[Review] Yamaha P-525
Quelle:
Thomann
Weitere Informationen zum Instrument und Kauf:
Yamaha Homepage samt technischen Daten
Bezugsmöglichkeit beim größten Sponsor des Musiker-Board
Fangen wir mit der Tastatur an.
Dank der mehrjährigen Gewöhnung an mein Roland FP30 war ich ziemlich perplex, dass Yamaha entgegen seiner langen Tradition mit hohen Niederdruckgewichten seit der GH-Tastatur nebst deren Nachkommen und Verwandschaft bis hin zur aktuellen "GrandTouch" z.B. im CLP-775 mit dieser derart leicht und locker spielbaren "GrandTouch-S"-Tastatur auffährt.
Die Farbe der weissen Tasten ist dezent ins Warme getönt und sie sind mattiert, von Textur mag ich da gar nicht sprechen. Für die schwarzen Tasten hätte ich mir die gleiche Art der Oberfläche gewünscht und schon wäre ein "Ebenholz-Look" geschaffen und die Tastatur optisch recht gelungen.
Allerdings entschied sich Yamaha für eine ausgeprägte, sicht- und fühlbare (m.E. von Esche inspirierte) Fantasie-Maserung - an das polierte Ebenholz guter Pianotastaturen oder auch diverser Gitarre- und Bass-Griffbretter erinnert mich das jedenfalls nicht.
McCoy hatte es bereits richtig gestellt, das Spielgefühl bleibt auf den weissen und schwarzen Tasten gleich, der in einem
YT-Review empfundene Unterschied war anscheinend eher eine individuelle Missempfindung.
Dies wird auch durch einen einfachen Versuch von Mr. Average auf YT belegt:
Quelle
Mr Average YT-Video zur gleichmäßigen Gewichtung der weissen und schwarzen Tasten
Die dynamische Kontrolle beim Spielen der Tastatur gefällt mir sehr gut. Man kann auch tief in die Tasten gegriffen spielen, wenn es die Handstellung situativ erleichtert. Das mechanische Geräusch empfand ich vergleichsweise gering, vor allem war die Beschaffenheit ohne störende Merkmale wie "Pumpen" oder gar "Klicks", da wurde offenbar sorgfältig konstruiert und gut geschmiert.
Ein Tastaturenvergleich der Roland PHA-50 zur Yamaha GrandTouchS fällt mir schwer. Beide empfinde ich als richtig hochwertige Tastaturen, die im Preisbereich unter rund 3.000 Euro bei den Digitalpianos aktuell die Pole der Gewichtung darstellen könnten - auf der leichten Seite dürften sich noch die portablen Casio PX-S... dazu gesellen.
Durch meine Vorgeschichte war für die GrandTouch-S eine kleine Umgewöhnung fällig, sie scheint mir aber wie erwartet robust gebaut zu sein, so dass auch Rock-Piano spielen Spaß darauf macht und dem Instrument ein langes Leben zur Freude seiner Spieler/innen beschert sein dürfte.
Im Verlauf der Woche hat sich der positive Eindruck weiter verstärkt und schließlich war ich beeindruckt, die GrandTouch-S Tastatur gefällt mir richtig gut.
Mich interessieren beim Digitalpiano vor allem einige typische "Brot & Butter" Klänge und in dieser Hinsicht halte ich das P-525 für sehr gut aufgestellt.
Die akustischen Flügel CFX, Bösendorfer und C7 (Studio Grand) plus etlichen Varianten machen es einfach, einen zum musikalischen Stil passenden Klang zu wählen, zumal noch weitere Varationsklänge zur Verfügung stehen.
Bei den drei bekanntesten E-Piano-Typen sieht es auch sehr gut aus. Die "
rhodes-ähnlichen" Tines gibt es in mehreren Klangvariationen, natürlich einschließlich "klassisch-glockig" und "Dyno". Das
Vintage E-Piano mit Reeds und das aufgebrezelte "FM-Piano" (
Whitney Houston Signature-Sound) Piano passen ebenfalls. Ebenso haben mir als einem "
Orgel? Let it Be"-Spieler diese Presets gut gefallen und auch mit dem
Clavinet könnte ich leben.
Wunderbar gelungen fand ich die Klänge des gezupften Kontrabasses zur Begleitung, Fingered E-Bass und Fretless.
Zu Pads und Strings fehlt mir der richtige Draht, solche Klänge kann ich nicht gut einschätzen. Auch die XG-Section habe ich nicht ausprobiert, für den Fall des Falles hätte ich zu Hause noch ein paar Yamaha-Kistchen aus den '90ern herumliegen.
Vermisst habe ich ein gutes Upright Piano, was ich mit Blick auf das
CP88 mit Kängen der bekannt-guten hauseigenen Klaviermodelle U1 und SU7 überhaupt nicht verstehen kann.
Das statt dessen vorhandene "Old School Pianoforte" und - wenn wir schon dabei sind - auch das "Honky Tonk Pianoforte" klangen für mich zunächst abschreckend, fast nach Parodie. Mir kam es so vor, als sei beim "Old School Pf" das Sampling absichtlich schlecht produziert worden, beim Tonanfang meine ich sogar eine werksseitige Übersteuerung der Aufnahme zu hören, was mir das Spielen dieses "low-fi bis no-fi" Klangs schließlich verleidete.
Old School PF, Punktuelle Verzerrung bei ansonsten unproblematischer Wiedergabelautstärke auf 60% des Schiebereglers.
Ob eine ausreichende Klangbearbeitung möglich wäre, habe ich dann doch nicht tiefer erforscht. Mal eben aus der hohlen Hand fand ich jedenfalls keine passenden Klangänderungen und wurde auch nicht hinsichtlich einer passenden App auf der Yamaha Homepage fündig.
Im weiteren Verlauf fand ich das "Honky Tonk Piano" mit einem kleineren Hall-Raum dann doch noch ok, mit dem "Old School Pf" konnte ich allerdings definitiv nichts anfangen.
A propos, das P-525 kann intern SMF-MIDI und auf einem über der Tastatur platzierten Anschluss für USB-A Sticks auch Audio im WAV-Format mit 44,1kHz, 16-bit aufnehmen.
Quelle:
Thomann
Was die Lautsprecher getrifft, war ich zunächst irritiert. Der CFX klang aufgrund scheinbar über-repräsentierter Höhen geradezu grell in meinen Ohren und ohne das "Pfund" seiner 9 ft.
Ich spielte also am EQ des P-525 und verglich später Klangeigenschaften der Grundeinstellung des CFX genauer mit den spontan gefälligeren Klängen der anderen akustischen Pianos. Was mich anfangs außerdem etwas störte, das war das als übertrieben empfundende "linke Seite Bass - rechte Seite Diskant" des CFX über die eingebauten Lautsprecher - in dieser Weise habe ich bislang weder Digitalpianos noch akustische Pianos wahrgenommen.
Aber bekanntlich gewöhnt man sich ja an alles, es ist mir später gar nicht mehr aufgefallen.
Oder doch..., denn nach einem Tag ohne Spielen war der Eindruck der zu starken links/rechts Trennung beim CFX zunächst wieder da.
Interessant fand ich im Zuge der Entdeckungen, dass ich ganz ohne Eingriffe in die Klangregelung bei Wiedergabe über die Kali In-5 vom CFX begeistert war. Der Superflügel war da für mich im Gleichwicht und ließ mich meine S&S-Cliché-Vorstellung von seidig rund im Klang samt schöner Details empfinden.
Bei Wiedergabe über Kopfhörer erwies sich der Beyerdynamic DT-900 Pro X (48 Ohm) als beste Option meiner begrenzten Auswahl. Er hat im Gegensatz zum AKG K-712 Pro (62 Ohm) auch ohne zusätzliche Verstärkung eine ausreichend laute Wiedergabe und die bekannten Vorzüge seiner Modell-Verwandschaft.
In den letzten beiden Tagen hatte ich mich ins Klangbild des P-525 eingehört und konnte auch das CFX in Voreinstellung sowie ohne externe Boxen genießen. Seinen Klang schätze ich schließlich als den eines tollen "modernen" Flügels. Den Bass des CFX finde ich "schlank bis drahtig". Das gefälllt mir im Zusammenhang, aber ohne Kenntnis des Vorbilds kann ich nicht sagen, ob das so genau richtig ist oder ob das die eingebauten Lautsprecher, das Sampling und die Raumeinflüsse so wiedergeben. Jedenfalls verschieben der - wegen niedriger Lautstärke hier grenzwertige - AKG K-271 Pro und auch die externen Boxen den Klang etwas in Richtung "gefällig".
Letztlich fiel mir in der Woche mit dem P-525 auf, wie sehr ich vom Piano-Klang meines FP-30 geprägt bin. Die ganz andere Beschaffenheit vor allem des CFX-Klangs konnte da auf den ersten Eindruck gar nicht richtig bei mir ankommen.
In der Folge habe ich das FP-30 nach den ersten beiden Tagen mit Hin- und Herprobieren auch nicht mehr eingeschaltet, schließlich ging es mir um eine vernünftige Einschätzung und möglichst Gewöhnung an das P-525.
Teilweise fand ich die Wege mit den Steuerungstasten durch mehrere Menu-Ebenen zu lang, auch kam ich nicht per Knopfdruck direkt an den Anfang der jeweiligen Menu-Auswahl zurück. Man kann sich entweder auf dem gleichen Weg zurückklicken, über den man gekommen ist oder z.B. durch Auswahl eines Instruments komplett aussteigen und das Menu dann wieder von vorne anwählen bzw. durchklicken.
Gemerkt habe ich die umständlichen Anwahl bei der Suche nach einem Schalter zum Abstellen der eingebauten Lautsprecher, als ich die externen Kali angeschlossen hatte. Zunächst wurde über die internen und externen Lautsprecher gemeinsam wiedergegeben, aber das wollte ich natürlich nicht. Als pragmatische Lösung fiel mir schließlich ein Klinkenstecker für den Kopfhörerausgeang unterm Spieltisch ein, denn dann schalten schalten die internen Lautsprecher in der Werkseinstellung bei Kopfhörerbelegung ab, wie allgemein üblich.
A Stick of Joy for P-525
Falls so etwas nicht zur Hand ist, bleibt noch die Menu-Bedienung.
Zum Vergleich, das Roland FP-90X hat einen kleinen Schalter zum Ein- und Abschalten der Lautsprecher auf der Rückseite. Der hätte zwar auf der Vorderseite z.B. neben den Kopfhörerbuchsen eine bessere Position gehabt, es ist so aber immer noch komfortabler als das Menu-Tauchen im Yamaha: 1) Menu -> 2) Utility -> 3) Speaker -> 4) Normal -> 5) On -> 6) Off.
Was ich nebem dem fehlenden Drehradregler zur schnellen Anwahl von entlegenden Menüspunkten auch nicht verstehe: wenn ein farbiger 7" Touchscreen bei den MODX+ Modellen selbst unterhalb des Preises eines P-525 möglich ist, warum gibt es dann nichts Vergleichbares im "besten Portable"?
Ein "dezentes Design" wäre mit einem etwas kleineren und monochromen Touchscreen möglich. Dem täglichen Umgang mit dem Digitalpiano hätte das ganz gut getan, zumal anscheinend keine Smartphone-App für eine komfortable Konfiguration und Registrierung der eigenen Einstellungen zur Verfügung steht.
Das P-525 bietet einige Funktionen, die ich nicht gestestet habe, obwohl sie mit der Zeit als erfreulich bis wichtig erfahren werden könnten, z.B. den 16-Spur MIDI-Recorder und natürlich die Export/Import-Schnittstellen sowie die USB-A Buchse für Flash-Speicher oder den Yamaha WLAN-Adapter.
Zu einer ganzen Reihe der Klänge gibt es "Voice-Demos" samt Klangbeschreibungen im sehr verständlich geschriebenen Handbuch (S. 111).
Yamaha P-525 - dt. Handbuch
Sagen wir so, mein einst spontanes Entzücken für das FP-90 ist offenbar nie ganz verflogen. Das machte es dem P-525 schwerer, bei mir zu landen, als ich das vor dem Kauf gedacht hätte.
Letztlich will ich mich aber nicht auf Jahre damit abfinden, dass mir "Kleinigkeiten" fehlen, wie ein gutes Upright Piano und ein für mich passendes "Ragtime Piano" fehlen, vom Jazz Scat ganz zu schweigen. Aber auch eine gelungene Überarbeitung des auf mich altbacken wirkenden Designs nebst einer geschmeidigeren Bedienung hätten mir die Entscheidung zum Behalten sicher erleichtert.
Voraussichtlich geht es in einigen Wochen also mit Eindrücken vom Roland FP-90X weiter. Hoffentlich sehne ich mich dann nicht wieder nach der so angenehm spielbaren Grand Touch-S-Tastatur zurück - ein
tolles Upright samt Honky Tonk hätte ich schließlich auch von Pianoteq dazunehmen können.
Gruß Claus