LucasS
Registrierter Benutzer
Hallöchen,
jetzt ist das ja irgendwie schon mutig, was ich hier vorhabe. Ich will nämlich ein Jazz-Workshop in einer von Rock- und Metal-Bassisten regierten Gesellschaft machen. Das einzig mutigere, das ich mir im Moment vorstellen kann, wäre während der Papstwahl als Flitzer quer durch den Vatikan zu laufen und dabei zu rufen Seht nur womit Gott mich gesegnet hat!!!... Verar****, wir stammen doch vom Affen ab!. Hunderttausend wütende Katholiken, die hinter einem einzigen nackten Menschen herlaufen, wäre schon ein witziges Bild.
Im ernst, worum gehts? Naja, ich will ein wenig Aufklärungsarbeit leisten und versuchen die coolen, groovigen und schönen Seiten des Jazz zu zeigen. Darauf gekommen bin ich durch diesen Thread, indem es um Walking Bass ging. Ursprünglich wollte ich dann lediglich ein bisschen zu Walking Bass schreiben. Da man dafür aber auch gewisses Hintergrundwissen mitbringen muss, dachte ich mir, ich fange bei Adam und Eva an. Als Gliederung habe ich mir folgenden Ablauf überlegt:
Heute werde ich mit Teil 1 und 2 beginnen und die restlichen Teile dann nach und nach in diesem Thread ergänzen. Übrigens habe ich das Ding bewusst in diesem Sub-Forum erstellt, nachdem es im Endeffekt ja eine Anleitung zum Bassspielen und damit gewissermaßen Lehrmaterial sein soll.
Dieser Workshop richtet sich an Bassisten, die schon ein wenig Vorahnung haben. Ihr solltet schon Bass spielen können und eine gewisse Ahnung von Musiktheorie haben. Wenn ihr gerade dabei seit Seven Nation Army zu lernen, dann ab zurück an den Bass und weiterüben.
Ich selbst bin kein Profi. Ich hatte das Glück, dass ich von recht renomierten und professionellen Bassisten lernen durfte. Ein bisschen was habe ich mir auch selbst beigebracht, mit dem ursprünglichen Ziel Jazz/E-Bass zu studieren. Ich hab beim Vorspielen aber das Notenlesen verkackt, deswegen bin ich jetzt nur semi-professionell. Was ich zusammengefasst damit sagen will: Ich mache bestimmt auch Fehler. Wenn ihr einen entdeckt, könnt ihr mir das gerne direkt hier im Thread oder auch per PN mitteilen. Ich bin allerdings sensibel, also haltet Taschentücher bereit.
Es gibt auch nicht den einen richtigen Weg, Jazz zu spielen. Ich mache das so, wie es hier steht und bin damit bisher ganz gut gefahren. Es kann aber auch sein, dass für euch eine andere Vorgehensweise viel besser geeignet ist.
Jetzt gibts noch ein bissal was organisatorisches, dann gehts los!
Alle Notenbeispiele die ich hier veröffentliche, stammen von mir selbst. Ich habe zum Erstellen Guitar Pro 6 verwendet, dementsprechend sind die TABs auch mit dabei. Ich schreibe aber in der Regel auch in Guitar Pro die Noten auf, das heißt, dass es vorkommen kann, dass die TABs nicht perfekt sind. Das ist dann aber die Schuld des Programms, nicht meine!
Die Sound-Samples habe ich auch selbst aufgenommen bzw. erstellt.
Zwischendurch gibts ab und zu ein paar Übungstipps, die ihr annehmen könnt, oder auch nicht. Bei mir hats auf die Art und Weise funktioniert, deswegen gebe ich diese Tipps! Am besten immer mit einem Metronom oder einem Drum-Beat üben!
Wenn ich mal von irgendwoher abschreibe, werde ich das auch so kennzeichnen, damit ich da keine falschen Lorbeeren ernte.
Wenn ihr Fragen, Vorschläge, Kritik oder ein Geschenk für mich habt, nur her damit. Am besten per PN, damit der Thread hier ein bisschen übersichtlich bleibt.
Jetzt gehts aber los, also viel Spaß und Geduld.
1. Jazz-Geschichte
Wie versprochen halt ich dieses Kapitel kurz. Vielleicht fragt sich der ein oder andere, warum ich das überhaupt mit reingenommen habe: Naja, ich finde solche geschichtlichen Hintergrundinfos eigentlich immer ganz interessant. Man versteht vielleicht auch ein bisschen, warum der Jazz heute das ist, was er ist. Das Problem, das ich jetzt habe, ist nur, dass ich keine Ahnung von Jazz-Geschichte habe. Ja, wir habens damals in der Schule durchgenommen und ich habe hier und da auch schon ein paar Sachen darüber gelesen. Aber das war zum einen nie so wirklich ergiebig, zum anderen habe ich immer das gleiche Problem, wenn es um Jazz-Geschichte geht: Überall steht was anderes.
Häufig wird New Orleans als Geburtsstätte des Jazz genannt. Weitere wichtige Städte in der Entwicklung des Jazz waren Chicago, New York und Memphis. Meine eigene Überlegung zu der Frage, warum New Orleans hier womöglich eine wichtigere Rolle spielt, ist folgende: Die Stadt liegt im US-Bundesstaat Louisiana. Der wiederum liegt im Süden der USA und gehörte zu den Staaten, in denen vor dem Sezessionskrieg die Sklaverei am weitesten verbreitet war. Nach der Abschaffung der Sklaverei durch Lincoln im Jahr 1865 gab es dann vor allem im Süden der USA viele Farbige, die die Tradition ihrer Vorfahren fortführen wollten und dabei ihre traditionelle Musik (v.a. Gospel und Spirituals) mit Einflüssen der europäischen Musik vermischten. Soviel zu meiner Theorie für die Rolle von New Orleans in der Entstehung des Jazz. Ich kann mich natürlich irren. Wenn es unter den Lesern einen Jazz-Forscher gibt, möge er mich gerne aufklären!
Ähnlich schwierig wie die Frage nach dem woher, ist die Frage danach, woraus sich der Jazz entwickelt hat. Es gibt natürlich kein Genre, das von heute auf morgen einfach erfunden wird. Es findet dabei immer eine Entwicklung von bereits vorhanden Genres zu einem neuen Stil statt. Definitive Genres, die Einfluss auf den Jazz hatten, sind Blues, Ragtime und Gospel.
Eine chronologische Geschichte des Jazz zu erstellen, ist denke ich auch deswegen so schwer, weil sich von Anfang an unterschiedliche Sub-Genres entwickelten, je nachdem an welchen Orten gespielt wurde.Von einer gewissen freien Enzyklopädie habe ich folgenden ungefähren Verlauf:
Das sollte eine grobe Übersicht geben. Wen das Thema genauer interessiert, kann das in unzähligen Büchern nachlesen, die sich mit Jazz-Geschichte genauer beschäftigen.
Vielleicht abschließend noch eine kleine (selbsterstellt, ungeordnete und natürlich unvollständige) Liste mit wichtigen Jazz-Bassisten, deren Namen man vielleicht schon mal gehört haben sollte:
Natürlich gibt es da noch etliche mehr, die mir jetzt aber alle nicht einfallen. Das würde aber auch den Rahmen ein wenig sprengen.
Der Bass war übrigens so ziemlich von Anfang an im Jazz verankert. Logischerweise zunächst der Kontrabass, später dann auch der E-Bass. Ich konnte leider nicht herausfinden, ab wann der E-Bass im Jazz verwendet wurde. Aber ich denke, dass das so ziemlich direkt mit seiner Entstehung um 1935 der Fall gewesen sein dürfte.
Das solls auch schon zur Geschichte gewesen sein. Wie gesagt, ich habe mich kurz gehalten, hoffe aber trotzdem, dass es einen kleinen Einblick geben konnte.
2. Jazz-Theorie Teil I: Die Modi
In diesem seeeehr seeeehr wichtigen Abschnitt möchte ich ein wenig über die Modi reden, die im Jazz Anwendung finden. Da es hier um Jazz gehen soll, werde ich auch nur darauf Bezug nehmen, auch wenn es natürlich durchaus auch andere Genres gibt, in denen das Folgende angewendet wird!
Modi bzw. die Modalen Tonleitern entstanden aus den sogenannten Kirchentonarten zusammen. Mit Hilfe der Kirchentonarten wurde die Musik im 16. Jahrhundert gewissermaßen organisiert. Für die modalen Tonleitern verwendet man jetzt den Tonvorrat eben dieser alten Tonarten.
Es ist (wie ich gerade bemerkt habe) nicht ganz leicht, diese Modi zu erklären, aber eigentlich umso leichter, es zu verstehen. Ich versuche das jetzt mal so einfach wie möglich zu erklären.
Von den sieben verschiedenen Modi (Singular ist übrigens Modus) hat jeder seinen Ursprung auf einem der sieben Stammtöne (C D E F G A H). Nun wandert man von einem dieser Stammtöne eine Oktave nach oben, indem man wiederum nur Stammtöne verwendet. Die Intervalle, die dabei entstehen, definieren nun den jeweiligen Modus.
Das klingt jetzt vielleicht wirklich kompliziert. Deswegen bitte mal eben eine Klaviatur vorstellen. Für alle, die nie zum Klavierunterricht geprügelt wurden, eine Klaviatur sieht so aus:
Man sieht also, dass die Stammtöne, von denen ich die ganze Zeit rede, auf einem Klavier den weißen Tasten entspricht. Um eine modale Tonleiter zu erhalten, gehe ich zum Beispiel vom C zum c und verwende dabei nur die Stammtöne.
Um jetzt gleich Missverständnissen vorzubeugen: Nein, im Jazz werden NICHT nur weiße Tasten gespielt, dazu noch dieses Beispiel:
Nimmt man das Beispiel von C zu c, ergibt sich eine Tonleiter die aus den Stammtönen besteht (C D E F G A H c) und aus Intervalle große Sekund, große Terz, Quarte, Quinte, große Sext und große Sept zusammengesetzt wird. Nehme ich die Tonleiter jetzt und transponiere sie auf das D, sodass ich also mit den gleichen Intervallen zu d komme, lande ich auf meinem Weg auf den Tönen D E F# - G A H C# - d. Wir haben also auch zwei schwarze Tasten im Tonvorrat.
Das ganze wird jetzt noch übersichtlicher, durch die folgende Auflistung der sieben Modi. Dazu gibts immer Noten und sogar Sound-Samples der Stammtonart. Mit Stammtonart meine ich jetzt die Tonart, in der der jeweilige Modus die Stammtöne enthält, also keine schwarzen Tasten. Dass jeder Modus die Intervalle Prim und Oktav enthält, ist selbstverständlich, deswegen lasse ich sie im folgenden auch weg.
1. Ionisch
Stammtonart: C-Ionisch
Intervalle: Große Sekund, Große Terz, Quart, Quint, große Sext, große Sept
Tongeschlecht: Dur
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/c-ionisch-tonleiter
2. Dorisch
Stammtonart: D-Dorisch
Intervalle: Große Sekund, kleine Terz, Quart, Quint, große Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Moll
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/d-dorisch-tonleiter
3. Phrygisch
Stammtonart: E-Phrygisch
Intervalle: Kleine Sekund, kleine Terz, Quart, Quint, kleine Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Moll
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/e-phrygisch-tonleiter
4. Lydisch
Stammtonart: F-Lydisch
Intervalle: große Sekund, große Terz, Tritonus (= übermäßige Quart), Quint, große Sext, große Sept
Tongeschlecht: Dur
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/f-lydisch-tonleiter
5. Mixolydisch
Stammtonart: G-Mixolydisch
Intervalle: große Sekund, große Terz, Quart, Quint, große Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Dur
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/g-mixolydisch-tonleiter
6. Aeolisch
Stammtonart: A-Aeolisch
Intervalle: große Sekund, kleine Terz, Quart, Quint, kleine Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Moll
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/a-aeolisch-tonleiter
7. Lokrisch
Stammtonart: H-Lokrisch
Intervalle: kleine Sekund, kleine Terz, Quart, verminderte Quint, kleine Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Moll
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/h-lokrisch-tonleiter
So, das waren die Modi. Wenn wir heute übrigens von Dur reden, z.B. C-Dur, meinen wir in der Regel den ionischen Modus, obwohl auch der lydische und der mixolydische Modus dem Dur-Geschlecht angehören. Sprechen wir von Moll, meinen wir für gewöhnlich den aeolischen Modus.
Übungsvorschläge zu Modi:
- Spiel die C-Ionisch Tonleiter rauf und danach wieder runter. Danach die D-Dorisch usw.
- Spiele die C-Ionisch-Tonleiter rauf und die D-Dorisch-Tonleiter runter. Dann die E-Phrygisch rauf, F-Lydisch runter usw.
- Spiele die Tonleitern der Reihe nach in Terzen. D.h. man spielt die im Tonvorrat der Tonleiter vorkommende Terz des aktuellen Tons mit. Dazu der Verständnis halber ein kleines Notenbeispiel, die C-Ionisch-Tonleiter in Terzen:
Jetzt haben wir schon ne Menge gelernt. Lasst das erstmal alles wirken und übt schön brav. Am Wochenende gibts dann wahrscheinlich schon den Nächsten Teil, nämlich
Teil 3: Jazz-Theorie Teil II: Arpeggios, Akkorde und Kadenzen
Bis dahin, viel Spaß und gutes Üben!
Grüße,
Lucas
jetzt ist das ja irgendwie schon mutig, was ich hier vorhabe. Ich will nämlich ein Jazz-Workshop in einer von Rock- und Metal-Bassisten regierten Gesellschaft machen. Das einzig mutigere, das ich mir im Moment vorstellen kann, wäre während der Papstwahl als Flitzer quer durch den Vatikan zu laufen und dabei zu rufen Seht nur womit Gott mich gesegnet hat!!!... Verar****, wir stammen doch vom Affen ab!. Hunderttausend wütende Katholiken, die hinter einem einzigen nackten Menschen herlaufen, wäre schon ein witziges Bild.
Im ernst, worum gehts? Naja, ich will ein wenig Aufklärungsarbeit leisten und versuchen die coolen, groovigen und schönen Seiten des Jazz zu zeigen. Darauf gekommen bin ich durch diesen Thread, indem es um Walking Bass ging. Ursprünglich wollte ich dann lediglich ein bisschen zu Walking Bass schreiben. Da man dafür aber auch gewisses Hintergrundwissen mitbringen muss, dachte ich mir, ich fange bei Adam und Eva an. Als Gliederung habe ich mir folgenden Ablauf überlegt:
- Jazz-Geschichte (ich werds kurz fassen, davon hab ich eh kaum Ahnung)
- Jazz-Theorie Teil I: Die Modi
- Jazz-Theorie Teil II: Arpeggios, Akkorde, Kadenzen
- Vorbereitungen vor dem Spielen: Notation, Analyse, Techniken
- Walking Bass am Beispiel eines Swing-Standards
- Wechselbass am Beispiel eines Bossas
- Das 12-Taktige Blues-Schema
- Literatur- und Internet-Tipps zum vertiefen und üben
Heute werde ich mit Teil 1 und 2 beginnen und die restlichen Teile dann nach und nach in diesem Thread ergänzen. Übrigens habe ich das Ding bewusst in diesem Sub-Forum erstellt, nachdem es im Endeffekt ja eine Anleitung zum Bassspielen und damit gewissermaßen Lehrmaterial sein soll.
Dieser Workshop richtet sich an Bassisten, die schon ein wenig Vorahnung haben. Ihr solltet schon Bass spielen können und eine gewisse Ahnung von Musiktheorie haben. Wenn ihr gerade dabei seit Seven Nation Army zu lernen, dann ab zurück an den Bass und weiterüben.
Ich selbst bin kein Profi. Ich hatte das Glück, dass ich von recht renomierten und professionellen Bassisten lernen durfte. Ein bisschen was habe ich mir auch selbst beigebracht, mit dem ursprünglichen Ziel Jazz/E-Bass zu studieren. Ich hab beim Vorspielen aber das Notenlesen verkackt, deswegen bin ich jetzt nur semi-professionell. Was ich zusammengefasst damit sagen will: Ich mache bestimmt auch Fehler. Wenn ihr einen entdeckt, könnt ihr mir das gerne direkt hier im Thread oder auch per PN mitteilen. Ich bin allerdings sensibel, also haltet Taschentücher bereit.
Es gibt auch nicht den einen richtigen Weg, Jazz zu spielen. Ich mache das so, wie es hier steht und bin damit bisher ganz gut gefahren. Es kann aber auch sein, dass für euch eine andere Vorgehensweise viel besser geeignet ist.
Jetzt gibts noch ein bissal was organisatorisches, dann gehts los!
Alle Notenbeispiele die ich hier veröffentliche, stammen von mir selbst. Ich habe zum Erstellen Guitar Pro 6 verwendet, dementsprechend sind die TABs auch mit dabei. Ich schreibe aber in der Regel auch in Guitar Pro die Noten auf, das heißt, dass es vorkommen kann, dass die TABs nicht perfekt sind. Das ist dann aber die Schuld des Programms, nicht meine!
Die Sound-Samples habe ich auch selbst aufgenommen bzw. erstellt.
Zwischendurch gibts ab und zu ein paar Übungstipps, die ihr annehmen könnt, oder auch nicht. Bei mir hats auf die Art und Weise funktioniert, deswegen gebe ich diese Tipps! Am besten immer mit einem Metronom oder einem Drum-Beat üben!
Wenn ich mal von irgendwoher abschreibe, werde ich das auch so kennzeichnen, damit ich da keine falschen Lorbeeren ernte.
Wenn ihr Fragen, Vorschläge, Kritik oder ein Geschenk für mich habt, nur her damit. Am besten per PN, damit der Thread hier ein bisschen übersichtlich bleibt.
Jetzt gehts aber los, also viel Spaß und Geduld.
1. Jazz-Geschichte
Wie versprochen halt ich dieses Kapitel kurz. Vielleicht fragt sich der ein oder andere, warum ich das überhaupt mit reingenommen habe: Naja, ich finde solche geschichtlichen Hintergrundinfos eigentlich immer ganz interessant. Man versteht vielleicht auch ein bisschen, warum der Jazz heute das ist, was er ist. Das Problem, das ich jetzt habe, ist nur, dass ich keine Ahnung von Jazz-Geschichte habe. Ja, wir habens damals in der Schule durchgenommen und ich habe hier und da auch schon ein paar Sachen darüber gelesen. Aber das war zum einen nie so wirklich ergiebig, zum anderen habe ich immer das gleiche Problem, wenn es um Jazz-Geschichte geht: Überall steht was anderes.
Häufig wird New Orleans als Geburtsstätte des Jazz genannt. Weitere wichtige Städte in der Entwicklung des Jazz waren Chicago, New York und Memphis. Meine eigene Überlegung zu der Frage, warum New Orleans hier womöglich eine wichtigere Rolle spielt, ist folgende: Die Stadt liegt im US-Bundesstaat Louisiana. Der wiederum liegt im Süden der USA und gehörte zu den Staaten, in denen vor dem Sezessionskrieg die Sklaverei am weitesten verbreitet war. Nach der Abschaffung der Sklaverei durch Lincoln im Jahr 1865 gab es dann vor allem im Süden der USA viele Farbige, die die Tradition ihrer Vorfahren fortführen wollten und dabei ihre traditionelle Musik (v.a. Gospel und Spirituals) mit Einflüssen der europäischen Musik vermischten. Soviel zu meiner Theorie für die Rolle von New Orleans in der Entstehung des Jazz. Ich kann mich natürlich irren. Wenn es unter den Lesern einen Jazz-Forscher gibt, möge er mich gerne aufklären!
Ähnlich schwierig wie die Frage nach dem woher, ist die Frage danach, woraus sich der Jazz entwickelt hat. Es gibt natürlich kein Genre, das von heute auf morgen einfach erfunden wird. Es findet dabei immer eine Entwicklung von bereits vorhanden Genres zu einem neuen Stil statt. Definitive Genres, die Einfluss auf den Jazz hatten, sind Blues, Ragtime und Gospel.
Eine chronologische Geschichte des Jazz zu erstellen, ist denke ich auch deswegen so schwer, weil sich von Anfang an unterschiedliche Sub-Genres entwickelten, je nachdem an welchen Orten gespielt wurde.Von einer gewissen freien Enzyklopädie habe ich folgenden ungefähren Verlauf:
- Seit 1900: Oldtime Jazz mit den Sub-Genres New Orelans-Jazz, Dixieland und Chicago-Jazz
- Seit 1928: Swing mit ganz großen Namen wie Duke Ellington oder Benny Goodman
- Seit 1940: Modern Jazz, der seinen Ursprung im Bebop hatte
- Seit 1960: Fusion Jazz mit allen Unter-Stilen wie Jazzfunk, Acid-Jazz oder auch Jazzcore
Das sollte eine grobe Übersicht geben. Wen das Thema genauer interessiert, kann das in unzähligen Büchern nachlesen, die sich mit Jazz-Geschichte genauer beschäftigen.
Vielleicht abschließend noch eine kleine (selbsterstellt, ungeordnete und natürlich unvollständige) Liste mit wichtigen Jazz-Bassisten, deren Namen man vielleicht schon mal gehört haben sollte:
- Jaco Pastorius, vor allem seine Interpretation von Donna Lee
- Stanley Clarke, der für viele Bassisten ein Idol ist
- Moderne Vertreter, wie Victor Wooten, Victor Bailey, Marcus Miller etc.
- John Patitucci, der als Studiomusiker schon für die ganz großen gespielt hat
- Charles Mingus, der meiner Meinung nach zu den größten Jazz-Komponisten überhaupt gehört
Natürlich gibt es da noch etliche mehr, die mir jetzt aber alle nicht einfallen. Das würde aber auch den Rahmen ein wenig sprengen.
Der Bass war übrigens so ziemlich von Anfang an im Jazz verankert. Logischerweise zunächst der Kontrabass, später dann auch der E-Bass. Ich konnte leider nicht herausfinden, ab wann der E-Bass im Jazz verwendet wurde. Aber ich denke, dass das so ziemlich direkt mit seiner Entstehung um 1935 der Fall gewesen sein dürfte.
Das solls auch schon zur Geschichte gewesen sein. Wie gesagt, ich habe mich kurz gehalten, hoffe aber trotzdem, dass es einen kleinen Einblick geben konnte.
2. Jazz-Theorie Teil I: Die Modi
In diesem seeeehr seeeehr wichtigen Abschnitt möchte ich ein wenig über die Modi reden, die im Jazz Anwendung finden. Da es hier um Jazz gehen soll, werde ich auch nur darauf Bezug nehmen, auch wenn es natürlich durchaus auch andere Genres gibt, in denen das Folgende angewendet wird!
Modi bzw. die Modalen Tonleitern entstanden aus den sogenannten Kirchentonarten zusammen. Mit Hilfe der Kirchentonarten wurde die Musik im 16. Jahrhundert gewissermaßen organisiert. Für die modalen Tonleitern verwendet man jetzt den Tonvorrat eben dieser alten Tonarten.
Es ist (wie ich gerade bemerkt habe) nicht ganz leicht, diese Modi zu erklären, aber eigentlich umso leichter, es zu verstehen. Ich versuche das jetzt mal so einfach wie möglich zu erklären.
Von den sieben verschiedenen Modi (Singular ist übrigens Modus) hat jeder seinen Ursprung auf einem der sieben Stammtöne (C D E F G A H). Nun wandert man von einem dieser Stammtöne eine Oktave nach oben, indem man wiederum nur Stammtöne verwendet. Die Intervalle, die dabei entstehen, definieren nun den jeweiligen Modus.
Das klingt jetzt vielleicht wirklich kompliziert. Deswegen bitte mal eben eine Klaviatur vorstellen. Für alle, die nie zum Klavierunterricht geprügelt wurden, eine Klaviatur sieht so aus:
Man sieht also, dass die Stammtöne, von denen ich die ganze Zeit rede, auf einem Klavier den weißen Tasten entspricht. Um eine modale Tonleiter zu erhalten, gehe ich zum Beispiel vom C zum c und verwende dabei nur die Stammtöne.
Um jetzt gleich Missverständnissen vorzubeugen: Nein, im Jazz werden NICHT nur weiße Tasten gespielt, dazu noch dieses Beispiel:
Nimmt man das Beispiel von C zu c, ergibt sich eine Tonleiter die aus den Stammtönen besteht (C D E F G A H c) und aus Intervalle große Sekund, große Terz, Quarte, Quinte, große Sext und große Sept zusammengesetzt wird. Nehme ich die Tonleiter jetzt und transponiere sie auf das D, sodass ich also mit den gleichen Intervallen zu d komme, lande ich auf meinem Weg auf den Tönen D E F# - G A H C# - d. Wir haben also auch zwei schwarze Tasten im Tonvorrat.
Das ganze wird jetzt noch übersichtlicher, durch die folgende Auflistung der sieben Modi. Dazu gibts immer Noten und sogar Sound-Samples der Stammtonart. Mit Stammtonart meine ich jetzt die Tonart, in der der jeweilige Modus die Stammtöne enthält, also keine schwarzen Tasten. Dass jeder Modus die Intervalle Prim und Oktav enthält, ist selbstverständlich, deswegen lasse ich sie im folgenden auch weg.
1. Ionisch
Stammtonart: C-Ionisch
Intervalle: Große Sekund, Große Terz, Quart, Quint, große Sext, große Sept
Tongeschlecht: Dur
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/c-ionisch-tonleiter
2. Dorisch
Stammtonart: D-Dorisch
Intervalle: Große Sekund, kleine Terz, Quart, Quint, große Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Moll
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/d-dorisch-tonleiter
3. Phrygisch
Stammtonart: E-Phrygisch
Intervalle: Kleine Sekund, kleine Terz, Quart, Quint, kleine Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Moll
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/e-phrygisch-tonleiter
4. Lydisch
Stammtonart: F-Lydisch
Intervalle: große Sekund, große Terz, Tritonus (= übermäßige Quart), Quint, große Sext, große Sept
Tongeschlecht: Dur
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/f-lydisch-tonleiter
5. Mixolydisch
Stammtonart: G-Mixolydisch
Intervalle: große Sekund, große Terz, Quart, Quint, große Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Dur
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/g-mixolydisch-tonleiter
6. Aeolisch
Stammtonart: A-Aeolisch
Intervalle: große Sekund, kleine Terz, Quart, Quint, kleine Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Moll
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/a-aeolisch-tonleiter
7. Lokrisch
Stammtonart: H-Lokrisch
Intervalle: kleine Sekund, kleine Terz, Quart, verminderte Quint, kleine Sext, kleine Sept
Tongeschlecht: Moll
https://soundcloud.com/lucas-sch-f/h-lokrisch-tonleiter
So, das waren die Modi. Wenn wir heute übrigens von Dur reden, z.B. C-Dur, meinen wir in der Regel den ionischen Modus, obwohl auch der lydische und der mixolydische Modus dem Dur-Geschlecht angehören. Sprechen wir von Moll, meinen wir für gewöhnlich den aeolischen Modus.
Übungsvorschläge zu Modi:
- Spiel die C-Ionisch Tonleiter rauf und danach wieder runter. Danach die D-Dorisch usw.
- Spiele die C-Ionisch-Tonleiter rauf und die D-Dorisch-Tonleiter runter. Dann die E-Phrygisch rauf, F-Lydisch runter usw.
- Spiele die Tonleitern der Reihe nach in Terzen. D.h. man spielt die im Tonvorrat der Tonleiter vorkommende Terz des aktuellen Tons mit. Dazu der Verständnis halber ein kleines Notenbeispiel, die C-Ionisch-Tonleiter in Terzen:
Jetzt haben wir schon ne Menge gelernt. Lasst das erstmal alles wirken und übt schön brav. Am Wochenende gibts dann wahrscheinlich schon den Nächsten Teil, nämlich
Teil 3: Jazz-Theorie Teil II: Arpeggios, Akkorde und Kadenzen
Bis dahin, viel Spaß und gutes Üben!
Grüße,
Lucas
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