Es gibt teilweise schon wirklich komische Begebenheiten, die nicht "mal eben" mit einfacher Logik erklärbar sind. Bestenfalls wahrscheinlich mit Messtechnik im fünfstelligen Bereich, nur wird man die im Fall der Fälle kaum griffbereit haben. Und selbst wenn, ist das ja eine verzwickte Sache: Man hat zwar möglicherweise herausgefunden, warum für sich genommen einwandfrei intakte und hochwertige Komponenten in genau dieser Konstellation nicht zusammenarbeiten wollen, aber spielen tut's deswegen ja immer noch nicht.
Ein paar Beispiele aus der Praxis:
In zwei Hallen hatten wir für die absenkbaren Traversen im Saal Schleppkettensysteme verbaut, bei denen die Leitungen ungeschnitten verlegt werden können und oben auf dem Dachboden entsprechend zusammengefaltet werden. Also keine klassische Lösung mit Schleifkontakten, wie es ebenfalls des Öfteren ausgeführt wird, da es damit sehr schwierig ist, den Cat6a-Standard zu erreichen. Als Schleppkettenleitungen wurden Cat7-Varianten vom gleichen, sehr namhaften Hersteller wie die Federzugtrommeln verwendet. Über die Leitungen lief ein HDBase-T-Signal für Projektoren.
In beiden Hallen tauchte irgendwann das Problem auf, dass das Videosignal nur noch sporadisch ankam. Tests mit einem Qualifizierer (kein Zertifizierer) brachten keine Auffälligkeiten zu tage. Keine Kurzschlüsse, keine Unterbrechungen, 1 GBit/s Ethernet-Traffic ging ohne Paketverluste drüber. Die Leitung war auch nirgends erkennbar mechanisch beschädigt.
Eventuell hätte man mit einem Zertifizierer was gesehen, z.B. Auffälligkeiten beim Crosstalk. Allerdings konnte der auf die Schnelle nicht organisiert werden, das Ganze war einigermaßen dringlich und wir sind auch beim o.g. Punkt: Mit Glück sehe ich überhaupt was, tauschen muss ich aber auf jeden Fall.
Meine einzige logische Erklärung ist, dass sich aufgrund des regelmäßigen Auf- und Abrollens die elektrischen Eigenschaften der Leitung so massiv verschlechtert haben, dass eine Übertragung mit der hohen Bandbreite nicht mehr störungsfrei möglich war.
Jetzt ist Sommer Mercator CAT7 PUR XL drin, mal schauen wie lange das hält.
Solche Sachen gibts auch mit komplett anderen Systemen. In einer Spielstätte hier in der Gegend versuchen wir grade, mit den bestehenden RGBHV-Leitungen (5er Muco) das Ganze auf SDI zu wuchten. Spielt erstaunlich passabel trotz der großen Längen, aber nach Installation eines zusätzlichen Patchfeldes, also ein paar Steckstellen plus Patchkabel, gabs dann plötzlich kein Bild mehr. Ein nagelneues Patchkabel RG6 durch ein minimal kürzeres, deutlich filigraneres aus der Altinstallation ersetzt (0,5m vs. 1m bei Gesamtleitungsweg über 60m) und schon spielte das. Manchmal muss man sich schon wundern...
Bezüglich Kompatiblität verschiedener Leitungen zu verschiedenen Pulten kann ich vermerken, dass z.B. ein Setup mit Soundcraft Si Expression und Mini Stagebox ohne Probleme mit 50m Dätwyler Uninet 5502 spielt (Cat5e, AWG26, S/UTP). X32 + DL16 habe ich damit nicht stabil bekommen. Pro Snake CAT6E 50m selbst mit Adapter (der ältere Neutrik Cat5e mit in Wirklichkeit ziemlich gruseliger Innenverkabelung) und dann noch 20m Standard-Cat5e hinten dran ging dann aber wieder ohne Probleme. Ist es das größere Übersprechen wegen der fehlenden Einzelpaarschirmung? Oder der geringere Querschnitt (AWG26 beim Dätwyler vs. AWG23 beim Pro Snake)? Man weiß es nicht. Aber selbst die Kabeltrommeln von Klotz & Co., die ja als einer der Standards gelten, sind nur AWG26. Also muss es ja grundsätzlich funktionieren.
Ich glaube schon, dass der beste Weg CAT7 AWG23 wäre, und das am besten sogar mit starren Einzeladern. Wobei ich da schon auch immer leichte Bedenken beim mobilen Einsatz hätte, aber das wird ja reichlich von namhaften Herstellern so feilgeboten. Da würde ich auf jeden Fall eine Trommel mit einem möglichst großen Kerndurchmesser wählen, um den Biegeradius gering zu halten.
In o.g. Location fahren wir wir auch mit X32 und DL16, das läuft über die 15 Jahre alten CAT6-Patchfelder und CAT7-Verkabelung. Keine Probleme bei Gesamtlängen von ca. 70m und zwei Steckstellen.
Der deutliche gelbe Hinweis auf "STP Cabling" war bei meiner DL16 auch schon dran.
Oft wird dann ja das Thema Potentialunterschiede angesprochen. Jetzt wäre es tatsächlich mal interessant, wie so ein AES50 Transceiver elektrisch aufgebaut ist. Ich hab die Kiste bislang noch nicht aufgemacht. Schauen wir uns das Pendant mal beim Ethernet an. Es gab ja schon in der einen oder anderen Bude mit klassischer Nullung oder teilsanierter E-Installation den Fall, dass irgendwer beim Verbinden zweier PCs wahlweise den FI (so vorhanden) geworfen hat oder auch einen netten Lichtbogen beim Einstecken des RJ45-Kabels gezogen hat. Weil eben Potentialunterschiede zwischen den beiden PC-Gehäusen bestanden, die dann über das Netzwerkkabel ausgeglichen wurden. Jetzt ist aber die Frage: Was passiert da, wenn man UTP verwendet? Alle "etwas besseren" Ethernet-Geräte - und das schließt tatsächlich auch schon den 5€-Switch vom Grabbeltisch ein, aber z.B. nicht günstigen Ethernet-Shields für Entwicklerboards - haben an der Schnittstelle Übertrager verbaut. Da sollte also im Zweifel elektrisch überhaupt nix passieren. Tatsächlich wär eine UTP-Verkabelung ja sogar eher förderlich, um Ausgleichströmen keinen Weg zu bieten. Denn dann habe ich über den Schirm keine Verbindung, und die Treiberbausteine sind ja auch isoliert. Also eigentlich der ideale Weg.
Wie das im Gegenzug dazu AES50-Anschlüssen ausschaut? Kann ich aktuell nicht beantworten. Sollte es da tatsächlich keine galvanische Trennung der Signaladern geben, kann mir aber so oder so nicht vorstellen, dass ein Setup, das massive Probleme verursacht, weil eben größere Potentialunterschiede vorliegen, dann plötzlich einwandfrei spielt, nur weil man die Geräte über ein geschirmtes Datenkabel verbunden hat. Der Schirmquerschnitt ist einfach immer noch viel zu gering, um da einen wirklich niederohmigen Potentialausgleich zu schaffen, gerade bei den üblichen Längen von 50m und mehr.
Also wissen wir letztlich wieder, dass wir nix wissen. Bei manchen AES50-Geräten wird UTP empfohlen, bei manchen STP. Mit letzterem ist man auf der sicheren Seite. Würde ich ein X32R und eine direkt drunter stehende DL16 verbinden müssen, hätte ich da wenig Bedenken, das über UTP zu machen, wenn grad nix anderes da ist. Die Schirmung der RJ45-Buchsen ist mit dem Schutzleiter verbunden, die Geräte hängen an der gleichen Steckdosenleiste, ein einwandfreier Potentialausgleich ist gegeben.
Interessanter Thread dazu auch bei den Nachbarn:
Werte Kollegen, nachdem ich am Wochenende wieder einen Kollegen hatte, der über Dropouts und Klickgeräusche am X32 klagte, möchte ich gern einen zusammenfassenden Thread mit Erfahrungsberichten zum Thema CAT-Leitung und X32/M32 erstellen. Fest steht: -…
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