Natürliches Moll trotz Dominante in Dur?

  • Ersteller mjchael
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... dann kommt z. B. D Dorisch von der 2. Stufe der C-Dur Tonleiter ...
Aber wir sind uns schon darüber einig, daß diese Sichtweise lediglich eine Eselsbrücke für die Bauanleitung (= Abfolge der GT-HT-Schritte)
von D-Dorisch ist ?! Und daß die Tonleiter D-Dorisch so wie die C-Durtonleiter jedoch mit D beginnend geht. Aber daß in Wahrheit
die Tonleiter C-Dur mit der Tonleiter D-Dorisch überhaupt nichts zu tun hat ?!

Ich hoffe das doch sehr !

LG
Thomas
 
Nein, ich sehe es genau anders herum: D Dorisch entstammt der C-Dur Tonleiter und das ist keine Eselsbrücke. Deine Sichtweise ist aus meiner Sicht eher der Versuch einer ideologischen Umdeutung, um mit Gewalt alles einer Dur-Moll-Tonalität unterzuordnen, die tatsächlich erst sehr viel später entstanden ist.

Aber nichts für ungut, man kann es so oder so erklären und auf beide Weisen zu guten Ergebnissen kommen.
 
Für mich unverständlich. Aber von mir aus soll´s unverständlich bleiben.

Thomas
 
Zu sagen, äolisch/melodisch/harmonisch Moll seien keine Tonleitern, finde ich auch irgendwie ... hm ... da fehlt mir das Wort. Da müsste man erstmal um-definieren, was eine Tonleiter ist.
Du musst bitte das Zitat von de la Motte:
Moll existiert nicht als Tonleiter, sondern als Vorrat von 9 Tönen (Dur: 7 Töne)
in seinen historischen Kontext stellen (wie es auch in seiner "Harmonielehre" eingebettet ist). Ganz grob lässt sich sagen, dass sich gegen 1600 das Dur-Moll-tonale System in der Breite in der Musikwelt etabliert hat, und die Bipolarität Dur-Moll das modale System mit seinen verschiedenen eigenständigen Modi zwar nicht komplett, aber doch weitgehend abgelöst hat - und im weiteren Verlauf immer weiter ablösen wird.
Das bedeutet, dass wir die Tonleitern im Kontext zunächst einmal der Musik der Epochen des Früh-, Hoch-, und Spätbarock betrachten müssen. Und bei der Analyse irgendeiner Arie aus dieser Zeit (Arie deshalb, weil deren Melodiebildungen für Gesangsstimmen komponiert sind und sie daher sozusagen exemplarisch für Melodien dieser Epochen angesehen werden können) wird man eine vollständig in ihrer Tonfolge abgesungene Tonleiter kaum je finden. Tonleiter-Ausschnitte - jede Menge, Dreiklänge, Schritte, Sprünge - alles da. Aber eine komplette Tonleiter als Melodie ist recht selten (ich kenne gar kein Beispiel, allerdings habe ich keinen auch nur annähernd kompletten Überblick über die Arien dieser Zeit).
Selbst in den späteren Epochen, Frühklassik, Klassik, kenne fallen mir keine Beispiele von Arien oder Liedern ein, aber auch Instrumentalthemen, die als Melodie oder Thema eine komplette Tonleiter bringen. (Die Tonleiter und Dreiklangs "rauf-und-runter-Dudeleien" der Virtuosen (Solo-)Konzertmusik bleibt bei dieser Betrachtung außen vor, aber diese Girlanden beabsichtigen ja auch weniger einen melodischen als virtuosen Effekt.)

Faktisch wird die Tonleiter damit aus der Sicht der Analyse zu nicht mehr als einer Sammlung von Tönen, die sozusagen als Bausteine oder "Baukasten" für die Komposition zur Verfügung stehen. Wenn nicht mehr als die konkreten 7 Töne einer "natürlichen" Molltonleiter Verwendung finden, kann logischer- und korrekterweise gesagt werden "Das Stück X steht in x-natürlich-Moll". Tatsächlich wird sich unter den Moll-Melodien dieser Zeit wohl eher keine finden lassen, die nur "Natürlich Moll" als Tonvorrat benutzt. Und genau darum geht es: Moll-Stücke, bzw. Moll-Arien (nicht nur) dieser Zeit nutzen normalerweise (fast) immer die 9 Töne des "kompletten Moll". Analytisch betrachtet muss dann auch folgerichtig gesagt werden "Das Stück nutzt alle Töne der drei theoretisch unterschiedenen Moll-Skalen ´natürlich´, ´melodisch´ und ´harmonisch´ zusammen". So formuliert wird die Trennung aber absurd.
Noch folgerichtiger finde ich daher die Betrachtungsweise von de la Motte, der ich daher auch gerne und mit Überzeugung folge. Die Tonleitern sind analytisch betrachtet eben nicht mehr als ein "Tonvorrat".


... die größtenteils pentatonischen Melodien ... [der Volkslieder]
Nach der umfassenden allgemeinen Definition des (später erwähnten) Wikipaedia-Links, derzufolge alle Skalen mit 5 Tönen "pentatonisch" genannt werden, stimmt diese Aussage natürlich. Und rein sprachlich ist es ja auch korrekt, denn "pentatonisch" heißt zunächst in der Tat nicht mehr als "5 Töne".
Im Sinne der Anmutung, die mir von Ausdruck her typische pentatonische Melodien geben, mag ich "Old Mc Donalds" oder "O Susanna" nicht als pentatonisch empfinden. Zu deutlich ist deren Dur-Anmutung, auch wenn sie nicht alle 7 Töne der Dur-Tonleiter benutzen.
Im Übrigen sparen sehr viele (Dur-)Kinder- und Volkslieder die 7. Stufe als Melodieton aus (der ist melodisch nämlich nicht ganz unkritisch). Sie können und müssen aber trotz ihres "hexatonischen" Tonvorrats als Dur-Melodien eingeordnet werden. Spätestens wenn sie (in typischer Weise) harmonisiert werden, erscheint der 7. Ton als Terz der Dominante.

Wenn ich modal denke, dann kommt z. B. D Dorisch von der 2. Stufe der C-Dur Tonleiter und ist nicht eine Alteration von D Moll oder die Teilmenge einer halbchromatischen Supermolltonleiter.
Wie @turko schon erwähnte, entspringt dieses Denken dem Gebrauch von Eselsbrücken. Die eine betrachtet z.B. Dorisch als die Skala, die sich ergibt, wenn man eine Dur-Tonleiter vom 2. Ton aus spielt. Die andere leitet Dorisch vom "natürlich Moll" ab, indem die Sexte hochalteriert wird. Als Merkhilfe und Eselsbrücke finde ich beides als durchaus hilfreich. Historisch ist das aber falsch, da das Dur-/Moll-tonale System sich aus dem modalen System entwickelt hat und daher zeitlich deutlich nach der Modalität liegt (das schreibst du ja auch selber). Die verschiedenen Modi standen ursprünglich (und Jahrhunderte lang) als jeweils eigenständige Skalen mit je eigener melodischer Qualität innerhalb des modalen Systems mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander.

Nein, ich sehe es genau anders herum: D Dorisch entstammt der C-Dur Tonleiter und das ist keine Eselsbrücke.
Ist aber nicht eben diese Aussage
eher der Versuch einer ideologischen Umdeutung, um mit Gewalt alles einer Dur-Moll-Tonalität unterzuordnen,
???
 
Nach der umfassenden allgemeinen Definition des (später erwähnten) Wikipaedia-Links, derzufolge alle Skalen mit 5 Tönen "pentatonisch" genannt werden, stimmt diese Aussage natürlich
Die Aussage dürfte nicht stimmen. Ansonsten hätte ich gern eine Klärung, ob deutsche, europäische oder chinesische volkslieder gemeint sind und wo Maxjoy die Aussage herkommt, dass der Großteil ! dieser Lieder pentatonisch sei. Es geht nicht nur um Kinderlieder.
Rudolf Steiner lässt grüßen ... ?
Wenn ich modal denke, dann kommt z. B. D Dorisch von der 2. Stufe der C-Dur Tonleiter
Dann ist das aber grundfalsch, was Du oben geschrieben hast, den da kommt "es" gerade nicht her. Siehe turkos Post oben.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

D Dorisch entstammt der C-Dur Tonleiter und das ist keine Eselsbrücke.
Oh oh, da freue ich mich schon auf die weitere Diskussion ... :⁠-⁠)

Im übrigen darf ich darauf hinweisen, dass wir wie in allen Anfängerfragen bei Kirchentonarten angekommen sind! Das Gesetz "modus finis" ist wieder mal gültig.
 
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Die Aussage dürfte nicht stimmen.
Ich habe danach auch weiter ausgeführt, dass es mehr nur im rein sprachlichen Sinne stimmig ist: "pentatonisch" = "irgendetwas mit 5 Tönen".
Dass ich der Aussage des verlinkten Wikipedia-Artikels so nicht folgen mag, schrieb ich auch. In Wikipedia findet sich auch schon mal zweifelhaftes und kritikwürdiges.
 
Aber wie kommst Du auf fünf Töne? Die Mehrzahl der Volkslieder hat sechs Töne ... könnte ich genauso behaupten. Wer hat die Lieder und Töne denn gezählt? Und welche Region war das?
 
D Dorisch entstammt der C-Dur Tonleiter und das ist keine Eselsbrücke.
Wie kann das sein? Die ursprünglich acht Kirchentöne (Dorisch-Hypodorisch, Phrygisch-Hypophrygisch, Lydisch-Hypolydisch, Mixolydisch-Hypomixolydisch) werden erstmals im 8. Jahrhundert genannt (Alcuin).
Ionisch und Äolisch hingegen erscheinen als zusätzliche Toni erst 1547 in Glareans Dodekachordon.
 
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@MaxJoy, Deine eigenwilligen Ansichten zu Kirchentonarten hatten wir ja auch schon in ein zwei anderen Threads diskutiert, wenn ich mich Recht erinnere.
Auch genau über dieses Thema, dass Dorisch nicht von Äolisch kommt ...

Tiefer möchte ich auch nicht in die Musiktheorie einsteigen.
Daran hat sich seit Februar offensichtlich nichts geändert ;) aber Musikgeschichte wäre vielleicht etwas?
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Viele Volkslieder z. B. wurden so im Laufe der Zeit immer wieder der jeweiligen Mode entsprechend (re-)harmonisiert, aber die größtenteils pentatonischen Melodien
Ich hab jetzt nochmal ein bisschen rumgegoogelt.
Keine Ahnung, wo die Quelle für diese Aussage ist.

Um Volkslieder selbst in repräsentativer Menge durchzuzählen fehlt mir die Zeit und die Motivation, noch dazu, da ich nicht Brandolinis Gesetz ein weiteres Mal bestätigen muss ;)

Aber Google gibt mir zum Thema Volkslied und Pentatonik nur solche Zusammenstellungen:

"pentatonische Lieder
Ich trage, ich trage ein Licht ...
In unserm Häuschen
Morgenlied
Tischspruch
Wir Blätter bunt
Einst fand ich ein Vöglein
Die Kröte
Nun liegt die Erde
Ach, wie langsam
Geburtstagskanon "

Ich kenne nicht ein einziges, Volkslieder sind das aber mit Sicherheit nicht.

Auch Old McDonald ist "nur" ein Kinderlied.

Offensichtlich muss auch in Wikipedia auf "Haribo macht Kinder froh" zurückgegriffen werden, um überhaupt genügend Beispiele zu finden.

Oh Susanna ist noch das einzige, was man mit halbwegs gutem Gewissen noch als ein Volkslied bezeichnen könnte.
Im deutschen Volkslied (nicht Kinderlied) finde ich auf Anhieb nicht ein einziges, was wirklich pentatonisch ist. Wie man dann zu der Aussage kommt, der Großteil der Volkslieder sei pentatonisch, ist mir ein Rätsel. Vielleicht kannst Du mich da aufklären?
 
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Die Tonleitern sind analytisch betrachtet eben nicht mehr als ein "Tonvorrat".
Ich ganz persönlich habe das Wort "Tonleiter" eigentlich nie anders verstanden. Zumindest nicht seit der Zeit, da ich mich für
Harmonielehre zu interssieren begonnen hatte.

LG
Thomas
 
Da könnte man sich noch lange herumstreiten, aber dafür fehlt mir jede Motivation. Es gibt eben nicht nur eine Musiktheorie, sondern mehrere Denkweisen mit jeweiligen Vor- und Nachteilen. Mir gefällt die Akkord-Skalen-Theorie am besten, man kann damit fast jedes musikalische Phänomen gut erklären, also bleibe ich dabei.

Ein schönes Wochenende! :)
 
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Man bräuche ja gar nicht herumstreiten. Es würde für den Anfang ja schon mal genügen, seinen Standpunkt argumentativ etwas zu untermauern und auf
gestellte Fragen zu antworten.

Mir gefällt die Akkord-Skalen-Theorie am besten ...
Das ist zwar schön für Dich, hat aber mit dem hier besprochenen Sachverhalt genau nichts zu tun.

LG
Thomas
 
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Es gibt eben nicht nur eine Musiktheorie ...
Ich denke schon. Zumindest ist mir nicht bekannt, dass es an Hochschulen "alternative" Professuren für Musiktheorie gibt. Auch die Literatur kennt nur eine, innerhalb derer natürlich verschiedene Blick- und Interpretationsrichtungen, Teilgebiete usw.

Wenn du das für dich als mehrere Theorien definieren möchtest, sehe ich zwar keinen Sinn darin, es wird Dich aber sicher keiner daran hindern. Es ist aber nicht in der einen Theorie erst die Dur-Tonleiter entstanden und daraus die Kirchentonleitern, und in der anderen Theorie andersrum. Das würde dann in den Bereich der "alternativen Fakten" führen.

Wenn eine Theorie - oder nenne es Denkweise - etwas als richtig erklärt, was eine andere als nicht zutreffend erklärt, können nicht beide richtig sein.

die Akkord-Skalen-Theorie am besten, man kann damit fast jedes musikalische Phänomen gut erklären
Hm, das bezweifle ich, aber da können andere sicher fundierter urteilen.

Streiten will hier keiner. Die Motivation kommt aus - vielleicht etwas hochgestochen, aber sei's drum - der Suche nach Wissen und Erkenntnis.
 
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Streiten will hier keiner. Die Motivation kommt aus - vielleicht etwas hochgestochen, aber sei's drum - der Suche nach Wissen und Erkenntnis.

Dafür habe ich großes Verständnis, die Suche nach Wissen und Erkenntnis treibt auch mich voran. Mein Tipp ist, sich einmal mit ChatGPT über diese Themen zu unterhalten, es kennt sich in Musiktheorie sehr gut aus und hat unendlich viel Geduld. Hier habe ich es einmal um seine Meinung zu Akkord-Skalen-Theorie und Dur-Moll-Tonalität befragt und eine ausgewogene und nützliche Antwort bekommen.
 
Pass blos mit dem KI-Teil auf.
Der kann etwas zusammenfabulieren, was sich zwar logisch anhört, aber hinten und vorn falsch ist.
Ich hab mich mal dazu hinreissen lassen auf die Schnelle ihn nach Tönen von verschiedenen modalen Tonleitern zu fragen.
Einige waren prompt falsch.
 
Pass blos mit dem KI-Teil auf.

Aufpassen muss man bei jedem, ob KI oder nicht. ChatGPT's Musikwissen scheint im Augenblick rein lexikalisch zu sein, bei der konkreten Musikanalyse versagt es ziemlich jämmerlich. Offenbar ist es noch nicht darauf trainiert worden, das Thema ist ja auch nicht trivial.

Aber das ist ein anderes Thema, die ursprüngliche Frage dieses Threads ist wohl inzwischen ausreichend und vielfältig beantwortet.
 
Die Tonleitern sind analytisch betrachtet eben nicht mehr als ein "Tonvorrat".
Methodisch gedacht eher die "Erscheinungsweise eines Tonvorrats" oder die "Organisationsform eines Tonvorrats".

Die vorgeschlagene Erweiterung des Begriffs würde unterschiedliche Anordnungen von Halbtonschritten in Tonleitern des gleichen Tonvorrats auffangen, z.B. "C-Dur. D-dorisch usw." oder bei der "Dur- / Moll-Pentatonik".
Der "Tonvorrat" an sich ist für die Beispiele bekanntlich gleich, aber weder die Erscheinungsweise (unterschiedliche Abfolgen von Tönen) noch die musikalische Verwendung.

Gruß Claus
 
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Mein Tipp ist, sich einmal mit ChatGPT über diese Themen zu unterhalten
Warum ausgerechnet eine KI nutzen, die ausdrücklich nicht für Faktenwissen geeignet ist? genau das würde ich nicht empfehlen.

Es gibt Dutzende gute Bücher, Noten, Lehrbücher, von mir aus auch gern Videos. Man kann sogar Menschen fragen...!
 
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Warum ausgerechnet eine KI nutzen, die ausdrücklich nicht für Faktenwissen geeignet ist?
Naja, kommt halt auch drauf an wie man mit ChatGPT umgeht! Es gibt zB. GPTs in der Bezahlversion, die mit Musiktheorie gefüttert ist (heißt auch passenderweise Music Theory). Da kommen schon nachvollziehbare Antworten zu stande.
Mit dem Eingangspost und Begriffen wie Stufenakkordtabellen, römischen Ziffern, Notennamen usw. kommt ChatGPT jedenfalls klar.
 
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M
  • Gelöscht von Claus
  • Grund: off topic

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