Gute Höhe kommt m.E. von drei Dingen: (halbwegs) korrekter Mundstückansatz, funktionierende Stütze und ausreichende Lippenkraft.
Der korrekte Ansatz ermöglicht die "grenzenlose" Entwicklung der Höhe, die Stütze ermöglicht eine wohlklingende Tonerzeugung und die Lippenkraft ist notwendig, um dem Druck der beschleunigten Luft aus der Stütze standhalten zu können.
Die kleine, stabile Öffnung der Lippen kann (im Detail unbewusst) durch Anpassung der Binnenspannung kontrolliert werden, wird so zur veränderlichen Düse und ermöglicht der vorbei streichenden Luft, die angrenzende Lippenmasse in Schwingungen mit der erforderlichen Frequenz zu versetzen. Das ist schon das ganze "Geheimnis" der Tonerzeugung auf der Trompete und anderen "Blechblasinstrumenten".
Ich kenne das Problem mit der Höhe auch am eigenen Leib, wie die meisten Amateur-)Blechbläser. Mittlerweile übe ich bis in die dreigestrichene Oktav und spiele seit kurzem bei frischem Ansatz ein inzwischen auch deutliches F3 in Bindungen und Legato-Skalen, was für mich noch vor einem Jahr bestenfalls nur ein frommer Wunsch gewesen wäre. Für's Staccato oder gar ein freies Anspiel reicht es in dieser Höhe leider noch längst nicht, auch nicht für fff-Dynamik, es bleibt also noch viel zu tun...
Der in mancher Hinsicht große Trompeter Rashawn Ross erklärt es hier mit wenigen Worten, mehr ist fast nicht dazu zu sagen:
Wenn Du von Ansatzproblemen schreibst, wäre natürlich zu klären, was damit genau gemeint ist.
Zu den häufigsten Fehlen gehört wohl ein senkrecht verschobenes Aufsetzen des Mundstücks. Zum Teil wurde das früher sogar gelehrt, korrekt wäre weitgehend mittiges Aufsetzen. Folge einer Verschiebung ist häufig das "Einsetzen", was Ausdauer und Höhe kostet. Besonders fatal wird das, wenn die Oberlippe betroffen ist, ein echter Ansatzkiller.
Ebenfalls ungünstig sind für Trompeter veraltete Ansatzregeln wie der Maggio-Ansatz (Pucker), Farkas (Kinn nach unten spannen) usw. Irgendwelche Talente und vor allem Profis mit ihrem großen Übungs- und Praxis-Aufwand plus ihrer Begabung können trotzdem supergut spielen, dafür frustrieren sich tausende Nachwuchs-Trompeter auf diese Weise bei sturer Umsetzung zu Tode, dann gerne auch in Verbindng mit zu großen Mundstücken wie Schilke 17 oder Bach 1 1/4C und größer. Die Mundstückgröße des Innendurchmessers hat übrigens nichts mit "dicken" oder "dünnen" Lippen zu tun, siehe z.B. Rashawn Ross, für die Klassik Herseth (vor seinem Unfall Bach 7C, danach erst wegen seiner Lippennarbe das große Bach 1, heute 1X genannt), Lindemann oder Vizzutti.
Manchmal fehlt auch schlicht die "Ansatzmaske". Das bedeutet, es fehlt an Unterstützung durch die beteiligte Gesichtsmuskulatur, um das System stabil halten zu können.
Auch schon gesehen: die Lippen werden in Richtung Ohren auseinander gezogen, wenn es in höhere Lagen geht. Das wird auf Dauer natürlich nichts.
Noch ein Mega-Fehler: zu fester Mundstückdruck gegen die Lippen. Natürlich nimmt der Druck mit der Höhe zu, ist aber nicht frühzeitig und nicht so sehr notwendig, wie "starke Männer" gerne glauben machen wollen, für die ihr F3 deshalb immer auch fff bedeuten muss, denn bei einem hohen Ton im piano könnten deren Lippen gar nicht mehr schwingen. Alison Balsom könnte mit zuviel Mundstück anpressen wohl kaum ihr musikalisches F3 in Syrinx spielen:
Also: erster Schritt wäre eine präzise Diagnose und Kontrolle des tatsächlichen Ansatzes, gegebenenfalls die Korrektur von Fehlern. Dazu kannst Du hier gerne wieder nachfragen.
Das Höhenprogramm in Stichworten:
- reine Technikübungen von gut 30 Minuten täglich (inkl. Mini-Pausen)
- alle 2-4 Takte unterbrechen, Mundstück dabei angesetzt lassen und kurz darüber nachdenken, ob Stütze und Ansatz gerade in Ordnung waren
- wenn ja: weiterspielen; wenn nicht: die letzte Übung wiederholen und wieder kontrollieren.
Ablauf: 1. Atemübung: stoßweise Ausatmen auf kurzes sch...sch...sch...sch, ca. 20-30 mal. Der Impuls für die Ausatmung kommt aus der Stütze, bei Schwierigkeiten mit der Übung noch einmal nachfragen.
2. Mundstück buzzen: von der mittleren Lage in Dreiklängen und Glissandi nach ganz oben und ganz unten, auf dem Stimmgerät den höchsten und tiefsten Ton ablesen und notieren. So kannst Du Verbesserungen auch dokumentieren.
Du weißt, dass dein Stimmgerät (wahrscheinlich) "klingend" anzeigt, Du auf der Trompete aber "transponiert" spielst. Wenn nicht, sollten wir das noch ansprechen.
3. Tonleiterfragmente, später ganze Tonleitern Legato und ganz ohne Zungenstoß gespielt (= Breath Attack). Die Dynamik ist abwechselnd forte, dann wieder piano usw., die Impulse für das forte kommen spürbar aus der Stütze, wie beim ersten Stoß zum Aufblasen eines Luftballons mit Hilfe der Rumpfmuskulatur.
Hier sind zwei einfache Übungen zu "Breath Attacks", die für den Aufbau der Höhe geeignet sind. Ähnliche Übungen und mehr dazu findest Du in Frits Damrow, Fitness for Brass und Carmine Caruso, Musical Calisthenics For Brass.
Beide Übungen können auch tiefer begonnen und sollten natürlich auch höher fortgesetzt werden, Pausentakte können selbstverständlich eingefügt werden, das Mundstück sollte aber während der ganzen Übung (=Zeile) unverändert angesetzt bleiben.
Achtung: ein Aufbau von Muskelkraft in den Lippen ist nur möglich, wenn das Mundstück möglichst wenig gegen die Lippen presst! Es wäre doch schade, wenn der ganze Aufwand durch fehlerhaftes Üben vergeblich wäre.
Denke daran, diese Art des Übens ist nicht Spielen, sondern eher die Verbesserung der Voraussetzungen dafür.
Bei korrektem Ansatz sind die Lippen vor dem Mundstück, nicht darin. Dadurch können sie sich unmerklich bis deutlich "einrollen", wenn man hochspielt. Als therapeutische (= nicht unbedingt musikalische) Übung sieht das bei einem Profi-Trompeter so aus:
Beim Pedalton sieht man ein deutliches "Einsetzen" in die Unterlippe, das gehört hier aber zum System des "Balanced Embouchure". Durch solche Übungen wird den Lippen eine intuitive, neue und flexible Ansatzentwicklung ermöglicht.
Jeff Smiley, The Balanced Embouchure
Auch Staccato spielen mit (sehr) schneller Einzelzunge ist eine Top-Übung für die Höhe.
Gut sind auch die klassischen Bindeübungen (Colin, Irons) sowie Lip Trill, wie in Colin, Advanced Lip Flexibilities Complete.
Mundstück buzzen kann man übrigens auch sehr gut während des Tages öfter einmal zwischendurch. Oft und eher kurz bis an die Grenzen und wieder zurück ist besser als seltener, unter Umständen überanstrengend oder gar verkrampft.
Das Alles niemals nur in Richtung "hoch" üben, das versteift das System. Gefragt ist aber Flexibilität, also besser immer "rauf und runter" bzw. Ausgleich von "Höhentrainings" durch Skalen, Repertoire-Stücken in bequemen und tiefen Lagen.
Wenn dir diese Art des gymnastischen Technik-Übens Spaß macht, kannst du dich auch zusätzlich mit Trainingsmethoden und -hilfen wie "
Teelöffel o. Bleistift halten" einem
Lippenexpander (habe ich, Grundausstattung genügt) oder dem auch in Deutschland erhältlichen
Warburton P.E.T.E. beschäftigen.
Es dürfte klar sein, dass die hier beschriebenen Leistungen auf der Trompete mit einer erfahrenen Begleitung (meist Lehrer genannt) deutlich bessere Chancen auf Erfolg haben.
Noch zwei DVD Tips mit wertvollen Anregungen bei sehr unterschiedlichen Sichtweisen:
- Malte Burba, Brass Master Class
- James Morrison, The Morrison Way