Hallo möchtegernbach,
ob man nun lydisch oder einen der anderen Modi als "Mutter-"/Stammtonleiter ansieht, ist eine Frage der Festlegung.
Ob es aber noch weitere solcher "Stammtonleitern" gibt (und wie viele) ist eine interessante Frage, die sich mathematisch lösen lassen sollte.
Ich schreibe hier "Stammtonleitern" in Anführungszeichen, weil unsere Stammtöne (entsprechend den weißen Tasten beim Klavier) von ihrer Halb-Ganzton-Abfolge festgelegt sind und deshalb alternative Stammtonleitern nicht mehr aus unseren Stammtönen bestünden

- das ist aber nur ein begriffliches Problem.
Welche Kriterien muß eine Stammtonleiter erfüllen?
- Vor allem darf sie sich nicht durch eine andere Stammtonleiter darstellen lassen, denn dann wäre sie nur ein Modus dieser anderen Stammtonleiter.
- Beschränken wir uns auf heptatonische (also siebentönige) Tonleitern - das war ja auch die Fragestellung.
- Beschränken wir uns auf Tonleitern, die ausschlielich aus Ganz- und Halbtonschritten bestehen. Das war zwar nicht vorgegeben, aber gehen wir mal davon aus (also kein Hiatus-Sprung oder noch größer).
Für solche Fälle betrachte ich eine Tonleiter immer als Kreis, der in zwölf Halbtonschritte aufgeteilt ist, weil die zyklische Anordnung so schön in sich geschlossen ist, etwa so:
Frage: Wie viele Halb- und Ganztonschritte gibt es?
Nennen wir die Anzahl der Halbtonschritte
h und die Anzahl der Ganztonschritte
g.
Eine siebenstufige Tonleiter muß natürlich aus sieben Stufen bestehen, d. h.
h +
g = 7
Außerdem muß "der Kreis geschlossen sein", also die sieben Stufen zusammen müssen 12 Halbtonschritte umfassen:
h +
2g = 12
Nun kann man aufgrund dieser beiden Bedingungen leicht eine eindeutige Lösung für
h und
g finden:
h = 2
g = 5
Eine Stammtonleiter, die unsere Bedingungen erfüllen will, muß also
genau zwei Halbtonschritte enthalten (und folglich
genau 5 Ganztonschritte)!
Die verbleibende Aufgabe besteht darin, herauszufinden, auf wieviele Weisen man Halb- und Ganztonschritte anordnen kann, ohne daß Bedingung (I) verletzt wird (durch Drehung der Ringe dürfen verschiedene Stammtonleitern nicht zur Deckung gebracht werden, sonst wäre es ja nur ein Modus einer bereits bekannten Stammtonleiter).
Ich möchte das an dieser Stelle nicht weiter vertiefen, aber man kann leicht ausrechnen (oder ausprobieren), daß es genau drei verschiedene Lösungen gibt, die ich im "Ring-Modell" willkürlich so gedreht habe, daß sie hübsch symmetschrisch aussehen:
Man erkennt schön, daß keiner der drei Ringe durch Drehung mit einem der anderen zur Deckung gebracht werden kann.
Lösung 1 entspricht übrigens unserer bekannten Stammtonfolge, bei der zwischen den Halbtonschritten immer abwechselnd 2er und 3er-Gruppen mit Ganztonschritten kommen.
Musikalisch sind Lösung 2 und 3 wohl bei uns weniger gebräuchlich...
Ergebnis: Es gibt genau drei solcher Stammtonleitern
Viele Grüße
Torsten