehr machst.
Man sagt ja beim Üben als Faustregel, dass man in etwa 80% der Fälle richtig spielen soll.
Mehr "Fehler" --> langsamer, vereinfachen
Weniger Fehler --> OK, man kann die Schwierigkeit erhöhen

Mit vereinfachen meine ich zB:
  • Linke Hand weglassen
  • langsamer oder ohne Tempo
  • nur ganze Noten spielen dann halbe
  • nur Pentatonik spielen ("klingt immer richtig")
  • immer einen Takt spielen, einen auslassen
  • Nur einen Akkord am Stück hernehmen und in Ruhe Töne finden, die passen (ohne Tempo) ... dann den nächsten Akkord, dafür Töne finden ... dann die beiden hintereinander x mal ... akzeptiere, dass "ungewöhnlich" klingende Töne dabei sind
  • usw.

Das "zusammenzucken" könntest Du dir auch abgewöhnen, wenn Du immer nur einen Aspekt übst
zB
nur auf den Rhythmus achten - Töne sind sch..egal bzw. spiele bewusst falsche Töne - aber einen coolen Rhythmus. Hör Dir mal zeitgenössische Musik an und nimm Dir das als Klangbild.
dann nur die Töne, ohne Rhythmus

und "falsche" Töne kann man in 90% der Fälle einen Halbton nach ohne oder unten auflösen, dann wirkt es wie ein Vorhalt.
Probier mal zB über C-Dur ein gis (oder as) zu spielen und dann löst Du das nach g oder a auf. Auch das kann man üben.

Also die Einstellung ändern: "Falscher" Ton? - klingt erst mal interessant ... warum klingt der so? "Falsch" heißt ja meistens dissonant, also wo "beißt" sich da was, welche Intervalle, warum, wie kann man damit spielen ... usw.
 
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und "falsche" Töne kann man in 90% der Fälle einen Halbton nach ohne oder unten auflösen, dann wirkt es wie ein Vorhalt

Beim Jazz gilt ja angeblich: Es gibt keine falschen Töne, nur scheiss Übergänge.

Grüße
Omega Minus
 
Das Problem ist, wenn ich mich verspiele, daß ich zusammenzucke und anhalte, dann gehe ich ein paar Takte (oder ganz zum Anfang) zurück und spiele neu.
Genau darauf hatte ich mich mit meinem Beitrag 170 bezogen.
Das Zusammenzucken ist als Reaktion für das Lernen "überwirksam", weil sich dabei deine Physiologie umittelbar auf den auslösenden Reiz ändert.

Nachderm diese Reaktion das erfolgreiche Lernen eher behindert, wäre ein kleines Umlernen sinnvoll. Hast Du eigene Möglichkeiten, diese umittelbare - leicht phobische - Reaktion abzubauen?

Gruß Claus
 
Etwas überspitzt vielleicht: Systematische Desensibilisierung ;)

In die Richtung gingen einige Tips oben
nur auf den Rhythmus achten - Töne sind sch..egal bzw. spiele bewusst falsche Töne ... zeitgenössische Musik ... als Klangbild.

Das sollte der Lehrer aber eigentlich mit abdecken.
 

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