Interessanter Thread, gerade erst gesehen.
Vorweg: ich habe selbst 5 Jahre lang nach Noten unterschiedlichste Schlaginstrumente gelernt, kleine Trommel, Drumset, Pauken, Xylophon, Triangel...
bei einm 65 Jahre alten Orchestermusiker alter Schule (das waren manchmal echte Durststrecken, ich wollte doch nur ans Drumset *lechtz*...), nachdem ich 8 Jahre lang Klavierschüler war und inzwischen audiodidaktisch Gitarrenlärm erzeuge. Vieles, gerade vom Blatt spielen, habe ich inzwischen wieder verlernt, und auch im Orchester habe ich ewig nicht mehr gespielt. Aber es war eine gute Schule.
Ich bin der Ansicht, dass die Frage nach den Noten und deren "Verbindlichkeit" sehr von dem Musikstil und dem Kontext abhängt. Noten muss man lernen, genau wie richtige Technik, finde ich. Es gehört als Musiker dazu und man macht es anderen Mitmusikern schwer, wenn man nur gut trommelt, aber nicht wirklich zusammenarbeiten kann. Aber man muss Noten auch interpretieren können. Je nach Musikstil können sie eine Hilfstellung sein, wie der Song gemeint ist, aber mit dem Freiraum, sie musikdienlich zu verwenden (oder auch zu ignorieren, wenn die Interpretation der Musik das erfordert), oder aber sie sind eine strikte Vorschrift (spiel mal das Requiem von Maurice Duruflé aus dem Bauch... ohne Partitur nicht den Hauch einer Chance). Oder der Beat ist schlicht trivial, dann ist jeder dankbar, wenn man mal was ungewohntes spielt.
Unter "Drummer" verstehen die meisten den Trommler an der Schießbude einer Rock-/ Pop- / Big- / sonstwas -Band. Wenn man auch mal bedenkt, dass Pauken, Xylophon, weißderkukuckwas dazu gehören (also auch Instrumente, mit denen man Melodien spielt oder die man nach Gehör stimmen muss), finde ich den Begriff Schlagwerker ganz passend. In dem Zusammenhang geht es nicht ohne Gehörbildung und Noten - nicht umsonst werden in vielen "Leihenorchestern" für Konzerte Aushilfen gebucht, und beim Schlagwerk sind das sehr oft Pianisten. Warum wohl? Klavier zählt je nach Lesart oft zu der Rhytmusgruppe, und Noten lesen (auch mal 65 Takte Pause und Einsatz mit Stichnoten) können die.
Im Bandalltag einer durchschnittlichen Rock/Pop-Coverband ist es für mich als Drummer am effektivsten, neue Songs auf der Gitarre zu üben, nicht am Schlagzeug. Dann hab ich den Ablauf, die Tonart und die Akkorde, und in einigen wenigen Fällen macht man sich halt eine Notiz zu Breaks etc. Auf die Idee, den Beat aufzuschreiben, kommt man wohl eher nicht. Aber wenn der neue Song dann in der nächsten Probe gespielt wird und es irgendwo hakt oder man etwas umarrangieren will, kann man sich mit Gitarre und Bass in deren Sprache unterhalten. Das hilft enorm.
Einen filigraneren Trommler macht es nicht aus mir, das muss ich schon anders erreichen, aber meine Aufgabe als Drummer in der Band sehe ich auch darin, die anderen Musiker und die Sängerin durch die Songs zu führen, Sicherheit im Ablauf zu geben und ein sicheres Funderment zu bieten. Dazu ist es schon sehr hilfreich, die gleiche Sprache zu benutzen. Deswegen finde ich, dass wenigstens Grundkenntnisse vorhanden sein sollten, ansonsten hat man in den Fällen, wo es auch ohne geht, entweder Glück gehabt oder sehr geduldige Musikerkollegen.
Gruß,
der Trommelmuckl