@Astronautenkost: Jo, das Townsend Labs Sphere 22 und das Slate VMS-System bieten ja auch solche Ansätze. Dass finde ich auch interessant. Theoretisch bräuchte man ja in Zukunft nur noch das eine, optimal lineare Mikro und der Rest …
Die Wiedergabequalität von Youtube kenne ich nicht genau. Ab 720p wird laut einer Angabe im Netz wohl 152 kbps AAC ausgegeben. Das ist nicht überragend, aber man kann schon etwas hören.
Vielleicht auch, dass die China-Kapsel von 797 Audio sehr gut sein soll … Die Neumann-Kapsel sicherlich immer noch besser, aber nichts Genaues weiß man ja nicht. Ich schätze schon, dass neben Japanern auch Chinesen mittlerweile sehr gute Kapseln (nach-)bauen können. …Und der Vorsprung der renommierten Top-Mikrofon-Hersteller deutlich geschmolzen sein dürfte.
Ich würde gerne wirklich mal uns alle hier, eingeschlossen mich selbst, in einen Blindtest schicken. Ein Rode Nt1a oder die billigsten China-Kracher kann ich in einem guten Youtube-Video von einem U87 zumindet eingebildet unterscheiden. Gefühlt aufgrund der dezenteren Höhen (vor allem bearbeitet) und irgendwas (mehr Fleisch?) in den Mitten des Neumanns. Aber blind? Da wird es zwischen manchen Kandidaten trotz eklantanten Preisunterschieds schon wirklich schwer. Vergleiche:
Ohne den Voxengo klangen das U87 und das Behringer in dem ursprünglichen Video auf der Gitarre dann ja aber doch deutlich anders.
Angestachelt davon habe ich mal heute in der Nacht mein persönliches Gesangs-Shootout zwischen den Mikrofonen veranstaltet, die ich in den letzten Wochen erworben habe. (Emre, falls du hier mitliest: Ich bin derjenige, der jetzt dein 4047 hat. ) Und die klangen alle miteinander verglichen gar nicht so anders. (Okay, 3 davon sind vom gleichen Hersteller ... aber immerhin mit vom Hersteller unterschiedlich angedachter Auslegung und auch in unterschiedlichen Preisklassen.)
Die Kandidaten:
AT2035
AT4033a
AT4047
BPM CR 10s
(BPM war eine Mikrofonmanufaktur gegründet von ehemaligen Neumännern, die zeigen wollten, dass Neumann-Qualität auch „günstig“ zu machen ist. Wahrscheinlich waren die Mikros aber zu günstig und das Marketing nicht gut genug. Leider gibt es BPM seit Jahren nicht mehr. Sehr schade.)
Rein gingen alle Mikros in ein Fireface 400. Abgehört mit einem AKG 240 DF und Yamaha HS8.
Tja, und ich muss sagen, ich musste mich wirklich schon sehr anstrengen, um überhaupt wesentliche Unterschiede festzumachen. Vor allem das AT 2035 und das AT 4033a klangen überraschenderweise bei meiner Stimme nahezu identisch. Wobei das AT4033a irgendwo in den oberen Mitten wohl eine Anhebung hat.
Das BPM hat wohl eine etwas weitere Niere, es zeichnete etwas mehr Rauminformationen als die AT-Mikros auf. Klanglich gab es aber auch hier ansonsten keinen großen Unterschied. Auch scharfe S-Laute oder Plopp-Laute waren selbst ohne Popfilter bei keinem der vier Mikros ein Problem. Keines hat sich da eine Blöße gegeben. Alle klingen irgendwo gaaaaaaaaaaaanz leicht anders. Wobei ich nicht mal sagen kann, was davon jetzt besser oder schlechter ist. Halt einfach nur etwaaas anders. Bis auf eins…
Am ehesten absetzen konnte sich dann tatsächlich das teuerste Mikro. Das AT 4047 hat etwas mehr Tiefen zu bieten und weiter oben irgendwie eine gewisse Seidigkeit, die meiner Meinung nach nicht nur auf die „gezähmten“ Höhen zurückzuführen ist. Auch die Mitten klingen irgendwie … sehr direkt und durchsetzungsfähig aber doch dezent, irgendwie genau richtig und nicht übertrieben. Es klang für mich insgesamt von allen am edelsten. Nicht ganz so plump und direkt wie die anderen beiden ATs. Wobei Wörter wie „plump“ hier schon absolut übertrieben sind. Sie eignen sich nur dazu, um Richtungen anzudeuten. Denn es sind wirklich feine Nuancen. Es ist der Hauch, der das 4047 besser als die anderen ist. Vielleicht hätte das BPM qualitativ mithalten können, wenn mein Raum noch besser gewesen wäre. Es scheint mir auf jeden Fall linearer als das 4047. Die Angabe „linearer Frequenzgang“ in den Mikrofon-Empfehlungen hier könnte für das AT 4047 daher vielleicht mal überdacht werden. Es färbt schon etwas mehr als die anderen. Das macht es superduper, könnte daher aber vielleicht auch nicht unbedingt zu allen Stimmen passen. Konnte ich nicht ausprobieren, weil ich nur eine habe.
Auf jeden Fall ist mir jetzt mal klar: Die Unterschiede sind (bei vernünftigen Kondensatoren, kein Zeug für 30 Euro oder so) viel geringer, als ich dachte. Man kann mit allen davon super Aufnahmen machen. Es handelt sich zumindest bei diesen vier Kandidaten um Hauche und feine Nuancen. Mein Sieger: Das AT4047.
Allerdings kann ich das 2035 mittlerweile auch als absolute Empfehlung für alle aussprechen, die weniger investieren möchten. Es ist wie bei fast allen tönenden Dingen: Die klangliche Verbesserungen sind nicht linear zu den höheren Preisen. Jeder muss selbst entscheiden, ob das letzte Quäntchen Qualität den Batzen mehr Scheine wert ist. Und irgendwann am oberen Ende geht es dann auch in den Bereich Einbildung und Esotherik.
Und daher kann ich tatsächlich auch unterschreiben, was hier vielfach auch immer wieder betont wird: Liebe Loide, steckt mehr Gedanken und etwas Kohle in den Aufnahmeraum, als das letzte Quäntchen mehr aus einem teuren Mikro rausquetschen zu wollen. Das bringt geschätzt 8,3534 mal mehr an Qualitätsgewinn für eure Aufnahme.
So long
mavy