Ich hatte nach nem Gig nen sehr schönen Briefwechsel mit nem Techniker
Das Problem kennt hier wohl jeder Tonmacher. Vor einiger Zeit habe ich
noch viel mit Crossoverkapellen gearbeitet, da sind diese Probleme Standard.
Die Becken sind schlecht ausgewählt, klingen erbärmlich miserabel, klirren
und plärren; auf die Snare wird draufgedroschen, dass der Ständer kurz vom
Boden abhebt. Und das Schlagzeug ist bei weitem nicht das einzige Problem. Die Gitarristen in dieser Klientel sind auch so drauf - da werden die Endröhren
im Marshall- oder Engl-Top zum Arbeitslicht auf der Bühne, und die
4x12er-Kisten darunter lassen die Balkone wackeln. Man kommt selbst mit
grobem und reichlich bemessenem Material kaum über den widerlichen
Geräuschpegel, der von der Szenenfläche brüllt.
Man kann da nur versuchen, mit den Leuten zu reden, ihnen alles zu erklären.
Der Mix wird schlecht, es wird zu laut, man hat nichts mehr unter
Kontrolle als FoH-Mann... manchmal klappt das, wenn man halbwegs denkfähige Leute auf der Bühne hat, die jedoch in diesem musikalischen Subsegment eher selten sind. Meistens heißt es dann in der typischen Arschproletenmanier, "DAT MUSS SO!" - und wenn die ersten Sprüche dieser Art kommen, weiß man, dass es nichts mehr bringt. Da ist es vorprogrammiert, dass irgendwann die Schnittlauchs auflaufen und den Laden dichtmachen - entweder mitten im Gig oder sogar noch vor dem eigentlichen Beginn.
Ich hatte irgendwann auf solche Diskussionen keinen Bock mehr. Ich bin
nach wie vor mit Bands unterwegs, die in völlig (!) anderen musikalischen
Bereichen spielen, bei denen diese Probleme aber auch auftreten.
Meistens kriegen die das auf die Kette, wenn man denen sagt, dass es draußen einfach schlecht klingt, wenn am Backlinesound nichts geändert wird - aber das ist nicht immer der Fall! Das hat nichts damit zu tun, wie klug die Leute tatsächlich sind - und sollten sie studiert haben! Wenn das Ego mit den
Bühnenmenschen durchgeht, ist es vorbei - keiner würd's zugeben,
nichtmal vor sich selbst allein aufm Klo, aber es geht immer nur darum, seine
eigene Position zu zementieren. Da ist ständig Angst, man würde nicht gehört, wäre zu leise usw. - das disqualifiziert den FoH-Mann dann immer gleichzeitig auch als Nixkönner. Dem Tontechniker wird keinen Meter über den Weg getraut - wäre es anders, käme es nicht zu diesen Problemen! Ihm wird so vollends die Kompetenz abgesprochen, einen eigenverantwortlichen, homogenen und musikalischen Mixdown abzuliefern - Motto: bevor der mich draußen (oder im Monitor, auch eine ganz beliebte Sache!) zu leise mischt, nehm' ich das lieber selbst in die Hand, da weiß ich, wie's gemacht ist. Sowas läuft mitunter äußerst subtil ab - da wird beim Soundcheck und Monitormix
absichtlich leise in die Mikros gesäuselt, um hinterher richtig Gas
geben zu können, oder die Gitarren(pre)amps werden ein gutes Stück leiser
angespielt, um dann zum Gigbeginn das Volumepoti ganz heimlich nochmal 45°
weiterzudrehen... vorn am Tisch ist man ständig nur mit der
Gainnachregelei beschäftigt und wird für dumm verkauft!
Solange sich die Musiker für erheblich schlauer halten als die Techniker,
bleibt die Kommunikation und das Vertrauen zwischen den Parteien gestört
- und dann kann es nichts werden. Sind Musiker und Techniker langfristig
miteinander unterwegs, bessert sich diese Situation zusehends. Wenn man
dann aber wieder mal ein Festival macht, und irgendwelche Deppen schlagen da auf, die zehn Jahre an tollen russischen Konservatorien studiert, in ihrem
Leben aber noch auf keiner OA-Livebühne gestanden haben und *alles* besser wissen (Mikrofonierung, Ausrichtung, Monitoring, Mixing...), dann hat man schnell wieder die Situation da und die Schnauze entsprechend voll. Und manche Leute kann man auch nicht belehren - wie soll das gehen? Manche wollen es nicht verstehen, und laut oder unverschämt kann man auch nicht werden, das gibt Stress mit'm Veranstalter. Also versucht man rauszuholen, was rauszuholen ist - und fährt den ganzen Gig über die Nullbockschiene, weil es scheiße klingt. Sowas ist superpeinlich, und man schämt sich dafür, was man da hinmixt.
Am Anfang hat mir sowas noch sehr zu schaffen gemacht, und ich habe noch
tagelang Frust geschoben - irgendwann aber steht man da auch drüber,
weil man weiß, dass man es selbst nicht verbockt hat. Wir sind nun einmal
keine Zauberer, und auch wir setzen das Prinzip shit in - shit out nicht außer
Kraft. Und wenn eine Scheißkapelle Scheiße von der Bühne spielt, ist der
Gig... scheiße! Da kann man halt nichts dran ändern, man bringt es
hinter sich und verschwendet keinen weiteren unnützen Gedanken mehr daran.
Was mich angeht - ich habe z. B. von dieser Nur-laut-und-hässlich-Schiene
Abstand genommen. Ich brauche die Gigs nicht, ich muss nicht davon leben,
also tu' ich mir diesen musikalischen Müll mit derart unterbelichteten
Deppen nicht mehr an. Das können andere machen.
_________________
Philipp
Und irgendwie versteh ich den Kerl doch sehr gut!... Bei Gigs muß es nicht laut sein... aber im Proberaum oder im Club(ohne P.A.) schon...
beim OpenAir (ohne P.A. sowieso! JA SOWAS GIBTS NOCH!...)